Fort
Mit zitternden Händen zündete sie eine Zigarette an. Sie nahm einen tiefen Zug, einen Zug, der alles ungeschehen machen und sie vergessen lassen sollte.
An diesem Dezembertag war alles um sie herum finster und leer. Obwohl sie nur wenige Meter von ihrem Haus entfernt stand, dehnte sich die Strecke ins unendliche aus. Sie fühlte sich schwach, unbeholfen, machtlos.
Sie drückte ihre Zigarette aus und machte sich auf den Weg zu der in der Ferne liegenden Haustür.
Sie sah wie ihre Töchter, mit leuchtenden Augen auf sie zu rennen und sie umarmen würden, hörte ihr aufgeregtes Gelächter, fühlte die Angst, die sie plagen würde, wenn ihr Mann sie mit seinem liebevollen Blick durchlöcherte, wenn er sie, erwartungsvoll zu ihr blickend, sanft in die Arme schloss, ihr einen zarten Kuss auf die Wange drückte.
Die Überwindung die es sie kostete, einen Schritt vor den anderen zu setzten, zerfraß sie innerlich.
Leblos stand sie vor der Haustür, steckte mit letzter Kraft den Schlüssel ins Schloss, und schob die Tür mit ihrem Bein auf.
Sie hielt ihren Kopf gesenkt. Ihr Mann kam auf sie zu, durchlöcherte sie mit seinen Blicken. In ihr stieg ein Angstgefühl auf, ihre Muskeln fingen an zu zucken.
„Wo sind die Kinder?“
„Im Kindergarten natürlich, es ist 10.00 Uhr in der Früh, Schatz.“
Er nahm sie in den Arm, sie fühlte sich elend. Sie war eine Lügnerin, eine Betrügerin. Den einzigen Mann, denn sie wirklich liebte, hatte sie hintergangen.
Sie drückte ihn von sich weg, ihre Augen füllten sich mit Tränen, ihre Lippen formten sich zu einem Wort, dann wieder zurück. Ihre Augen weiteten sich, sie setzte noch einmal an, doch nichts kam aus ihrem Munde, ihre Stimme war fort.
Sie blickte ihren verwirrten Mann an, lächelte. Als die angespannte Atmosphäre sich langsam zu lockern schien, platze er aus ihr heraus:
„Ich habe dich betrogen.“, der Satz, der sie so bedrückte. Ihm fiel seine Tasse aus der Hand und zersprang in tausend winzige Teilchen, genauso wie sein Leben.
Nach halt suchend sackte er, den Rücken an die Wand gelehnt, auf den Boden. Vor seinen Augen färbte es sich schwarz, alles um ihn herum drehte sich.
Sie blickte ein letztes Mal auf ihn, riss die Wohnungstür auf und rannte los, sie wusste nicht wohin, wollte einfach nur fort.