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Frakturen in der Bauchgegend
Vor kurzem hatte Gaby einen schrecklichen Unfall. Sie lag noch immer im Spital. Ihr Zimmer wirkte karg und verlassen. Sie dachte sich in ihrer Langweile: „Wer mag wohl vorher hier gehaust haben?“ Ihre sehnsüchtige Frage blieb unbeantwortet, stattdessen kam der Oberarzt und sagte: „Frau Knecht, Sie haben schwere Frakturen, vor allem in der Bauch- und Rückengegend. Wir müssen sie operieren.“ Gabi war völlig geschockt und war nicht im Stande, ein einziges Wort über die Lippen zu bringen, doch sie nickte schweigend. Sie war bestürzt und perplex zugleich. Gaby hatte noch nie Glück gehabt in ihrem Leben, weder in der Liebe, noch beruflich. Zu ihrem Unglück war sie ausserdem mit einer extrem bodenloser Hässlichkeit versehen. Sie hatte rotes, gelocktes Haar und schreckliche Zähne; schwarz und gelb bis braun waren diese. Früher sagten ihr viele: „Schaut, der dumme Rotschopf!“. Ihre schmuddelige Fratze war gespickt mit Sommersprossen. Ein paar Kilos zuviel, Krampfandern und deformierte Finger. Ja nicht einmal grosse Titten hatte sie. Nur die Nase war eigentlich hübsch; ein kleines Schweinenäschen.
Manchmal war sie wirklich untröstlich, sie dachte, es sei ihr Schicksal so garstig zu sein. Gerade musste sie wieder an ihre Schulzeit denken, und wie die Kameraden sie hänselten. Die Zeit verging, Gaby schaute nur lustlos aus ihrem Krankenzimmer. So apathisch wie sie aus dem Fenster sah, so gleichgültig war auch ihr Leben, ohne Sinn und Zweck. Doch etwas merkwürdiges empfand sie während der ganzen Zeit: Irgendwie fühlte sie sich beobachtet.
In der darauffolgenden Nachte musste sie oft schluchzen und wünschte sich so sehr, ein anderer Mensch zu sein. Am Morgen kam ein dreiköpfiges Ärzteteam in den Raum. Der Arzt vom Vortag lächelte sie an und meinte:“ Frau Knecht, wir werden die OP bereits heute durchführen. Sie brauchen keine Angst zu haben, vertrauen Sie mir, ich will nur ihr Bestes.“ Das Team griff an die Bettstange; zwei an der oberen, einer an der unteren. Gaby wurde in den Operationskreissaal geführt und dachte: „Von mir aus kann ich auch gleich sterben, mit dieser grässlichen Fratze will ich sowieso nicht mehr länger leben.“
Nicht mal ein einziger Angehöriger interessierte sich für den Spitalaufenthalt von Gabi. Obwohl sie keinen Kontakt zu Ihrer Verwandtschaft pflegte, verwunderte es sie trotzdem, dass niemand zu Besuch kam. Während sie langsam in die Betäubung glitt, hörte sie noch dreimal: „Dummer Rotschopf, hässliche Fratze!“ Das gab ihr den Rest und sie fiel in einen tiefen Schlaf.
Die OP dauerte merkwürdigerweise über 9 Stunden, für gewöhnliche Frakturen ziemliche lange. Irgendwann, keine Ahnung wann, erwachte Sie aus Ihrem Schlaf. Doch es war stockdunkel. „Hilfe, Hilfe!“, schrie sie aus purer Angst. Plötzlich: „Gaby, sie brauchen keine Angst zu haben, wir haben ihnen einen Kopfverband angebrachte, sie sind nicht etwa blind.“ Die Stimme kam ihr bekannt vor, doch sie konnte sie nicht einordnen – Doch sie konnte, es war der Oberarzt. „Sie dürfen nun Ihren Verband abnehmen.“, sagte dieser.
Gaby hob sorgfältig ihre Hand und suchte nach dem Ende des Verbandes. „Ah hier.“, dachte sie und griff ans Ende des Verbandes. Behutsam wickelte sie ihn ab. Ihr Doppelkinn schien langsam zum Vorschein zu kommen. Das Schweinenäschen war ebenfalls ersichtlich. Und noch bevor sie ihre Augen freiband, tönte ihr urplötzlich ein riesiger Applaus entgegen. Gaby fing sofort an zu weinen, sie war doch so schüchtern und zurückhaltend. Das Ärzteteam erledigte den Rest und befreite sie von den Schlingen des Verbandes. Gaby blickte ungläubig um sich herum: Im selben Raum waren noch circa 20 Leute, davon kamen ihr ein paar wenige bekannt vor. Es waren auch ein paar Familienmitglieder darunter. „Sie haben mich also doch nicht vergessen, juhi.“, flüstert sie leise, aber glücklich. Ein Mann, mit einem Mikrofon in der rechten Hand trat zu ihr und begann: „Liebe Gaby, das alles ist eine Überraschung, nur für dich!“ Hinter dem angeblichen Moderator dieser Überraschung traten zwei junge, dünne Chicks hervor, einen Spiegel tragend. Ohne Kommentar hielten diese beiden den Spiegel vor Gaby. Sie schaute rein und war völlig verblüfft, denn es war nicht sie im Spiegelbild. Nein, es war eine wunderschöne, junge Lady.
„Ja, liebe Gaby, da staunst du, nicht wahr? Was du hier siehst ist dein Neues Ich, du bis Kandidat von der neuen Sendung ‚Swahan’. In dieser Sendung machen wir Leute mit hässlichen Fratzen zu Leuten mit schönen Fratzen.“, erklärte der Moderator lachend. Sie war tatsächlich wunderschön, all ihre Makel wurden mittels OP behoben, sie war nun sozusagen perfekt. „Und wie fühlt man sich als frisch erkorene Schönheit?“ – „Ich fühl mich wie das glücklichste Mädchen auf dieser Welt!“, antwortete sie mit Tränen in den Augen und die Menge tobte.
Doch Gaby hatte noch eine Frage: “ Warum hatte ich dann einen Unfall?“ Ein Mann aus der Menge trat hervor, es war ihr Onkel Werner. Er sagte stolzerfüllt: „ Liebe Gaby, ich. Ich habe dich absichtlich angefahren. Natürlich musste ich schnell wieder abhauen, damit du nichts ahnen konntest. Ich hatte sogar noch eine Maske an, um garantiert unerkannt zu bleiben.“ – „Ach... mein liebes Onkelchen, du bist ja so süüüüüüüssss!“, schwärmte sie mit zusammengeschlagenen Händen.
Ihr Schicksal hat sich gewendet, nun hatte sie alles, was sie sich immer gewünscht hatte: Schönheit, Intelligenz, Schmuddelfreiheit. All das wurde erfüllt. Sie lebte glücklich und froh bis sie 40 Jahre alt war, danach platzen mehrere Silikonpolster und sie verstarb schmerzlos an einer Silikonvergiftung. So stand es im Spitalbericht.