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Franken

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07.05.2005
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Franken

Der Onkel redet mit dem Mädchen:

„Was, meine Kleine, du warst noch nie im Süden? Ich muss mit deinen Eltern reden! Bist du nie in Frankfurt gewesen, oder in Heidelberg, in Dresden oder München? Das alles aber ist verzeihlich. Ich bin oft in diesen Städten gewesen, und schön ist es immer, wahrscheinlich viel schöner als hier oben. Aber doch ist dort ein kleines Unwohlsein in mir, ich fühle, als wenn hier die Stadt am Menschen vorbeileben würde, dabei empfinde ich es wohl nur so, weil ich dort nicht heimisch bin. Damit fängt es an, und schon nach wenigen Tagen verabscheue ich diese Städte, ich möchte sie nie wieder sehen und alles in mir sehnt sich zurück nach unserem schönen Bremen. Das ist im Süden so, und es gibt keine Ausnahme. Nur eine: Das Frankenland.

Es ist wohl der einzige Ort, an dem man sich als Fremder wohl fühlt und in den Schoß der Menschen aufgenommen wird. Die Freundlichkeit gegenüber Neuen - den „Zug’reisten“ – ist berühmt. Ich erinnere mich an eine Geschichte:

Hans, ein Schulfreund von mir – als wir noch in Hamburg waren – hatte gerade seine Schule abgeschlossen. Er überlegte sich, an der Nürnberger Hochschule zu studieren, um Ingenieur zu werden, und er wollte einen Nachmittag dorthin fahren, um sich über die Universität zu erkundigen.

Er hatte mit einem Professor Briefe gewechselt, dieser hatte aus guten Gründen versucht, die Korrespondenz geheim zu halten. Denn die Neugier der Nürnberger ist groß; der Versuch des Professors war daher auch nicht erfolgreich. Das letzte Schreiben – in dem Hans ein Bild mitgeschickt hatte und seine Überfahrt ankündigte – erbeutete die Haushälterin des Professors.

Es war eine alte Frau, die Arbeit hatte sie grau gemacht und tiefe Falten in ihr Gesicht gezogen. Aber mit dem Brief ging ein Leuchten durch ihre Augen, sie las den Inhalt, und ganz nebenbei und unbewusst zupfte sie an ihren Haaren, sie löste den strengen Zopf und ihr Haar war grau, aber dicht und lang und sie warf es zu allen Seiten. Und sie war wieder jung, zwanzig, ein junges Ding, dass nur zum Dorffest kommen musste, um alle jungen Männer in den Wahnsinn zu treiben. Oh, und wie sie tanzte, den Boden unter sich kreisen ließ, alles fortwerfend.

Jetzt hielt sie nichts mehr im staubigen Arbeitszimmer, sie flog heraus, in den Vorgarten, die Treppen herunter, einmal über die Straße und dann durch den Park, doch da waren keine Menschen, nur einige Weiden, die traurig schauten, aber warum? Es war keine Zeit für Trauer. Vor allem aber war es keine Zeit des Schauens, jetzt musste geredet werden und gefeiert. Aus ihrem kindlichen Herzen nahm die Haushälterin eine Melodie, und wie sie trällerte, kamen ihr Worte, sie sang ein herzeigenstens Gedicht:

Dort wo Meer und Dämme streiten
Und so bitt’re Winde weh’n
Ließ sich Hamburgs Hans verleiten
Unser Nürnberg zu beseh’n

Ein furchtbares Gedicht, aber das wollen wir ihr verzeihen, denn der Gesang war schön, und die Tiere im Park hatte sie damit vollständig eingefangen. Jetzt lief sie weiter, bis sie auf den Hauptplatz kam. Sie schrie die Neuigkeit heraus und riss Hansens Bild vom Brief, um es allen zu zeigen.

Erst wollten ihr wenige glauben, aber die gute Frau verausgabte sich so, dass die Zweifel schwanden. Ein paar Buben kamen heran, dann folgten die Mädchen, aber damit auch die Mütter und Väter, und bald war eine große Menge versammelt. Man war sich sicher, dass es wichtig sei, wenn sich ein fremder Student für die Stadt Nürnberg interessiere, und es waren sich alle einig, dass etwas getan werden müsste, nur wusste keiner, was zu tun war.

Aber muss das eine Menge wissen? Wichtig ist doch, dass man sich bemerkbar macht, dass man zeigt, dass es die Bürger sind, die alles bewegen und bedeuten. Also blieben sie auf dem Platz und lärmten, sie klopften an Fenster und Türen und sie warteten, denn vielleicht käme ja bald einem von ihnen eine Idee, was man bezüglich des Besuchers tun könne. Doch die Idee kam nicht.

Der Bürgermeister hatte die Masse bemerkt und sie für eine kurze Zeit zu verdrängen versucht, aber das war bald unmöglich. Er überlegte lange, er drehte sich im Stuhl, links und rechts und zurück, und dann traf er eine Entscheidung. Er wusste, die Menschen würden etwas Besonderes benötigen.

Mit dieser Gewissheit hinter sich riss er die Balkontüren auf und trat heraus. Er sah, wie die Menge all ihre Verwirrung, ihr Durcheinander einstellte und sich auf ihn richtete. Jetzt sprach er:

„Liebe Bürger, ich möchte es kurz machen. Ich habe von einem Gast gehört, Hans soll er heißen. Ich möchte eine gute Nachricht verkünden: Ich werde sicherstellen, dass Hans bei unserer Universität aufgenommen wird.“

Das musste doch zufrieden stellen, es war fast ein zu großes Eingeständnis. Doch was passierte? Die Menge murrte, sie wusste nicht recht, was tun, aber sie wusste, dass sie mehr erwartet hatte. Und die Franken sind ein störrisches Volk: Wenn sie etwas wollen, werden sie es erreichen, und sie können dabei unangenehm werden.

Zwei junge Burschen, eigentlich noch Knaben, preschten hervor, und sie schlugen vor, „doch mal das Rathaus zu stürmen“. Warum auch nicht? Und so schafften es die zwei (wahnsinnigen?) Burschen, die Menschen zu überzeugen, und das sah auch der Bürgermeister und er wusste, dass es schnell sehr schlimm werden könnte. Als er bemerkte, wie die ersten Heugabeln gereckt wurden (und war dort ein Gewehr?), gab er jede Hemmung auf:

„Liebe Bürger, nun hört mir doch zu: Dies, was ich gerade gesagt habe, war doch nur die Einleitung. Weiterhin werde ich Hans persönlich am Bahnhof begrüßen. Das ist selbstverständlich. Aber noch viele andere Dinge werde ich anordnen…“

Dann kamen die unmöglichsten Eingeständnisse, und jeder, der dabei gewesen ist, hatte Mitgefühl für den Bürgermeister, denn in diesem Moment war er nur noch ein kleiner, hilfloser Mann, der sich der Lage völlig ergeben hatte.

Aber es beruhigte die Massen. Endlich zogen sie ab, in die nächsten Kneipen und in ihre Häuser, die Heugabeln müde hinter sich herziehend, nun wurden die Waffen doch nicht gebraucht. „Und sind Heugabeln nicht wirklich ein wenig altertümlich?“ so dachten auch einige, aber keiner sagte es, denn man war doch sehr müde.

So also war die Vorgeschichte, aber mein Freund wusste davon nichts, denn es ereignete sich erst kurz vor seiner Hinfahrt, und Geschichten arbeiteten sich damals nur langsam die Landkarte entlang, besonders Geschichten aus Franken wurden im Reste Deutschlands einfach nicht geglaubt, die allgemeine Auffassung war, dass dort alles ein wenig anders sei.

So dann: Der Tag der Abfahrt! Hans hatte sich nur mäßig vorbereitet, er verabschiedete sich kühl von seiner Familie – sicherlich, da sollte man ein wenig liebevoller sein, aber Hans würde ja schon am nächsten Tag wieder zurückkehren. Mit dem Köfferchen in der linken Hand sprang er in den Zug, er hatte sich vorgenommen, eine Zeitung zu lesen. Schon früh allerdings schlief er ein und wachte erst auf, als der Zug schon an Fulda vorbeigefahren war. Dort erinnerte sich Hans an die Zeitung, doch als er sich gerade in den Inhalt vertieft hatte, da wurde es „merkwürdig“, um es in den Worten zu sagen, in denen er es mir erzählte.

Aber wie kann man das beschreiben? Anfangs hatte es, so sagte er, das Gefühl eines herannahenden Volksfestes, die trügerische Ruhe, die einen an solchen Tagen in den Morgenstunden anfällt. Dann aber wurde es eindeutiger: Schon ab Würzburg waren alle Straßen beflaggt und die Häuser mit Fahnen behangen – der Fahne Frankens.

Er sah die Haustüren beben, und als er nachfragte, erklärte ihm sein Sitznachbar, dass in den Häusern die Hymne der Region gespielt würde. Spontan sang jener Sitznachbar, und alle Mitreisenden (außer Hans) stimmten ein, bei der zweiten Strophe aber konnte sich selbst Hans nicht erwehren, und so erklang das Lied aus jedem Haus und jeder Kehle, solch eine fröhliche, unschuldige Melodie.

Die Passagiere sangen derart engagiert, dass der Zug im Takt zu schwanken begann und sich kaum mehr in den Gleisen halten konnte. Der Schaffner hatte große Mühe, den Menschen das Singen auszutreiben, aber die meisten sahen es dann doch ein, dass ein Liedchen wohl nicht rechtfertige, hunderte Menschen sterben zu lassen. Selbst hier aber gab es Gegenmeinungen.

Kurz vor Nürnberg waren die ersten Menschen aus ihren Häusern gekommen und der Zug musste langsamer fahren, da sich ja Einwohner auf die Schienen stellen könnten. Mein Freund war sich sicher, mit einem berühmten Menschen im Zug zu sitzen, der hier empfangen würde. Als der Zug in den Nürnberger Bahnhof einfuhr und Hans aus dem Fenster schaute, prallte ihm die Bevölkerung wie ein Gebirge entgegen, die Menschen standen zu allen Seiten, teilweise übereinander, sie drängten sich auf Vorsprünge und hingen vom Zugdach – einer soll sogar auf die große Bahnhofsuhr geklettert sein und sich am Stundenzeiger festgehalten haben, weil er so hoffte, besonders gut zu sehen.

Dann stieg Hans aus und wurde sichtbar; die Menge erbebte. Danach ein kurzer Pfiff aus unbestimmter Richtung, alles ordnete sich, und jetzt sah sich Hans einer Speerspitze entgegen: Der Bürgermeister mit seiner Frau stand vorne, dahinter die drei obersten Beamten, dann kamen obere Sekretäre und altgediente Würdenträger, und so wurde es immer breiter, je weiter man nach hinten schaute. Der Bürgermeister trug den Mantel, den er sonst nur bei seiner Ernennung getragen hatte, seine Unterlippe zitterte und sein Herz schlug so stark, dass es seine Brust zu zerreißen schien. Seine Frau hatte noch am Vormittag ihr Haar herrichten lassen und sich den Spott der Friseurin zugezogen, dass sie sich bei ihrer Hochzeit wohl weniger Mühen gemacht habe. Wie wahr das war!

Als sich Hans vorbeibewegen wollte – er wollte ja die vermutete Berühmtheit nicht stören – sah er, wie sich die Menge parallel zu ihm streckte und verschob, das war seltsam, so dass Hans erst einmal anhielt und nachdachte. Da kam schon der Bürgermeister auf ihn zu, er ergriff Hansens Hand und errötete gleich, als wüsste er nicht, ob er das hätte tun dürfen. Aber noch schlimmer: Er hätte doch seine Frau vorstellen müssen, damit jene dann zuerst den Gast begrüße. Das würde ihm den Spott der Presse eintragen und seine Frau würde es ihm lange nachtragen. Aber wie soll man bloß an alles denken?

Jetzt endlich musste Hans reden: „Hier muss doch ein Missverständnis vorliegen?“ Aber nein Hans, alles ist für dich und jetzt genieß es doch einfach!

Etliche Nürnberger kamen heran, sie schoben sogar den Bürgermeister zur Seite und schüttelten die Hand von Hans, bis es der Bürgermeister unterband und Hans auf einen Stadtrundgang einlud. Den Professor werde Hans schon noch treffen, mit ihm war schon ein Abendessen vorbereitet, das sei doch Hans nicht unangenehm?

Am Bahnhof vorbei geht die Bahnhofsstraße, sie führt direkt ins Innere der Stadt. Zu allen Seiten standen auch hier die gaffenden Einwohner, und nur vor sich konnte Hans etwas sehen, hier lief die Straße auf den Kirchturm zu und den großen Platz, zu allen anderen Seiten versperrten Menschen ihm die Sicht. Einmal aber stand man zu seiner Linken etwas weniger dicht und Hans konnte etwas hinter den Menschen erkennen. Es war lieblich: ein Holzhaus, wohl fünf Meter hoch, und davor stand ein kräftiger alter Mann, mit harten Zügen, aber liebevollen Augen.

Hans konnte sich vorstellen, wie dieser Mann noch das Holz eigenhändig aus der Natur gerissen hatte. Dann hatte er das Holz den Boden gelegt und Balken, Latten, und Blöcke herausgeschlagen, er hatte den Boden geebnet und die Teile aufeinander gestellt, einen Hammer genommen und Nägel eingeschlagen, bis das Holz sich nicht mehr bewegte. „Nein, so wird es wohl nicht gewesen sein“ dachte sich Hans, denn er war zwar gut im Rechnen, aber ein schlechter Handwerker und wusste nun einmal nicht, wie so etwas vor sich geht.

Und das waren nur zwei Sekunde gewesen und wenige Gedanken, dann schon gab es wieder nichts zu sehen. Man hatte seine beste Mühe, den Weg anständig zu gehen, und lange dauerte es, bis die Häuser sich verdichteten und höher wurden, der Bürgermeister sagte: „Jetzt sind wir in der Stadt“ und er wies schon auf die Sehenswürdigkeiten hin, das Nassauer Haus und das Rathaus seien ganz in der Nähe. Am Rathaus befände sich vorne das Stadtwappen, das kaiserliche Stadtwappen. Es erzähle die großartige Geschichte der Stadt:

Wie ein Kaiser das verschlafene Nest fand, und es zu einer großen Macht werden ließ. Kriege wurden gewonnen und verloren, die Geschichte verändert, und hinter all diesen Ereignissen standen ein Halbadler und sechs Streifen, drei rot und drei Silber. So ging es noch lange fort, die Geschichte Nürnbergs war wohl spannend, aber Hans interessierte sie nicht, nur das rot und silber hing ihm noch lange in den Ohren.

Er bemerkte gar nicht, dass er sich nicht mehr bewegte, und er versank schwer in Tagträumen, sie bestanden nur aus diesen beiden Farben, und es waren Stunden oder auch ein Moment gewesen, da wachte er auf, er hatte die ganze Zeit einen Blumenladen angeschaut, und er drehte sich kurz, dann ging er auf diesen Laden los. Die Menge schrie auf, weil niemand erwartet hatte, dass der Gast „etwas unvorbereitetes tut. Wir haben gedacht, der geht durch die Stadt und dann fährt er wieder heim, aber er hat’s ja nun mal nicht gemacht.“

Die liebe Blumenverkäuferin anschauen, und, ob sie ihm einen Strauß machen könne, drei rote, drei silberne? Und bitte gar kein grün, ganz einfach solle es sein, aber sie solle die allerschönsten nehmen, die sie habe. Das war ein recht einfacher Auftrag, und kein allzu besonderer, doch die Frau war selber überrascht, wie ernst sie das nahm; wie sie eine Blume in die Hand nahm, minutenlang abwägte, dann doch wieder zurücklegte. Als sie endlich fertig war, dachte sie sich noch einen Namen für das Gebinde aus, doch da hatte sie schon die Namen aller Blumen vergessen.

Es war, als ob es alle Blumen der Welt in diesem Strauß wären und als ob es keine Blume verdiente, jemals von einem anderen Menschen geschenkt zu werden. Da ging eine große Schwere durch die sonst so nüchterne Frau, ein grauer Lebensabend erschien vor ihren Augen, und sie weinte, als sie heraustrat, vor Hans und die Menge, und sie konnte kein Wort sagen, sie gab nur den Strauß ab und setzte sich auf die Erde, das Gesicht in die Schürze werfend. Ob es jetzt noch etwas gebe?

Aber Hans bemerkte davon nichts, er besah den Strauß und er fand ihn sehr schön. Besonders gefiel Hans, dass ein kleiner Lichtstrahl in eine der Blüten gefallen war, und Hans verfolgte das Licht zurück, es kam aus einem Taschenspiegel, mit dem ein Bube herumspielte. Doch wie kann man einen Lichtstrahl in solch einem Durcheinander verfolgen? Es war unmöglich, Hans wusste es.

Auf einmal stand der Spiegel still, und auch das Licht hatte angehalten, Hans strengte sich an, genauer zu schauen, was ihm der Spiegel zeige: Dort war ein großer Fleck, aber dann doch ein wenig Struktur, eine Wand und dann ein wenig Holz und Seitenstreben, ein Fenster, eine Tür. Sahen hier alle Häuser gleich aus? er hatte doch so eines schon vor kurzem gesehen. Aber das hier war eben jenes Haus, und dort stand auch derselbe Mann, mit verschränkten Händen, jetzt aber auch neben ihm seine Frau, alt und abgearbeitet, aber dann war da noch jemand, wohl seine Tochter, aber sie war kaum mehr zu sehen.

Sie wurde erst deutlich, als Hans sich entschloss, nicht mehr auf das Haus und ihre Eltern zu achten, nur auf sie. Danach sah er deutlich. Ihre Augen stellten ihm schon aus dieser Entfernung alle schweren Fragen der Welt, dann sah Hans ihre Lippen und bemerkte den ganzen höhnischen, unendlich stolzen Ausdruck ihres Gesichts, er spürte, wie tausendfach sie über ihm stand, wie die wichtigsten seiner Dinge nur von einem ihrer Atemzüge weggewischt werden würden.

Und die Haare: Streng gescheitelt, und blond war sie. Ja, es gibt wenige blonde Mädchen in Franken, aber wenn sie es sind, sind sie blonder, als es je eine Norwegerin war.

An ihr schien alles Schöne unendlich stärker, als er es bei anderen Frauen gesehen hatte. Weshalb war das so? Vielleicht, weil alles passte. Denn sein Blick entfernte sich wieder etwas, er schaute auf ihre Familie, auf Haus und Hof. Sie alle schienen zu sagen: „Wir sind Franken“. Er sah ein Mädchen und in ihr hunderttausend Menschen, aber doch war sie noch ganz und gar einzigartig und bezauberte ihn.

Hans hatte alles gesehen, sein Blick floss zurück, sprang über den Zaun des Hauses, die Straße entlang und landete dann beim Spiegel, den der Bube just in diesem Moment in seiner Hand umdrehte, um ihn in seine Tasche zu stecken. Er warf Hans ein Lächeln zu.

Dann lief Hans. In ihre Richtung, die Zuschauermenge floss auseinander, er konnte sie schon sehen, obwohl eine Häuserreihe zwischen ihnen stand, um die Hans herumlaufen musste. Aber danach trennte sie nichts, da stand er schon vor ihr und war überwältigt, er konnte weder reden noch etwas anderes tun. Als sie schon ansetzte, ihn zu fragen, was er denn wolle, erschrak er so sehr, dass er ihre Hand griff, und dann die zweite. Plötzlich ließ er beide Hände los und gab dem Mädchen die Blumen, er ergriff dann die freie Hand. Jetzt nie mehr loslassen, immer mit ihr stehen bleiben. Er hatte sich gefasst und flüsterte.

„Willst du?“

Am nächsten Morgen waren sie verheiratet.

So viel in Hans während dieser kurzen Zeit vorgegangen war, so wenig kann er mir über die folgende Zeit sagen. Schon an die Hochzeit könne er sich „gar nicht mehr erinnern“. Auch von den darauf folgenden Wochen sei wenig zu berichten.

Als ich ihn in der ersten Woche nach der Hochzeit besuchte (Wie soll ich denn innerhalb eines Tages kommen, nein, die Hochzeit war unmöglich für mich), war ich sogar ein wenig besorgt um seine Gesundheit, denn er schien mir verblödet, er wollte nicht reden, er saß nur im Wohnzimmer der Familie seiner Frau, aber doch sah ich seinen Gesichtsausdruck, wie das Glück ganz über ihm lag und jeder Gesichtszug übervoll war von Gefühl, das hat mich beruhigt, und zu Recht: denn Hans nahm schon bald am sozialen Leben teil, er begann sein neues Leben mit Frau, Hausstand und Studium.

Das Frankenland hat er nicht mehr verlassen.“

 
Zuletzt bearbeitet:

Es ist wohl der einzige Ort, an dem man sich als Fremder wohl fühlt und in den Schoß der Menschen aufgenommen wird. Die Freundlichkeit gegenüber Neuen - den „Zug’reisten“ – ist berühmt.

Vielleicht eher "Satire"? "Fantasy/Märchen"? "SciFi", da Paralleluniversum? Auf jeden Fall "Seltsam": Ich lebe seit 2 Jahren in Würzburg, weshalb ich mal reingeschaut habe. Der mürrischte Schlag Mensch, dem ich je begegnet bin.

 

Danke Paranova und Lukas,

ich war noch nie dort. Ist es in Nürnberg nicht besser? Aber obwohl das wohl sicherlich ungewöhnlich ist, wenn man eine Geschichte über einen Ort schreibt, hoffe ich, dass die Geschichte selber noch schön ist.

Vielleicht braucht man den naiven Blick, stellt euch vor ihr kämet aus Kiel...

Deswegen möchte ich's auch nicht in "Satire" verschieben, denn einiges daran ist mir ernst.

Aber vielen Dank für die Hinweise

 

Hallo Christian,

unabhängig vom Realitätsgehalt hat mir deine Geschichte einfach in ihrer Atmosphäre gefallen. Bei meinen Besuchen in Bamberg und in Nürnberg bin ich auch nicht so unfreundlichen Menschen begegnet, wie Paranova und Lukas sie beschrieben. Aber ich wollte da ja auch nur Freunde besuchen und nicht studieren. ;)
Vielleicht wäre es besser gewesen, eine fiktive Stadt in einem fiktiven Landstrich zu wählen, aber das fantastische deiner Geschichte kommt auch so zur Geltung. Der völlig unrealistisch Massenaufstand, nur weil jemand an diesem schönen Flecken studieren möchte, ist für mein Gefühl schön inszeniert und ich habe die Geschichte so äußerst gern gelesen.
Ein Ereingnis stößt aber auf eine interne Unlogik. Der Freund muss, als er Hans in Nürnberg besucht, doch auf genau so einen Aufstand treffen? Oder konnte Hans, da nicht Franke, diesen Beusch so gut geheimhalten, dass niemand davon Wind bekam? ;)

Ein paar Ankerkungen noch:

Jetzt lief sie weiter, bis sie aus den Hauptplatz kam.
auf den
Man war sich sicher, dass es wichtig sei, wenn sich ein fremder Student für die Stadt Nürnberg interessiere,
interessierte (Konjunktiv muss auch im Perfekt stehen)
und sie für eine kurze Zeit zu Verdrängen versucht
verdrängen klein
Dann kamen die unmöglichsten Eingeständnisse, und jeder, der dabei gewesen war,
mE dabei gewesen ist
Hans strengte sich an, genauer zu schauen, was ihm der Spiegel zeige
zeigte
Schon an die Hochzeit könne er sich „gar nicht mehrerinnern“
Leerzeichen zwischen mehr und erinnern

Lieben Gruß, sim

 

Hi Sim,

danke für deine Anmerkungen. Deine Verbesserungen sind alle richtig. Nur bei den Konjunktiven bin ich mir nicht sicher, da schaue ich einmal nach (Ich habe nur die "Deutsche Grammatik" aus der 7. Klasse, da steht so etwas nicht drin :) )

Vielleicht wäre es besser gewesen, eine fiktive Stadt in einem fiktiven Landstrich zu wählen, aber das fantastische deiner Geschichte kommt auch so zur Geltung.

Ja, das wäre besser gewesen, vor allem, weil ich noch nie in Nürnberg war.

Ein Ereingnis stößt aber auf eine interne Unlogik. Der Freund muss, als er Hans in Nürnberg besucht, doch auf genau so einen Aufstand treffen? Oder konnte Hans, da nicht Franke, diesen Beusch so gut geheimhalten, dass niemand davon Wind bekam?

Stimmt, das ist nicht logisch. Wobei du mir noch weiterhilfst und eine Lösung anbietest. Auf lange Frist ist es aber nicht zu retten, denn er kommt von außerhalb, und irgendwann merken es die Leute. Ich befürchte, wenn ich das hindrechseln will, werde ich alles umschreiben müssen, deswegen bleibt es unlogisch...

Viele Grüße, Christian

 

Nun, Christian,
wenn ich deine Geschichte gelesen hätte hätte ich auch sicherlich Laut gegeben, aber mich schreckte halt ab, dass du dir so blauäugig eine Region aussuchtest, ohne sie im Miondesten zu kennen - und voll daneben gegriffen hast.
Deshalb denke ich, du solltest diesen Punkt dringend ändern oder auf einen Literaturwettbewerb des Stadtmarketingverbandes Nürnberg warten.
MfG,
...para

 

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