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Frau Pohl liest

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24.01.2009
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Frau Pohl liest

Gleich wird die Pohl es wieder tun. Nina vergrub ihre Hände in den Jeanstaschen und schupste einzelne Kieselsteine den Weg entlang.
Frau Pohl saß still auf einer Bank vor dem Rosenbeet. Wobei Rosenbeet vielleicht etwas übertrieben war, sechs Rosenstöcke kämpften tapfer in einem Ring von Feldsteinen gegen Blattläuse und Schatten.
„Zeit fürs Abendessen, Frau Pohl.“
Frau Pohl schaute zu ihr auf. Dann verzog sie das Gesicht zu einer Grimasse und stieß dieses: „Zzzzhh!“ aus.
Sie tat es jedes Mal, wenn Nina sich ihr näherte. Seit dem ersten Tag ihres Ferienjobs hier im Altenheim.
Nina unterdrückte den Impuls, es ihr gleichzutun, drehte sich um und ging. Frau Pohl stapfte ihr nach; mit kleinen, festen Schritten schob sie sich den Weg hinauf. Ihre Nasenflügel bebten, wenn sie die Luft ausstieß. Sonst regte sich nichts in ihrem Gesicht, als wäre es eingefroren.

Vor dem Eingang blieb Nina stehen. Ihr linker Fuß zeichnete Kreise in den Kies, ein Mückenstich an ihrem Unterarm juckte. Was habe ich ihr eigentlich getan?
Als Frau Pohl an ihr vorbei ins Haus wollte, schleuderte Nina die Frage hinaus: „Was haben Sie eigentlich gegen mich?“
Frau Pohl hielt inne. Gleich zischt sie wieder ... na los, mach schon. Aber sie stand nur da, einen Schritt vor Nina.
„Du hast mein Buch geklaut!“
„Was?“ Nina schluckte.
„Mein Buch, du hast das Buch von Martha und Wenzel geklaut.“
Nina war verwirrt. Die Stimme. Sie hatte noch nie Frau Pohls Stimme gehört. So tief. Dazu diese absurde Anschuldigung.
Frau Pohl schob sich weiter vorwärts den Flur hinunter.
„Das hab ich nicht!“, rief Nina ihr nach. Mehr brachte sie nicht hervor. Nur diesen lächerlichen Kleinmädchensatz: Aber ich war das nicht.

Pflegerin Almuth saß neben Herrn Hörig und schmierte ihm Leberwurst aufs Brot. Nina setzte sich zu ihr. „Frau Pohl hat gerade behauptet, ich hätte ihr ein Buch geklaut.“
Almuth schmunzelte: „Das von Martha und Wenzel?“
„Ja, woher weißt du?“
„Als sie vor drei Monaten zu uns kam, hat sie uns alle beschuldigt, es ihr weggenommen zu haben. Mach dir nichts draus.“
„Wieso? Wieso tut sie das?“
„Ich weiß es nicht. Sie tut es eben.“ Almuth zuckte mit den Schultern, schob Herrn Hörig den Teller zu und stand auf.
Nina kratzte mit dem Fingernagel am Etikett auf der Wasserflasche. Sie beobachtete Frau Pohl, deren Mund sich mechanisch öffnete und schloss, den Blick zum Fenster hinaus gerichtet.

Das Buch von Martha und Wenzel ging Nina nicht aus dem Kopf. Zu Hause suchte sie im Netz danach. Es gab einige Buchtitel, in denen eine Martha als Protagonistin agierte, weniger Wenzels und keinen, in dem beide Namen auftauchten.
Am nächsten Morgen in der Stadtbibliothek fand sie nur zwei Bücher ihrer Liste. Zwei von den Marthas. Einen schwedischen Krimi und einen Nachkriegsroman. Obwohl die Chance mehr als gering war, dass es sich bei einem der Titel um Frau Pohls Buch handeln könnte, lieh sie beide aus.

Frau Pohl saß in ihrer reglosen Art auf der Bank vor den Rosen. Als Nina sich zu ihr setzte, drehte sie den Kopf und stieß ihr: “Zzzhh!“ aus.
Selber Zzzzh! Kurz überlegte Nina, ob sie es mit den Büchern wirklich probieren sollte. Ihre Augen flitzten zwischen Frau Pohl und der Tasche hin und her. Was soll schon passieren? Schließlich packte sie Roman und Krimi aus und hielt sie Frau Pohl hin.
„Ist es eines von den beiden?“
Frau Pohls Blick streifte die Bücher. Nina schaute voller Erwartung in ihr Gesicht. Es regte sich nicht. Als Nina die Bücher wieder einstecken wollte, griff Frau Pohl nach dem Krimi.
„Dieses Buch? Ist es dieses Buch?“
Frau Pohl legte das Buch auf den Schoß und strich mit ihrer rechten Hand über den Einband. Zärtlich glitten ihre Finger über das Papier, schließlich schlug sie es auf und begann darin zu lesen.
Nina saß neben ihr, wartete noch immer auf eine Regung, eine Bemerkung, auf irgendetwas, vielleicht auf ein Zischen. Nichts. Nur die leichte Bewegung des Kopfes, der den Zeilen folgte.
Als Nina das andere Buch in die Tasche stecken und gehen wollte, griff Frau Pohls Hand nach ihrem Arm. Sie nahm Nina den Roman aus den Händen, legte ihn auf den Krimi und betrachte das Bild auf dem Deckel. Wieder strichen ihre Finger endlos darüber, dann schlug sie ihn auf und führte ihren Zeigefinger die Zeilen entlang.
Beide Bücher? Das kann doch nicht sein. Nina hatte keine Zeit, weiter darüber nachzudenken, ihr Dienst hatte angefangen.

Nina ging zu Almuth, die das Fleisch für Herrn Hörig in Stücke schnitt.
„Ich habe Frau Pohl heute zwei Bücher mitgebracht. In beiden gibt es eine Martha, aber keinen Wenzel. Trotzdem hat sie beide genommen und darin gelesen. Verstehst du das?“
„Frau Pohl hat darin gelesen?“, fragte Almuth leicht amüsiert.
„Ja.“
„Frau Pohl kann nicht lesen, Nina.“
„Frau Pohl kann nicht … aber ich habe doch gesehen wie sie … sie kann nicht … Warum? … Woher willst du das wissen?“ Nina schaute zu Frau Pohl. Sie hatte den Teller von sich geschoben und den Krimi aufgeschlagen. Von Zeit zu Zeit blätterte sie eine Seite um.
„Wirklich nicht. Nach dem Tod ihres Mannes hat ein Nachbar ihr bei den Briefen und Behörden geholfen. Er war es auch, der sie zwei Mal dehydriert ins Krankenhaus brachte. Danach kam sie zu uns. So steht es in ihrer Akte ... Aber warum? Sie redet ja nicht.“ Auch Almuth schaute nun zu Frau Pohl. Sie seufzte. „Es ist eben nicht immer einfach.“

Am Nachmittag setzte sich Nina zu Frau Pohl auf die Bank. Keine Grimasse, kein Zischen, nichtmal ein Blick traf Nina.
„Soll ich Ihnen daraus vorlesen?“, fragte sie leise.
Zaghaft griff sie nach dem Buch. Frau Pohl riss es zur Seite, fort von Nina.
„Entschuldigung, ich wollte nicht … Ich wollte es Ihnen nicht wegnehmen.“
Sie blieb noch eine Weile neben Frau Pohl sitzen. Manchmal schaute Frau Pohl stur geradeaus, dann wieder las sie in dem Buch und ab und an blätterte sie eine Seite um.

Nina und Almuth standen vor dem Haus, je eine Tasse Kaffee in den Händen haltend, und alberten rum. Wolken hatten sich vor die Sonne geschoben. Nina fröstelte, als sie die alte Frau in ihrer dünnen Bluse auf der Bank sitzen sah.
Im Zimmer von Frau Pohl suchte sie nach der blauen Strickjacke. Als sie zur Bank kam, schlief Frau Pohl. Der Roman war auf den Boden gefallen, Ameisen tapperten darauf umher. Nina hob das Buch auf und legte Frau Pohl die Jacke über die Schultern, darauf bedacht, sie nicht zu wecken. Sie setzte sich zu ihr und begann den Krimi zu lesen. Als Frau Pohl aufwachte, reichte sie ihr das Buch.

An schönen Tagen gesellte sich Nina vor oder nach ihrem Dienst zu Frau Pohl auf die Bank. Manchmal hatte sie ein Buch dabei, manchmal redete sie einfach drauflos. Aber meistens saß Nina auf der Bank, betrachtete das reglose Gesicht und überlegte sich, wie das Leben von Frau Pohl ausgesehen haben könnte. Sie gab ihr verschiedene Berufe, richtete ihre Wohnung mehrfach ein, arrangierte ihre Hochzeit und trauerte mit ihr, als ihr Mann verstarb. Frau Pohl war für Nina eine großartige Köchin, tanzte leidenschaftlich gern, schimpfte mit den Kindern, die im Hof Fußbälle zwischen die aufgehängte Wäsche schossen, brach sich einen Arm im Schwimmbad, weinte bei kitschigen Liebesfilmen und bekam nie die Tochter, die sie sich so sehr gewünscht hatte.

Es war Ninas letzter Arbeitstag. Nachdem sie das Geschirr vom Abendessen verräumt und die Tische abgewischt hatte, stand sie mit Almuth vor der Tür. Almuth rauchte und Nina knackte Sonnenblumenkerne zwischen den Zähnen.
„Dass du die Sauerei noch wegmachst, bevor du abhaust!“ Almuth deutete mit einer Kopfbewegung auf Ninas ausgespuckte Hülsen. Lange hielt die vorwurfsvolle Mimik dem Grinsen dahinter nicht stand, dann prustete sie los: „Wenn du dein Gesicht jetzt sehen könntest, Nina.“
Nina antwortete ihr mit Frau Pohls: „Zzzhh.“
„Du solltest dich von ihr verabschieden, ihr sagen, dass du nicht wiederkommen wirst.“
Die beiden Frauen schauten zur Bank hinunter, auf der Frau Pohl saß. So still, als hätte ein Holzkünstler sie dorthin geschnitzt.
„Ja“, murmelte Nina und schob mit ihren Turnschuhen die schwarzen Schlusen auseinander.
Almuth drückte ihre Zigarette aus. Erst ihre, dann die von Herrn Hörig, der neben ihnen saß. Sie reichte ihm den Arm und ging mit ihm hinein.

„Frau Pohl“, flüsterte Nina, „sehen Sie die kleine Meise auf dem Feldstein.“
Ein Jungvogel bettelte mit zitternden Flügeln um Futter.
„Wussten Sie“, fuhr Nina fort, „dass die Weibchen es im Frühjahr mit den Männchen ebenso halten? Gehört zum Balzritual der Blaumeisen.“
Nina griff in ihre Hosentasche, holte einige Sonnenblumenkerne heraus und warf sie zu den Rosen. Die beiden Meisen flüchteten in den nächsten Baum, Frau Pohl schaute ihnen nach.
„Ich wollte mich von Ihnen verabschieden. Das war mein letzter Tag heute.“ Sanft kamen die Worte über Ninas Lippen. Als wären sie aus Glas und könnten zu Boden fallen und dort zerbrechen.
Frau Pohl schloss das Buch, das sie in den Händen hielt, strich über den Einband, legte es auf den Roman und hielt schließlich Nina beide Bücher entgegen. Ihre Hände zitterten, Sonnenstrahlen spielten auf dem schlichten Ring an ihrem Finger.
„Behalten Sie sie, Frau Pohl“, Nina hielt inne, dann fügte sie hinzu: „Martha.“
Etwas passierte mit Frau Pohls Eisgesicht: Es taute.
Wie schön sie ist. Nina blieb noch eine Weile sitzen, bevor sie aufstand und eine Hand zaghaft auf Frau Pohls Schulter legte: „Ich werde in der Bibliothek sagen, dass ich sie verloren habe … Machen Sie es gut. Auf Wiedersehen.“
Nina holte aus ihrer Tasche die restlichen Kerne und warf sie zu den Rosenstöcken. „Vielleicht wachsen hier ja nächstes Jahr Sonnenblumen.“

 

He Fliege,

ich muss Jo noch in einer Sache beistimmen, was ich in meiner Kritik leider vergessen habe: Die Oma muss raus!

Mein Blick auf dieses Wort hat sich radikal geändert, als ich einmal eine Freundin nach ihrer Mutter fragte und sagte: Na, was macht eure Oma? und sie - zu Recht! - entrüstet sagte: Anni ist keine Oma!
Denn Anni hatte keine Enkel. Woher will Nina wissen, ob Martha welche hat? Von daher kann man ja alte Menschen nicht einfach Oma oder Opa nennen, ohne zu wissen, ob sie es überhaupt sind ...

Liebe Grüße
bernadette :)

 

Hi Fliege,

viel hab ich nicht zu schreiben:)
Ich finde, es ist einfach eine rundum gelungene Geschichte. Die Handlung ist mal etwas ganz anderes und die Art mit der du sie beschrieben hast gefällt mir sehr gut.
Eine der besten Geschichten, die ich hier gelesen habe!

Herzlichste Grüße,
Celina

 

Hallo Fliege,

mir gefällt, dass deine Geschichte mit wenig oberflächlicher Dramatik auskommt, dass im Text subtile Beobachtungen beschrieben werden: Eine junge Frau wird mit einem Verhalten konfrontiert, welches sie als fremdartig und unangemessen empfindet. Interessant ist, das diese Frau sich mit dem Problem nicht abfindet (obwohl sie nur befristet im Heim arbeitet), sondern versucht zu agieren. Ihr Erfolg schmeichelt dem Leser, aber in dem Text mit seinen ruhigen Worten steckt zum Glück noch mehr – man vermutet, spürt, oder ahnt eine tieferliegende Dramatik, eine Anspannung, die Frau Pohl dazu treibt sich wie beschrieben zu verhalten. Ein gelungener Kunstgriff ist die Erwähnung des Rings am Schluss der Geschichte, der Hinweis auf eine Beziehung die vielleicht irgendwie mit den Büchern, Namen, zusammenhängt. Die ursprüngliche Fremdartigkeit der alten Frau löst sich in dem Moment auf, in dem man versucht sich auf sie einzustellen (eine Erkenntnis, die durchaus übertragbar ist).


Besonders gelungen fand ich:

„Frau Pohl schaute zu ihr auf. Dann verzog sie das Gesicht zu einer Grimasse und stieß dieses: „Zzzzhh!“ aus.
Sie tat es jedes Mal, wenn Nina sich ihr näherte. Seit dem ersten Tag ihres Ferienjobs hier im Altenheim.
Nina unterdrückte den Impuls, es ihr gleichzutun“

Dieser Impuls kindlichen Verhaltens passt gut zu dem Folgenden:

„Das hab ich nicht!“ Mehr brachte Nina nicht hervor. Nur diesen lächerlichen Kleinmädchensatz: Aber ich war das nicht.“

Und dann löst sich die Anspannung auf:

„Nina saß neben ihr, wartete noch immer auf eine Regung, eine Bemerkung, auf irgendetwas, vielleicht auf ein Zischen. Aber Frau Pohl war in den Zeilen versunken“

Etwas Kritik:


„Aber Frau Pohl war in den Zeilen versunken. Abgetaucht, wie vorher ins Rosenbeet.“

Das „abgetaucht“ hat mich etwas gestört: es sind nur sechs karge Büche, die Frau sitzt auf einer Bank vor dem Rosenbeet …

„Etwas passierte mit Frau Pohls Eisgesicht: Es taute.
Wie schön es ist. Nina legte zaghaft eine Hand auf die Schulter der alten Frau:
„Machen Sie es gut. Auf Wiedersehen“, verabschiedete sie sich.
Der Kies knirschte unter Ninas Turnschuhen, als sie ging.
Vor dem Rosenbeet saß Frau Pohl, als hätte ein Holzkünstler sie dorthin geschnitzt“

Nach dem ‚getauten Gesicht‘ erwarte ich eigentlich nicht eine ‚dorthin geschnitzte‘ Person (eine Figur), das kommt mir zu statisch, unnahbar vor.


Übrigens – ein prima ‚Erster Satz‘!

Woltochinon

 

Hallo Fliege,

also ich bin etwas uneins mit der Geschichte.
EInerseits gefällt mir der ruhige Erzählton, das Fehlen von TamTam oder anderer aufgebürdeter Dramatik.

Was ich jedoch nicht verstehe, ist die Verbindung zwischen Martha, Wenzel und Frau Pohl. Das ist in meinen Augen nicht so rund, wie es sein müsste. Zumal Nina ja auch in dem Buch liest. Der Leser erfährt aber nichts davon. Wie passt das? Auch ist mir nicht ganz klar geworden, weswegen Nina plötzlkich losrennt, um sich doch selbst um die Bücher zu kümmern. Lag das nur am Anblick der Tabletten? Mitleid? Ich meine Almuth in der ersten Version auch etwas kaltherziger in Erinnerung zu haben, da würde sich mir diese Reaktion erschließen. Jetzt aber kommt es etwas ... nun, plötzlich ;) (vll hast du aber da auch gar nichts gekürzt und es ist nur mein Bild?)
Insgesamt ist mir Nina auch etwas blass davongekommen. Da wird mir doch sehr wenig mitgegeben, um eine Verbindung aufzubauen. Ihre Veränderung, ja, das ist schon ganz gut, aber das ist irgendwie ein bisschen Gefäßlos ...

Es kommt je eine Martha vor.“
das würde ich rausnehmen. Würde sie das wirklich (so) sagen?

grüßlichst
weltenläufer

 

So, jetzt habe ich der Geschichte eine Menge Zeilen gegönnt. Sicher werden nicht alle Fragen beantwortet, auch ist es nach wie vor die selbe Geschichte, aber ich hoffe es ermöglicht, näher an die Figuren zu kommen.

Liebe bernadette,

ich muss Jo noch in einer Sache beistimmen, was ich in meiner Kritik leider vergessen habe: Die Oma muss raus!

Oma ist raus. Frau Pohl ist rein :).


Hey Celina_2802,

Lieben Dank für Deine herzlichen Worte.

Eine der besten Geschichten, die ich hier gelesen habe!

Da habe ich gute Nachrichten für Dich ... es gibt hier noch so viele und wirklich gute Geschichten zu entdecken. Halte Dich an die Empfehlungsthreads in den Rubriken oder an Autoren, die Dir gefallen.

Viel Spaß dabei!


Hallo Woltochinon,

ich danke Dir für Deine Worte. Du ahnst gar nicht wie sehr. Sie haben mich auf jeden Fall gut unterstützt, bei der doch recht umfangreichen Überarbeitung. Was noch viel wichtiger war, ich habe wieder an die Geschichte geglaubt. Und das sie funktioniert.

mir gefällt, dass deine Geschichte mit wenig oberflächlicher Dramatik auskommt, dass im Text subtile Beobachtungen beschrieben werden:

Das freut mich zu hören.

Etwas Kritik:

eingearbeitet

Übrigens – ein prima ‚Erster Satz‘!

Dank an yours, der den Satz aus den Tiefen in diese Position gelotst hat :).

Herzlichen Dank!


Hallo weltenläufer,

hättest Du nicht noch ein paar Stunden warten können ... jetzt wo ich doch so fleißig war :D

Lieben Dank auch an Dich fürs Lesen und Schreiben. Einige Deiner Kritikpunkte sollten sich ja mit der jetzigen Fassung erledigt haben. Ob es nun gelungen ist, weiß ich nicht.

EInerseits gefällt mir der ruhige Erzählton, das Fehlen von TamTam oder anderer aufgebürdeter Dramatik.

Das ist so geblieben.

Auch ist mir nicht ganz klar geworden, weswegen Nina plötzlkich losrennt, um sich doch selbst um die Bücher zu kümmern. Lag das nur am Anblick der Tabletten? Mitleid?

Der ganze Schluss ist neu. Damit entfällt auch dieses Namensdings. Auch die Frage, warum sie es plötzlich selbst tun will.
Nein - es lag an der Erkenntnis, das Frau Pohl - Martha heißt! Naja, nun ist ja eh anders.

Insgesamt ist mir Nina auch etwas blass davongekommen. Da wird mir doch sehr wenig mitgegeben, um eine Verbindung aufzubauen.

Hoffe auch in diesem Punkt Abhilfe geleistet zu haben.

das würde ich rausnehmen. Würde sie das wirklich (so) sagen?

und raus!

Hat mich gefreut von Dir zu lesen.

Nochmals Dank an alle für die guten und die pickenden Worte.
Fliege

 

Hallo Fliege,

Es wurde ja schon so viel gesagt zu dieser Geschichte, und ich habe auch nicht alle Kommentare im Detail gelesen. Teil Dir jetzt einfach mal meinen Eindruck mit.

Vorweg, mir gefiel sie sehr. Irgendwie hat sie etwas, das ich „typisch Fliege“ nennen würde. Die Handlung ist sehr still, ohne große Ahs und Ohs, Überraschungen und Wendungen. Es geht hier mehr um die Menschen in der Geschichte, und deren Charakterisierung ist m. E. eine Deiner Stärken. Frau Pohl wird in diesem Fall hauptsächlich durch Ninas Versuche, sie zu verstehen charakterisiert, durch ihre Neugier, Eindrücke und auch ihre Fantasie.

Besonders gelungen finde ich die Figur von Nina. Ein junges Mädchen, das aus was auch immer für Gründen vorübergehend einen Pflegejob übernimmt. Im Gegensatz zu erfahrenen Kollegen, die vielleicht aus Routine betriebsblind wurden und sich nicht weiters über die Eigenarten der Menschen im Pflegeheim Gedanken machen, kommt Ninas Interesse wie ein frischer Wind daher und es gelingt ihr, die Kommunikation mit Frau Pohl eine Ebene zu vertiefen – aber auch nur eine Ebene – der Rest entspringt ihrer Vorstellungskraft. Die Entwicklung der kurzlebigen Beziehung zwischen den beiden finde ich sehr gelungen.

Für mich kam das Bild mit dem Buch, symbolisch für Frau Pohls Leben, recht gut rüber. Es wurde mehrmals erwähnt, Du hättest mehr daraus machen können. Eigentlich befriedigt mich der Text inhaltlich sehr wohl. Er lässt viel Raum zur Interpretation. Andererseits – wenn Du nur ein Bisschen an der Geschichte von Wenzel und Martha basteln könntest – indem Frau Pohl durch irgendeine Eigenschaft, Geste oder auch Worte (sie spricht ja doch und sagt Nina habe das Buch gestohlen – man könnte sie ja noch ein zwei Sätze sagen lassen, die etwas auf ihr Leben schließen lassen.), dann würde einerseits Frau Pohl etwas besser „durch sich selbst“ charakterisiert, und nicht hauptsächlich durch Nina, und andererseits würde der Leser angeregt, aus ihrem Leben – dem Buch – etwas mehr zu machen als eine Liebesgeschichte (so scheinen sie fast alle Leser interpretiert zu haben).

Frau Pohl saß still auf einer Bank vor dem Rosenbeet. Wobei Rosenbeet vielleicht etwas übertrieben war, sechs Rosenstöcke kämpften tapfer in einem Ring von Feldsteinen gegen Blattläuse und Schatten.

Fand ich schön.

arrangierte ihre Hochzeit und traute mit ihr,

trauerte, oder?

Fussbälle

ß

Den Absatz, in dem Nina sich Frau Pohls Leben vorstellt, fand ich besonders gelungen. Die Veränderung, die sich in Ninas Bild von älteren Menschen abspielt, ist wohl etwas, das vielen von uns irgendwann einmal dämmerte.

Das du die Sauerei noch wegmachst

dass

Als wären sie aus Glas und auf den Boden fallen und dort zerbrechen könnten.

…Glas und könnten …

Wie schön es ist.

„es“ das Eisgesicht? Fände schöner „sie“ Frau Pohl.

Nina holte aus ihrer Tasche die restlichen Kerne und warf sie zu den Rosenstöcken. „Vielleicht wachsen hier ja nächstes Jahr Sonnenblumen.“ Nina holte tief Luft, dreht sich um und bummelte den Weg zurück.“

drehte

Dieses Ende gefiel mir ebenfalls recht gut. Still, ohne Drama, schön geschrieben.

Passt gut zum Thema Alltag, und macht einen gekonnt auf dessen Besonderheiten aufmerksam.

Schön, von Dir zu lesen.

Liebe Grüße

Lisi

 

He Fliege noch mal

hättest Du nicht noch ein paar Stunden warten können ... jetzt wo ich doch so fleißig war
dann lese ich halt noch mal. Und hey! - du warst wirklich fleißig. Jetzt hat die Geschichte mächtig gewonnen. ALso in dieser Form gefällt sie mir wirklich gut! Beeindruckend.

Als Frau Pohl an Nina vorbei ins Haus wollte, schleuderte Nina die Frage hinaus: „Was haben Sie eigentlich gegen mich?“, als wollte sie die Worte ganz schnell loswerden.
doppeltgemoppelt. Entscheide dich für eins von beiden

„Das hab ich nicht!“, rief Nina ihr nach. Mehr brachte sie nicht hervor. Nur diesen lächerlichen Kleinmädchensatz: Aber ich war das nicht.
das ist sehr gut! hier wird nina greifbar!

Almuth lächelte: „Das von Martha und Wenzel?“
ist hier nicht schmunzeln das passendere verb?

Welches Buch soll das sein? Und wieso hat man es ihr geklaut?

Das Buch von Martha und Wenzel ging Nina nicht aus dem Kopf. Zu Hause suchte sie im Netz danach.

streichen, kommt jam nächsten Absatz, das reicht. Außerdem ist das zu aufgesetzt. Wirkt wie bei den drei Fragezeichen. Lass dieses Denken mal beim Leser ;)

Es gab einige Buchtitel, in denen eine Martha als Protagonistin agierte, weniger Wenzels und keinen, in dem beide Namen auftauchten.
*stelz.* unnötig

Nein Nina. Wirklich nicht.
ersteres streichen.

Nina antwortete ihr mit Frau Pohls: „Zzzhh.“
sehr gut!

Beeindruckende Veränderung, die jetzt eine beeindruckende Geschichte draus macht!

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo Elisabeth,

Dein Kommentar hat mich sehr gefreut. Weil ich doch die Geschichte um einiges verändert habe und mich nun natürlich interessierte, ob ich damit alles nur verschlimmbessert habe, oder ob ich der Geschichte etwas Gutes angetan habe.

Vorweg, mir gefiel sie sehr.

Und damit fiel mir ein Stein vom Herzen.

Die Entwicklung der kurzlebigen Beziehung zwischen den beiden finde ich sehr gelungen.
Und auch hier ;).

... dann würde einerseits Frau Pohl etwas besser „durch sich selbst“ charakterisiert, und nicht hauptsächlich durch Nina, und andererseits würde der Leser angeregt, aus ihrem Leben – dem Buch – etwas mehr zu machen als eine Liebesgeschichte (so scheinen sie fast alle Leser interpretiert zu haben).

Aber dann spricht sie ja und reagiert auf ihre Umwelt in einem viel deutlicheren Maß, als sie es jetzt tut. Das verändert doch ihr ganzes Wesen ... mmh. Das muss ich mir sehr gründlich durch den Kopf gehen lassen. Ich fand mich so clever, sie über Nina charakterisieren zu lassen :).

Den Absatz, in dem Nina sich Frau Pohls Leben vorstellt, fand ich besonders gelungen.

Das freut mich, weil dieser ganze Absatz neu hinzugekommen ist. Wenn er funktioniert und der Leser es auch noch mag ... dann ist schön!

Danke auch für die Textkramliste.

Schön, von Dir zu lesen.

Gleichfalls.


hey weltenläufer,


dann lese ich halt noch mal.

Das finde ich sehr lieb von Dir. Völlig unironisch meine ich das ;). Ich habe mich wirklich gefreut, noch eine Meinung zur Veränderung zu erfahren.

Und hey! - du warst wirklich fleißig. Jetzt hat die Geschichte mächtig gewonnen. ALso in dieser Form gefällt sie mir wirklich gut! Beeindruckend.

Und wenn sie dann auch noch so ausfällt ... *rotwerdesmily*

Danke auch für Deine Liste.

Freudig großen Dank an Euch! Allein dafür, haben sich all die dazugekommenen Zeilen gelohnt.

Liebe Grüße Fliege

 

Hallo Fliege!

Ja, die Geschichte hat auf jeden Fall gewonnen: An Leichtigkeit und trotzdem auch an Tiefe. Nina gewinnt jetzt an Persönlichkeit: Sie ist, wie junge Mädchen eben so sind: gefühlvoll, unsicher, verspielt - das zeigt sich da, wo sie sich das Leben von Frau Pohl denkt. Diese Stelle gefällt mir auch sehr gut.
Vorher war die Geschichte irgendwie gerade aufgrund ihrer Leerstellen so bedeutungsschwer oder besser gesagt, die Leerstellen sollten die Bedeutung erst herstellen, was aber nicht ganz geglückt ist. Jetzt wirkt sie lockerer, man kommt als Leser durch diese unbedeutenden Kleinigkeiten näher an die Figuren heran (zum Beispiel wenn Nina an der Wasserflasche kratzt). Du lässt die Geschichte in Unbedeutendes schweifen und dadurch wird sie plastischer. Ich hoffe, ich hab mich jetzt unklar genug ausgedrückt. :D

einen hab ich noch

„Frau Pohl“, flüsterte Nina, „sehen sie die kleine Meise auf dem Feldstein
groß: Sie
Ich wollte mich von Ihnen verabschieden. Das war mein letzter Tag heute.“ Sanft kamen die Worte über Ninas Lippen. Als wären sie aus Glas und könnten zu Boden fallen und dort zerbrechen.
Die Metapher gefällt mir nicht, passt irgendwie nicht zu Nina, kommt mir auch zu gewollt bedeutungsschwer vor.

So, und jetzt gehen wir gemeinsam eine rauchen! ;)

Gruß
Andrea

 

Danke Andrea H.,

ja, die Geschichte hat auf jeden Fall gewonnen: An Leichtigkeit und trotzdem auch an Tiefe. Nina gewinnt jetzt an Persönlichkeit:

:kuss:

... - das zeigt sich da, wo sie sich das Leben von Frau Pohl denkt. Diese Stelle gefällt mir auch sehr gut.

An diesem Abstaz hatte ich auch echt Spaß, wenn ich den Leser nicht über Längen damit langweilen würde, hätte ich dazu Seiten füllen Können.

Ich hoffe, ich hab mich jetzt unklar genug ausgedrückt. :D

Völlig! :D

Die Metapher gefällt mir nicht, passt irgendwie nicht zu Nina, kommt mir auch zu gewollt bedeutungsschwer vor.

Och, lass sie mir noch eine kleine Weile. Und wenn ich soweit bin, werde ich sie heimlich und leise entfernen. So in ein paar Tagen, Wochen.

So, und jetzt gehen wir gemeinsam eine rauchen! ;)

Unbedingt.

Danke für die Rückmeldung. Ich hab mich sehr gefreut.

Grüße. die Fliege

 

Jo, gut geschrieben, nix zu meckern. Do simple things well.

Die Geschichte könnte gewinnen, wenn man der Protagonistin einen Knacks verpasse würde, damit auch bei ihr eine Entwicklung stattfinden kann, aber ich hab da nix zu meckern. Gut gemacht.
Quinn

 

Hallo noch mal,

kurze Rückmeldung dazu:

Aber dann spricht sie ja und reagiert auf ihre Umwelt in einem viel deutlicheren Maß, als sie es jetzt tut. Das verändert doch ihr ganzes Wesen ... mmh. Das muss ich mir sehr gründlich durch den Kopf gehen lassen. Ich fand mich so clever, sie über Nina charakterisieren zu lassen .

Fand ich auch clever, sie über Nina charakterisieren zu lassen. Meinte, dass sie an Tiefe gewinnen würde, nicht durch einen ausführlichen Dialog, sondern eher, wie Quinn es sagt "einen kleinen Knacks", irgend eine Macke oder zwei, die auf "das Buch von Marta und Wenzel" hinweist. Wenn sie die Pfleger des Buchdiebstahls anklagt spricht sie ja auch. Könnte ja noch ein oder zwei Sätze mehr sagen, oder sich durch Gesten ausdrücken. Nicht ihr Wesen verändern. Das gefällt mir recht gut so. Dachte eher an einen Hinweis, nicht dass einem das gesamte "Buch" vorgelutscht wird.

Das wär meines Erachtens die Glasur auf dem Kuchen, aber er hat mir auch ohne dieses ausgezeichnet geschmeckt.

Gruß

Lisi

 

Hey Quinn,

Jo, gut geschrieben, nix zu meckern. Do simple things well.

:eek:, so ungefähr habe ich nach dem Lesen dieses Satzes ausgesehen. Und danach hab ich mich gefreut!

Die Geschichte könnte gewinnen, wenn man der Protagonistin einen Knacks verpasse würde, damit auch bei ihr eine Entwicklung stattfinden kann, ...

Der Verzicht aufs Zischen und das tauende Gesicht reichen demnach nicht als Entwicklung ... okay. Vielleicht fällt mir ja noch was ein.

Dank an Dich
Fliege


Hallo Elisabeth,

Könnte ja noch ein oder zwei Sätze mehr sagen, oder sich durch Gesten ausdrücken. Nicht ihr Wesen verändern. Das gefällt mir recht gut so. Dachte eher an einen Hinweis, nicht dass einem das gesamte "Buch" vorgelutscht wird.

Aaaah ... ja, dazu wäre ich bereit. Mal schauen, ich denk drüber nach. Nur würde ich erst Mal gern etwas Abstand nehmen. Die Dame hat mich ausreichend beschäftigt, in der letzten Zeit. Sie war wirklich sehr pfelegebedürftig ;).


Noch mal an alle, die sich hier eingebracht haben. Es ist erstaunlich, wie diese Geschichte sich verändert hat und gewachsen ist. Was einem doch noch einfällt und auffällt, nach den Kommentaren. Ich durfte mal wieder sehr viel dazulernen.
Danke!

Liebe Grüße Fliege

 

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