Was ist neu

Frei

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24.11.2008
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Frei

Der Tag erwachte lange bevor sie ihre Augen öffnete. Verfroren stand sie auf und verschloss das Fenster, wobei sie sich in ihre Bettdecke hüllte. Wie verpackt stand sie so da und begutachtete das winterliche Treiben. Schnee war gefallen, der Garten sah aus, als sei über Nacht alles verblichen. Jede Pflanze, jeder Baum, selbst die alte Bank, alles war weiß. Sie blickte in den blauen Himmel und freute sich auf der Welt zu sein, während sie sich bückte, um die Heizung aufzudrehen. Auf dem Weg in die Küche, erinnerte sie sich an den vergangenen Abend. Sie hatte es wirklich getan und doch hatte sie schlafen können. Das war ihr immer wieder durch den Kopf gegangen. Wie würde die Welt aussehen, was würde sich verändern, wenn sie wieder allein sein würde. Würde Kaffee noch schmecken, wie er mit ihm schmeckte...sie nahm ihre Tasse und probierte und war wenig überrascht, als sie sich wie gewöhnlich den Mund verbrannte. Er schmeckte wie immer, doch ließ sie dieser Gedanke nicht los. Sie zog ihre Beine an, um ihre Füße vor dem kalten Boden zu schützen. Gut hatte sie sich gefühlt, endlich frei. Dieses Gefühl hatte sie so vermisst. Hatte sie es überhaupt je gespürt, war sie zuvor jemals frei gewesen? Sie blickte mit einem leichten Lächeln aus dem Fenster und begriff, dass sie es nun wirklich war. Es war schön, doch warum fühlte es sich so leer an? Dieses, doch über allem stehende Gefühl, welches einen jeden mit seinen Möglichkeiten lockt und für jeden eine Kostbarkeit unvergleichbarer Art zu sein scheint, vermochte es nicht sie wirklich glücklich zu stimmen. Warum? Mit Gewalt hatte sie sich Luft gemacht, sie hatte sich von allen Fesseln befreit, die sie in der letzten Zeit so deutlich am „frei sein“ behinderten. Ihr Blick wanderte zurück in die Küche, durch den Raum und erstarrte plötzlich. Sie blickte auf das kleine Bild an der Kühlschranktür. Wie glücklich war Sie einst gewesen, wie glücklich waren Sie einst gewesen.
Doch frei war sie nie und schon konzentrierte sie sich auf das Bestreichen ihres Brötchens. Wann hatte es begonnen, dieses beengende Gefühl, das sie nicht mehr loszulassen schien? Sie wusste es nicht mehr, noch wusste sie, warum er der Grund war. Die Brötchenhälfte stoppte kurz vor ihrem Mund, dann legte sie es zurück auf den Teller. Ein ungewohntes Gefühl schlich sich auf leisen Pfoten an und ließ sie erschaudern. Sie war allein, das spürte sie jetzt in aller Deutlichkeit. Ermahnend erinnerte sie sich, dass sie nun alle Freiheiten hatte! Was ein Gefühl frei zu sein. Ein Geräusch im Flur ließ sie aufschrecken. Die Holzdielen knarrten immer bei Kälte. Plötzlich erinnerte sie sich an die ersten Nächte in ihrer Wohnung, die sie hier gemeinsam verbracht hatten. Diese fremden Geräusche ließen sie schlaflose Nächte verbringen, doch wenn sie aufwachte und ihn neben sich spürte, seinen ruhigen Atem hörte, legte sie einen Arm über seinen Bauch und schlief beruhigt ein, als wäre nichts gewesen. Wie stark hatte er sie gemacht.
Er ist weg. Er kommt nicht wieder, weil sie es ihm gesagt hatte. Langsam stand sie auf, nahm die noch leicht dampfende Tasse und suchte sich ihren Weg ins Wohnzimmer. Sie setzte sich aufs Sofa und stellte bedacht die Tasse auf den flachen Glastisch. Das Wohnzimmer, ein Raum mit großen Fenstern, die es an diesem wunderschönen Wintertag der Sonne ermöglichten, ihn mit warmen Licht zu fluten.
In einer schreckhaften Sekunde hatte sie das Gefühl er säße neben ihr. Wie viel Zeit hatten sie gemeinsam in diesem Raum verbracht, wie oft hatten sie auf diesem Sofa den Morgen mit einer Tasse Kaffee begrüßt, wie oft wurden sie von der aufgehenden Sonne überrascht, wenn sie in Gespräche vertieft, die Nacht vergaßen und zum Tage machten. Er war so wichtig für sie gewesen. Und jetzt sollte er es nicht mehr sein? Verlust. Ohne Ankündigung nahm sie eine tiefe Trauer gefangen. Wie ein verschrecktes Tier saß sie nun in diesem Raum, der immer größer zu werden schien. Sie fühlte sich winzig, einsam. Eine Träne suchte sich den Weg über ihre Wange. Das ist der Preis für meine Freiheit? So soll es sich anfühlen? Wochenlang hatte sie sich Gedanken gemacht über den besten Zeitpunkt, über das „Wie“ und natürlich hat sie auch über das „Warum“ nachgedacht. Warum fühlte sie sich durch ihn unfrei, warum haben sich ihre Gefühle zu ihm verändert? Sie konnte nichts von all dem beantworten, doch spürte sie, dass sich der Entschluss, sich von ihm zu trennen manifestierte. Er war immer soviel stärker als sie gewesen, hatte ihr immer geholfen, war immer ihr Halt in der Not. Jetzt wollte sie sich selbst erkennen, sich neu definieren. „Was habe ich nur getan!“, entwich es ihrer inneren Stimme und beendete ihren Gedankengang.
Es klingelte. Das muss er sein, dachte sie und rannte mit einem Lächeln und neuer Hoffnung in den Flur, blieb kurz vor dem Spiegel stehen und strich sich die Haare glatt, bevor sie zur Tür trat. Sie nahm die Klinke in die Hand, spürte das kalte Metall in ihrer leicht schwitzigen Handfläche, holte tief Luft und riss die Tür auf. Vor ihr stand ein Mann im schwarzen Anzug und einem aufgesetzten Lächeln. Er hielt eine Broschüre in der Hand und fragte in umständlichen, übertrieben freundlichen Sätzen, ob sie Interesse und Zeit hätte über die hervorragenden Produkte seiner Firma zu sprechen. Schweigend und konsterniert stand sie im Türrahmen, suchte im Flur nach einer Spur von ihm. Der gut gekleidete Mann ließ sich von diesem Verhalten nicht beeindrucken und begann seinen Vortrag, den er gekonnt mit Illustrationen der Broschüre unterlegte. Doch von all dem bekam sie nichts mit. Wie in Trance stand sie vor diesem Geschichtenerzähler. Sie nahm weder ihn noch seine geschwollenen Worte war. Erst als der nun zu Höchstform auflaufende Staubsaugervertreter versuchte, dass Gespräch in ihre Wohnung zu verlegen, um die neusten Produkte und ihre Wirkung zu demonstrieren, wachte sie auf. Sie schüttelte den Kopf und schloss ohne ein Wort an ihn zu richten die Tür. Der Weg zurück aufs Sofa glich einem Bußgang. Sie war entsetzt über ihr Verhalten.
Hatte nicht sie selbst den Entschluss gefasst ihn zu verlassen? Hatte sie nicht seinen Argumenten standgehalten und sich nicht darauf eingelassen es noch einmal zu probieren? Seinen Tränen hatte sich getrotzt und auch seinen Worten, doch jetzt vermisste sie ihn. Sie spürte erneut eine Träne und dann eine zweite. Sie begann zu weinen. „Was habe ich nur getan?“, sagte sie und ihr Blick verirrte sich zur Tür. In diesem Moment glaubte sie ihn sehen zu können. Sie sah ihn, wie er am letzten Abend seine Jacke anzog, sich mit dem Ärmel das Gesicht trocken wischte, einen Schritt Richtung Haustür ging, sich dann noch einmal umdrehte. Seine letzten an sie gerichteten Worte, vernahm sie wie zum ersten Mal, als würde er vor ihr stehen und es ihr ins Gesicht schreien, als er sagte: „Ich hoffe du wirst glücklich und dein Plan geht auf. Ich verstehe dich nicht, doch scheine ich nichts an deiner Entscheidung ändern zu können. Es gibt keine Freiheit, sie ist eine Illusion, man ist nie freier als wir es waren. Wenn du mich fragst, dann liegt das Glück darin, gemeinsam frei zu sein! Vielleicht wirst du das irgendwann verstehen.“. Mit einem Wimpernschlag war er verschwunden. Gemeinsam frei sein. Sollte sie schon jetzt verstanden haben? Tränen ergossen sich über ihr Gesicht, Sehnsucht nach vergangenem breitete sich aus und vor dem Fenster spielten Kinder im Schnee, so als wäre nichts geschehen.

 
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Salve Sukram,

erst mal herzlich willkommen bei KG.de, im Reich der lebenden Schreiberlinge und unbarmherzigen Kritiküsse.

Das, was zwischen den Zeilen mitschwingt, hat mir ganz gut gefallen.
Frau trennt sich von Mann, weil sie frei sein will. Jetzt vermisst sie ihn. Sie denkt, weil sie ihn immer noch liebt. Ich denke, weil sie emtional unselbständig ist und eine Krücke zum Leben braucht.
Sie wirft ihm vor, sie einzuengen, dabei ist sie es selbst, die diese Situaton heraufbeschworen hat, indem sie sich an ihn klammerte.

Das könnte man ruhig noch stärker rausarbeiten. Nicht, indem die Frau düber nachdenkt, sondern indem Du Szenen, Dialoge etc. einbaust, anhand derer es deutlich wird. Show, don´t tell!

Zum Teil sind überflüssige RS-Fehler drin, Kommas wo keine hingehören, die an anderer Stelle fehlen. Verschwurbelter Satzbau. Fehlerhafte Groß- und Kleinschreibung. Und Killersätze, die in einen Beziehungsratgeber gehören, aber nicht in die Gedanken einer Frau mit Liebeskummer oder in den Mund eines Mannes mit eben dem gleichen.

Ein paar Beispiele:

Dieses, doch über allem stehende Gefühl, welches einen jeden mit seinen Möglichkeiten lockt und für jeden eine Kostbarkeit unvergleichbarer Art zu sein scheint, vermochte es nicht sie wirklich glücklich zu stimmen.
hoffe du wirst glücklich und dein Plan geht auf. Ich verstehe dich nicht, doch scheine ich nichts an deiner Entscheidung ändern zu können. Es gibt keine Freiheit, sie ist eine Illusion, man ist nie freier als wir es waren. Wenn du mich fragst, dann liegt das Glück darin, gemeinsam frei zu sein! Vielleicht wirst du das irgendwann verstehen.

In diesem Sinne - afwaan!

Gruß, Pardus

 

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