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Freier Wille, Baby

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10.10.2006
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Freier Wille, Baby

Für Andrea

„Ihr werdet hören von Kriegen und Kriegsgeschrei, sehet zu und erschrecket nicht, denn das muss so geschehen, aber es ist noch nicht das Ende.“
[Matthäus, 24,6]​

„Ich liebe den Geruch von Weihrauch am Morgen“, sagte der Dämon und blies zwei Rauchwolken aus seinen Nüstern.
Pater Elias starrte an der Gestalt des Dämons vorbei auf das Gemälde, das er eben noch mit Faszination und Abscheu betracht hatte. Kein Zweifel, an der Stelle, an der sich vor Sekunden noch eine rotgezeichnete Gestalt um das linke Bein Judas Ischariots geschlängelt hatte, klaffte nun eine Lücke.
„Versucht Ihr mich durch einen Mangel an Höflichkeit zu verärgern, guter Mann?“
Elias starrte auf das Bild. Es war erst seine zweite Woche hier im niederen Reliquiarium. Vielleicht … nein, das hätte man ihm doch gesagt, oder? Oder nicht?
„Halloo? Jemand zu Hauuse?“ Die Stimme klang heiser.
Elias schloss die Augen.
Ein Dämon, im Herzen Roms. Undenkbar. Die Phantasie musste ihm einen Streich spielen. Die stickige Luft hier unten, Sporen, die von den Gemälden aufstiegen, vielleicht Pilze oder etwas in der Art. Aber leibhaftige Dämonen: Undenkbar. Er war nur überreizt.
Rüde wurde er an den Schultern gepackt und hoch gezerrt.
„Ich bin real, du Wurm. Schau mich an und sieh deine Zukunft!“
Nein, er würde nicht hinsehen! Gerade nicht. Wenn er ihn nicht sah, dann sah ihn der Dämon auch nicht. Der Dämon, den es überhaupt nicht geben konnte.
Schwefelgestank stieg in Pater Elias’ Nase, Kohlendampf, und jetzt erst, erst jetzt, als er das Wesen roch und fühlte, bemerkte er auch das schwere Kreuz in seinen eigenen Händen. Das Kreuz der heiligen Anna, dessentwegen er überhaupt hier runter gestiegen war. An ein Museum sollte es ausgeliehen werden.
Er stieß – seine Augen noch immer zusammengepresst - das Kruzifix vor und rammte es dem Dämon in die Brust, oder zumindest in einen Teil seines Körpers.
Als Elias mit dem Steiß auf den Steinboden des Reliquiariums, Gang zwölf, aufprallte, öffnete er seine Augen doch noch.
Und vor ihm, Elias konnte es nicht fassen: Der Teufel. Ja, der Teufel höchstselbst, das sah er nun klar: Gewaltige Fledermausschwingen, ein Ziegenkopf mit mächtigen Hörnern, Bocksfüße und ein riesiges, purpurgeädertes Genital, das zwischen den Beinen bleich hervorstach und einen Kontrast zum Steinboden bildete. Der Teufel, der gefallene Engel: Er war gestürzt. Lehnte rasselnd atmend unter dem Gemälde, aus dem er entsprungen war, und hielt sich die Brust.
Elias bekreuzigte sich nachlässig. Murmelte „Apage, Apage“. Der Dämon kreischte auf, blieb dabei aber regungslos.
Konnte es sein, dass er, dass er, Elias, der Sohn eines Gebrauchtwagenhändlers aus Turin, dass er also den Teufel bezwungen hatte? Konnte es sein, dass er etwas … Besonderes war? In seinem Glauben? In seinem Blut?
Konnte er ihn besiegt haben? Ihn, Mephistopheles?
„Abbalon“, schrie der Dämon auf. „Abbalon, du dämliche Madenfresse.“
Elias erstarrte, als der Dämon in einer fließenden Bewegung aufsprang und ihn aus gelben Ziegenaugen anstarrte.
„Dachtest wohl du wärst rein, was? Schon mal was von Hochmut gehört? Todsünde, Arschloch.“
Ein roter Schemen jagte auf ihn zu. Schmerz durchzuckte Elias. Dann starrte er auf die blutige Klaue des Dämons, die ein schwarzrotes, pochendes Ding umklammerte.
Ist das … ist das mein Herz?, dachte Elias, bevor er starb.

Versonnen strich Patrick McCollum mit der Feder unter seiner Nase entlang. Ach, wie schwer konnte das schon sein? Ein Reim auf blau. Das musste doch wirklich drin sein.
Der altväterliche Baum, an dem er lehnte, atmete Kreativität aus, das wusste jeder. Die Dichter-Eiche am See. Bekannt aus Funk, Fernsehen und Legenden. Eine Muse in unauslöschlicher Liebe zu einem Waldschrat entbrannt, blablabla, halbes Jahr als Baum, halbes Jahr als Muse eben. Und bis zur Sonnenwende Baum, wusste jeder.
Generationen von Schotten hatten hier Verse geschmiedet. Franzosen, Engländer und ähnliches Gesocks pilgerten extra her, um ein paar kümmerliche Zeilen aufs Papier zu klecksen, damit sie eine dahergelaufene Dirne becircen konnten.
Immer klappte es! Kein Versagen war überliefert! Und ihm fiel kein Reim auf blau ein, das musste doch mit dem Teufel zugehen.
Patrick rieb sich die Feder unter der Nase entlang.
Blau, blau, blau. Wenn Moira wenigstens einen anderen Namen hätte, dann könnte das ja schon alles anders beginnen, also das Gedicht. Da gab ja ein Wort das andere sozusagen und mit dem Namen fing’s an. Bei ’nem anderen Namen wäre es ja gar nicht erst so weit gekommen, also mit dem Blau.
Ach.
Schafe blökten auf der Weide um den See herum. See, von wegen See. Ein Tümpel war das hier!
Nein, nein, so lief das nicht, so würde das nicht laufen. Konzentration und Inspiration.
Wieder strich er sich mit der Feder unter der Nase entlang – Blöken, tumbes, dummes, brünstiges Blöken! Patrick nieste. Wahrscheinlich war er allergisch gegen diese blöde Feder.
Zu all dem verspürte er nun auch noch einen Juckreiz auf seinen Wangen. Die Akne meldete sich zurück. Akne! Und das ihm!
Er sah von seinem Blatt auf – erleichtert, nicht mehr auf die kümmerlichen beiden Zeilen am oberen Rand glotzen zu müssen - und schaute auf den See und die Schafe.
Die Schafe verstummten. Die Strahlen der Sonne, die eben noch so unerbittlich auf die schorfen Stellen in Patricks Wangen gebrannt hatten – sie wärmten ihn. Der Baum in seinem Rücken: vor Sekunden noch hart und unbequem, liebkoste und umhüllte ihn.
Ein Lichtstrahl schoss aus dem See hinaus, einer Silvesterrakete gleich, schoss in die Luft, kein Wasser spritzte, nur weiß, kein Strahl, eigentlich mehr ein Kegel, ein Lichtkegel.
Patrick grinste über beide Ohren. Ums Herz herum war es ihm ganz leicht.
„Schön“, flüsterte er. „Das ist so schön.“
Und selbst bessere Dichter als er hätten es nicht treffender beschreiben können, jenes Gefühl, bei der Ankunft eines Engels auf Erden zugegen gewesen zu sein.

Wenn einer dieser besseren Dichter in jenen Minuten über einer Stadt in der Mitte von Deutschland geschwebt wäre – was gar nicht einmal so unwahrscheinlich war, denn Dichter, zumal jene besseren, pflegen sehr häufig über Deutschland hinweg zu schweben -, wenn also einer jener besseren Dichter in genau dem richtigen Moment am richtigen Ort geschwebt wäre, dann hätte dieser Dichter gesehen, dass ein weißer Lichtkegel und ein roter Flammenstrahl am dunklen Nachthimmel aufeinanderprallten. Der Dichter hätte seine Augen schließen müssen, denn er wäre von einem grellen Lichtblitz geblendet worden.
Wenn seine Augen das Gleißen verkraftet hätten, dann hätte er gesehen, dass sich ein ziegenköpfiger Dämon mit Fledermausschwingen und eine blonde, weißgekleidete Frau mit Taubenflügeln in der Luft gegenüberstanden. Kein Blatt Papier, so hätte der Dichter gesehen, hätte mehr zwischen beide gepasst.
Und unser Dichter hätte auch gesehen, dass der Dämon nickte. Und er hätte gesehen, dass der Engel eine güldene Augenbraue fingerkuppenbreit nach oben zog.
Das alles hätte einer der besseren Dichter gesehen. Aber es war keiner da.


1 Therapien

Als Gregor Neid auf Zehenspitzen in den Raum schlich, berichtete eine dunkle Frauenstimme in norddeutschem Zungenschlag gerade, von ihrem Stiefvater missbraucht worden zu sein.
Im Halbdunkeln konnte er sie kaum sehen, aber riechen. Frauen. Schwache Frauen. Alle frisch geduscht, alle ohne Parfüm. Ein Häuchlein fruchtig, aber nicht zu sehr. Und irgendwo in dem ganzen Fruchtmeer roch es auch ein ganz kleines bisschen salzig. Und um das Salz ging es hier natürlich.
Der Stuhl, gegen den er mit seinem Schienbein stieß, strömte leider keinen so charakteristischen Geruch aus. „Verdammter … Kack-Stuhl!“
Miss Norddeutschland, gerade dabei, zu schluchzen und zu schnäuzen, schwieg daraufhin und Neid konnte die Blicke der anderen auf sich spüren.
„’tschuldigung“, murmelte er, griff nach dem verhassten Stuhl und zog ihn hinter sich her, während er auf den Kreis der nur schemenhaft zu erkennenden Frauen zuschlurfte.
„Aber-“, begann eine.
„Es ist in Ordnung“, sagte eine andere Stimme. Claudia, erkannte Neid. Die gute, alte Claudia, ihres Zeichens Leiterin dieser Selbsthilfegruppe und ein bisschen auf Meskalin. Perfekte Mischung.

Doktor Hollerbach lächelte ihn an. „Ihnen muss doch bewusst sein, dass Sie mir Leid zufügen, wenn Sie sich selbst Leid antun.“
„Ja“, antwortete Paul Karmann ihr. „Aber es ist ein vertretbares Leid. Denn ich kann so viel Leid damit lindern.“
Hollerbach verschränkte die Hände hinter ihrem Kopf, rutschte im Ohrensessel nach unten, schloss die Augen und presste Luft durch ihre Lippen hindurch nach oben, gegen die schwarz getäfelte Decke. Paul fand, dass sie jetzt ein wenig so aussah wie eine Lokomotive. Es hätten nur Dampfwolken gefehlt oder vielleicht ein Tschuth-Tschuth.
„Sie sehen sehr schön aus“, sagte er. „Ich würde Ihnen ungern Leid antun.“
„Weil ich schön aussehe?“
„Weil ich Sie mag.“
„Sie mögen mich, weil ich schön aussehe?“
„Ich mag Sie, weil ich Sie mag.“

Der Stuhl war eine Zumutung. Für Kinder gemacht oder für knochige Frauenärschchen. Aber er ächzte und quäkte unter Neids ungleich höherem Gewicht. Wobei … das geschah dem Kack-Stuhl wahrscheinlich auch ganz recht!
„Das Schwierige daran ist, glaube ich, dass es wie Atmen ist.“ Immer noch die HSV-Tussi. „Wenn man Alkoholikerin ist, ich meine, das ist ja kein natürliches Bedürfnis. Oder wenn man Heroin braucht oder irgendwelche Pillen. Man weiß ja, dass das nicht natürlich ist. Aber es ist ja rein biologisch, oder nicht?“
Zustimmendes Frauengemurmel; Neid rieb seinen schmerzenden Nacken, irgendwie schmerzte er in letzter Zeit immer. Und irgendwie bekam er langsam Appetit auf etwas Süßes. Wie die Kleine wohl schmeckte? Vielleicht ein bisschen wie ein kühles Jever? Das schmeckte doch auch ganz anders als ein normales Bier.
Und außerdem: Hatte er nicht noch ein paar von diesen frittierten Schokobällchen in seinem Mantel?

„Halten Sie sich selbst für normal?“, fragte sie.
„Ich weiß es nicht.“
„Ihnen muss doch klar sein, dass Sie sich abnormal verhalten.“
„Glauben Sie denn, Sie sind normal?“
Hollerbach legte die Stirn in Fältchen. Mit ihren Händen formte sie ein geometrisches Muster, indem sie ihre Fingerspitzen exakt vor ihrer Nase aufeinanderlegte. Schließlich öffnete sie ihre Augen, sah Paul durch das handgeformte Muster hindurch an und flüsterte: „Ich habe nicht versucht, mich mit einem Gürtel zu erhängen.“
Doch bevor Paul antworten konnte, zerfiel das Muster wieder und Hollerbach fuhr in bequemer Lokomotivposition fort: „Die Gesellschaft hält mich für normal und Sie für abnormal. Darum geht es.“
„So“, sagte Paul. „Die Gesellschaft.“
„Für Selbstmord kommt man in die Hölle.“
„Ich bin Atheist.“
„So ein guter Mensch und keine Hoffnung auf eine Belohnung im Jenseits, Herr Karmann?“
Paul lächelte.
„Sie wissen, dass ich Sie provozieren will?“
„Ja, das weiß ich.“
„Wie fühlen Sie sich dabei? Amüsiere ich Sie?“
„Nein“, antwortete er. „Ich glaube, ich verstehe Sie.“

„Das Durchdringen, ich glaube, es ist das Durchdringen. Es füllt etwas.“
Wenn man die Frauen hier, dachte Neid, wenn man sie einfach nähme und das irgendwie organisierte. Also dachverbandsmäßig, dann wäre ihnen doch leicht zu helfen.
„Es fing ganz normal an, also ich wusste gar nicht, dass es davon zu viel geben kann. Man redet nicht darüber. Es hat sich ja auch nie einer beschwert. Am Anfang.“
In so einem Dachverband, da bekämen die ja, was sie wollten. Man müsste es natürlich irgendwie benennen, damit gar nicht erst irgendwelche unguten Assoziationen aufkämen, aber vielleicht einfach: Dachverband. Das klang doch sehr seriös.
„Aber dann irgendwann war es ganz groß. Das nahm alles ein, wie ein Luftballon, der immer weiter aufgeblasen wird. Und das Gehirn, das ist ja gar nicht so groß, glaube ich.“
Und man selbst würde natürlich auch ein, zwei Euro dran verdienen. Bei einer Acht-Stunden-Schicht mit fünfzehnminütigen Aufenthalten, käme man auf zweiunddreißig Einheiten pro Schicht pro Frau. Neid warf sich ein frittiertes Schokobällchen in den Mund und schlang es, ohne zu kauen, runter.
„Ich weiß gar nicht, wie es passiert ist. Aber ich stand einmal vor einem Spiegel und ich hab an mir heruntergesehen. Und mich umgedreht. Und da waren hinter mir zwei Männer, ich wusste nicht mal ihre Namen.“ Sie lachte auf. „Ich glaube, da hab ich es erkannt.“
Wenn man die Aufenthalte auf zehn Minuten reduzierte, dachte Neid in Schluchzen, Schreien und Weinen hinein, dann wäre man schon bei … achtundvierzig Einheiten. Oder bei einer Zwölf-Stunden-Schicht zweiundsiebzig pro Schicht pro Frau. Natürlich müsste man mit dem Preis runtergehen. Vielleicht dreißig Euro, oder so. Und man müsste es wirklich anders nennen. Bordell – natürlich ging da keiner hin.
Während die Frau zusammenbrach und von Claudia und den anderen getröstet wurde, aß Neid das letzte Bällchen und dachte bei sich: Gott, wann wirst du es endlich lernen? Jedes Mal nimmst du dir vor, es richtig zu genießen und dann wird’s wieder nichts. Man vermischt Geschäftliches und Privates nie miteinander.
Dann stand Neid auf, trat gegen seinen Stuhl, nickte stumm und verließ den halbdunklen Raum.

„Was würden Sie tun, wenn ich einfach sage, dass Sie umsonst sterben würden? Dass wir uns entschlossen haben, ein Exempel an Ihnen zu statuieren, dass wir Ihre Organe nicht transplantieren.“
„Dann würde ich sagen, dass es sehr mutig von Ihnen ist und sehr egoistisch.“
„Aber Sie würden aufhören?“
„Verstehen Sie doch: Wenn man mich ließe, würde ich versuchen, zu helfen. Aber man lässt mich nicht. Wenn Sie mich ließen, dann könnte ich auch versuchen, Ihnen zu helfen.“
„Hören Sie.“ Hollerbachs Stimme und Körperspannung hatten sich verändert. Paul sah das. Keine weiche, warme Lok mehr, jetzt glich sie eher einem Schnellzug, glatt und angriffslustig. Hatte er sie mit etwas verletzt? Mit etwas, das er gesagt oder getan hatte?
„Was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind, dass Sie jedem helfen können?“
„Ich habe nicht gesagt, dass ich Ihnen helfen kann, ich habe gesagt, ich könnte es versuchen.“
„Wollen Sie mit mir verhandeln?“
Paul lächelte. „Wer hat Ihnen nur so weh getan?“
„Raus.“
Paul nickte. „Es tut mir leid. Es tut mir wirklich leid.“
„RAUS!“
Pfleger spritzten in das Zimmer, griffen nach Pauls Armen, die noch immer in der Zwangsjacke steckten, und trugen ihn hinaus.


2 Heimwege

Maike Jansen wischte sich mit einem Taschentuch die Reste der letzten Stunde aus dem Gesicht, betrachtete das Taschentuch – ein schwarzer Fleck hatte sich darauf gebildet -, zerknüllte es und warf es in ihre Handtasche. Wie gerne hätte sie sich jetzt eine Zigarette angezündet, aber auch das wäre eine Suchthandlung gewesen. Und außerdem durfte sie in der S-Bahn ohnehin nicht rauchen.
Obwohl das hier sicher keinen gestört hätte. Außer ihr saß nur noch eine Blondine im Waggon, schmökerte in einem Wälzer, schlug ihn aber alle Naselang zu – wobei sie ihren Zeigefinger als Lesezeichen benutzte -, und schaute aus dem Fenster hinaus.
Wahrscheinlich eine Studentin, dachte Maike. Oder eine unglücklich Verliebte. In jedem Fall noch ein Kind.

Die zwei Pfleger trugen Paul über den Flur. Er erkannte sie, ohne hinzublicken, alleine an ihrem Geruch. Der eine roch schweißig und nach kaltem Rauch. Der andere nach Gewürzen, so wie Backstuben in der Adventszeit rochen. In Gedanken nannte ihn Paul immer den Pfefferkuchenmann.
„Ich glaube, das reicht“, sagte der nun zum Raucher. „Er wird schon laufen können.“
„Hm, wenn du meinst. Aber wenn er wegrennt, rennst du ihm nach.“
Paul spürte nun wieder den Linoleumboden unter seinen Schlappen.
„Nein, nein. Er wird uns schon keine Schwierigkeiten machen, oder?“
„Ich werde Ihnen keine Schwierigkeiten machen“, antwortete Paul.
„Wo sollte er auch hin, was?“
„Ja“, sagte Paul und lächelte müde. „Wo sollte ich auch hin.“

Als die S-Bahn anhielt, stand Maike bereits vor der Tür und hatte den Daumen auf dem Knopf, der sie öffnen würde. Aber etwas ließ sie zögern. Ihre Knie zitterten und ihr Magen fühlte sich an, als hätte sie Backsteine statt Buttertoast gegessen.
Sicher, draußen war es schon dunkel, aber … das war doch kein Grund. Dort draußen war nichts und sie war keine acht mehr und hörte den Schlüssel an der Haustür.
Sie befahl ihrem Daumen, den Knopf zu drücken, und die Tür schob sich ächzend auseinander.
Natürlich tat sie das. Man drückte auf den Knopf und die Tür öffnete sich. Sie hatte es bisher immer getan. Warum hätte sie es heute nicht tun sollen?
Maike schüttelte den Kopf und schritt vorsichtig die drei Stufen hinab, raus aus dem hellen Waggon, hinein in die Dunkelheit der Stadt.

„Weißt du“, sagte der Pfefferkuchenmann und schaute dabei geradeaus, „ich hab mir mal was überlegt.“
„Ja?“, fragte der Raucher.
„Wenn ein Feuerwehrmann ein Kind aus einem brennenden Haus rettet, ist er dann ein größerer Held als eine Mutter, die ihr Kind aus dem Haus rettet? Oder ist er ein kleinerer Held als ein Spaziergänger, der in das Haus rennt, obwohl er eigentlich in die Kneipe wollte?“
Der Raucher gluckste und hustete dann trocken. Für Paul klang es so, als hätte er sich am Lachen verschluckt.
„Du bist schon viel zu lange hier.“
„Ja“, sagte der Pfefferkuchenmann. „Das wird’s sein. Nichts für ungut.“
„Ja, nichts für ungut.“
Paul tippelte in kleinen Schritten zwischen ihnen. So schnell, wie es die Jacke zuließ.

Ihre Schritte hallten vom Kopfsteinpflaster wider. Nicht nur ihre Schritte. Sie hörte es deutlich. Tiefes, dunkles Hallen. Von gepanzerten Männerschuhen. Direkt hinter ihr.
Maike blieb stehen. Stille. Sie drehte sich um. Nichts. Die Straßenlampen beleuchteten nur nackte Straße.
Noch zwei Blocks. Lächerlich. Wie konnte die Stadt um diese Zeit ausgestorben sein?
Maikes Herz raste. Sie ging einige Schritte. Überlautes Hallen. Sie wirbelte herum: Nichts.
Drehte sie jetzt komplett durch? Hatte sie vor der Stadt Angst? Dann konnte sie sich gleich in den ICE setzen, acht Stunden bis nach Hause. Sie könnte ihrer Mutter sagen: Du hattest recht. Die Stadt ist nichts für mich. Ich bleibe hier.
Nein. Sie hatte das andere geschafft, auch eine reine Kopfsache, sie würde alles schaffen.
Wieder ein paar Schritte, wieder Hallen. Nur Einbildung, aber trotzdem: Maike kramte, während sie weiterlief, in ihrer Handtasche und dort lag das Pfefferspray, beruhigend hart und real neben den Taschentüchern und einem Kondom. Ein Kondom?
Sie umklammerte das Spray, zog es heraus, schloss die Tasche wieder und begann zu beten. Ein Einschlafgebet, ihre Mutter und sie hatten es gemeinsam gesprochen. Früher. Bevor Papa starb. Der echte Papa. Die Worte kamen stockend, beim ersten Mal. Aber dann hatte sich die Zunge an die Laute erinnert und Maike flüsterte: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ Ganz leise, niemand sollte sie hören. Aber so leise sie auch betete, es war real. Und die fremden Schritte nicht.
Da war sie sich fast sicher.

Die lichtdurchfluteten Korridore schienen kein Ende zu nehmen. Dabei erinnerte ihn die Innengestaltung immer mehr an einen Kindergarten als an etwas anderes. Einen Kindergarten mit vielen Türen und Linoleumfluren, gewiss, aber die vielen Fensterfronten, auf die schwarze Vögel gemalt waren, die kannte Paul Karmann sonst nur von Kindergärten.
Ein Kindergarten am Abend oder in der Nacht. Und Frau Zellakowski hatte vergessen, das Licht auszuschalten. Und der Pfefferkuchenmann und der Raucher hatten ein Kind gefunden, das sich vielleicht im Besenschrank versteckt hatte, und brachten es nun nach draußen.
Paul lächelte. Vielleicht sollte er Doktor Hollerbach davon erzählen. Damit würde er ihr bestimmt eine Freude machen. Proband sehnt sich nach infantilem Stadium zurück, würde sie sagen. Und sich darüber freuen.

„Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele und führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.“
Der Schlüssel. Ihr Mietshaus lag schon um die Ecke, sie konnte bereits den alten, grauen Volvo sehen und die Bank, an der sich die alten Omas immer trafen, um zu tratschen. Bestimmt auch über sie. Dieses junge Ding, das früher so viele Männerbe…
„Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.“
Der Schlüssel. Sie kramte in ihrer Handtasche. Sie ertastete den Labello - ihre Lippen waren schon ganz taub vom Beten. Und dort auch der Schlüssel.
Hinter ihr: War das Tappen nicht noch lauter geworden? Ein Stechschritt wie von einer ganzen Horde.
„Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.“
Maike hörte auf zu beten und fuhr sich nervös über ihre Lippen. Sie schmeckte Blut. Wann war das denn passiert?
Die Tür ging vor ihr auf. Ihr Herz stockte. Eine der Omas stand im Türrahmen. Maike starrte auf ihre Stirn, ein Mosaik aus Falten, tief in die Haut gefurcht, wie von einer Gabel. Real.
„Schönen Abend!“, rief die Oma und drückte sich an ihr vorbei.
Maikes Atem ging flach. Im Treppenhaus roch es nach strengem Citrus-Putzmittel.
Sie nahm zwei Stufen auf einmal, fuhr mit der Hand am Geländer entlang, als wäre es ein Gleis oder eine Leitschiene oder, oder etwas anderes. Hauptsache real.
Unter ihr: Die Tür. Jemand öffnete sie. Maike hörte das Klicken und das Zuschlagen. Hörte es überlaut. Jetzt schnell. Wenn er das wieder war. (Hatte er sie hier gefunden? So weit weg von zu Hause?) Der mit den hallenden Schritten, dann, dann würde er nicht von ihr lassen.
Maike stürzte die Treppen hinauf.
Nur nicht hinfallen, nur nicht hinfallen, dann würde sie schon vor ihm liegen, wie ein Buffet, wie eine Einladung, wie ein köstliches Mahl, das sich danach sehnt, verspeist zu werden.
Ein Fuß hoch, dann den anderen nachziehen und immer weiter. Nur auf die Füße gucken. Nichts weiter. Immer weiter.
Zweiter Stock, dritter Stock, Seitenstechen. Eine Erschöpfung wie damals, als es einfach zu viel war, als die Müdigkeit jeden Gedanken erdrückt hat, als der Ballon in ihrem Verstand voll aufgeblasen war. Sie ganz ausgefüllt hatte. Zu platzen drohte.
Unter ihr nur Schritte. Kein Lachen, kein Machen, nur Schritte wie von einem Roboter.
Dort bei ihren Füßen der alte Fußabstreifer, noch ein Anker, ein Anker von zu Hause: Tritt ein, bring Glück herein. Er lag ein wenig verrutscht.
Der Schlüssel musste jetzt ins Schloss. Der Schlüssel musste immer ins Schloss. Der Schlüssel, der sich in ihre Handfläche gepresst hatte, den halben Weg über, der neben dem Pfefferspray in ihrer Hand gelegen hatte, den halben Weg über. Der musste nun ins Schloss. Sie öffnete ihre Handfläche, griff mit spitzen Fingern der anderen Hand danach, bekam ihn am Bart zu fassen. Wie ihre Hände zitterten, wie die von der alten Oma eben.
Der Schlüssel, er musste nur ins Schloss. Die Schritte wurden lauter. Sie roch ihn nun auch. Er roch schwer, nach viehischer Geilheit. Ein Mann! Da war jemand hinter ihr, vielleicht der Irre aus der Sitzung, von dem Frau Meerbach gesagt hatte, er sei okay. Dieser perverse Spinner – jetzt an den Schlüssel denken, nur an den Schlüssel denken, atmen, einatmen und ausatmen, jetzt –
Es gab kein Geräusch, als der Wohnungsschlüssel Maike Jansens Hand entkam und im Fußabstreiferdschungel verschwand.

„Warte kurz“, sagte der Pfefferkuchenmann. „Ich muss verschnaufen.“
Der Raucher fasste Paul rabiat am Ellenbogen. „Hmm, du tust so, als wären wir auf dem Jakobsweg, so weit sind wir noch gar nicht gelaufen.“
„Ja, ja“, sagte der Pfefferkuchenmann. „Komm du erst mal in mein Alter. Obwohl wenn du weiter die Roth-Händle-“
„Ja, Mami.“
Paul sah sich nach dem Pfefferkuchenmann um. Der rieb sich grade eine Stelle hinter seinem Ohr und fast meinte Paul, dass von dort nun Plätzchen und Teigstückchen durch die Gegend fliegen müssten, aber dem war nicht so, jetzt, vielleicht durch das Gespräch, sah er den Mann ganz deutlich vor sich. Er trug einen buschigen Schnauzer im Gesicht, der seinen Mund komplett bedeckte und ihn ein wenig wie ein Walross aussehen ließ. Als Pfefferkuchenmann hatte er Paul besser gefallen. Nun watschelte er ein paar Schritte die Wand entlang und blieb schließlich vor einer Tür stehen.
„Was machst du da?“, fragte der Raucher.
„Bring ihn mal her“, antwortete der Pfefferkuchenmann und öffnete die Schiebeluke an der Tür.
„Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist“, brummte der Raucher, aber drückte Paul zugleich auf die Tür zu und so musste Paul durch die Luke in die Zelle sehen.
Dort saß auf einer Pritsche ein bulliger Mann in weißem Anstaltskleid. Er hatte seine Hände zu Fäusten geballt, hielt aber zwischen Mittel- und Ringfinger der rechten Hand ein Stück Wachsmalkreide und rieb damit auf ein Blatt Papier.
„Hey, Großer“, sagte der Pfefferkuchenmann. „Zeig uns doch mal, was du gemalt hast.“
Der bullige Mann schaute nach oben, - er hatte ein weiches, zartes Gesicht- und hielt ein Blatt Papier so, dass Paul es sehen musste.
„Zwölffacher Mörder“, murmelte der Pfefferkuchenmann.
Auf dem Blatt Papier waren schwarze Linien gezeichnet. Wild und voller Kraft.
„Acht Kinder, vier Erwachsene. Fünf Mädchen, drei Jungen, drei Frauen, ein Rentner.“
Der bullige Mann blinzelte und Paul sah in seine Augen. So weich und voller Unschuld.
„Zehn hat er erwürgt und zwei ertränkt. Sag: Glaubst du an das Böse?“
Paul wandte sich ab.
Der Raucher hustete. „Du bist wirklich schon viel zu lange hier.“

Der Schlüssel. Maike ließ sich auf die Knie fallen, Schmerz kroch in ihren Körper. Sie wühlte durch die Fasern des Fußabstreifers. Schnell.
Die Schritte, sie wurden immer lauter. Er war es, er hatte sie gefunden. Hier. Gleich würde er sich zu ihr legen, ins Bett. Schneller. Der Schlüssel, da war er.
Maike griff danach. Ihre Hände – als trüge sie Fausthandschuhe und der Schlüssel war so klein und zart.
Schritte hallten durch das Treppenhaus. Dort lag es, dort neben dem Schlüssel – das Pfefferspray, ihre Stärke, ihr Stecken und Stab. Es musste doch zu fassen sein.
Maike griff danach, es fühlte sich hart und stark und richtig an.
Eine Hand auf ihrer Schulter.
Maike wirbelte herum, den Zeigefinger auf dem Auslöser des Fläschchens.
„Kann ich Ihnen helfen? Sie weinen ja. Was ist denn mit Ihnen? Alles in Ordnung? Sie sind ja komplett aufgelöst. Soll ich einen Arzt rufen?“
Maike wischte sich mit dem Handrücken die Tränen aus den Augen. Sagte dem jungen Mann, der über ihr wohnte, dass alles okay sei und sie nur einen schweren Tag gehabt hätte. Er solle sich keine Sorgen machen um sie. Jetzt sei alles in Ordnung.
Der junge Mann lächelte sie an und nickte ihr zu. Aber er hielt sie für verrückt und schwach. Sie konnte es fühlen. Vielleicht wollte er sie jetzt. Bestimmt dachte er, dass sie Drogen nähme oder Schlimmeres. Aber das war nicht mehr wichtig. Sie sagte noch einmal Danke, verstaute verschämt das Spray in ihrer Handtasche, bückte sich nach dem Schlüssel im Fußabstreifer und schloss ihre Tür auf.
Der Mann war noch immer hinter ihr. „Ist wirklich alles okay? Ich kann mit reinkommen, wenn Sie wollen und bei Ihnen bleiben, bis es Ihnen besser geht.“
„Danke“, sagte Maike. „Es ist alles okay.“ Sie zog mit ihrer Fußspitze den Fußabstreifer gerade und ließ die Tür ins Schloss fallen.
Maike atmete durch, streifte ihre Schuhe ab und ließ sie im Vorflur liegen. Auf Socken ging sie ins Wohnzimmer, tastete nach dem Lichtschalter und drückte drauf. Kein Licht. Natürlich, die Birne musste sie morgen austauschen. Erschöpft ließ sie sich in ihren Fernsehsessel fallen, griff nach der Fernbedienung auf dem gläsernen Couchtisch und schaltete Pro Sieben ein. Desperate Housewives lief gerade, dann dauerte es nicht mehr lange, bis Grey’s Anatomy anfing und es dauerte nicht mehr lange, bis sie müde ins Bett gehen konnte.
Eine Hand legte sich auf ihren Mund und Maike Jansen wurde aus ihrem bequemen Fernsehsessel gerissen, während Bree Van De Kamp gerade mit ihrem Sohn stritt.

Neids Nacken schmerzte. Er schmerzte in letzter Zeit ständig. Außerdem musste er pissen, aber dann hätte er sich auch gleich ’nen Strick nehmen können.
Wo blieb die Alte nur? Hatte sie unterwegs Bock auf einen Schwanz bekommen? Mann.
Geklimper an der Haustür. Schluchzen. Eine Männerstimme.
„Ich kann mit reinkommen, wenn Sie wollen …“
Ein Risiko, zusätzlicher Nervenkitzel. Neid rieb sich über den Nacken und spürte, wie sich in seiner Hose etwas regte.
Die Haustür fiel ins Schloss. Sie huschte an ihm vorbei, streckte eine Hand aus – zum Greifen nahe - und streichelte über den Lichtschalter. Neid sog ihren Duft ein, salzig. Sie hatte sich gefürchtet. Dann würde ihr etwas Entspannung gut tun.
Sie ließ sich in den Sessel plumpsen, direkt vor ihm. Drei, vier Armlängen entfernt. Und dann schaltete sie das Fernsehen ein. Diese Sendung über Frauen, die dringend was zwischen die Beine brauchen. Neid schätzte sie nicht.
Sein Schwanz pochte gegen die Hose.
Vorsichtig, vorsichtig, Neid, dachte er. Sonst kannst du bis ans Ende deiner Tage nur Schwänze lutschen. Ganz vorsichtig. Er liebte diese Momente. Neid lebte dafür. Nicht nur geil zu sein, sondern auf der Hut, voll da. Wie ein Raubtier. Ja.
Es ging los.
Klare, harte Schritte, dann die Hand auf ihren Mund, sein Schritt gegen das Rückenpolster des Sessels, den anderen Arm um ihre Taille, raus aus dem Sessel, leicht wie ein Sack Federn, ihre Titten fest an die Wand, sein Schwanz gegen seine Jeans, gegen ihre Jeans, gegen ihren Arsch. Er drückte und rieb, sie versuchte, ihn zu beißen, zu treten. Neid spürte das Ziehen an der Spitze seines Gliedes, das Reißen und Beißen. Tröpfchenweise. Er atmete durch die Nase. Jetzt musste er sich beherrschen.
„Meine kleine Wildkatze“, hauchte er. Und drückte sie weiter gegen die Wand. Er konnte die kalte Mauer hinter ihr fühlen. Nur ihr dürrer, weicher Körper trennte sie von ihm. Er drehte ihren Kopf, so dass er ihr in die Augen sehen konnte. Und rieb sich weiter an ihrem Arsch. Ihre Augen flackerten und schimmerten. Sie trat ihm auf den Fuß, er merkte es kaum. Sie stieß ihren Arsch nach hinten.
Neid explodierte. Seine Hand rutschte von ihrem Mund. Er stöhnte. Sie schrie. Lachte. Aus Schlangenaugen schlug ihm Kampfeslust entgegen. Sie verspottete ihn. Fragte, ob er überhaupt einen hochbekommen habe. Und ob er dabei an seine Mama gedacht hätte. Nannte ihn einen Schwanzlutscher.
Neid hob seinen Arm.

Der Pfefferkuchenmann öffnete die Tür zur Zelle. Paul trat ein. Gepolsterte Wände, eine Pritsche; Beistelltisch, Fernseher, Nasszelle – sein eigenes kleines Reich.
„Ich nehm ihm jetzt die Jacke ab. Du kannst gehen. Wenn was ist, krieg ich dich über die Quetsche.“
„Meinst du, das ist eine gute Idee?“, fragte der Raucher, trottete aber bereits Richtung Tür.
„Ich pass schon auf ihn auf, hol du die Spritze und rauch ruhig eine, wenn du willst.“
„Ich weiß nicht, wie du mit denen reden kannst. Ich krieg jedes Mal ’ne Gänsehaut.“
„Ich bin schon lange hier“, murmelte der Pfefferkuchenmann, während er die Schlaufen an Pauls Jacke löste.
„Ich werde Ihnen keinen Ärger machen“, sagte Paul.
Die Tür fiel ins Schloss. Paul schloss die Augen und schnüffelte.
Vanille und Zimt roch er sofort. Das erinnerte ihn immer an einen Tee. Aber da war auch Koriander und Muskat und Ingwer - Paul streckte seine entfesselten Arme aus - und Kardamom und Sternanis und Nelke und … und etwas anderes, etwas nicht Pfefferkuchenmannartiges, aber auch nichts Walrossiges. Es roch nach, nach Kirche, nach Myrrhe und Salbei. Irgendwas war anders.
„Sie riechen nicht wie sonst“, sagte Paul.
„Du hast eine gute Nase.“
Paul stutzte, der Pfefferkuchenmann hatte ihn noch nie angeredet. Und jetzt formte der unter dem Bart verschwindende Mund Wörter, nur für ihn.
„Hör mir gut zu, wir haben nur ein paar Minuten. Auf dich wird bald viel zukommen, mein Freund. Ich kann dir nicht sagen, was passieren wird und ich kann dir nicht sagen, was du tun musst. Ich kann dir nur sagen, dass es wichtig ist. Es wird sehr wichtig sein. Du wirst viel Leid verhindern können. Du musst dich darauf vorbereiten, du musst mit dir ins Reine kommen, du musst dich verstehen. Ist das klar so weit?“
Paul blinzelte und sah in die Augen des Pfefferkuchenmanns. Die sonst graublaue Iris hatte eine goldene Färbung angenommen.
Ein Gedanke bildete sich an der Oberfläche von Pauls Verstand. Er sickerte orange in die Tiefen seines Selbst. Und der Gedanke, so naheliegend er in Pauls Lage auch sein mochte – so oft dieser Gedanke hinter den Mauern der Maßregelvollzugsanstalt in vielen verschiedenen Köpfen auch aufgetaucht war, für ihn war er neu und er erschütterte sein Ich bis an die Grundfesten.
Paul Karmann fragte sich, ob er verrückt geworden war.

Neid trommelte zum Rhythmus des Radios aufs Lenkrad.
Seine Hose war ein bisschen nass, von innen, aber ansonsten war es bestens. Na ja, nicht wirklich perfekt bestens, denn sonst hätte er sie mitgenommen. Vee musste bald ersetzt werden. Aber alles in allem bestens.
Seine Finger schlugen auf das Leder. Er leckte über seine Lippen.
Er hatte sich unter Kontrolle gehabt. Sicher, ein paar dumme Szenarien waren ihm durch den Kopf gespukt. Fast hätte er dem Impuls nachgegeben und sie geschlagen. Natürlich völlig idiotisch. Dann hatte er mit dem Gedanken gespielt, ihr ein Bad einzulassen und die Pulsader aufzuschneiden, also ziemlich klassisch. Oder man hätte sie einfach aus dem Fenster werfen können. Immerhin vierter Stock, da hätte es Presseberichte gegeben. Oder etwas Extravagantes. Er hatte überlegt, ihr einen Vibrator zwischen die Beine zu schnallen, ihn auf Maximum zu drehen und sie dann zu Tode massieren zu lassen. So Saw-mäßig. Aber nein, er hatte ihr eine Überdosis H zwischen die Zehen gesetzt. War auf Nummer Sicher gegangen.
Schön, noch die Spritze trapiert. So ging das.
Hupen, Kreischen. Neid riss den Kopf nach links, blickte ins Scheinwerferlicht. Sein Herz stockte und krampfte. Eine Tür flog in der Dunkelheit auf. Jemand stampfte auf ihn zu. Eine Hand krachte auf die Motorhaube. Neid hielt sich die Brust und grinste, setzte den Wagen zurück, massierte sich dabei weiter seine Brust. Der Mann vor ihm tobte und schrie. Neid grinste. Grinste noch, als er den Wagen auf einem Parkplatz abgestellt hatte. Grinste noch, als er bereits aus dem Wagen gestiegen war und auf und ab sprang. Grinste noch, als er nachdachte: Wenn die Ermittlungen begannen – heilige Scheiße, vielleicht würden sie sogar ihm übertragen werden – dann würde alles sehr schlüssig aussehen. Der Zusammenbruch in der Sitzung, der zweite vor der Haustür, Sexsucht, Einsamkeit, Heimweh, H. Niemand würde sich darum kümmern.
Ach, es war vielleicht ganz gut so. Vee würde es schon noch ein paar Wochen machen.
Und diesmal war er provoziert worden. Ein Idiot hätte da leicht den Verstand verloren, aber er nicht. Er kannte die Konsequenzen und wusste, ihnen auszuweichen. Er wandelte zwischen den Idioten wie ein Mächtiger. Er sprang und tanzte durch ein Heer von Zwergen. Als ein Riese, als ein Mächtiger, als ein vorsichtiger Mächtiger.
Neid hörte auf zu hüpfen. Seine Unterschenkel stachen. Sein Nacken schmerzte. In letzter Zeit schmerzte er ständig.
Neid fuhr nach Hause. Unterwegs hielt er an einer Tankstelle und kaufte sich zwei Twix-Schokoriegel und ein Jever-Bier.
So sehr anders schmeckte es auch nicht.


3 Ketten

Der Raucher tagträumte. Stellte sich vor, in einem Sportwagen über eine Serpentinenstraße zu fahren. Malte sich aus, wie es wäre, an einem Strand zu liegen und dem Meer zu lauschen. Oder wie es sich wohl anfühlte, wenn er dem arroganten Pillendreher einmal ins Gesicht sagte, was er von ihm hielt.
So hatte er schon oft geträumt und in Farbe durchaus. Doch in letzter Zeit, genauer gesagt seit zwei Monaten, wurden seine Gedanken in eine Richtung gezogen, die ihm selbst nicht behagte. Sie schwirrten nicht mehr weit weg oder zumindest in die Verwaltungsgebäude, nein, auf seinen Reisen verließ er die Anstalt nicht, er flatterte über die Gänge hinweg, zu einer Zelle, zu ihr. Esmeralda. Froschgrüne Augen, ein Gesicht so rein wie frisch gefallener Schnee.
Der Raucher erschrak und zwang sich, seine Augen zu öffnen. Vor ihm stand eine Flasche Vanille-Cola, Kühlschrankperlen glitten das Plastik hinab. In seinem Mund eine halb aufgerauchte Zigarette, an der er gierig saugte. Diese Esmeralda. Oder wie sie auch heißen mochte. Er durfte nicht. Wenn sie nur bei Sinnen wäre. Aber sie war es nicht. Er wusste, was ihn an ihr reizte, was seine Gedanken zu ihr zog. Die kindliche Unschuld, die nur Wahnsinnigen zu eigen war.
Und darüber erschrak er sehr. Mehr noch als über die Stimme, die aus seinem Walkie-Talkie quäkte, dass es ein Problem gäbe.
Der Raucher sprang auf, aus seinem froschgrünen Stuhl, drückte die Kippe in den Aschenbecher und machte sich auf den Weg.

„Und jetzt hören Sie von My Chemical Romance den Song …“
Neid würgte erst das Radio ab und dann den Wagen, stapfte den Pfad zum Bungalow hinauf und öffnete die Tür.
Schaler Rauch stank.
„Wilma, ich bin zu Hause“, spie er aus und warf seinen Mantel auf eine Kollektion Schuhe unterschiedlicher Größe.
Im Wohnzimmer wartete sie auf ihn. Trug nur ein polanges T-Shirt, auf das eine fette Katze gemalt war. Wo sie doch genau wusste, dass Katzen Neid äußerst suspekt waren. Zumindest hätte sie das wissen müssen.
Träge blickte sie zu ihm auf. Neid polterte auf sie zu. Alles Hochgefühl war verschwunden. Nur der Schmerz im Nacken nicht.
„Hast du es?“, fragte sie, bewegte dabei die Lippen kaum.
Neid zog sich Jackett und Hemd aus, räumte mit seinem Hinterteil den Couchtisch leer und zur Seite und legte sich vor dem Sofa auf den Bauch. Flach, soweit sein angemessener Lebensstil es eben zu ließ.
„Mal sehen“, knurrte er. Sein Kinn stieß dabei gegen den Parkettboden und seine Zähne vibrierten unangenehm. Sie rührte sich noch immer nicht.
Neid griff in seine Hosentasche und förderte eine kleine Ampulle zu Tage, schwenkte sie, als vollführe er einen Zaubertrick, um sie dann wieder zu verstauen.
„Muss das wirklich sein?“
„Ja. Und gib dir Mühe.“
Neid hörte Vee seufzen. Dann spürte er ihr Gewicht auf seinem Rücken und ihre Zehchen in seinem Nacken.

Der Raucher sah, dass Komalewski Mühe mit Karmann hatte. Er hatte ihn auf seine Pritsche gedrückt und plapperte nun auf ihn ein. Zumindest bewegte sich sein riesiger Schnauzer.
„Was ist mit ihm? Der war doch ganz ruhig.“
„Komm jetzt, hilf mir schon.“
„Halt ihn halt fest.“
Komalewski rückte zur Seite und drückte die Arme des Patienten auf die Pritsche. Der Raucher sah nun in Karmanns Gesicht. Die Augäpfel hasteten von einem Augenwinkel zum anderen. Aus seiner Nase tropfte Glibber, der linke Mundwinkel zuckte spastisch nach oben.
Der Raucher zog die Spritze auf. Komalewski rollte den Patienten zur Seite. Der Raucher setzte die Spritze an Karmanns Hintern und jagte ihm das Narkotikum in den Kreislauf.

Fleisch platschte auf Fleisch. Neid atmete schwer, obwohl Vee kaum etwas wog. In ihrem Gesicht spiegelte sich ein geschäftsmäßiger Abstand wider, den Neid sehr schätze. Nur das gelegentliche Rümpfen ihrer Nase und ein vereinzeltes „Och“ ließen darauf schließen, dass sie bemerkte, dass er in ihr war.
Nachdem er gekommen war, griff er in das spitze Fleisch oberhalb ihrer Taille und warf sie von sich ab. Es schmatzte wässrig. Vee protestierte nicht, schnappte sich ihr Katzen-Shirt, streifte es über, setzte sich auf die Couch und machte über Neid hinweg den Fernseher an.
Neid drückte sich vom kalten Parkettboden hoch und stellte sich nackt zwischen Vee und den Fernseher. Sie sah auf seinen Bauch. Er ging in die Knie, um nach seiner Hose zu greifen – aus dem Augenwinkel beobachtete er eine Art Erwachen in Vee –, und warf die Hose über seine Schulter.
Vee sagte kaum hörbar: „Du kannst dich mal duschen, wenn du schon nackt bist. Du riechst nach ihr.“
Neid hob seinen freien Arm. Vee zuckte zusammen und verkroch sich ins Polster der Couch. Neid nickte und strich über ihren Unterschenkel, während er sich auf dem Weg ins Bad machte. An der Badezimmertür angekommen, blickte er sich noch einmal um und sah, dass Vee ein Bein untergeschlagen hatte, so dass ihre Ferse gegen die Möse rieb, wie er es mochte. Und Neid sah, dass es gut war.

Die Welt um ihn herum war aus unbeschriebenem Papier. Paul drehte den Kopf nach links und rechts, doch auch dort nur jungfräuliche Seiten. Er senkte und hob den Blick. Weiß.
Dann vor ihm: Bücher in Regalen. Dann vor ihm: Ein massiger Schreibtisch, ein Ohrensessel und ein schlichter Stuhl. Dann vor ihm: Frau Doktor Hollerbach.
Dann er in dem Stuhl, vor dem Schreibtisch, vor Frau Doktor Hollerbach.
Und Frau Doktor Hollerbach fragte: „Haben Sie mal ‚Draußen vor der Tür’ gelesen? Da steht vieles drin, was bald wichtig sein wird. Wenn Gott der alte Mann ist und der Tod ein Straßenkehrer und der neue Gott.“
Paul nickte. „Weil niemand mehr an Gott glaubt, hat er keine Kraft.“
„Gut, das spart Zeit. Sind Sie ein guter Mensch?“
„Ja, ich glaube schon. Ich bemühe mich.“
„Warum?“
Paul wusste keine Antwort.

Vee hörte das Prasseln der Dusche und streckte sich auf der Couch aus. Im Fernsehen lief ein drittklassiger Horrorfilm, aber Vee mochte ihn gern, vor allem den Hauptdarsteller. Der stand gerade in den Kulissen einer amerikanischen High-School. So wie man sich das vorstellte: ein langer Flur und an beiden Seiten Spinde. Vor seinen Füßen wand sich ein dralles Flittchen und ihm gegenüber, am äußersten Ende des Flures, konnte der Zuschauer einen einzigen Scheinwerfer sehen.
Der Held des Films murmelte jetzt irgendetwas, er hatte ein sehr ausgeprägtes Kinn, sogar mit einem Grübchen, das sich immer zusammenzog, wenn er etwas sagte. Das Prasseln verklang, Vee setzte sich aufrecht und schob einen Fuß unter ihren Po. Das Prasseln setzte wieder ein und Neid brummte schrecklich schief die Melodie eines Liedes, das Vee zwar bekannt vorkam, ihr jedoch in dieser vergewaltigten Version ein Rätsel blieb.
Im Fernseher hatte der kopflose Motorradfahrer seine Maschine gerade vor dem Helden aufgebockt und begann seine Flammenkette zu schleudern. Vee musste grinsen, als die Szenerie kurz umschwappte und in Standbildern zuerst das Profil des Helden einfing, danach die wimmernde Tussi auf dem Boden, die Rillen des Motorradreifens und schließlich die flammende Kette zeigte. Die Kette schoss durch die Luft und auf den Hauptdarsteller zu – in einer lächerlichen Parodie des Bogenschusses aus Robin Hood. Der Zuschauer sollte wohl das Gefühl haben, die Kette flöge direkt auf ihn zu. Und zu Vees Überraschung funktionierte das auch tatsächlich. Diesmal kam es ihr so vor, als fliege sie aus dem Schirm. Sie konnte an der Spitze der Flammenkette sogar die Konturen des letzten Gliedes erkennen und es kam ihr größer und näher vor, es schien ihr, als geschähe das alles in 3D.
Dann schloss sich die Flammenkette um Vees Hals.

„Wann haben Sie das erste Mal etwas Gutes getan?“
„Ich weiß nicht.“
„Sie wissen.“
„Ich war vierzehn Jahre alt und der Nachbarsjunge hatte schreckliche Akne. Ich nannte ihn einen Streuselkuchen.“
„Das ist nichts Nettes.“
„Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen, weil ich Albträume hatte. Ich dachte, ich komme in die Hölle.“
„Dann haben Sie gebetet und versprochen, sich bei dem Jungen zu entschuldigen und ihm zu helfen.“
„Ja.“
„Und Sie haben ihn am nächsten Tag auf dem Schulhof in Schutz genommen.“
„Ja.“
„Und dann?“
„Ich habe mich gut gefühlt. Aber in der nächsten Nacht habe ich wieder geträumt, ein Löwe hat mich verfolgt und ich hab mich umgedreht und dem Löwen das Maul auseinandergepresst, weil ich gewusst habe, dass es nur ein Traum ist.“
„Luzid.“
„Was meinen Sie?“
„Sie haben sich mächtig gefühlt.“
„Nein.“
„Wirklich nicht?“
Paul wusste keine Antwort.

Robert Frost hasste drei Dinge: Seine Frau, sein Leben und die Welt.
Ja, das wäre ein guter Romananfang, dachte Neid unter der Dusche. Irgendwann musste er mal schreiben. Wenn er zu alt für den ganzen Scheiß wurde. Er wäre bestimmt ein toller Autor, obwohl er vielleicht einen noch besseren Regisseur abgäbe. Das wusste er noch nicht. Aber er kannte sich eben mit der menschlichen Natur aus. So etwas war wichtig.
Neid stellte das Wasser ab, zog seine Schultern hoch und freute sich, dass sein Nacken nicht schmerzte. Er schäumte sich gründlich ein - zog dabei seinen Bauch zurück, um auch seinen großen Freund zu waschen -, stellte das Wasser wieder an und summte die Melodie von „Girls just wanna have fun.“
Seine Gedanken entglitten ihm und wanderten in das schale Büro, in dem er morgen wieder sitzen würde. Wanderten zu den Akten, die er zu bearbeiten hatte. Und wanderten zu der kleinen Fotze Mellencamp, die sich irgendwie bis auf den Posten einer Leiterin des Drogendezernats hoch gebumst hatte. Gegen die hatte er noch nichts in der Hand, die war so jungfräulich wie ein frisch gepresster Fünfundsiebzig-Euroschein. Aber das würde sich ändern. Neid hatte schon einen Plan.
Kein Zweifel, er war auf dem Weg nach oben.

„Sie haben Gutes getan, weil Sie sich mächtig fühlten, ist es nicht so? Sie mussten immer mehr Gutes tun, mussten alles geben und durften nichts nehmen. Ihr ganzes Leben lang. Immer mehr, immer extremer. Das Erbe verschenkt, allen Besitz aufgegeben, zwei Jahre in Indonesien. Was war da eigentlich? Gab es dort nichts Gutes zu tun? Haben Sie Indonesien in zwei Jahren befriedet? “
Paul wusste keine Antwort.
„Springen wir mal: Vor drei Wochen was war da? Sie haben eine Bank überfallen, weil Sie dachten, Sie wären was? Robin Hood? Wollten Sie das Geld den Armen geben? Und Sie haben es unmaskiert gemacht, damit jeder wusste, was für ein toller Hecht Sie sind, nicht? Was hatten Sie im Blick, die erste Seite der Bild? Moderner Robin Hood speist die Armen? Sie wollten doch hierher, Sie wollten doch ihre Ruhe. Sie konnten einfach nicht mehr.“
Paul wusste keine Antwort.
„Wer sind Sie?“
Paul wusste keine Antwort.
Frau Doktor Hollerbach schien überreal. Ihr Geist, ihr Inneres, ihre Seele platzte aus ihr heraus, wurde zu groß für das Gefäß, leuchtete, gleißte, strahlte, flötete: „Und genau darum werden wir uns nun kümmern.“

Die Kette schnürte ihr den Hals ab. Vee riss ihre Hände hoch, zerrte an dem glühenden Metall – ein schmieriger Geruch stach in ihre Nase – und versuchte ihre Fingerspitzen zwischen Kette und Fleisch zu schieben. Sie krächzte.
Die Kette rieb über ihren Kehlkopf, bewegte sich hin und her, wie eine Säge. Vee schrie tonlos „Jungfrau.“ Sie wurde vom Sofa gezerrt, schlitterte bäuchlings über den Glastisch, auf den Fernseher zu. In ihm konnte sie die kopflose Gestalt des Motorradfahrers erkennen, er hielt die Kette mit beiden Händen wie beim Tauziehen.
Und sie war auf der anderen Seite des Taus.
Ihr Kopf wurde herumgerissen und sie sah in der Badezimmertür: Neid noch tropfnass. Die Kette lockerte sich um ihren Hals und ihre bislang tonlosen Schreie drangen an ihre Ohren.
Vee schrie: „Hilf mir! Rette mich!“

Neid fletschte seinem Spiegelbild zu, zog seinen Bauch ein und trommelte sich dreimal auf die Brust, zweimal mit der rechten und einmal mit der linken Faust. Davon musste er husten. Er fasste sich mit beiden Händen unter seinen Bauch und schob ihn ein Stückchen hoch, ließ ihn wieder herunterfallen und sah im Spiegel das Nachwackeln. Neid schätzte das nicht.
Er zog seine Hose an. Die wurde sofort nass, vor allem um das Gesäß herum, aber nackt fühlte sich Neid schutzlos und fürs Abtrocknen hatte er keine Zeit. Jemand musste ja dafür sorgen, dass Essen ins Haus kam - vielleicht Pasta mit saftigen Fleischklößchen oder etwas würzig-speckig Käsiges. Außerdem mochte er es, wenn sein großer Freund gegen den Schritt der Hose rieb.
Aus dem Wohnzimmer polterte und klirrte es. Neid ging hinaus, um nachzusehen, und erkannte, dass Vee über dem Couchtisch hing und in den Fernseher gesogen wurde. Ihr Kopf war nur noch drei Handbreit von dem Fernseher entfernt. Das Katzen-T-Shirt ließ einen Blick auf das weiße Fleisch ihres Bauches zu.
Ihr Mund öffnete sich – Neid glaubte, wie in einem Comicfilm ihre Mandeln glockengleich schwingen zu sehen – und sie schrie: „Hilf mir! Rette mich!“
Neid hielt sich am Türrahmen fest, kniff die Augen zusammen und flüsterte: „Den Teufel werd ich tun.“
Dann rannte er auf die Tür des Bungalows zu, versuchte, sie aufzudrücken, rammte seine Schulter dagegen. Hinter ihm knisterte es und es roch verbrannt. Er zerrte an der Tür und rüttelte, doch noch immer nichts.
„Hey, Verzeihung, wenn ich störe, aber ich glaube deine Freundin sitzt im Glashaus.“
Die Haare auf Neids Nacken sträubten sich wie bei einer Katze. Neid hob ein Kristallschachspiel von einem Sideboard und warf es gegen die doppelflüglige Veranda-Tür.
„Sehr witzig. Verstehe schon. Glashaus, Steine.“ Der Inhalt der Worte tauchte in Neids Hirn auf.
Von der Tür prallte das Schachspiel ab, trudelte nach unten, blieb dann in der Luft stehen. Auch die Figuren, schon während des Fluges verstreut, ordneten sich an, nicht in der Grundstellung, nein, in einer verzwackten Kombination und hinter ihm wieder die Stimme: „Springer E6. Damit hab ich damals Napoleon gekriegt, vor Waterloo.“
Ein schwarzer Stein hob vom Brett ab, wieherte und landete auf einem freien Feld. Ein unangenehmes Platschen entstand, so als sei er in Flüssigkeit eingetaucht.
Vor Neids Augen schwappte ein blutrotes Meer, aus dem zahllose Hände ragten. Und als er sich zwang, seinen Blick auf die Wellen zu legen, sah er, dass es kein Wasser war und auch kein Blut, das da schwappte. Die Arme ragten aus einem Meer von Schädeln. Einem Schädelteppich. Einem Seelenmeer.
Hände ballten sich zu Fäusten. Fingernägel wurden in Handflächen getrieben. Kiefer klafften auf. Seelen sprachen. Zu ihm. Zu Neid.

Der Raucher tippte Komalewski auf die Schulter. „Komm jetzt, lass uns gehen.“
Komalewski verharrte auf dem Stuhl und starrte weiter auf den reglosen Körper.
„Er schläft. Ich weiß gar nicht, was du hast. Wir haben ihm das Zeug reingejagt und nun pennt er. Und außerdem hat er noch die Jacke.“
„Vielleicht …“
„Ja, was?“
„Ich weiß nicht. Kennst du das, wenn du denkst, es wäre irgendwas, was du machen musst, aber du weißt nicht was?“
„Nein.“
„Und wenn du denkst, dass du irgendwas gemacht hast und dich nicht mehr dran erinnern kannst?“
Der Raucher drückte seinen Handrücken auf Karmanns Stirn, hob seine Lider hoch und sah ihm in die Augen, Rapid Eye Movement, er träumte also selig. Dann klapste er Komalewski kräftig auf den Rücken und sagte: „Los, jetzt. Wir gehen.“
Komalewski ächzte sich hoch und sie verließen gemeinsam die Zelle. Draußen schloss der Raucher ab und sie gingen.

Als Vee wieder zu sich kam, blickte sie auf das Grübchen des Fernsehhelden. Es bewegte sich auseinander, als er sprach. Neben ihr plapperte das blonde Flittchen gerade, dass es mit ihrem Nachhilfelehrer geschlafen hätte, aber Vee hatte nur noch Augen und Ohren für Luke und Luke nur noch für sie. Er streichelte ihre Wange und Vee griff an seinen Hinterkopf und zog ihn zu sich herunter.
Das Verlangen in ihrem Inneren und auch sonst alles Dunkle, Verschlingende, das alles glänzte durch Abwesenheit. Und als Vee über Lukes Schulter hinweg sah, dass eine kopflose Gestalt in Motorradkluft auf die Spindwand kletterte, auf ein bläulich schimmerndes Portal zu, in dem auch fern ein leeres Sofa zu erkennen war – da kümmerte es Vee nicht. Sie war im Paradies. Und das Böse verschwunden.

Neid schlug die Augen auf. Er fühlte sich wie damals, als eine Woche vorm Abitur alle Stricke gerissen waren und er sich das zehnbändige Abiturwissen vom Weltbild-Katalog reingeprügelt hatte. Noch heute konnte er sich an die engbedruckten Seiten erinnern, an das akademische Gelbgrau des Layouts. Und ein paar Dinge wusste er auch noch. Irgendwie. Ein paar Zusammenhänge. Ein Hauch Verständnis. Sozusagen.
Immerhin wusste Neid genug, um sich umzudrehen und auf den Fernseher zu schauen. Dort entstieg Abbalon in Gestalt dieser lächerlichen Horrorfigur gerade dem Schirm. Streckte zuerst ein Bein heraus, zog das andere nach, brachte den Oberkörper nun hinaus und schließlich den Arm, der den flammenden Schädel hielt.
„Okay“, sagte Neid. „Ich bin also dein Champion.“
Abbalon hob den Arm mit dem Schädel auf und ab. Neid nahm es für ein Nicken.
„Dann sollten wir uns aber mal über das Geschäftliche unterhalten. Was für mich dabei raus springt.“
Der kopflose Motorradfahrer setzte sich auf die Couch, legte den Schädel auf den Tisch und klopfte auf den Platz neben sich.
Neid ging auf ihn zu, setzte sich, wurde aber durch den Lärm aus dem Fernseher abgelenkt. Von dort erklang Stöhnen. Neid schaute auf den Fernseher, in dem Vee sich gerade mit einem Schönling wälzte. Er griff sich die Fernbedienung und sein Daumen fand den roten Aus-Knopf unten in der Ecke.
Vee blinzelte Neid an, über die Schultern dieses Typen hinweg. Sie schrie: „Bitte nicht!“ Ihre Augen weiteten sich und diesmal wurde tatsächlich in ihren Rachen gezoomt, auf die Mandeln.
Neid schaltete den Fernseher aus.


4 Ruhe

Der Engel sprach in Bildern zu ihm, schleuderte sie in seinen Kopf. Regen und Sonne und Erde und Luft und ein Dackel und ein Vogel und ein Vulkanausbruch und wieder die Sonne und es regnete und stürmte und schneite. Ein Reh verendete, ein Stern fiel vom Himmel, eine Kerze brannte.
Und so folgte Bild um Bild um Bild.
Und Paul Karmann begann zu verstehen.

„Welche Fragen hast du, Champion?“ Die Stimme in Neids Kopf klang heiser und echote in seinen Ohren. Fast wie eine Rückkopplung.
„Können wir uns nicht normal unterhalten?“
Der Torso zeigte auf den Schädel, der vor ihm auf dem Glastisch lag. „Wie? Ohne Mund.“
„Nimm eine andere Gestalt an.“
Ein Seufzen erklang in Neids Kopf.
„Ist es so recht?“, fragte der ziegenköpfige Dämon neben ihm.
Neid sah in seine gelbrotgrünen Augen und die Kinnlade klappte ihm herunter.
„Wen hast du erwartet?“, fragte Abbalon heiser. „Gabriel Byrne? Al Pacino? Christopher Walken? Den verdammten Gustav Gründgens? Also was willst du? Du willst wissen, was dabei für dich raus springt, ja?”
„Was passiert, wenn wir gewinnen? Das muss ich vorher wissen. Ich steh nicht so auf Schwefelregen.“
„Sieh es eher als einen Wechsel im Management.“ Der Dämon kicherte. Neids Nacken schmerzte. „Du glaubst wirklich, das hier passiert zum ersten Mal, hm?“
„Nein, aber ich glaube, die anderen haben immer gewonnen.“
Der Dämon spie aus. Bläuliche Säure fraß sich zischend durch den Parkettboden, auf dem Neid vor einer halben Stunde noch ...
„Geschichte wird von den Siegern geschrieben, aber wir haben auch gewonnen, mach dir mal keinen Fleck in die Hose. Was meinst du denn, warum in allen Kulturen eine Sintflut auftaucht, hm? Kain und Abel? Was ist damit? Glaubst du echt den Quatsch mit der Schlange? Und außerdem gab es ja auch Unentschieden. Troja? Klingelt da irgendwas?“
„Was ist mit Troja? Die Griechen haben gewonnen.“
„Ja, aber Achill nicht. Hector und Achill haben sich damals gegenseitig umgebracht. Remis.“
Neid kramte fieberhaft in den dunkelgrauen Seiten seines Verstandes.
„Ja, schon gut. Es wird anders erzählt. Aber glaubst du wirklich, dieser verrückte Blinde war dabei, ja? Glaubst du das wirklich? Und selbst wenn: Denkst du tatsächlich, er lässt beide Stars draufgehen? In einer Szene? Wo wäre da die Dramatik?“

Paul sah vergangene Schlachten. Ein Krieger mit Fellen bekleidet stürzte sich in das Maul einer Seeschlange. Ein nackter Mann blutend am Kreuz. Ein alter König drückte die Lanze in den goldenen Körper seines Sohnes und wurde dabei selbst durchbohrt.
Und Paul verstand.

„Weißt du, kein Schwein erinnert sich noch an die Namen der Titanen. Aber jeder kennt noch die Gewinner: Zeus und diese Freaks. Tja, ich sag dir doch, Geschichte wird immer von den Siegern geschrieben.“
„Du sagst doch, ihr habt gewonnen.“
„Wir prahlen aber nicht damit rum und jetzt wird es Zeit. Was willst du? Reichtum? Unsterblichkeit? Frauen? Macht? Ein größeres Gemächt? Scheiße, was willst du denn?“
Neid hielt sich seine Nase und nickte. „Ich will eine Gefängnisfreikarte für das Ganze hier“, näselte er.
Eine der Fledermausschwingen streifte Neids Wange. Sie fühlte sich wie eine Brieftasche an.
„Egal, wie das hier ausgeht. Ich hab keine Lust, dass du meine Seele bekommst.“
„Seele!“, stieß Abbalon aus. „Das wird ohnehin überschätzt. Aber gut, du bekommst deine Gefängnisfreikarte. Du wirst keine Konsequenzen für das erleiden müssen, was du im Kampfe tust.“ Dabei fuchtelte er unruhig mit einer Hand durch die Luft. Zur Abwechslung war dieser Körperteil an ihm menschlich, wenn auch von borstigen Haaren bedeckt.
„In meinem Leben“, verbesserte Neid.
Der Ziegenkopf wippte auf und ab. „Clever, wirklich clever. Also gut, du wirst keine Konsequenzen erleiden müssen für das, was du in deinem Leben getan hast, tust und noch tun wirst. Zufrieden?“
„Und ich möchte noch –“
„Mooment. Das hier war die Anzahlung, wenn wir gewonnen haben, sprechen wir weiter.“
„Drei Wünsche?“, fragte Neid.
„Seh ich aus wie Julia Roberts, oder was? Wachsen mir Scheiß-Flügel aus den Schultern?“
Neid deutete mit dem Kopf auf die Fledermausschwingen.
„Los jetzt!“, zischte der Dämon. „Wusste ja nicht, dass ich mir ’nen Scheiß Komiker angelacht hab. Willst mir noch ’ne Torte ins Gesicht werfen, wenn du schon dabei bist?“
„Müssen wir keinen Vertrag schließen? Mit Blut, oder so?“
„Du stehst auf Klischees, hm? Komm jetzt. Du fährst.“
Und damit stand der Dämon von der Couch auf und schritt auf die Tür zu. Sein Genital schleifte über den Parkettfußboden. Neid fragte sich, warum er jetzt an E-Mails denken musste, stand auf und folgte dem Dämon.

Die Bilder zwängten sich in seinen Verstand, liefen ineinander wie Wasserfarben. Das Eichhörnchen kraxelte die Eiche nach oben, versteckte die Nüsschen in einem Astloch, aber dann war es ein Vogel und flatterte davon, fütterte Würmer in kleine Schnäbel; die Würmer wurden zu Regentropfen und platschten Lehmwege nass, auf die eine Sonne schien. Dreck spritzte knöchelhoch, verwandelte sich in Flammen, brannte eine Scheune nieder. Tiere schrien angstvoll Gesänge.
„Genug“, sagte Paul. „Ich ertrage es nicht mehr.“
Die Bilderflut verebbte und als er die Augen öffnete, saß Hollerbach vor ihm. Aber nicht dieselbe Hollerbach, nein, sie war wie eine überbeleuchtete Version ihrer selbst, sah aus, als hätte jemand nur die überlichtete Fotographie eines Menschen als Vorgabe gekannt und daraus ein Abbild geformt.
Sie nickte. „Wissen Sie nun, wer Sie sind?“
Paul kannte die Antwort: „Nein.“
„Wissen Sie nun, was Sie wollen?“
Paul kannte die Antwort: „Nein.“
„Das Gute ist schwach, das Böse stark. Wir haben nicht mehr viel Zeit.“
„In der wirklichen Welt liege ich gefesselt auf einer Pritsche und mein Körper steht unter Drogen. Und sie werden jemanden schicken, der das Töten und Kämpfen gewohnt ist.“
„Ja, da haben Sie Recht. Wollen Sie aufgeben?“
„Ich bin kein Kämpfer.“
„Er wird Sie töten.“
„Warum wurde ich ausgewählt, wenn ich kein Kämpfer bin?“, fragte Paul.
„Sie wurden nicht auserwählt. Sie haben sich angeboten.“
„Und wenn ich mich weigere?“
„Dann weigern Sie sich.“
„Ich bin müde. Schon seit langer Zeit.“
„Sie schlafen gerade.“
„Ja, ich schlafe.“
„Deshalb wollten Sie hierher.“
„Um zu schlafen.“
„Und deshalb wollten Sie sich umbringen.“
„Um zu schlafen.“
„Schlaf ruhig“, sagte Frau Doktor Hollerbach. „Schlaf ruhig, ich werde dafür Sorge tragen, dass du vorbereitet bist.“
Paul schloss die Augen, aber kurz bevor er sie schloss und bevor mehr Bilder kamen, sah er Frau Doktor Hollerbach die Stirn in Falten legen und hörte sie seufzen und etwas murmeln, das so klang wie „Das wird nicht reichen.“

Neids Nacken schmerzte. In letzter Zeit schmerzte er ständig.
Er setzte den Blinker.
„Was denkst du eigentlich, was du da machst?“
„Ich blinke.“
„Ich dachte, ich hätte deutlich gemacht, dass wir uns eilen müssen“, sagte Abbalon vom Beifahrersitz. Seine Stimme klang heiser. Neid hatte nur fette Menschen je so heiser reden hören.
„Nur ein paar Burger auf den Weg, du willst doch bestimmt nicht, dass ich einen Ohnmachtsanfall bekomme, während ich den kleinen Pisser fertig mache.“
Neid lenkte den Wagen zum Drive-In, doch das Lenkrad wehrte sich, zwang den Wagen zurück auf die Straße und auf dem Weg nach … wohin eigentlich?
„Hier“, sagte Abbalon. „Probier das mal.“
Und noch bevor der Dämon geendet hatte, biss Neid in einen Burger, der an seinem Mund war. Das Salatblatt schmeckte ein bisschen welk, aber ansonsten war es ein sehr köstlicher Burger, außen knusprig, innen blutig, so wie Neid es schätzte.
Als er mit dem Burger fertig war, hatte sich in seinem Magen ein warmes Gefühl breit gemacht, das sich irgendwie rot anfühlte. Rot und warm, vielleicht nicht direkt blutig, aber indirekt schon, jedoch war es blutig genug, dass Neid sich herausnahm, Fragen zu stellen: „Du kommst doch aus der jüdischen Mythologie, wie kannst du dann bei Troja dabei gewesen sein?“
Abbalon drehte träge sein Ziegenhaupt. In seinen Augen blitzten Scheiterhaufen auf. Neid entschied, diese Frage fallen zu lassen und stattdessen zu fragen: „Warum ich?“
„Weil du du bist“, leierte Abbalon gelangweilt hinaus.
„Ich glaube gar nicht, dass ich böse bin“, sagte Neid. „Als Kind war ich oft im Kino und da hab ich mich immer vor den Filmen gegruselt, das war wirklich schlimm und irgendwann hab ich rausgefunden, dass es leichter geht, wenn ich zum Monster halte, also zu den Gewinnern. Überleg mal, es ist doch viel leichter so und nur weil die Geschichte will, dass ich zu den Guten halte und will, dass ich mit denen Angst habe und mich fürchte, heißt das ja noch lange nicht, dass ich das machen muss, oder?“
Und so redete Neid noch lange in die Stille seines Wagens hinein, erzählte von seiner Jugend, von Entscheidungen, die er getroffen hatte; sprach über den freien Willen und davon, dass er nun mal ein Freigeist sei und man als Freigeist wahrscheinlich in jeder Epoche damit rechnen musste, Schwierigkeiten mit der Obrigkeit zu bekommen; sprach darüber, dass er manchmal glaubte, ins alte Rom zu gehören, in eine Zeit, als die Grenze für den Einzelnen der Himmel war, als wahre Macht noch etwas bedeutete und man sich erheben konnte und Neid erzählte noch lange, dankbar mit jemandem zu sprechen, der ihn verstand, der ihn einfach verstehen musste.
Als er sich schließlich nach einiger Zeit zu Abbalon umwandte, starrte der stur geradeaus. Nicht einmal die Haare an seinem Ziegenkopf bewegten sich, aber ein Stück Büttenpapier lag in seinem Schoß. Neid griff nach dem Stück Papier, peinlich darum bemüht, nicht das dämonische Genital zu berühren und auf dem Zettel, der nach Butter roch, stand in geschwungenen Lettern: „Elvis hat soeben das Gebäude verlassen.“
Neid schüttelte den Kopf und fuhr weiter.

Der Raucher zündete sich an der alten Zigarette eine neue an, inhalierte, ließ den Rauch durch seinen Mund entströmen und saugte ihn dann wieder durch die Nase ein. Er war alleine, Komalewski hatte sich, den Stern unterm Arm, für einen Toilettengang entschuldigt. Das war dem Raucher recht, er war gerne allein, doch jetzt fühlte er sich einsam. Wieder stieß er eine Rauchwolke aus und diesmal formte sich im Dunst vor ihm ein Augenpaar. Esmeralda.
Worauf wartete er eigentlich? Wer würde ihn dafür verurteilen?
Nein. Er konnte nicht, er war ein guter Mann, aber doch, warum eigentlich nicht, sie würde es doch gar nicht bemerken und er würde zärtlich zu ihr sein und sie glücklich machen, vielleicht sogar heilen, vielleicht würde sie ihn ja aus ihren Kinderaugen ansehen und dann ganz klar werden und ihm sagen, dass sie nur darauf gewartet hatte. Vielleicht wäre es wie bei Schneewittchen oder wie bei einem Frosch, die Augen sprachen ja auch dafür und außerdem würde es doch niemand erfahren. Er würde sie nicht anfassen, nicht beim ersten Mal, so einer war er nicht, aber vielleicht konnte er sie einmal streicheln, nicht streicheln, nur berühren, sie einmal riechen oder ihr etwas sagen, einfach bei ihr sein, bei diesem Mädchen, bei der jungen Frau, einfach Zeit mit ihr verbringen und die Sache auf sich zukommen lassen. Er war kein junger Mann mehr und er rauchte zu viel und wenn er eines Nachts in seinem Bett läge und wenn dann die Kälte zu Besuch käme und wenn sein Herz krampfte und wenn er vor seinen Schöpfer träte, wollte er dann eingestehen, dass er sich einfach nicht getraut hatte, die Chance nicht ergriffen hatte, wollte er ihm wirklich sagen, dass er zu feige gewesen sei?
Erst jetzt bemerkte der Raucher, dass er nicht mehr saß und nicht mehr rauchte. Das Schicksal musste ihn her geführt haben, auf weichen Sohlen, hierher zu ihrer Tür.
Der Raucher steckte den Schlüssel in die Tür, hielt inne, bevor er ihn umdrehte, und schaute durch die Luke in die Zelle, dort saß sie, engelsgleich und von Mondlicht bestrahlt, und malte auf ein Blatt Papier. „Keine Angst, ich tu dir nichts“, sagte er. Sie schaute auf und sah ihn an. In ihrem Gesicht zeigte sich kein Erkennen, aber auch keine Angst oder Abscheu, sondern nur eine unschuldige Meinungslosigkeit, die ja fast so etwas Ähnliches wie Neugier war.
Der Raucher drehte sich nach links und nach rechts, schloss die Tür auf und huschte in die Zelle. Sein Mund war trocken. Er ging zu der Pritsche hin, auf der sie saß. Sie war klein und zierlich, wog wahrscheinlich nicht mehr als ein zwölfjähriges Mädchen. Der Raucher setzte sich in einiger Entfernung neben sie und schaute, was sie malte. Er sah, dass sie mit ihren Händen einen Wachsmalstift hielt und die Hände sahen sehr groß aus und auch ein bisschen haarig und das beruhigte den Raucher etwas, denn er glaubte nun, sie wäre ihm dadurch näher, eher auf seiner Ebene. „Was malst du denn da?“, fragte er Esmeralda.
Und mit seinen Worten kam auch Rauch aus seinem Mund, kein Zigarettenrauch, sondern schwarzer Qualm, fettig und von Substanz. Er hörte gar nicht mehr auf, diesen Rauch auszuatmen, er drückte ihm den Mund auseinander und sein Kiefer schmerzte und das Mädchen, es war eine Riesin, atmete diesen Rauch ein, sog ihn tief in sich auf und wuchs dabei, wurde immer größer, immer kräftiger und die Augen brannten wie Scheiterhaufen.
Die kräftigen Männerhände ließen das Papier zu Boden fallen. Wilde, schwarze Linien waren darauf gemalt. Die Pranken schlossen sich um den Hals des Rauchers, drückten auf seinen Adamsapfel und den Kehlkopf.
Der Raucher schlug um sich, seine Kräfte schwanden, sein Blick brach.
Aber selbst als er nichts mehr sehen konnte und nicht mehr atmen konnte und nicht mehr denken konnte, konnte er doch noch hören. Und er hörte eine Stimme, eine Stimme, die nicht zu Esmeralda gehören konnte. Und er hörte diese Stimme sagen: „Elvis hat soeben das Gebäude betreten.“

In einer Wohnung nicht weit von der Maßregelvollzugsanstalt entfernt, die in jener Nacht im Mittelpunkt des Interesses vieler besserer Dichter stand, beobachtete einer – er war eher von geringerer poetischer Kraft, aber doch poetischer als Mister Patrick McCollum, der zu dieser Zeit gerade ein Gedicht vortrug -, beobachtete einer also, wie sich eine schokobällchengroße Lichtkugel aus dem Leichnam einer Frau erhob, er sah, wie diese Lichtkugel durch das Zimmer schwirrte, um den Fernseher kreiste und mehrere Anflüge auf das linke Nasenloch des Leichnams unternahm. Dem besseren Dichter drängte sich das Bild eines Glühwürmchens auf, das mit aller Kraft zurück ins Innere einer Glühbirne will.

„Komm jetzt, es ist zwar noch viel zu früh, aber an der Zeit.“
Paul streckte sich träge und wohlig aus, gähnte satt und zufrieden und genoss die Wärme in jeder Faser seines Körpers.
„Aufstehen, hab ich gesagt.“ Die Stimme klang nicht wie die seiner Mutter, eher männlich.
Paul schmatzte einige Male genüsslich und rieb über den dünnen Pelz um seinen Bauchnabel. Aber da war gar kein Pelz sondern harter Stoff, von der…
Etwas patschte schmerzhaft in sein Gesicht. Paul schlug die Augen auf und sah in die goldenen Augen des Pfefferkuchenmanns.
„Er wird bald da sein, schnell“, sagte er. Paul streckte sich durch, die warme Taubheit verschwand allmählich.
„Hilf mir hoch“, sagte Paul.
Der Pfefferkuchenmann streckte eine Hand aus.
Paul lief ein Schauer über den Rücken.
Eine riesige Hand schob sich unter das Doppelkinn des Pfefferkuchenmanns, eine zweite Pranke tauchte an seiner Schläfe auf. Es knackste markerschütternd. Der Pfefferkuchenmann fiel zu Boden, sein Kopf berührte Pauls Bauch.
Paul sah auf und erkannte den bulligen zwölffachen Mörder, vor dessen Zelle er gefragt worden war, ob er an das Böse glaube.
Und als er den bulligen Mann sah, der ihm jetzt zulächelte und murmelte „Diesmal ist es ja ganz leicht“, da kannte Paul die Antwort: Ja, er glaubte an das Böse.
Der Mann streckte seine Arme nach Paul aus.

Neid lenkte den Wagen über eine Landstraße, die auf beiden Seiten von Bäumen umrandet war, fast wie eine Allee. Im Dunkeln konnte er nicht erkennen, um welche Bäume es sich da genau handelte, aber wenn er hätte wetten müssen, so hätte er auf Platanen getippt oder auf Kastanienbäume. Eins von beiden.
Er nahm den Fuß vom Gas, ließ den Wagen ausrollen und stellte ihn quer auf die Straße. Dann schaltete er das Fernlicht an, stieg aus, öffnete den Kofferraum, entnahm ein Warndreieck, lief ein paar Meter durch die Dunkelheit – der Burger in seinem Magen wärmte ihn - und stellte das Warndreieck auf. Er ging zurück zu seinem Wagen, setzte sich hinein, warf einen Blick auf den immer noch reglosen Dämon, öffnete die Motorhaube, stieg wieder aus dem Wagen und hängte sich über die Motorhaube.
Er klopfte einige Male mit dem Lauf seiner Dienstwaffe gegen ein paar Kabel und Motorteile, vielleicht gegen den Motorblock oder ein paar Zündkerzen, aber da war er wirklich kein Experte, und wartete.
Er zog seine Zehen hoch und ließ sie wieder sinken und stampfte auch ein paar Mal kräftig mit dem Fuß auf, um seinen Kreislauf in Schwung zu halten. Aber schon hörte er das leise Surren eines Wagens, schon sah er Scheinwerferlicht, das die Innereien seines Wagens beleuchtete. Er wartete weiter, malte sich aus, wie die Frau in dem Wagen überlegte, was sie tun sollte, bis sie schließlich hupte. Neid richtete sich auf, verbarg die Pistole im Bund seiner Hose und ging auf das Auto zu, dabei wedelte er mit einer Hand. Vielleicht wirkte das vertrauenswürdig.
Vor der Fahrertür blieb er stehen und sah sich die Frau an, die dort im Hellen in ihrer Weiberkarre saß. Blonde Haare, mittellang und schlaff, ein kleines Wohlstandsbäuchlein und kaum Titten, so also sah eine Psychologin aus. Irgendwie enttäuschend.
Die Knöpfe ihrer Tür waren heruntergedrückt, zumindest war sie vorsichtig.
Neid klopfte mit dem Fingerknöchel gegen die Scheibe und konnte sehen, wie es in ihrem Gesicht arbeitete, dann ließ sie die Fensterscheibe einen Spalt weit herunter und fragte: „Haben Sie den ADAC schon gerufen?“
„Nein, ich hab kein Handy dabei.“
„Warten Sie, ich geb Ihnen meins“, sagte die Frau und reichte ihm durch den Spalt des Fensters ein zigarettenschachtelgroßes Mobiltelefon. Neid wandte sich von ihr ab, drückte wahllos auf ein paar Ziffern - die verdammten Tasten waren viel zu klein -, murmelte Wortfetzen in die Muschel, nickte dann und reichte ihr das Handy zurück.
„Vielen Dank“, sagte er und rieb sich mit den Händen über seine Oberarme.
„Ja“, antwortete sie. „Wirklich kalt für April, aber das kommt davon, wenn der Winter so warm ist.“
„Ja, heute gibt es keine vernünftigen Winter mehr. Es tut mir auch wirklich leid, dass ich hier mit meiner alten Schrottmühle den Weg blockiere, aber es wird nicht mehr lange dauern.“
„Ach, ich bin letztes Jahr auch ein paar Mal liegen geblieben, bis ich mir den Smart gegönnt habe“, sagte sie.
„Das ist ein Smart?“, fragte Neid. „Ich hab mir den immer viel kleiner vorgestellt. Na ja, ich von meinem Polizistengehalt kann mir nur so eine Schrottkarre leisten.“
„Sie sind Polizist?“
„Ja, klar.“ Neid lächelte schief und hielt ihr seinen Ausweis an die Scheibe. „Wer fährt denn sonst noch so eine Karre? Vater Staat bezahlt einfach mies.“
„Wem sagen Sie das?“
„Was haben Sie denn gedacht, wer ich bin? Ein Vergewaltiger?“
Jetzt lachte sie peinlich ertappt. „Die ganzen Filme.“
„Ja“, sagte Neid. „Die ganzen Filme.“
„Wo bleiben nur meine Manieren? Steigen Sie doch ruhig ein, sonst holen Sie sich noch den Tod, bis der ADAC kommt.“
Und mit diesen Worten entriegelte sie die Beifahrertür.


5 Sturm

Paul wusste, dass er sterben würde. Und da war keine Sehnsucht, kein Hoffen auf Ruhe, kein Funken Müdigkeit mehr in ihm. Er war voll von Leben. Und nun sollte er sterben.
Der Riese beugte sich zu ihm hinunter, seine Hände waren groß wie Bratpfannen. Sein Atem roch nach Schwefel und Zigaretten und Autoabgasen und nach Zimt und Koriander und Sternanis. Die riesigen Hände legten sich um Pauls Hals, die Daumen, jeder so hart wie ein Stück Granit, drückten auf seinen Kehlkopf und raubten Paul den Atem, schlimmer noch, drückten etwas hinein, drängten etwas in ihn zurück, ein widerliches, ekliges Gefühl. Pervers und unnatürlich. Und dann war dort Sternanis und Kardamom und Nelke und Vanille und Zimt. Und Paul dachte an den Pfefferkuchenmann und an seinen Geruch.
„Was? Bei Marie-Antoinettes dicken Titten!“
Er dachte an die pummelige Bäckerin aus seinem Heimatort, die ihm immer ein paar Plätzchen zugesteckt hatte.
„Was ist denn das für ein beschissener Trick?“
Und er dachte an seine Mutter und an den alten Backofen in der Küche, dachte an dunkelbraunes Backpapier und an Förmchen und an Smarties, die auf die Plätzchen gelegt wurden.
„Na … warte, du klei … ner Bett … nässer. BETTNÄSS...“ Die Stimme gurgelte nun, blubberte, als ertränke sie.
Der Druck um seinen Hals verschwand.
Und er dachte an die Keksdose und an Kokosküsse und an Zimttaler und an Butterplätzchen, an die mit der bunten Glasur, die so lecker schmeckte und die sich immer in den Zähnen versteckte.
Als Paul Karmann die Augen öffnete, musste er beinahe lachen und weinen, so köstlich roch es. Der bullige Mörder war über und über mit Schokolade und Teig beschmiert, stand dort, die Arme nach oben gestreckt, und war zu einer Teigsäule erstarrt, so als hätte ihn der Blick einer Gebäck-Medusa getroffen.
Zu seinen Füßen lag die Uniform des Pfefferkuchenmanns.

Sie setzte den Blinker.
„Was glaubst du eigentlich, was du da machst?“, fragte Neid.
„Ich blinke.“
Neid ließ seine Hand über ihr Knie gleiten. „Wir fahren gerade aus, Baby.“
Sie fuhr gerade aus. „Wissen Sie, ich kann Ihnen helfen.“
„Oh, ja klar. Das könntest du. Aber ich hab heut Abend schon zweimal und ganz ehrlich: Du bist einfach nicht mein Typ.“
Sie biss sich in ihre Unterlippe.
Neid beugte sich zu ihr herüber, streichelte ihren weichen Bauch und sagte: „Nimmst diese ‚Mein Körper ist mein Tempel’-Nummer wohl nicht so ernst.“
„Werden Sie mich … töten?“
„Nein“, sagte Neid. „Bring mich einfach da rein und dann kannst du nach Hause fahren und deinen Goldfisch füttern und tausend arme Schweine fragen, wie eigentlich ihre Mutter so war.“
Sie schaute ihn an, ihre Augen verengten sich und mit der rechten Hand strich sie über den Gurt.
„Glaub ja nicht, dass das funktioniert, mein Täubchen.“
Ein Blutfaden lief von ihrer Unterlippe das Kinn hinab.
„Diese Nummer da, du hast einen Airbag, ich hab keinen. Du bist angeschnallt, du beschleunigst, fährst gegen einen Baum und die Scheiße. Glaub ja nicht, dass das läuft. Weißt du, warum das in Filmen klappt? Weil da die Tussis schön sind und weil die Leute bezahlt haben, um sie den ganzen Film über anzugaffen. Aber guck dich mal an. Deine Haare sind wie Stroh, dein Bauch hängt über deinen putzigen, kleinen Schulmädchenrock als wärst du die Schwester von Harry Wijnvoord und du siehst aus, als wärst du das letzte Mal an der Sonne gewesen, als Kohl noch Kanzler war. Also fahr einfach, dann überlebst du das.“
Sie starrte nun auf die Straße, ihre Hände verkrampften sich um das Lenkrad. Neid konnte ihre Knöchel weiß hervortreten sehen. Er schätzte das. Er war voll da, der Burger in seinem Magen strahlte Wärme aus, die Knarre in seiner Hand fühlte sich kühl an. Nur Neids Nacken schmerzte. Aber das war auch alles.

Abbalon schlug die Augen auf und würgte. Asche stäubte aus seinem Mund und gegen die Frontscheibe. „Das ist einfach nicht fair“, stieß er heiser aus. Er schüttelte sein Haupt, öffnete die Beifahrertür und stieg aus.
Auf der Straße erhob er seine Nase, witterte und sah nach oben zu den Schemen der besseren Dichter, die über der Straße schwebten. „Scheiß Gaffer!“, brüllte er. Dann breitete er die mächtigen Fledermausschwingen aus, schlug einige Male probehalber mit ihnen, schwang sich schließlich hoch – wenn auch eher durch die Kraft seines Willens, denn durch die Kraft seiner Flügel –, kam in der Luft zum Stehen und pisste auf die Straße unter sich.
Er fletschte die Zähne und sagte: „Wenn ihr was aufschreiben wollt, ihr Scheiß Schaulustigen, dann schreibt auf, dass ich Folgendes gesagt habe.“ Nun räusperte er sich, strich sich mit einer Hand übers Haupt, warf sich in Pose und deklamierte „Alea iacta est“, dann flog er ab, in Richtung der Maßregelvollzugsanstalt, und murmelte währenddessen: „Plätzchen. Wo soll das noch hinführen?“

Paul schlich an der Teigskulptur vorbei auf den Gang, seine nackten Füße patschten auf das Linoleum. Die Nachtbeleuchtung war eingeschaltet, nur jeder dritte Deckenstrahler warf Licht auf den Gang. Paul ging los; bei jedem Schritt patschte es laut, viel zu laut. Das Patschen dröhnte von den Fluren wider und echote in seinen Ohren. Seine Knie zitterten, in seinem Kreislauf arbeiteten die Reste des Narkotikums gegen ihn, ihm schwindelte und er musste sich an der Wand abstützen und durchatmen. Aber er fing sich wieder und patschte durch die Flure. Sein Ziel genau vor Augen: Das Dach.

„Frau Doktor, ham’ wa’ was vergessen?“
Neid spielte am Abzug seiner Waffe, beobachtete das Gesicht der Psychologin im Seitenspiegel und sah auch den bärigen Wachmann an.
„Ja, nur eine Kleinigkeit.“
„Und wer ist der Herr?“
Neid lächelte ihm zu und nickte.
„Das ist mein Freund. Aber hören Sie, Gunther, das muss wirklich keiner wissen. Ich hab nur eine Kleinigkeit vergessen, wir sind unterwegs, um einen Happen zu essen. Ich hol nur kurz die Akte, die ich brauche, und wir sind dann gleich wieder weg.“
„Hmm“, sagte der Wachmann. Er linste an ihr vorbei auf Neid. Neid spannte sich, seine Mundwinkel schmerzten von all dem Gegrinse. „Is’ scho recht.“ Neid entspannte sich und beobachtete, wie der Wachmann auf einen Knopf drückte, so dass die Schranke hochfuhr. Als Neid noch einmal in den Seitenspiegel schaute, sah er das Gesicht der Psychologin und ihr Mund formte lautlos ein Wort „Hilfe!“. Neid sah zum Wachmann hoch, der gerade hektisch nach seiner Waffe griff.
Neid griff mit der linken Hand nach den Haaren der Psychologin, riss sie an ihnen herum und brachte sie zwischen sich und den Wachmann. Mit der rechten Hand hob er seine Waffe und feuerte drauf los. Einmal, zweimal, dreimal.
Blut spritzte gegen das Seitenfenster. Der Wachmann wurde in der Brust getroffen, Blutblumen erblühten auf seiner blauen Weste und er sackte zusammen. Neid hielt die Psychologin noch an ihren Haaren fest, aber aus den Löchern in ihrem Hinterkopf konnte er Gehirnmasse tropfen sehen. Neid ließ sie los und wie eine Marionette, deren Fäden durchtrennt worden waren, fiel sie nach vorne aufs Lenkrad. Er wischte sich grob seine besudelten Hände an ihren strohigen Haaren ab, stieg aus dem Wagen und machte sich auf den Weg.

Paul hatte das Dach der Anstalt erreicht. Am Himmelszelt funkelten zahllose Sterne und der Mond prangte käsegleich in der Luft. Er atmete durch, kalte Nachtluft strömte in seine Lungen. Aber es musste sein. Paul schluckte einmal und sprintete los, seine Füße flogen über den Kies. Aber in seinen Gedanken lief er über einen Sandstrand. Kurz vor der Dachkante sprang er ab und segelte durch die Luft. Angst machte sich in ihm breit, aber er wusste, dass er das Richtige tat, das einzig Richtige.

Neid tankte sich durch die Anstalt. Während er durch die trüb beleuchteten Korridore hastete, veränderte er sich. Er spürte es. Er bog um eine Ecke und dort warteten sie auf ihn. Drei Wächter, hinter einem Tisch verbarrikadiert. Sie feuerten auf ihn.
Die Kugeln fraßen sich in seinen Körper, trafen ihn in Brust und Schulter, er spürte den Rückschlag genau, aber er ließ sich nicht aufhalten. Wie ein wütender Behemoth rannte er auf den Tisch zu, sprang über ihn weg und kam kniend hinter ihm auf. Eine Knochenklaue sprang aus den Knöcheln seiner rechten Hand. Wie bei Wolverine, Gott, ist das cool, dachte Neid, als er dem ersten Wachmann die Klaue ins Herz trieb. Dem zweiten zog er sie über den Hals, Blut spritzte heraus wie eine Fontäne.
Der Dritte starrte ihn mit offenem Mund an, das Gewehr baumelte schlaff an ihm herunter. Neid sah ihn an, machte einen schnellen Schritt auf ihn zu und sagte „Na? Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?“, dann jagte er ihm die Knochenklaue von unten durch den Bauch.
Als Neid an sich herabsah, hatte sich eine schwarz-rote Rüstung über seinen Oberkörper gelegt, stachelbewehrt und scharf. Er ließ die Knochenklaue an seiner rechten Hand ein- und ausfahren. Gott, fühlte sich das gut an.
Einer der Wächter spuckte Blutklumpen aus und flüsterte ihm zu: „Beeil dich, du Vollidiot. Aufs Dach, du vermasselt sonst noch alles.“
Neid leckte sich über seine Lippen und rannte los.

Paul sah die Schwärze auf sich zurasen. Es konnte nur ein paar Sekunden dauern, oder nicht einmal Sekunden – so hoch war das Dach nicht -, es konnte nur die Bruchteile einer Sekunde dauern, doch die Zeit schien langsamer zu vergehen. Noch während er fiel, schossen ihm die Bilder des prallen Lebens durch den Kopf. Noch während er fiel, hörte er das Rauschen gewaltiger Flügel. Paul schloss die Augen. Ob es wohl sehr weh tun würde?
Dann traf ihn etwas und presste all die wunderschöne, schwarze Nachtluft aus seinem Körper und stattdessen strömte fettig-rußiger Schwefelgestank in ihn. Paul öffnete die Augen und sah in ein Ziegengesicht. Und jemand – die Ziege? – sagte mit heiserer Stimme: „Na, wer sitzt jetzt am längeren Hebel, Bettnässer?“
Paul schlug um sich, wollte sich aus dem Griff befreien, doch das Wesen hielt ihn in seinen Klauen und trug ihn nach oben, aufs Dach zu.

Abbalon flappte ungeduldig mit den Flügeln und starrte auf die Tür zum Dach. Das Bündel Gutmensch in seinen Armen strampelte wie ein Baby. Abbalon ließ ein bisschen Speichel auf seinen Kopf hinuntertropfen, soviel musste wirklich erlaubt sein, aber die Säure perlte bläulich von dem Heldenbabykopf ab und tropfte zu Boden.
„Klasse, wirklich Klasse.“
Die Tür ging auf und sein Champion, der dämliche Fettsack, stürmte aufs Dach. Wahrscheinlich die jämmerlichste Gestalt, die je die Rüstung getragen hatte.
Aus dem Augenwinkel sah Abbalon einen grellen Lichtblitz, der von der Seite auf ihn zuschoss. Er öffnete die Krallen, das Bündel Fleisch fiel strampelnd aufs Dach, und dann blieb Abbalon gerade noch genug Zeit, um ein „Oh Oh“ auszustoßen, bevor der Engel ihn erreichte.

Als Neid das Häufchen Elend in der weißen Zwangsjacke und mit nackten Beinen so vor sich liegen sah – Gott, er hatte nicht mal Schuhe an -, da hätte er beinahe losgelacht, aber statt dessen entschied er sich doch dafür, ihm in den Bauch zu treten.
Mit Fußtritten trieb er ihn vor sich her und er schätzte es sehr, wenn er den weichen Widerstand an seinem Spann spürte. Er konnte fast hören, wie die Rippen knacksten, als er wieder und wieder auf ihn eintrat. Neid schaute kurz in den Himmel hinauf. Dort, einige Meter über dem Dach der Anstalt, bekämpften sich zwei Gestalten, sie rangen miteinander, oder so etwas, aber sie waren zu weit weg, um Genaueres zu erkennen und sonderlich wichtig war das nun ohnehin nicht. Das Bündel Nichts vor ihm japste jämmerlich nach Luft und spuckte Blut. Neid beugte sich zu ihm herunter, ließ die Knochenklaue herausspringen und fuhr dem Opfer mit der anderen Hand über dessen Haare.
Dann hob Neid seine Hand.

Fast alle der besseren Dichter hatten sich über dem Dach der Maßregelvollzugsanstalt eingefunden. Sie beobachteten den Kampf mit poetischem Interesse, dachten über Wendungen und Metaphern nach, ließen das Geschehen auf sich wirken. Aber einer unter ihnen, einer von geringerer poetischer Kraft, sah das schokoballgroße Glühwürmchen schon von Weitem und konzentrierte sich ganz darauf. Er sah nicht auf den Dämon und den Engel über ihm, sah auch nicht auf die beiden Halbsterblichen unter ihm, er sah nur auf das Glühwürmchen.
Das Glühwürmchen sirrte unbeirrbar, wie von einem Leuchtfeuer angezogen, auf die beiden Halbsterblichen zu. Und gerade, als der Halbsterbliche in der schwarz-roten Rüstung – sie erinnerte unseren Dichter an eine misslungene Kreuzung zwischen einem Igel und einer verrosteten Autokarosserie -, gerade also als der Halbsterbliche in der Rüstung seine Hand hob, um dem anderen den Garaus zu machen, gerade da flog das Glühwürmchen ihm äußerst hurtig und zornig in seinen Nacken und verglühte.

Neids Nacken schmerzte. So wie er noch nie geschmerzt hatte. Der Schmerz riss ihn von den Beinen. Er wand sich auf dem Boden, tastete wild nach hinten, nach seinem Nacken, und schnitt sich dabei die Hände an seiner Rüstung auf.
Der Schmerz bohrte sich immer weiter in seinen Körper, drang durch die Nackenmuskulatur über den Kiefer in sein Hirn, fraß sich zugleich über das Rückgrat hinweg in seine Niere hinein und von da an weiter, zu seinem Herzen. Der Schmerz breitete sich aus und drohte ihn zu sprengen.

Abbalon presste sein Glied gegen den Oberschenkel des Engels. Diesen Teil mochte er immer am liebsten.
Während der Engel mit seinen frisch manikürten Händen nach Abbalons Schultern griff, konnte er sogar die Engels-Titten auf seiner Brust fühlen.
Abbalon fuhr dem Engel mit seiner Zunge über den Hals und flüsterte: „Lieber in der Hölle ficken, als im Himmel Boccia spielen, oder was immer ihr da macht.“ Dabei griff er dem Engel an den samtweichen Hintern und berührte mit seinen Fledermausschwingen lüstern die Taubenflügel.
Der Engel ließ von seinen Schultern ab, seufzte verzückt auf und zwinkerte ihm zu. Dann schoss ein Schmerz durch Abbalons Genital, als der Engel seine Fingernägel hineinbohrte. Als der Schmerz verklang, war der Engel schon auf dem Weg nach unten, zum Dach.
Abbalon klappte die Flügel ein und stürzte ebenfalls in die Tiefe.

Paul würgte Blutklumpen aus der Speiseröhre nach oben, stützte sich mit seinen Armen auf dem Schotter ab und versuchte, sich hoch zu wuchten. Seine Arme brannten, seine Muskeln rebellierten, aber Paul drängte den Schmerz weit weg, sperrte ihn in sich, dahin, wo die Bilder waren. Er kam auf die Beine und blickte zum Himmel. Eine Stimme erklang in seinem Geist: „Du weißt, was es bedeutet?“ Paul nickte, öffnete den Mund und ließ das Licht in sich hineinfahren.

Neid lag auf dem Rücken. Der Schmerz erfüllte jede Faser seines Seins. Vom Nachthimmel fiel ein roter Komet auf ihn herab.
„Lass mich in dich!“
Neid schrie in Pein.
„Schnell, ich kann dir den Schmerz nehmen.“
Neid wälzte sich auf dem Boden, drängte den Schmerz mit aller Gewalt zurück, stellte sich vor, er wäre der Schmerz und hielt zu ihm, kontrollierte mit dem Schmerz den Körper. Seine Rüstung leuchtete blutrot und wuchs, legte sich um seinen Körper und glättete kühl die Wunde an seinem Nacken.
„Lass mich in dich hinein! Schnell!“
Neid kniff Mund und Verstand zusammen. Er würde die Fäden in der Hand behalten, sich auf nichts einlassen. Er kam federnd auf die Beine, ließ die Knochenklaue herausspringen und jagte auf Paul zu.
„Du dämlicher Vollidiot, wirst du wohl tun, was ich dir befehle!“
Neid schaltete die Stimme in seinem Kopf ab.

Die besseren Dichter tuschelten nicht mehr, es hatte ihnen die Sprache verschlagen. Jeder von ihnen starrte auf das Dach, keine Bewegung durfte ihnen entgehen.
Das Wesen, das einmal Paul Karmann gewesen war, blutete Licht aus allen Poren. Die andere Gestalt, schwarzrot und stachelbewehrt, schlug wieder und wieder auf sie ein. Kraftlos versuchte die Gestalt den Schlägen zu entkommen, duckte sich oder sprang nach hinten weg, doch der Andere war zu stark und schnell.

Neid hatte sich noch nie so gut gefühlt. Er schlug mit der Kralle wild nach oben aus, der andere duckte sich weg, und Neid jagte ihm die Stahlspore, die ihm aus dem Knie gewachsen war, ins Kinn. Licht entwich aus der Wunde in allen Farben des Regenbogens. Das Licht blendete ihn. Neid hielt eine Hand vor seine Augen.

Die Gestalt, die einmal Paul Karmann gewesen war, sprang nach vorne auf den taumelnden Neid zu, huschte zwischen seinen Beinen hindurch, baute sich hinter ihm auf. Sie konzentrierte ihre ganze Essenz auf einen Punkt. Auf die Spitze des Zeigefingers der rechten Hand. Dann tippte sie Neid in den Nacken.

Ein besserer Dichter nach dem anderen kam wieder zu sich. Das Dach unter ihnen war leer. Und einer nach dem anderen wandte sich wieder poetischeren Orten zu.


Pater Ignacio de la Hóya lugte vorsichtig um die Ecke im niederen Reliquarium, Ganz zwölf. Zwar hatte man den Boden mittlerweile gewaschen, aber der Blutgestank lag noch immer in der Luft. Ignacio bekreuzigte sich und ging in den Gang hinein, vorbei an Folianten, Gemälden und Artefakten. Plötzlich schepperte es hinter ihm.
Ignacio drehte sich um und hinter ihm – Ignacio konnte es nicht fassen -: Der Teufel, Mephistopheles. Mit Bocksfüßen, Ziegenhaupt und Fledermausschwingen. Ein Geruch nach verfaulten Eiern begleitete ihn.
Ignacio bekreuzigte sich, schrie „Apage, Apage!“ und urinierte in seine Gewänder.
Der Teufel stapfte an ihm vorbei, schaute ihn aus widernatürlichen Augen an und sprach: „Sei froh, dass ich sogar zum Töten zu deprimiert bin.“
Ignacio sank auf seine Knie und weinte. Und als er seine Augen öffnete, blickte er auf das Gemälde, das Judas Ischariot in seinen Qualen zeigte. Rote Dämonen schlangen sich um seinen Körper, hielten Dreizacke und peinigten ihn damit. Nur eine Stelle an seinem Bein war nackt und frei.
Und Pater Ignacio de la Hóya hörte eine heisere Stimme in seinem Rücken: „Aber andererseits … du hast mich Mephisto genannt ...“

Der Himmel strahlte blau, der See funkelte sich badend in den Strahlen der Sonne und Morias Augen blitzten taubenblau aus ihrem Engelsgesicht. Patrick McCollum war mehr als zufrieden mit sich. Und wenn das hier unter Dach und Fach war, konnte er sich seinen Plänen zuwenden. Erst heiraten, dann mit dem Gedicht berühmt werden und danach den See vermarkten. Loch Ness konnte einpacken!
„Willst du also, Moira MacTaggert, den hier anwesenden Patrick McCollum zu deinem –“
Der Priester schwieg, Moira starrte – jetzt, in diesem Moment!- in den Himmel. Patrick verstand die Welt nicht mehr, soufflierte fix „dir angetrauten Ehemann nehmen!“, aber auch der Pater gaffte in den Himmel. Die ganze Brautgesellschaft – alleine die Stühle hierher zu karren, hatte Patrick ein Vermögen gekostet, vom französischen Catering ganz zu schweigen -, die ganze Brautgesellschaft also glotzte nach oben. Was zum Geier war denn nun schon wieder? Patrick sah in den Himmel.
Und aus einhundertvier schottischen Kehlen erklang ein Wort: „Schön.“

Neid griff nach dem farblosen Nichts zu seinen Füßen, hob eine Handvoll auf und ließ es durch seine Finger rieseln. Es fühlte sich nach nichts an. Er schaute nach oben, ins Nichts. Schaute nach vorne und hinten. Nichts.
„Das ist nicht fair! Hörst du! Hörst du mich? Wir hatten eine Abmachung! Ich hatte eine Gefängnisfreikarte!“

 

Hey weltenläufer,

weltenläufer schrieb:
Also - in einem Satz: mir hat die Kg außerordentlich gut gefallen!
Sie ist wortgewaltig und strotzt vor souveräner Stärke, die sich hier in diesem Forum auf jeden Fall locker mit den obersten Rängen messen kann. Will jetzt nicht soweit gehen zu sagen, sie sei das Beste, was ich hier je gelesen habe, aber auf jeden Fall gehört die Geschichte mit zu den beeindruckendsten Werken, die ich hier bisher aufgestöbert habe.
Wenn das so weiter geht, werde ich in meinem Zimmer verhungern, weil ich und mein Ego nicht mehr durch die Tür passen.

ich habe die Sache so interpretiert, dass die schmerzende Stelle im Nacken des Herrn Neid sozusagen den letzten guten Funken repräsentiert, der sich zu melden versucht, ihn von seiinem Treiben abhalten möchte. Deswegen ist das ende für mich in völlig in Ordnung, da der "Gute" ja genau diese Stelle berührt, um dem "Bösen" seine Kraft zu nehmen.
Das ist eine hochinteressante Idee, erinnert mich an Pulp Fiction. Dort hat Marcellus Wallace ein Pflaster auf seinem Nacken und es wurde so interpretiert, dass dort der Sitz seiner Seele war, die seitdem in dem mysteriösen Koffer liegt.

Vielen Dank für deinen Kommentar und deine Zeit
Quinn

 

Hallo Quinn!

Ich kanns nicht fassen, Quinn, du wirst keinen positiven Kommentar bekommen! Auf diese Geschichte! Das hätte ich nicht erwartet, ganz ehrlich. Nä. :susp:
Sicher, diese Geschichte ist absolut Quinn-mäßig, du hast schon einen unverwechselbaren Schreibstil und ich erkenn auch immer so einige immer wiederkehrende Dinge, das ewige "Scheiß" und der Hang zu versauten Protagonisten ... ;) Schon klar.
Aber du hast mich mit der Geschichte irgendwie nicht gekriegt, von mir daher keine Begeisterungsstürme. Mir war die Handlung irgendwie zu ... weiß nicht, flach vielleicht, sie hat irgendwie keinen Höhepunkt erreicht. Für mich zumindest. Vielleicht fehlt mir da aber auch ne Windung, ich weiß nicht. Zum Anfang hatte ich erst gar keinen Durchblick, ständig tauchten neue Personen auf, aber dann hab ichs ein zweites Mal gelesen (oh ja, ein zweites Mal, da biste baff was? :p) und dann hab ichs schon kapiert. Einige Dinge sind mir aber trotzdem unklar geblieben, da hat mir was gefehlt. Warum ist dieser Neid einfach mal so in die Sitzung gegangen und dann mal eben wieder abgehauen? Und was war diese Stelle mit dem Warndreieck, er hat die Psychologin abgeschleppt und den Abbalon im Auto sitzen lassen? Und diese ganze Fernsehergeschichte hab ich auch nicht geschnallt. Da waren noch ein paar Dinger, aber die frag ich lieber nicht. ;)
Soviel zum Mittelteil. Natürlich hast du es äußerst geschickt angestellt und einen endgeilen Schluss rausgehauen, der mich fast davon abgehalten hätte, deine Geschichte negativ zu kritisieren, wirklich sehr clever. Der Schluss war super.
Genauso der Titel. Der ist auch spitze. Ich hatte die Geschichte deswegen auch schon ein paar Mal angelesen und dann aber immer gedacht: Näh, so laaaaannnnggg. ;)
Die Charaktere hast du natürlich auch sehr schön hinbekommen, keine Frage. Ich glaube, das muss ich schon gar nicht mehr sagen.
Mensch Quinn, ich hätte nicht gedacht, dass ich gerade diese Geschichte blöd finden würde ...

Liebe Grüße,
strudel

 

Hey Strudel, erstmal danke, dass du das Teil nochmal ausgegraben hast. Ich hab's auch nochmal gelesen und mich dabei wahrscheinlich besser amüsiert als du dich. :)

Sicher, diese Geschichte ist absolut Quinn-mäßig, du hast schon einen unverwechselbaren Schreibstil und ich erkenn auch immer so einige immer wiederkehrende Dinge, das ewige "Scheiß" und der Hang zu versauten Protagonisten ... ;) Schon klar.
Ja, bei den Dingern gibt's Parallelen. Wobei es nicht "bei all meinen Geschichten" so ist ... hoffe ich jedenfalls. Das "Scheiß" finde ich klanglich einfach so toll!

Aber du hast mich mit der Geschichte irgendwie nicht gekriegt, von mir daher keine Begeisterungsstürme. Mir war die Handlung irgendwie zu ... weiß nicht, flach vielleicht, sie hat irgendwie keinen Höhepunkt erreicht. Für mich zumindest.
Es ist ja auch eher ein großer "Spaß". Sonderlich tief rein, geht es da nicht. Das stimmt schon. Ehm, "Höhepunkt" sollte eigentlich das Ende sein. Die beiden Erzählstränge sollten aufeinander "zurasen" und dann kollidieren zum Ende. Schade, dass du da keine Höhepunkte siehst.

Zum Anfang hatte ich erst gar keinen Durchblick, ständig tauchten neue Personen auf, aber dann hab ichs ein zweites Mal gelesen (oh ja, ein zweites Mal, da biste baff was? :p) und dann hab ichs schon kapiert. Einige Dinge sind mir aber trotzdem unklar geblieben, da hat mir was gefehlt.
Hm, zu viele Personen? Also am Anfang: Die beiden Perspektivträger im Prolog dienen ja nur dazu, die beiden "Nicht-Menschen" vorzustellen. Dann später kommen schnell einige Figuren dazu, aber die bleiben ja dann auch alle eine Weile, aber stimmt schon. Es ist für eine Kurzgeschichte auf relativ dichtem Raum ("relativ") vielleicht zu viel.

Warum ist dieser Neid einfach mal so in die Sitzung gegangen und dann mal eben wieder abgehauen?
Fleischbeschau. Er hat sich eine rausgepickt.

Und was war diese Stelle mit dem Warndreieck, er hat die Psychologin abgeschleppt und den Abbalon im Auto sitzen lassen?
Nicht "abgeschleppt", er hat sich zu ihr in den Wagen gesetzt. Abbalons Körper saß derweil in seiner Karre, weil der Geist ja woanders war ... okay, wenn man das so sagt, klingt das alles ziemlich hirnrissig.

Und diese ganze Fernsehergeschichte hab ich auch nicht geschnallt. Da waren noch ein paar Dinger, aber die frag ich lieber nicht. ;)
Die "Fernsehergeschichte" war ein kleiner Gag, die Szene, in der die Frau da reinspringt, ist aus einer anderen Geschichte von mir (die du jetzt aber wirklich nicht auch noch lesen musst :) ).

Soviel zum Mittelteil. Natürlich hast du es äußerst geschickt angestellt und einen endgeilen Schluss rausgehauen, der mich fast davon abgehalten hätte, deine Geschichte negativ zu kritisieren, wirklich sehr clever. Der Schluss war super.
Genauso der Titel. Der ist auch spitze.
Ja, da hast du doch deinen Höhepunkt. :) Freut mich natürlich, dass er dir gefallen hat.

Die Charaktere hast du natürlich auch sehr schön hinbekommen, keine Frage. Ich glaube, das muss ich schon gar nicht mehr sagen.
Mensch Quinn, ich hätte nicht gedacht, dass ich gerade diese Geschichte blöd finden würde ...
Na ja, du magst den Stil, du findest das Ende toll und du sagst, ich hätte gute Charaktere gezeichnet. Aber insgesamt findest du die Geschichte doch blöd. Es ist schon in Ordnung, das ist halt einfach "Popcorn", die Geschichte. Sie soll Spaß machen und spannend sein, mit durchgeknallten Dialogen. Ich hab sie vorhin nochmal gelesen - und ich musste lachen und hab mich dabei gut unterhalten (obwohl ich an vielen Stellen etwas "glatter" formuliert hätte, mir sind da beim Drüberlesen einige Wortwiederholungen aufgefallen, also ... wenn ich diesen Quinn in die Finger kriege), aber ich hab sie halt auch geschrieben und klar, dass sie mir dann eher gefällt, weil ich natürlich meinen Humor bediene und das alles.
Es ist schwer auf so einen Kommentar dann zu antworten. Ich denke auch nicht, dass die Geschichte "so gut" ist - wie manche meinen (wird mir ja ständig vorgehalten: Nette Geschichte, aber nicht soooo gut wie damals, mit dem Willen!), aber ich mag sie auch sehr gerne. Aber wenn man generell diese Art von "Unterhaltung" nicht mag oder das Spezielle, dann geht's halt nicht. Ich würde mich da gar nicht durch so ein riesen Ding durchquälen, wenn's mir keinen Spaß machen würde. :) Und dann noch zweimal.

Also meinen Respekt für das Durchhaltevermögen! Hab mich sehr drüber gefreut (auch weil ich die Geschichte so nochmal lesen musste und meinen Spaß dabei hatte :) )
Aber ich bin eben auch ein fürchterlicher Narzisst!
Quinn

 
Zuletzt bearbeitet:

Diese Geschichte ist von einem Kaliber, wie man sie nur in Kurzgeschichtenbänden mit Beiträgen namenhafter Autoren findet.

Eine schöne, bildreiche Sprache und tolle Einfälle, von denen sich jetzt viele, mich eingeschlossen, wünschen, dass sie selbst drauf gekommen wären.

Jede Figur war hervorragend ausgearbeitet. Was mir gefallen hat, war, dass du zum Beispiel bei Maike die Hintergründe der Figur (Missbrauch, viele Männerbekanntschaften, usw.) nur kurz angedeutet hast. Dadruch wirkte ihr Tot um einiges härter, immerhin begann man ja grade, sie kennen zu lernen und mit ihr zu hoffen. Die Wirkung ihrer Figur wäre weniger intensiv, wenn du ihre Vergangenheit bis ins Detail beleuchtet hättest.

Langsam aber sicher steuert die Geschichte auf einen großen Showdown zu, der dann leider nicht die hohen Erwartungen, die die Geschichte geweckt hat, halten kann.

Ein weiter Kritikpunkt sind meiner Meinung nach die häufigen Sprünge zwischen den Handlungsfäden, da diese teilweise schon nach wenigen Zeilen stattfinden.
Ich hätte da einen Vorschlag: Wenn du dich am Anfang länger auf einen Handlungsstrang konzentrieren würdest, und die Geschichte erst zum Ende hin viel häufiger springen lassen würdest, könntest du die Handlungssprünge vielleicht als Mittel einsetzen, um das Tempo zum Showdown zu erhöhen.

Ansonsten finde ich die Story super. Eine fast perfekte Geschichte; das Beste, was ich bisher im Internet gelesen habe.

 

Hallo Bad Rabbit,

Eine schöne, bildreiche Sprache und tolle Einfälle, von denen sich jetzt viele, mich eingeschlossen, wünschen, dass sie selbst drauf gekommen wären.
Das freut mich. Auf die Sprache hab ich gar nicht so einen großen Fokus gelegt beim Schreiben.

Jede Figur war hervorragend ausgearbeitet. Was mir gefallen hat, war, dass du zum Beispiel bei Maike die Hintergründe der Figur (Missbrauch, viele Männerbekanntschaften, usw.) nur kurz angedeutet hast. Dadruch wirkte ihr Tot um einiges härter, immerhin begann man ja grade, sie kennen zu lernen und mit ihr zu hoffen. Die Wirkung ihrer Figur wäre weniger intensiv, wenn du ihre Vergangenheit bis ins Detail beleuchtet hättest.
Das denke ich auch, man hat ja genug "Puzzlestückchen", um sich ein Bild von ihr zu machen.

Langsam aber sicher steuert die Geschichte auf einen großen Showdown zu, der dann leider nicht die hohen Erwartungen, die die Geschichte geweckt hat, halten kann.
Das ist schade. Es ist wahrscheinlich, wenn die Geschichte im Mittelteil "zieht", dann kaum noch möglich, den Zusammenprall "bombastisch" genug hinzukriegen. Dasselbe Problem hab ich immer, wenn ich "Heat" schaue, der Film ist ähnlich gestrickt, zwei Handlungsstränge und alles läuft auf ein riesiges Finale hinaus, das schon gut ist, aber irgendwie enttäuschen muss (und Mister Mann konnte ein paar Millionen im Finale verjubeln).

Ein weiter Kritikpunkt sind meiner Meinung nach die häufigen Sprünge zwischen den Handlungsfäden, da diese teilweise schon nach wenigen Zeilen stattfinden.
Ich hätte da einen Vorschlag: Wenn du dich am Anfang länger auf einen Handlungsstrang konzentrieren würdest, und die Geschichte erst zum Ende hin viel häufiger springen lassen würdest, könntest du die Handlungssprünge vielleicht als Mittel einsetzen, um das Tempo zum Showdown zu erhöhen.
Die Sprünge sollen eine Schwachstelle des Konzepts überdecken: Bei Karmann passiert nicht viel, bei ihm läuft ja alles über Dialoge, man sieht nicht, wie er ist und was er gemacht hat (weil er dazu keine Gelegenheit hat), er erzählt es nur, er wird in Dialogen "getestet". Während Neid im Gegensatz dazu alles "aus erster Hand" erlebt und der Moment, in dem er sich öffnet, von Abbalon versaut wird, der natürlich mal überhaupt kein Interesse daran hat, wie sein Avatar so tickt, im Gegensatz zur Gegenseite - und genau das wird ihm ja zum Verhängnis am Ende.

Ansonsten finde ich die Story super. Eine fast perfekte Geschichte; das Beste, was ich bisher im Internet gelesen habe.
Danke, das freut mich.

Vielen Dank für den Kommentar und für deine Zeit
Quinn

 

Endlich, Quinn, endlich wissen wir, dass Engeln Titten haben. Und samtweiche Hintern. Das ist erfreulich, denn der andere Part wird bei dir leider wieder so beschrieben, wie er schon in den letzten 2000 Jahren beschrieben wurde: Ziegengesicht, überdimensionales Genital, Schwefelgeruch.
Aber diese Details sind Kinkerlitzchen verglichen mit dem Personal, die du in dieser Geschichte auftreten lässt: Es sind so zwischen 10 und 20 Personen, die darin eine Rolle spielen, was bei mir dazu geführt hat, dass ich irgendwann nicht mehr wusste, wer wer ist und ob wichtig oder nicht. Kaum gewöhnt man sich an eine Person, schon verschwindet sie wieder – und taucht vielleicht noch einmal auf oder auch nicht.
Man muss also höllisch aufpassen, d.h. oft wieder zurückblättern, der Person ggf. eine neue Eigenschaft zuschreiben, weiter lesen, stoppen, und das bisher Gesagte im Geiste zu einem möglichst sinnvollen Bild zusammenfügen, usw.
Das stört den Lesefluss und könnte als Missachtung des Leser gedeutet werden: Ich hab’s geschrieben, ob ihr beim Lesen Schwierigkeiten habt, kümmert mich einen Dreck.
Meinst du wirklich, dass bei einer Kurzgeschichte auch die im Grunde unwichtigen Personen ein Innenleben haben müssen, muss wirklich jede ihrer Handlungen begründet werden?
Dazu kommen dann so Logikfehler wie zum Beispiel das mit dem Handy: Da gibt die Frau dem Typen ihr Handy, damit er den ADAC anrufen kann, statt das selbst zu machen. Und der Typ kennt die Nummer natürlich auswendig (wenigstens muss die Frau das glauben). Ist schon klar, was du damit bezwecken wolltest, aber das ist ein billiger Trick, der zudem gar nicht notwendig wäre, ich meine, er hätte ihr gleich seinen Ausweis zeigen können, oder?
Aber sonst ist die Geschichte schon toll, vor allem, wenn man die einzelnen Szenen für sich sieht. Doch auch sich das Ganze auszudenken verdient Respekt.

In diesem Sinne

Sirius

 

Hey Sirius,

Endlich, Quinn, endlich wissen wir, dass Engeln Titten haben. Und samtweiche Hintern. Das ist erfreulich, denn der andere Part wird bei dir leider wieder so beschrieben, wie er schon in den letzten 2000 Jahren beschrieben wurde: Ziegengesicht, überdimensionales Genital, Schwefelgeruch.
Ja, in den letzten 2000 Jahren wurde er so beschrieben, in den letzten 20 allerdings war er eher ein Dandy: Al Pacino, Gabriel Byrne, Christopher Walken. Da sind doch Ziegengesicht, Fledermausflügel und ein riesiges Gemächt mal eine schöne Abwechslung. Der eigentliche "Gag" in der Figurenaufstellung liegt ja bei Neid und Karmann und ihren aktuellen Lebenssituationen.
Engel und Abbalon sind da eher althergebracht. Stimmt schon.

Aber diese Details sind Kinkerlitzchen verglichen mit dem Personal, die du in dieser Geschichte auftreten lässt: Es sind so zwischen 10 und 20 Personen, die darin eine Rolle spielen, was bei mir dazu geführt hat, dass ich irgendwann nicht mehr wusste, wer wer ist und ob wichtig oder nicht. Kaum gewöhnt man sich an eine Person, schon verschwindet sie wieder – und taucht vielleicht noch einmal auf oder auch nicht.
Jau, die Nebenperspektiven sind nicht jedermanns Geschmack. Mache ich normalerweise auch nicht, sondern beschränke mich auf einige Hauptperspektiven. Hier hat es meiner Anischt nach gepasst. Ehm: Jeder Perspektiv-Träger in dieser Geschichte geht entweder drauf oder findet ein "Ende". Die einzige Nebenfigur, die wirklich so gar keine Rolle mehr spielt und namentlich erwähnt wird, ist Claudia - diese Meskalin-Tussi.

Man muss also höllisch aufpassen, d.h. oft wieder zurückblättern, der Person ggf. eine neue Eigenschaft zuschreiben, weiter lesen, stoppen, und das bisher Gesagte im Geiste zu einem möglichst sinnvollen Bild zusammenfügen, usw.
Das stört den Lesefluss und könnte als Missachtung des Leser gedeutet werden: Ich hab’s geschrieben, ob ihr beim Lesen Schwierigkeiten habt, kümmert mich einen Dreck.
Nee, das kümmert mich natürlich. Mir geht das bei Geschichten, die mich nicht fesseln, auch so. Dann blätter ich lustlos drüber, verlier irgendwann total den Faden und bin genervt. Die Geschichte erfordert ein höheres Maß an Aufmerksamkeit als andere Geschichten, das stimmt schon.
Diese Multi-Perspektiven-Mosaik-Geschichte eignet sich nur bedingt für die Kurzgeschichte, weil Kapitel mit einem Perspektivträger, die in einem Roman 1000 Worte und mehr hätten, hier nur 150, 250 haben. Dadurch steigt die Anzahl der "Schnitte" um ein vielfaches. Und es wird für den Leser schneller und auch verwirrender.

Meinst du wirklich, dass bei einer Kurzgeschichte auch die im Grunde unwichtigen Personen ein Innenleben haben müssen, muss wirklich jede ihrer Handlungen begründet werden?
Ich finde die Personen nicht "unwichtig". Man könnte sicher die Perspektiven von Vee, dem Raucher und Maike rauslassen. Aber gerade die runden die Geschichte ja "ab". Durch Vee werden die Lebensumstände von Neid deutlich, die Perspektive des Rauchers läutet das Finale ein und Maike wird ja am Ende dann zu Neids Verhängnis.
Ich bin kein Anhänger der These, dass jede Szene "unbedingt" die Handlung voranbringen muss. Ich finde auch Szenen, in denen die Handlung verbreitert wird, statt weiter voranzuschreiten, lesens- und schreibenswert. Und gerade diese drei Perspektiven sind natürlich "Action"-Elemente in der Handlung, da passiert ja was. Maikes und Vees Perspektiven sind der Gegenpol zu "ruhigeren" Passagen in der jeweils abwechselnden Perspektive.

Dazu kommen dann so Logikfehler wie zum Beispiel das mit dem Handy: Da gibt die Frau dem Typen ihr Handy, damit er den ADAC anrufen kann, statt das selbst zu machen. Und der Typ kennt die Nummer natürlich auswendig (wenigstens muss die Frau das glauben). Ist schon klar, was du damit bezwecken wolltest, aber das ist ein billiger Trick, der zudem gar nicht notwendig wäre, ich meine, er hätte ihr gleich seinen Ausweis zeigen können, oder?
Na ja, ist vielleicht nicht ganz sauber gelöst, die ganze Nummer. Aber so hat die Szene eben eine Spannungskurve, er will erst einen auf normal machen, bevor er ihr den Ausweis zeigt. Vielleicht hat er mit seiner alten Karre oft Probleme und muss den ADAC öfter rufen. Und es geht ja um sein Auto und Mitgliedsnummer und weiß der Geier. Aber will man wirklich noch lesen, wie er ihr das erklärt?
Also auch wenn das ein Plothole sein mag, ist es in meinen Augen wirklich kein tragendes.

Aber sonst ist die Geschichte schon toll, vor allem, wenn man die einzelnen Szenen für sich sieht. Doch auch sich das Ganze auszudenken verdient Respekt.
Na, dann hat sich das Lesen der ewiglangen Geschichte für dich ja doch noch gelohnt. :)
Freut mich, danke dir für deine Kritik
Quinn

 

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