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Fritten mit Salz (Oral exam)

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11.03.2009
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Fritten mit Salz (Oral exam)

Wir, die Versager der 10. Klasse Realschule, gescheiterte Existenzen, potenzielle Seniorenstudienanwärter/innen, die, die es noch einmal wissen wollten und die, die nicht wussten, was sie wollten, wir alle und noch ein paar andere Gestalten hockten nach dem Unterricht des Abendgymnasium Köln-Nord noch oft in einer der näher gelegenen Kneipen. Natürlich Eiche rustikal. Es waren nur wenige Tage vor den Abschlussprüfungen und bei Bier und Fusel, die feineren Herrschaften gönnten sich auch einen Cocktail, schaute man in ratlose und verzweifelte Gesichter.

Monica, unsere Englischlehrerin gesellte sich auch an diesem Abend auf ein paar Tütchen zu uns.
Sie hatte schon im Gefängnis Ossendorf Erwachsenenbildung betrieben und das Abendgymnasium
war ihre Endstation Lehrerkarriere.
„Enttäuscht mich nischt, Leute. In zwei Tagen haben wir die Mündlische --
Unsere Gesichter wurden noch verzweifelter.
„Oral exam, you know oral?“, setzte Monica nach und als währen wir gehörlos, legte sie mit Mund und Händen die schönste Blow- Job -Gebärde hin, so dass auch Nicht-Engländer wussten, worum es gehen muss. Das war nicht das erste mal. Sie lächelte ungeniert, zog kräftig an ihrer Kräuterzigarette und zeigte ihre winzige Zahnlücke zwischen den Schneidezähnen.
Wir nannten sie seit langen einfach nur „Lewinsky“.

Von Bierhefe, Wacholder und Gras bekamen wir Ziehen im Magen also steuerten wir den nächsten Imbiss an und bestellten Dies und Das.
Die Frittenbudenfrau war ein fülliges Frosch ähnliches Wesen, jenseits der Wechseljahren aber durchaus im Stadium der Scheidentrockenheit.
Dicke, gelbliche Tränensäcke brachten ihre wässrigen Augen zur Geltung. Ihre dünnen, straßenköterblond-grauen Haare hatte sie zu einem Dutt zusammen geknotet aber einige ungehorsame Strähnen hingen ihr wie fettige Spaghetti ins liebliche Gesicht.
Frittenfett und Friteusendampf sind also doch besser als jedes Glättungsshampoo.

Als wir auf unser Essen warteten und depressiv an einer Flasche Reissdorf nuckelten, kam neue Kundschaft herein getorkelt. Ein Traum von Mann, der so ungefähr nach allen Ausscheidungen stank, die alkoholbedingte Inkontinenz samt Übelkeit so mit sich bringt.
Er hatte eine sehr gesunde rote Gesichtsfarbe, seine letzten weiss-gelben Haarsträhnen klebten sehr fesch an seiner Kopfhaut und mit einem wunderbaren Bass bestellte er in lallendem Kölsch „ne grosse Fritten“. Dann stierte er vor sich hin und sprach mit dem Fussboden.
Die froschähnliche Thekenfrau setzte sich nur langsam in Bewegung. Ihr ehemals weißer Kittel spannte und schenkte uns einen Blick auf ihre starken, verbeulten Schweissarme. Auch um die Achseln rum, war sie gelbstichig.
„Kommt auf die Fritten watt drauf?“, fragte sie mehr zu sich selbst.
Der Traum von Mann stierte weiter und ohne auf zuschauen, röchelte er mit einer Stimme, die so dunkel, dumpf und schleppend war, als käme sie aus der Kölner Kanalisation empor:
„Mit Saallz, Du Funnz“
Dann erbrach er sich geräuschvoll in Richtung Bedienungstheke.

Schreiend vor Lachen befanden wir uns auf dem klebrigen Boden der Frittenbude.
Das „Gleisch-klaschtet-Freunde“ der Bedienung hörten wir kaum noch.
Ihre Wut schien aber bereits verflogen, denn sie rührte nun seelenruhig in der angebrannten Currysosse. Wir denken, sie hat schon Schlimmeres erlebt.

Einige Zeit später war der Imbiss geschlossen. Man sagt, die beiden hätten sich zusammen getan und tingelten nun durch Ehrenfeld. Alles ist möglich im Kölner Norden-
und milde lächeln die drei lesbischen Nonnen von Klosterfrau Melissengeist auf die Bewohner des Viertels herab.

 

Diese Geschichte ist zu großen Teilen nicht fiktiv.
Eine derbe Gesellschaftbetrachtung auf kölsch.

 

Hallo italomix,

eine nette beschauliche Idylle, die Du da beschreibst - fast schon Rubrik Gesellschaft tauglich - nur ein Ausschnitt einiger mieser Leben aber wir kennen alle den Anfang und das Ende.

Uns reicht die Momentaufnahme - das Foto - inmitten der bewegten Szene.

Wunderschön, wie der Frosch die Pommes kredenzt - komisch dass Frittenbudenbesitzer immer so aussehen müssen - und dann haben sie auch noch den Erfolg, auf den jeder Banker zur Zeit neidisch ist. Tja was trägt er auch Anzug und geht ins Sonnenstudio. 5 Tage Frittenbude und die Krise ist gemeistert :-)

Nörgeln muss ich auch : Coctail heisst doch Cocktail oder ?

So und jetzt geh ich mir Pommes holen ...

lg gdeki

 

Hallo italomix78,

zunächst ein "Herzliches Willkommen" auf kurzgeschichten.de !

Dein Einstand ist nicht so doll gelungen.

Wenn ich zusammenfassen müsste, worin der Plot deiner Geschichte besteht, würde ich schreiben: eine Schülergruppe geht in einen Imbiss, wo sie erleben wie ein Betrunkener vor den Tresen kotzt. Mehr ist da nicht.
Alles andere ist Drumherumgeschreibe, um diesem höchst mageren Plot ein bisschen mehr Füllung zu geben.

Ich fand die Geschichte auch nicht besonders witzig, aber über Humor kann man bekanntlich nicht streiten.


Textkram:

des Abendgymnasium Köln-Nord
Abendgymnasiums

„Enttäuscht mich nischt, Leute. In zwei Tagen haben wir die Mündlische --
Am Ende fehlt "

und als währen wir gehörlos
wären

so dass auch Nicht-Engländer wussten, worum es gehen muss.
klingt seltsam am Ende, wäre nicht logischer und besserklingend: "..., worum es geht." ?

das erste mal.
Mal

seit langen
langem

wir Ziehen im Magen also steuerten wir
wir Ziehen im Magen, also steuerten wir

jenseits der Wechseljahren aber durchaus im Stadium der Scheidentrockenheit.
jenseits der Wechseljahren,aber durchaus im Stadium der Scheidentrockenheit.

geknotet aber einige ungehorsam
geknotet ,aber einige ungehorsam

„Mit Saallz, Du Funnz“
„Mit Saallz, Du Funnz.


Lieben Gruß
lakita

 

Liebe lakita,

danke für deine Kritik. "Fritten mit Salz" ist nicht mein Einstand. Unter Historik habe ich bereits "Die Möwe und der Adler" eingestellt. Du hast Recht, über Humor kann man immer streiten...und humorvoll schreiben ist wohl schwieriger als das dramatische Genre. Ich probiere auf jeden Fall gerade verschiedene Stile aus. Nun, und wenn im Vorfeld nicht so einige über die Geschichte gelacht hätten, hätte ich sie hier nicht eingestellt....aber zugegeben ist es nicht der feinste Humor. Das würde aber zu den Personen der Geschichte, zum kölsch und zu dem Stadtviertel auch nicht passen....
LG italomix

 

Hi Italomix,


Ich fands ganz unterhaltsam.

Inhaltlich passiert hier in der Tat gar nichts, aber das finde ich nicht schlimm. Geschichten ohne Handlung können dennoch unterhalten und witzig sein. Was mir am Plot nicht gefallen hat, war die Sprunghaftigkeit. Was hat die erste Szene (mit der Englischlehrerin) mit der Imbissbude zu tun? Leider hängt diese erste Szene total in der Luft. Witzig fand ich sie ehrlich gesagt auch nicht, "oral exam mit Lewinsky" ist echt abgegriffen.

Die Imbissbude ist dann besser. Zwar sehr klischeehaft, daß alle Statisten hässliche fette Menschen sind, deren Artikulationsvermögen über einen mittlemäßig begabten Hamster nicht hinausgeht, aber das war okay. Auch hier wars nicht wirklich witzig, aber irgendwie atmosphärisch urig.

Was den Text dann doch unterhaltsam gemacht hat, war der Stil. Der erste Absatz ist Sahne (jede Geschichte der Welt sollte mit "wir" anfangen) und auch danach hast du ein paar sehr schöne Formulierungen drin. Das ganze ist sehr roh, aber das mag ich sehr.
Wenn du beim nächsten Mal ein wenig an den Pointen und dem Plot feilst, dann könnte es toll werden.

 

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