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Gedanken kurz zuvor
Heute zum letzten Mal, Eric, denkt er, während er rauchend und wartend in seinem Mercedes sitzt und das Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite betrachtet. Heute zum letzten Mal.
Wissenschaftler, pah! Was für ein wahrhaftiges Dreckspack!
Da hast du Recht.
Warum mischst du dich immer ein, wenn ich was erledigen muss? Seltsamer Scheißer. Ich fühle mich wie bei einem Date mit einer neuen Flamme, verdammte Kacke. Mich würde aber trotzdem interessieren, was sie am Southend in ihren Labors treiben.
Laboratorien! Hör auf immer deine komische Slangsprache zu benutzen!
Lass mich doch, ist doch meine Sache!
Und meine, schließlich kann ich schlecht aus deinem Körper raus, oder?
Ja, stimmt.
Eric drückt die Zigarette im Aschenbecher aus. Da fällt sein Blick auf das Autoradio. Er schaltet es ein, hört Robbie Williams Stimme und schaltet es schnell wieder aus.
So eine Scheiße.
Ich hasse es ohne Hintergrund zu arbeiten.
Ruf an und frag was er angestellt haben soll.
Ich hinterfrage meine Aufträge nicht und stelle schon gar nicht meine Auftraggeber in Frage.
Na und? Ist sowieso dein letzter Coup.
Diesmal noch so, egal.
Nein, nachher hilft dieser komische Wissenschaftler bei der Erforschung eines Gegenmittels gegen Aids oder Alzheimer oder sonst was, was machst du, wenn er sich für eine gute Tat einsetzt? Hm?
Nichts. Es ist mein Auftrag, was er gemacht hat, kann mir egal sein.
Du wirst ein schlechtes Gewissen haben.
Ja, wie immer.
Wieso machst du diesen Job dann? Lass ihn doch einfach am Leben.
Entscheide dich! Bist du mein Engel auf der linken Schulter oder mein Teufel auf der rechten?
Beides. Die Stimme in ihm schweigt und scheint nachzudenken, wenn das überhaupt möglich ist. Eric sieht weiter zu dem großen Haus hinüber. Davor befindet sich eine riesengroße Rasenfläche.
Der hat Geld. Steinreich, würde ich sagen. Die wahren Dreckskerle.
Woher willst du das wissen?
Er ist Wissenschaftler, er könnte genauso gut an einer Atombombe arbeiten.
Aber das weißt du nicht!
Genauso wenig wie du weißt, ob er an einem Heilmittel für Aids arbeitet.
Stimmt. Aber haben Menschen die anderen Menschen den Tod bringen ebenfalls den Tod verdient?
Ja.
Dann bist du aber nicht besser als die.
Willst du mir Schuldgefühle einreden?
Du hast sowieso noch ein schlechtes Gewissen wegen der Schwangeren.
Aber sie hat ihren Mann umgenietet.
Für wahr.
Ein Polizeiauto fährt langsam die Straße entlang und an ihm vorbei, aber der Bulle widmet Eric keinen einzigen Blick.
Du bereitest hier einen Mord vor und der Typ interessiert sich nicht einmal für dich.
Vielleicht hat er mich übersehen…
Nein, er war allein im Auto, der traut sich nicht, auszusteigen. Eric kann spüren, wie die Stimme grinst. Er fummelt eine weitere Zigarette aus der Marlboroschachtel und drückt auf den Zigarettenanzünder neben dem Radio.
Einige vermuten, sie versuchen ein Tor zur Welt der Toten herzustellen.
Schwachsinn.
Echt?
Ja.
Und wenn nicht? Was wenn alle seltsamen Dinge hier in der Stadt damit zusammenhängen?
Was dann?
Dann... Keine Ahnung, dann unterstützt du es quasi.
Noch zehn Minuten.
Er schaut mit glänzenden Augen auf die Radiouhr: 23:50.
Handschuhe?
Ja.
Schalldämpfer?
Ja.
Draht?
Ja.
Dietrich?
Ja.
Laborschuhe?
Ja.
Gut. Alles beisammen. Kann nichts schief gehen.
Ich brauche keine Hand- und Laborschuhe. Du weißt, dass es das letzte Mal sein wird.
Schade.
Nein, nicht schade.
Der Zigarettenanzünder springt klickend heraus. Eric schreckt auf.
„Mann, ich werde alt“, sagt er enttäuscht.
Das wirst du. Das wird jeder.
Was für eine Schande.
Nachdem er seine Zigarette geraucht hat, nimmt er die schallgedämpfte Pistole, steckt sie in seinen Hosenbund und geht zum Haus hinüber.