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Gefangen im Netz der Leidenschaft

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13.06.2002
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Gefangen im Netz der Leidenschaft

diese geschichte ist frei erfunden und entbehrt jeglicher realen grundlage. ähnlichkeiten mit real existierenden personen wären mir wirklich sehr suspekt.

für anea. natürlich.

Prolog an der Bar

"Du bist und bleibst ein Casanova, Johannes."
"Diesmal nicht. Diesmal ist es mir ernst. Gabrielle ist anders. Sie ist... perfekt."
"Gabrielle..." Peter imitierte spöttisch die französische Betonung des Namens und feixte grinsend. "Ist sie Französin? Mit richtig Feuer im Blut?"
"Ich weiß es nicht. Sie selbst weiß nicht um ihre Abstammung."
"Wie mysteriös. Habt ihr euch in einem Weidenkorb getroffen?", scherzte Peter und schwenkte leichtmütig sein Cognacglas in der Hand.
"Kennst du diese Villa in der Nähe von Vielbrunn?"
"Das Anwesen derer von Brehm? Natürlich, wer kennt das nicht. Was hast du dort zu suchen?"
"Ich war dort wegen einer Testamentssache. Mehr darf ich dazu nicht sagen, meine Berufsehre erlaubt es nicht. Aber in diesem Anwesen lebt Gabrielle bei ihren beiden... Müttern."
"Sie hat zwei Mütter?"
"Weißt du, Peter, die Liebe beschreitet manchmal gar seltsame Wege. Sie nistet sich oft dort ein, wo man es am wenigsten erwartet und... naja, Cornelia von Brehm hat sich in ihr spanisches Dienstmädchen verliebt. Die beiden leben in einem wilden Verhältnis miteinander."
"Und?"
"Sie haben Gabrielle sozusagen adoptiert. Eigene Kinder blieben ihnen natürlich versagt."
"Natürlich. Warte mal... ist Cornelia von Brehm nicht verheiratet? Mit diesem Schriftsteller?"
"Ja. Benedikt weiß nichts von der Affäre. Er ist ein Traumtänzer. Das ist in der Tat schwer vorstellbar, zumal die beiden Frauen eine gemeinsame Tochter haben, aber vielleicht ignoriert er die Sache auch einfach."
"Und du meinst wirklich, dass eine Frau aus diesen widernatürlichen Verhältnissen die Richtige für dich ist?"
"Sie ist... perfekt."


Kapitel eins - Lüge und Leidenschaft

"Ich werde sterben, mein Kind. Schon bald."
"Aber... aber Mutter, Ihr dürft so etwas nicht sagen. Euer Blut ist jung, Ihr selbst strahlt soviel Leben aus."
"Nein. Ich weiß es. Ich habe es gesehen. Schau nur aus dem Fenster. Die Sonne geht unter und meine tut es auch." Ingeborg von Brehm, Mutter Cornelias, trat langsamen Schrittes auf das kleine Dachfenster zu und ließ ihre müden, vom Alter ausgezerrten Augen schwermütig über ihre ausgedehnten Ländereien streifen, die von der untergehenden Abendsonne in ein tiefrotes Licht getaucht wurden. "Siehst du? Alles vergeht irgendwann. Sei es der Ruf der Schwalbe, das Licht des Tages oder eine Fliege, die sich im Netz dieser Spinne verfängt. Und auch ich lebe nicht ewig."
"Aber Mutter..." Hilflos stand Cornelia in der schweren Eichentür des Dachbodens und war augenscheinlich den Tränen nahe. Unfähig, sich zu rühren, unfähig zu einer Geste. Langsam krabbelte die Spinne über ihr Netz und näherte sich unaufhaltsam dem Ziel ihrer Begierde, innerlich freudig erregt ob der zu erwartenden Köstlichkeit.
"Bald schon", begann Ingeborg, "werde ich meinen Hubert wieder sehen. Wenn schon nicht im Diesseits, dann im Jenseits. Lass mich allein, Cornelia, ich bin müde und möchte schlafen."
"Es ist nicht gut für Euch, Mutter, dass ihr allein auf dem Dachboden dahinvegetiert. Hier oben gibt es kein Leben, nichts Erheiterndes."
"Ich weiß, mein Kind. Ich weiß. Keine Gesellschaft, nur diese Spinne, die ihre Opfer erbarmungslos auszehrt."

Cornelia von Brehm umarmte ihre Mutter herzlich und verließ dann die kleine Kammer unter dem Dach. Sobald sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, änderte sich jedoch ihr Gesichtsausdruck. Das einst betretene Schluchzen wich einem fröhlichen Lächeln und beschwingten Schrittes nahm sie die Stufen nach unten. Im Wohnzimmer saß Ines, das feurige spanische Dienstmädchen, mit übereinandergeschlagenen Beinen in einem schweren Ohrensessel. Die beiden jungen Frauen begrüßten sich mit einem ebenso zärtlichen wie innigen Kuss.
"Wie lange noch?"
"Nicht lange, mein Schatz. Sie ist alt und wird sterben. Bald schon wird uns das alles hier gehören. Uns beiden ganz allein."
"Und dein Mann?"
"Mein Mann? Ha! Der sitzt in seiner Schreibstube und hat die Welt um sich herum längst vergessen. Er wird kein Hindernis für uns sein, meine Geliebte."
"Ich trage Sorge. Heute war ein Anwalt bei deiner Mutter. Ich habe sie beobachtet. Deine Mutter hat ihr Testament geändert."
"Davon hätte sie mir doch erzählt." Cornelias Gesicht wurde kreidebleich. "Ganz sicher. Sie liebt mich."
"Aber sie verachtet deine Liaison mit mir. Schlimmer noch, sie verachtet mich. Deine Mutter wird alles Gabrielle vermachen, wenn diese einen Mann findet, bevor sie stirbt."
"Nein! Nein, das... das kann nicht sein."
"Es ist. Ich selbst habe es gesehen."
"Dann... dann müssen wir verhindern, dass unsere Gabrielle sich jemals verlieben wird."
"Aber sie ist unsere Tochter." Ines schluckte schwer.
"Wenn meine Mutter erst einmal tot ist und ich geerbt habe, wird es ihr an nichts fehlen. Glaube mir." Cornelia strich ihrer Gespielin eine neckisch hervorlugende schwarze Haarsträhne aus der Stirn und küsste sie sanft. "Alles wird so, wie wir es uns erträumt haben."

Und noch etwas geschah in dieser Sommernacht.
Die Sonne war untergegangen und überließ es dem Mond, die Welt in sein fahles Licht zu tauchen. Durch das offene Schlafzimmerfenster im zweiten Stock drang ersticktes Stöhnen nach Draußen. Sophie, Zwillingsschwester Cornelia von Brehms, lag mit erwartungsvoll geschlossenen Augen auf dem Bett. Mondlicht streichelte sanft ihren nackten Körper, verweilte auf ihren festen Brüsten, liebkoste scheu ihre weiche Haut, verfing sich im lichten Dickicht ihres Venushügels und beobachtete, wie sich ihre Lippen lustvoll öffneten.
Einen Moment lang erwischte sie sich bei dem Gedanken, dass Carlo eigentlich nicht viel zu bieten hatte. Abgesehen von seinen Liebeskünsten, dem gestählten Körper, seinen sanften Händen und seiner flinken Zunge natürlich. Er war nun einmal nicht mehr als ein Tennislehrer, aber in dieser Nacht sollte ihr das reichen.
Sophie öffnete ihre Augen und genoss die zärtlichen aber zugleich starken Berührungen von Carlos Händen auf ihrem entblößten Körper. Erwartungsvoll reckte sie sich ihm entgegen, die Sekunden bis zu ihrer Vereinigung kaum aushaltend. Und als er dann endlich seinen Lustmuskel leidenschaftlich in ihre Liebesgrotte einführte, erbebte sie innerlich und ein erneutes Stöhnen entkam ihren zarten Lippen.
Langsam suchten und fanden die beiden vom Mondlicht mystisch beschienen Körper ihren Rhythmus der Leidenschaft.

"Cornelia, du bist noch wach? Ich habe Licht gesehen."
"Ja, Benedikt, ich konnte nicht schlafen."
"Es ist deine Schwester Sophie, oder? Sie raubt dir mit ihrem Lärm den Schlaf."
"Nein, an die Geräusche ihrer unbändigen Lust habe ich mich inzwischen gewöhnt. Ich höre sie und weiß, dass mir ebendieses niemals vergönnt sein wird." Cornelia schaffte es, in ihrem Mann ein leichtes Schuldgefühl zu säen. Nicht viel, aber es genügte, um ihn für ein paar Augenblicke aus seiner Welt der Bücher in die Realität zurückzuholen.
"Ich weiß, mein Schatz. Und es tut mir leid, dass ich dir so ein schlechter Ehemann war. Aber mein Roman bringt mich um den Verstand. Ich verspreche dir, dass es sich ändern wird, sobald ich ihn vollbracht habe."
"Was wird sich ändern? Dass ich Nach für Nacht alleine in diesem kalten Bett einschlafe, vor Sehnsucht nach Wärme fast verglühend? Dass mein eigener Gatte mich für weniger wert erachtet, als ein paar Blätter Papier?"
"Aber ich bin Schriftsteller. Ich muss schrei..."
"Du musst mich ignorieren? Wer sagt dir so etwas vor? Der Geist der Inspiration ist längst von dir gewichen, Benedikt."
"Verspotte mich nicht! Die Last, die ich zu tragen habe, ist schwer genug."
"Und meine Last? Die Einsamkeit erdrückt mich. Aber heute wünsche ich es so, Benedikt."
"Aber Cornelia, ich..."
"Geh. Ich möchte schlafen." Mühelos erinnerte Cornelia sich der Worte, die ihre Mutter zuvor noch an sie gerichtet hatte. Benedikt hob zu einer Erwiderung an, erkannte aber schnell, dass es sinnlos sein würde. Er kannte seine Frau. Wenn ihre Nasenflügel dergestalt bebten, dann war das letzte Wort gesprochen. Niedergeschlagen und mit hängenden Schultern verließ er das gemeinsame Schlafgemach und richtete sich im Gästezimmer ein.
"Ist er weg?"
"Ja, mein Schatz, es droht keine Gefahr."
Schnell räkelte Ines sich unter dem Bett hervor, streckte ihren sonnengebräunten Körper und krabbelte dann geschwind unter die Decke zu ihrer Geliebten. "Wo waren wir stehen geblieben?"


Kapitel zwei - Liebe und Intrigen

Drei Monate darauf

"Gabrielle!"
"Jo'annes! Mein Geliebter."
"Endlich bist du da. Ich warte seit Stunden."
"Meine Mutter ließ misch nischt e'er fort."
"Welche?"
"Ines."
"Jetzt bist du da. Lass uns diesen Moment auskosten." Gabrielle sah einfach hinreißend aus in ihrem luftigen Sommerkleid. die schwarzen schulterlangen Haare umspielten ihr Gesicht mit den glänzenden Rehaugen, die Johannes in diesem Moment liebevoll musterten. Der Anwalt sog den Anblick seiner Geliebten tief in sich auf und zog sie dann stürmisch an sich, um sie leidenschaftlich zu umarmen. Es war ein herrlicher Sommertag, die Vögel sangen, der Duft von Jasmin und Rosen lag in der Luft und kein Lüftchen regte sich, um die Stimmung nicht zu zerstören.
Sie hatten sich im Park es Anwesens verabredet, um einen romantischen Nachmittag zu verbringen. Im kühlenden Schatten der Pergola hatte Johannes ein Picknick vorbereitet. Glückstrunken ließen sie sich auf der weichen Decke nieder und genossen die Köstlichkeiten, die er mitgebracht hatte. Während er sie neckisch mit einer reifen und süßen Erdbeere fütterte, überlegte der junge Anwalt fieberhaft, wie er das, was er gleich sagen wollte, am besten formulieren sollte. Lange hatte er geprobt, die Worte immer wieder in seinem Kopf hin und hergerückt, verworfen und wieder neu erdacht. Und gleich würde es soweit sein. Sein Herz pochte wie wild im Takt seiner Leidenschaft.
"Gabrielle, Geliebte. Ich... ich muss dir etwas sagen." Besorgt ob der plötzlichen Schwere in seiner Stimme blickte sie ihn an. Und in diesem Moment, in dem er seiner Gabrielle tief in die Augen sah, die vor unendlicher Liebe zu zerspringen schienen, wischte Johannes all seine Zweifel beiseite. Es war richtig. Jetzt und hier.
"Gabrielle, wir kennen uns jetzt seit genau drei Monaten. Für mich war das die wundervollste aller Zeiten. Jeder einzelne Augenblick mit dir ist so kostbar, wie tausende Leben ohne dich. Ich weiß, es mag unendlich dumm und naiv erscheinen, nach solch kurzer Zeit, aber ich bin mir vollkommen sicher."
"Sischer womit?" Selbst jetzt kam er nicht umhin, ihren entzückenden französischen Akzent zu bemerken.
"Ich bin mir sicher, dass du die Frau bist, mit der ich den Rest meines Lebens verbringen möchte. Du hast mir gezeigt, was Liebe ist. Mehr noch, du hast mir gezeigt, was Leben ist. Gabrielle, willst du meine Frau werden?"
"Isch... Oui", hauchte sie und ihr ganzes Gesicht strahlte im Glanz des puren Glücks. Für einen Moment wurde sie noch schöner, als sowieso schon. Vor Freude weinend fielen die beiden Verliebten sich in die Arme und nur eine Schwalbe war Zeuge ihres Liebesschwures. Beinahe nur eine Schwalbe.

...

"Bist du sicher?"
"Ich habe sie gesehen. Draußen bei der Pergola. Er hat ihr einen Antrag gemacht."
"Dann werden sie heiraten! Aber das bedeutet..." krampfhaft umklammerte Cornelia die Brüstung des Balkons im ersten Stock des Anwesens, bis ihre zarten Fingerknöchel weiß wurden.
"Ja, sie wird nach dem Tode deiner Mutter erben. Alles."
"Aber... unsere Zukunft..."
"Sie ist unsere Tochter. Theoretisch zumindest. Wir sollten uns mit ihr freuen", sagte Ines.
"Wie soll ich mich freuen, wenn die Welt vor meinen Augen verrinnt?"
"Gabrielle liebt uns. Sie wird uns nicht hintergehen. Ich bin sicher, wir werden gemeinsam glücklich, wenn ihr das Anwesen gehört."
"Es sei denn... es sei denn, wir können die Hochzeit aufschieben."
"Du willst das Glück deiner Tochter zerstören?" Ines gefiel das dämonische Funkeln in den Augen ihrer Geliebten gar nicht.
"Nicht zerstören. Nur ein wenig aufschieben, bis nach Mutters Tod... ich muss telefonieren."

"Schatz, was machst du hier mit dem Dienstmädchen?" Benedikt erschien im Zimmer, im Morgenmantel, unrasiert und mit zerzausten Haaren. Er hatte anscheinend wieder die ganze Nacht lang in seiner Kammer an seinem Roman geschrieben.
"Gar nichts. Wir... ich... ich..."
"Madame Cornelia hat mir nur gezeigt, dass das Geländer noch nicht richtig sauber ist. Ich entschuldige mich demütig für meine Unachtsamkeit." Wie immer schaltete Ines am schnellsten. Schon mehrmals waren die beiden beinahe turtelnd von Benedikt erwischt worden, aber jedes Mal hatte Ines die Situation mit ihrem klugen Scharfsinn entschärfen können. Das war eine der Eigenschaften, die Cornelia so an ihr liebte.
"Genau... da sind überall noch Fingerabdrücke auf dem Metall. Ines, ich wünsche nicht, dass so etwas noch einmal vorkommt."
"Jawohl, Madame."
"Aber, Cornelia, warum hattest du eben deine Hand auf ihrem... Po?"
"Das, mein lieber Benedikt, kann ich dir leicht erklären... nun..."
"Es ist rutschig hier draußen, weil ich gerade gewischt habe. Und Madame Cornelia wollte verhindern, dass ich stürze, als ich mich vorhin über die Brüstung beugte."
"Ja, genau... sehr rutschig. Siehst du?" Wie zum Beweis rutschte Cornelia mit ihren leichten Sommerschuhen über den gefliesten Boden, der zu ihrem eigenen Erstaunen tatsächlich nass war.
"Na gut... wenn ihr nichts dagegen habt, werde ich mich wieder zurückziehen. Mein Roman..."

"Aber Carlo... doch nicht jetzt..."
"Warum denn nicht? Wir haben hart trainiert und nach dem Training muss man duschen. Ich als dein Trainer muss darauf bestehen, dass..."
"Na schön, du kannst mir den Rücken einseifen."
Sophie erbebte, als sie das warme Wasser auf ihrem Körper spürte, verbunden mit seinen starken Händen, die sie systematisch an genau den Stellen berührten, von denen sie sich wünschte, berührt zu werden. Carlo war wirklich nicht gerade das, was man als perfekten Mann bezeichnen würde, aber eine Sache konnte er. Ein wohliger Schauder nahm Besitz von ihr, als sie an seinen Liebesmuskel dachte und so gab sie sich ihrer umbändigen Lust hin.
Triefend vor Nässe standen sie wenig später auf dem Balkon und liebten sich. Dass das Wasser aus ihren Haaren auf den darunter liegenden Balkon tropfte, bemerkte Sophie nicht. Sie war längst in die Welt der vollkommenen Leidenschaft entrückt.


Kapitel drei - Eine traurige Wahrheit

Ein Monat darauf

"Willst du, Gabrielle von Brehm, den hier anwesenden Johannes Krüger zu deinem dir rechtlich anvertrauten Ehemann nehmen, ihn lieben und ehren in guten wie in schlechten Zeiten bis dass der Tod euch scheidet? So antworte mit 'Ja, ich will'"
"Oui... Ja, isch will."
"Und willst du, Johannes Krüger, die hier anwesende Gabrielle von Brehm zu deinem dir rechtlich anvertrauten Eheweibe nehmen, sie lieben und ehren in guten wie in schlechten Zeiten bis dass der Tod euch scheidet? So antworte mit 'Ja, ich will'"
"Ja, ich..."
"Haltet ein! Die Hochzeit darf nicht stattfinden!" Die Tür der kleinen Kapelle öffnete sich dramatisch mit einem lauten Knall und ein ganz in Schwarz gewandeter Mann betrat schnellen Schrittes den Saal. Gefolgt von einer Frau, die ebenfalls in Schwarz gekleidet war.
"Wer sind Sie?" Der Pfarrer ließ vor Erstaunen die Bibel sinken und sah den ungebetenen Störenfried verärgert an.
"Mein Name ist Justus Hagenstein und das ist meine Schwester Kassandra Hagenstein. Ich bin der Onkel von Gabrielle! Wir sind ihre letzten leiblichen Verwandten."
"Isch kenne diese beiden Menschen nischt", hauchte Gabrielle und ihre Augen wanderten ängstlich im Raum herum.
"Natürlich kennst du uns nicht. Mein Bruder Richard hat dich damals ausgesetzt, als du zwei Jahre alt warst. Wir haben lange gebraucht, um dich zu finden und jetzt ist es uns mit Hilfe von Cornelia endlich gelungen. Du wirst diesen Mann nicht heiraten!"
"Aber isch liebe ihn..."
"Du kannst diesen Mann nicht heiraten, mein Kind", mischte sich nun auch Kassandra ein und aus jedem ihrer Worte drang reinste Gefühlskälte. "Du bist noch minderjährig!"
"Was? Aber ich dachte..." Für Johannes brach die Welt binnen einer kleinen Sekunde zusammen. Gabrielle hatte ihn anscheinend belogen. Seine Gabrielle.
"Es ist nicht ihre Schuld", sagte Justus. "Sie hat es nicht gewusst. Richard hat sie damals mit falschen Papieren im Waisenhaus abgegeben. Ihr richtiger Name ist auch nicht Gabrielle."
"Aber isch... das kann nischt sein..."
"Dein wirklicher Name lautet Gaby Hagenstein. Du bist keine Französin."
"Aber ihr Akzent." Verzweifelt versuchte Johannes, in der Geschichte des Fremden Lücken zu finden. Das alles klang so logisch. Aber dennoch konnte es einfach nicht die Wahrheit sein.
"Der ist falsch", sagte Justus Hagenstein mit ernster Mine. "Ebenso falsch, wie alles an ihr. Es tut mir leid."

...

"Musste sie es ausgerechnet auf diesem Wege erfahren?"
"Anders ging es nicht. Hätten Sie uns schneller informiert, wären wir auch eher hier gewesen und hätten das Schlimmste verhindern können."
Cornelia hatte die beiden Hagensteins in ihr Arbeitszimmer geladen. Es hatte ihr in der Seele wehgetan, als sie mit ansehen musste, wie ihre Tochter tränenüberströmt die Kapelle verlassen hatte. Ines hatte sich um Gabrielle... um Gaby gekümmert, um Cornelia Zeit für das Geschäftliche zu verschaffen.
"Also, die Hochzeit ist verschoben um mindestens zwei Jahre. Erst dann ist Gaby volljährig. Beziehungsweise... ich meine, die Wahrheit ist eigentlich..." Justus begann zu stammeln, aber ein kalter Seitenblick aus Kassandras eisblauen Augen brachte ihn zum Schweigen. "Ich meine, das war es doch, was Sie wollten."
"Ja... ja, das war es wohl, was ich wollte." Cornelia hatte nicht geahnt, welch schreckliches Geheimnis sie mit ihrer Tat auftun würde. Sonst hätte sie niemals versucht, die letzten Verwandten ihrer adoptierten Tochter zu suchen. Das hatte sie nicht gewollt. In diesem Moment musste sie mit der Fassung ringen, aber es gelang ihr einigermaßen.
"Na also. Unser Teil der Abmachung ist erfüllt." Mit bedeutungsvoller Geste schrieb Justus Hagenstein eine Zahl auf einen Zettel und reichte ihn Cornelia.
"Ich erfülle meinen Teil, sobald ich das Anwesen geerbt habe. Ich könnte den Tennisplatz verkaufen. Sobald meine Mutter tot ist."
"Soll ich mich um Ihre Mutter kümmern?" Ein verräterisches Lächeln umspielte Kassandras üppig geschminkte Lippen. Cornelia konnte sich ausmalen, welche Gedanken die ganz in Schwarz gekleidete Frau in diesem Moment hegte und es schüttelte sie. Welche Dämonen hatte sie hier nur heraufbeschwört? Dämonen, die das Glück ihrer Nichte ohne mit der Wimper zu zucken verkauften. Jetzt war es zu spät zur Einsicht. Sie hatte nun keine andere Wahl mehr.
"Nein", sagte sie mit tränenerstickter Stimme. "Ich möchte den Dingen ihren natürlichen Lauf lassen. Es wird nicht lange dauern, denke ich."
"Ich denke, Justus und ich sollten solange hier wohnen bleiben."

"Liebling, habe ich etwas verpasst?" Benedikt erschien im Zimmer. Erneut hatte er keine Zeit gefunden, sich zu rasieren. Kapitel siebzehn seines Epos hatte wieder seine ganze Aufmerksamkeit gefordert.
"Nein, Benedikt. Nur eine geplatzte Hochzeit."
"Wirklich? Wer hat denn geheiratet?"
"Ach, niemand... niemand..."

...

"Mein Kind, weine nicht. Es tut mir leid, das haben wir nicht gewollt."
"Ihr habt mein Leben zerstört! Es war alles eine Lüge!" Gaby schluchzte und ihr zartes Kinn bebte vor Wut. Alles Elend, was sie erfahren musste, sammelte sich tief in ihrer Seele und mündete in einem Ausbruch nie von ihr gekannter Impulsivität. "Ich hasse euch! Dich und Cornelia!"
"Aber Kind", sagte Ines. "Wir lieben dich. Mehr als alles andere auf der Welt. Du musst verstehen, dass es nur zu deinem Besten war."
"Zu meinem Besten? Der Mann, den ich liebte, ist fort. Ich werde ihn niemals wieder sehen. Was ist daran mein Bestes?"
"Johannes ist nicht fort. Er sitzt immer noch in der Kapelle und betrauert die Sache ebenso wie du. Ich bin sicher, er liebt dich. Und er wird dich heiraten, wenn es soweit ist."
"Er liebt mich? Warum ist er dann nicht hier? Warum musst du mir Trost spenden?"
"Er wird kommen. Glaube mir, Kind. Er wird kommen. Hier, trockne deine Tränen."
"Glaubst du, mit einem Taschentuch ist alles vergessen?"
"Wir wollten es doch nicht so kommen lassen. Weiß Gott, wir wollten es nicht."
"Aber es ist so gekommen. Geh, lass mich allein!"
Den Tränen nahe verließ Ines ihre Tochter und ging zurück in die Kapelle. Das hatte sie nicht gewollt. Das nicht.


Kapitel vier - Jede Träne trocknet irgendwann

"Fräulein Gabrielle, geht es Euch nicht gut?"
"Wer spricht da?"
"Ich bin es, Rolf, der Sohn des Gärtners." Gaby zuckte innerlich zusammen. Rolf. Natürlich kannte sie ihn. Sie wusste, dass er ihr schon lange heimlich immer wieder verstohlene Blicke zugeworfen hatte. Aber sie hatte ihn nie an ihr Herz gelassen. Sei es wegen seiner Schüchternheit oder wegen Johannes gewesen. Jetzt, wo er wie ein betretener Pudel mit entblößtem und muskulösem Oberkörper unsicher zwischen den Hecken hervortrat, dreckverschmiert und schweißüberströmt, und ihr mit einer unsicheren Geste eine Träne aus dem Gesicht wischte, bereute sie ihr abwehrendes Verhalten in der Vergangenheit.
Vielleicht, dachte sie, trifft man manchmal zwei Traumprinzen im Leben.

...

"Es werden andere Frauen kommen." Sophie reichte dem immer noch neben dem Altar kauernden Johannes ein Taschentuch.
"Aber keine, die so ist wie sie."
"Du hast sie wirklich geliebt, oder?"
"Ja, natürlich. Aufrichtig."
"Und das ist jetzt vorbei? Einfach so?"
"Sie hat mich belogen. Unsere ganze Beziehung war ein Betrug."
"Aber das wusste sie doch nicht."
"Unsere Liebe beruhte auf einem Schein. Wir haben uns etwas vorgemacht. Ich würde nicht mit ihr glücklich werden können."
"Ja, vielleicht." Sophie machte eine nachdenkliche Pause. Auch sie hatte sich etwas vorgemacht. Die endlosen Liebesnächte mit Carlo waren wunderbar, keine Frage, aber auf Dauer verlangte es ihr nach mehr. Nach Wärme und Geborgenheit. Eine Frau braucht das Gefühl, geliebt zu werden. Aufrichtig. Carlo war dazu nicht in der Lage. Ganz anders dieser Mann. Er konnte lieben. Vielleicht auch sie?
"Sag mal", begann Sophie. "Glaubst du an das Schicksal?"
"Wenn es existieren sollte, dann hasse ich es."
"Sieh es doch einfach so: Ohne diese Sache wäre dir vermutlich nicht das Herz gebrochen. Aber wir beide würden jetzt nicht miteinander reden, oder? Alles im Leben hat auch seine guten Seiten. Vielleicht ist es das, was wir aus dieser Sache lernen sollten."
"Ich bin froh, dich getroffen zu haben." Johannes sah Sophie in die Augen. Sie lächelte. Und dann lächelte auch er.

Zu gleichen Zeit irrte Benedikt von Brehm unsicher durch die Flure der herrschaftlichen Villa. Er wusste nicht genau, was es war, aber er hatte das Gefühl, dass seine Frau irgendetwas vor ihm verheimlichte. Cornelia hielt sich seit ein paar Jahren verdächtig oft im Dienstbotentrakt auf. Und dann war da noch die Sache mit der Unterwäsche, die er manchmal morgens in ihrem gemeinsamen Ehebett vorfand, nachdem er die ganze Nacht über seinen Roman gebrütet hatte. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, warum eine Frau zwei BHs tragen sollte: einen schwarzen und einen roten. Und jetzt diese verwirrende Sache mit der Hochzeit. Benedikt hatte den alten Gärtner darauf angesprochen und der hatte ihm gesagt, dass das Fräulein Gabrielle einen Anwalt aus der Stadt heiraten wollte. Aber wer war diese Gabrielle? Benedikt konnte nicht länger warten, er brauchte Klarheit, jetzt und hier. Das alles war so schrecklich verwirrend. Er würde sich Hilfe holen.
"Benedikt, welch freudige Überraschung, dich zu sehen. Wie steht es um deinen Roman?" Ingeborg von Brehm brauchte nicht aufsehen, um zu wissen, wer die Dachkammer betreten hatte. Sie wusste es einfach.
"Es schleppt sich. Ich weiß einfach nicht, wie ich die Personen miteinander verknüpfen soll."
"Das beste Band ist und bleibt die Liebe. Sie ist stärker als alles auf der Welt."
"Ja, Vermutlich. Sagt, Schwiegermuter, wie geht es Euch?"
"Die Erde dreht sich ewig weiter, aber ich werde nicht ewig leben. Ich bin alt, Benedikt. So schrecklich alt."
"Aber Mutter... Ihr steckt voller Vitalität."
"Genau wie diese Spinne hier habe ich mein Leben damit verbracht, meine Fäden zu ziehen und alles zusammenzuhalten. Doch nun wird der Zahn der Zeit an meinem Netz nagen und es unerbittlich zum Einsturz bringen. Es sei denn, es findet sich eine neue Spinne, die das Werk vollendet."
"Wovon sprecht Ihr?"
"Ich trage Zweifel, Benedikt. Cornelia ist eine liebevolle Tochter, keine Frage. Aber wird sie dieses Schloss nach meinem Tode leiten können? Sophie, ihre Schwester, ist längst den Verlockungen der körperlichen Triebe erlegen. Und Gabrielle? Nun, sie..."
"Gabrielle? Wer ist Gabrielle?"
"Armer Benedikt. Hat sie dich all die Zeit dermaßen im Unklaren gelassen?"


Kapitel fünf - Licht am dunklen Horizont

Am nächsten Morgen erblühte die Sonne in ihrer üblichen Pracht, ganz so als hätte sie von den tränenreichen Ereignissen des letzten Tages nichts mitbekommen. Ihre goldenen Strahlen tauchten das Anwesen derer von Brehm in die sattesten Farben und man konnte die Würzigkeit des Morgens beinahe spüren.
"Meinst du, wir sollten Gaby die Wahrheit sagen?" Justus Hagenstein beobachtete, wie seine attraktive Schwester barfuss und nur mit einem Badetuch bekleidet aus dem Badezimmer trat und sich die langen schwarzen Haare mit einem Handtuch trocknete.
"Nein. Wenn wir das tun, wird sie diesen Anwalt sofort heiraten. Du weißt, dass uns dann ein Vermögen entgeht."
"Aber sie ist unsere Nichte."
"Hätte dein Bruder damals nicht diese schamlose Affäre mit dieser nichtsnutzigen Kellnerin gehabt, dann wäre sie es nicht. Also, warum hast also du Mitleid mit einem Bastard? Sie gehört nicht zur Familie."
"Genau das ist es. Gaby gehörte nie zu irgendeiner Familie. Ich finde, wir sollten ihr das einzige Glück in ihrem Leben nicht durch eine Lüge verbauen."
"Sie wird darüber hinwegkommen. In zwei Jahren, wenn sie auch offiziell volljährig ist, dann wird niemand mehr nach dieser Sache fragen. Und jetzt bedecke deine Augen, ich möchte mich anziehen." Noch bevor Justus sich umdrehen konnte, ließ Kassandra ihr Handtuch fallen und griff im Evakostüm nach ihrer Kleidung. Sportlich sollte es heute sein, nicht elegant. Gleich würde sie die erste Tennisstunde in ihrem Leben nehmen. Gestern Abend war sie dem Tennislehrer auf dem Hausflur begegnet und hatte sogleich verspürt, welch animalische Anziehung sein gut gebauter Körper auf sie ausgeübt hatte. Innerlich verging sie vor Sehnsucht nach seinen Händen, nach dem Ausdruck seiner Männlichkeit. Bald schon würde sie ihn spüren können. Bald schon. Vor Vorfreude zitternd verließ Kassandra den Raum.
Justus blieb alleine in ihrem gemeinsamen Gästezimmer zurück und ergab sich seinen finsteren Gedanken. Kassandra hatte natürlich vollkommen Recht. Bald schon würde die alte Frau von Brehm sterben. Cornelia würde erben und dann ihren Teil der Abmachung erfüllen. In seinen Augen funkelte es diabolisch, als er an die Summe dachte, die dann auf sein Konto wandern würde. Es war nur noch eine Frage der Zeit und so lange würde er einfach warten müssen.

...

Sophie schien vor innerem Glück beinahe zerplatzen zu wollen. Ihre Gedanken kreisten seit gestern Abend nur noch um den jungen Anwalt aus der Großstadt. Sein Lächeln, seine wundervollen Augen, die all das ausstrahlten, was ihr all die Jahre immer gefehlt hatte. Er hatte sie eingeladen zu einem romantischen Picknick an der alten Pergola. Sophie war sich sicher, in Johannes endlich den perfekten Mann gefunden zu haben.
Sie schwang sich leichtmütig aus dem Bett, duschte ausgelassen, zog sich an und schlenderte gut gelaunt in den Garten. Nicht mehr lange und sie würde ihn wiedersehen. In einem unachtsamen Moment stieß sie mit Benedikt zusammen, der soeben auf dem Rückweg von seiner Unterredung mit Ingeborg kam.
"Benedikt, Schwager. Wie schön, dich zu sehen."
"Ja, trotz dem wir unter dem selben Dach leben, haben wir uns nie wirklich getroffen."
"Das wird sich ändern. Ich habe den fleischlichen Genüssen entsagt und beginne mit dem heutigen Tage, richtig zu leben."
"Und ich habe mich entschlossen, der wahren Welt meine Aufmerksamkeit zu schenken und nicht nur meinem Büchern. Hast du gewusst, dass Cornelia eine Tochter aus erster Ehe hat?"
"Sie hat eine Tochter, ja. Woher weißt du..." Sophie stutzte innerlich. Natürlich wusste sie um die Affäre zwischen ihrer Schwester und dem rassigen Dienstmädchen. Sie wusste auch, dass die beiden eine Tochter adoptiert hatten. Dennoch musste sie vorsichtig sein, um Benedikt ja nicht zuviel zu verraten.
"Ingeborg hat es mir soeben erzählt. Ich wusste bis eben gar nicht, dass Cornelia schon einmal verheiratet war. Und von ihrer Tochter hat sie nie ein Wort erwähnt. Das arme Ding mußte im Dienstbotentrakt leben. Solch eine Schande."
"Ja, eine Schande..."
"Deine Mutter hat mir die Augen geöffnet, Sophie. Ich habe soviel Leben nachzuholen. Zuerst werde ich zu meiner Cornelia gehen und ihr sagen, dass ich alles weiß. Sie wird weinen vor Glück, dass die Geheimnisse nun ein Ende haben werden."
"Das wird sie sicher freuen. Geh nur, Benedikt. Alles wird gut. Für uns alle."

...

Johannes war zerrissen. Auf der einen Seite seines Herzens stand Gabrielle. Seine Gabrielle. Jene wunderbare Frau, die er vor drei Monaten kennen- und sogleich lieben gelernt hatte. Die Frau, um die sich seitdem seine Welt gedreht hatte. Und auf der anderen Seite stand Sophie, die hinreißende Tante Gabrielles. Sie war nicht nur wunderschön und gefühlvoll zugleich, sie war auch in seinem Alter. Sein Freund Peter hatte sich oft amüsiert über den horrenden Altersunterschied zwischen Johannes und Gabrielle. Auch wenn sie tatsächlich achtzehn gewesen wäre, wäre das vermutlich wirklich zu jung für ihn gewesen.
"Jo'annes?"
"Gabrielle?"
"Oui... isch meine... ich meine, ja. Ich bin es."
"Was machst du denn hier im Park? Hast du gehofft, mich zu treffen?"
"Wenn ich ehrlich bin, hoffte ich auf einen Mann. Aber nicht auf den Mann, der mein Herz gestern verlassen hat."
"Du sprichst von mir?"
"Ja, ich spreche von dir. Du hast mich in meiner schwärzesten Stunde im Stich gelassen, Johannes. Meine Welt brach zusammen. Alle, die ich je geliebt habe, haben mich hintergangen. Und du warst nicht da, um mich aufzufangen."
"Es tut mir leid, Gabrielle..."
"Gaby."
"Gaby. Es tut mir leid. Aber ich... ich konnte einfach nicht... meine Seele zersprang in dem Moment, an dem ich die Wahrheit erfuhr. Du hast mich belogen, die ganze Zeit."
"Ich konnte es nicht ahnen, glaube mir."
"Ich weiß. Und dennoch..." Johannes schluckte schwer. Er wusste selbst nicht, woran es lag, aber er konnte ihr einfach nicht verzeihen. "Dennoch kann ich dir einfach nicht verzeihen."
"Also endet es hier?"
"Ja, ich fürchte schon." Die beiden sich ehemals Liebenden sahen sich ein letztes Mal in die Augen und unterdrückten ein Weinen. Diesesmal jedoch nicht vor Glück. "Lebe wohl, Gabrielle."
"Gaby."
"Für mich wirst du immer Gabrielle sein."
"Und du wirst für mich immer Johannes sein." Sie gab ihm einen scheuen Kuss auf die Stirn und wandte sich ab. Irgendwo dort hinter den Büschen wartete Rolf auf sie. Er wollte ihr zeigen, wie man Rosen kultiviert. "Lebe wohl."

...

"Cornelia! Cornelia, wo steckst du?" Benedikt von Brehm rannte aufgeregt durch das Anwesen. Sein Herz raste vor innerlicher Freude. In wenigen Augenblicken würde er seiner liebenden Frau in die Augen schauen und ihr sagen können, dass das Versteckspiel um Gabrielle ein Ende hätte. Es würde ein überwältigender Augenblick werden.
Ein wenig nachdenklich stimmte ihn die Tatsache, dass Cornelia weder in ihrem gemeinsamen Schlafzimmer weilte, noch in der Bibliothek oder auf dem Tennisplatz. Benedikt hatte beinahe das gesamte Anwesen derer vom Brehm durchsucht und war schließlich im Dienstbotentrakt angelangt. Ein Trakt des Hauses, an dem er noch nie zuvor gewesen war. Vor Ines Tür blieb er letztendlich stehen und klopfte zaghaft.
"Cornelia? Bist du hier?"
"Benedikt! Was machst du hier?" Selbst gedämpft durch die schwere Tür konnte er den überraschten Tonfall in der Stimme seiner Angetrauten wahrnehmen. Benedikt trat ein und sah Cornelia im Bett des Dienstmädchens liegen. Die Art, mit der sie hauchdünne Bettdecke um ihren schlanken Körper wickelte, ließ ihn erahnen, dass sie nackt war.
"Warum liegst du hier?"
"Nun... ich ich... das ist so... also, es nicht wie du denkst, Benedikt, ich..."
"Madame Cornelia hat die jüngsten Ereignisse wohl nicht so gut verkraftet und ist in Ohnmacht gefallen. Ich habe sie in meinem Bett ruhen lassen, da ich sie unmöglich die Treppen zu Euren Gemächern hätte tragen können." Ines trat ebenfalls splitternackt aus dem Badezimmer und vergrub ihr hübsches Gesicht in ihren filigranen Händen. Sie machte sich keine Mühe, ihren gebräunten Körper vor Benedikts Blicken zu verstecken, doch ihre Tränen wirkten täuschend echt. "Ich wusste nicht, was ich sonst hätte tun sollen... es tut mir leid."
"Ja... schon in Ordnung, Ines. Danke. Wie ich sehe, geht es meiner Frau gut." Benedikt erwischte sich dabei, wie er die Kurven des Dienstmädchens mit den Augen abfuhr. Dann erinnerte er sich an den Grund seiner Suche. "Cornelia, ich bin hier um dir zu sagen, dass ich Bescheid weiß."
"Du weißt..."
"Ja, deine Mutter hat mir alles gesagt." Benedikt strahlte über das ganze Gesicht. "Ich weiß alles über deine andere Beziehung, aus deren Liebe eine Tochter entsprang. Ich weiß jetzt alles über Gabrielle. Du hättest mir die Sache nicht verheimlichen müssen. Mein Verständnis sei dir gewiss."
"Aber... wie kannst du Verständnis aufbringen für das, was ich getan habe?"
"Es war meine Schuld, Cornelia. Ich war so blind und habe nicht gemerkt, dass es da ein dunkles Geheimnis gab, das dich bedrückt. Aber das soll nicht länger so sein. Deine Tochter soll unsere Tochter sein. Wir alle werden eine glückliche Familie sein. Es wird alles gut."
"Oh, Benedikt..." Tränen flossen über Cornelias zarte Wangen und verfingen sich in ihren roten Lippen. "Hätte ich geahnt, dass du verstehen wirst, dann hätte ich nie..."
Ines handelte am schnellsten. Vor den Augen des fassungslosen Benedikt sprang sie zu ihrer Geliebten ins Bett und gab ihr einen sinnlichen Kuss.

...

Als die Sonne an diesem Tag unterging, war alles anders als zuvor. Alles hatte sich geändert, Herzen brachen und fanden erneut zueinander. Das Netz der Gefühle war neu gesponnen.


Epilog an der Bar

Ein paar Tage darauf


"Also war deine Französin doch nicht die Richtige?" Peter prostete seinem Freund Johannes grinsend zu.
"Nein, Gabrielle war nicht einmal Französin."
"Na so was... Sie hat dich also belogen?"
"Ich glaube nicht. Sie selbst wusste nichts von der Sache. Ich kann ihr nicht böse sein und dennoch liebe ich sie nicht mehr. Nicht nach all dem, was passiert ist. Sie hat inzwischen ein Auge auf diesen Gärtnerjungen geworfen."
"Das tut mir leid. Ehrlich."
"Muss es nicht. Ich wünsche ihr alles Glück dieser Welt, das hat sie verdient. Ich selbst habe ebenfalls jemanden kennen gelernt. Ihr Name ist Sophie. Sie ist..."
"Lass mich raten. Perfekt?"

ENDE

 

Moin zaza,

Ich wäre nicht auf die Idee gekommen, die Story zu lesen, hätte mir Al nicht Bescheid gegeben.
Hihi... noch nie hat sich jemand dafür entschuldigt, eine meiner Geschichten gelesen zu haben...
Lustig zu lesen.
danke

 

Ich nochmal.

Die Auflösung - was passiert, als Benedikt Cornelia auf Gabrielle anspricht?
und:
Die Szene ist drin.
Die Szene gefällt mir. Hehehe.

Ich hab in den Text mehrere solcher Klöpse reingeschmuggelt.
Stimmt. Jetzt, wo ich darauf geachtet habe, ...
Passen gut rein, die - ähhhhhh - Klöpse.

Wonach es mich UNBEDINGT noch zu wissen dürstet, ist Folgendes:
Wer zum Teufel sind Justus und Kassandra? Stammbaummäßig. Bitte um PN.


Gruß
In... , äh Antonia

 

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