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Gefangen

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31.10.2005
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Gefangen

Langsam kam Hanna zu sich.
Sie versuchte, die Augen zu öffnen, doch ihre Lider fühlten sich schwer an, und sie beschloss, sie noch eine Weile geschlossen zu halten, bis das erdrückende Gefühl völliger Benommenheit komplett von ihr abfallen würde.
Wo immer sie war, es gefiel ihr nicht. Sie blinzelte kurz, sah aber nichts als unendliche Schwärze. Offenbar war es Nacht.
Sie nahm verschiedene Stimmen wahr, männliche, weibliche, Wortfetzen, die sie nicht verstand, leise Unterhaltungen, leises Weinen und Schluchzen... Nichts in diesen Stimmen oder Worten klang fröhlich. Aus einer entfernten Ecke klangen gedämpfte Schreie, als ob jemand unendliche Qualen litt.
Die Stimmen der anderen, wer auch immer sie waren, vermischten sich mit dem lauten, nervtötenden Klimpern von etwas, das nach tausenden von Ketten klang.
Jetzt nahm sie auch den Geruch wahr - Streng, penetrant, Übelkeit erregend...
Etwas Schweres schlang sich um ihren Hals. Sie konnte sich nicht vorstellen, was es sein mochte, und sie war zu müde, darüber nachzudenken oder es herausfinden zu wollen.
Sie versuchte, sich zu erinnern, was sie als Letztes getan hatte.
Sie war durch den Wald gelaufen - Wie jeden Morgen. Hatte für sich und ihre Familie Frühstück besorgen wollen. Hatte ein bedrohliches Geräusch gehört und sich hinter einem Busch versteckt - Angespannt. Genau auf ihre Umgebung und das nahende Geräusch achtend. Stets bereit zur Flucht...
Doch zur Flucht war sie nicht mehr gekommen.
Sie erinnerte sich an einen stechenden Schmerz in ihrer Schulter.
Jetzt lag sie hier, wusste nicht, wo sie war, wie sie dort gelandet ist...
Sie glitt zurück in einen unruhigen Schlaf.

Als sie ihre Augen erneut öffnete, traf sie die Wirklichkeit wie ein Schlag - Es war nun hell, und voller Entsetzen erkannte sie, wo sie sich befand.
Ihre Freunde hatten ihr oft davon erzählt, sie oft gewarnt. Sie nannten es schlicht "Die Halle".
Genaueres konnte niemand darüber berichten, denn wer die Halle einmal zu Gesicht bekommen hatte, kehrte nie zurück. Die anderen wussten, dass etwas Schreckliches im Inneren der Halle geschehen musste, doch niemand wagte, sich darüber Gedanken zu machen - Es hieß, wer unvorsichtig war oder zuviel darüber nachdachte, wäre als Nächster dran.
Obwohl Hanna niemand sagen konnte, wie es dort aussah, wusste sie instinktiv, dass es sie erwischt hatte.
Sie konnte sich kein größeres Grauen vorstellen.
Es war jetzt lauter als Nachts, es gab mehr Weinen, mehr Schluchzen, mehr Schreie aus verschiedenen Ecken. Offenbar war jemand verletzt.
Sie erkannte, dass das Schwere, das sie die Nacht zuvor gespürt hatte, eine dicke, silberne Kette war, die an einem Gestell über ihr befestigt war, und sie am Weglaufen hindern sollte.
Die Luft in der Halle war dünn, stickig, und die Hitze war drückend.
Es befanden sich noch rund hundert andere dort. Jeder einzelne war mit Ketten an dem Gestell über sich befestigt und hatte gerade so viel Platz, dass er sich des Nachts auf den kalten Steinboden legen, und des Tags aufstellen konnte. Sie alle waren dicht bei dicht, mit einer kurzen Kette an das Gestell gefesselt, in die große Halle gepfercht.
Hanna stellte fest, dass die Weiblichen unter ihnen auf ihrer Seite standen, und die Männlichen auf der Gegenüberliegenden.
Sie sah neben sich und blickte in ein freundliches Gesicht mit großen, traurigen Augen.

Tina erzählte ihr an diesem Tag vieles.
Hanna erfuhr, dass die große Halle schon vor vielen Jahren gebaut wurde, und ebenso viele Jahre schon gab es Gefangene, die an Ketten befestigt hier lebten, denn für diesen Zweck war sie entstanden.
"Die meisten von uns werden hier geboren, haben die Freiheit nie gesehen.", sagte Tina. "Früher haben sie uns einfach nur gejagt", fügte sie nach einer Weile traurig hinzu. "Da hatten wir noch eine Chance. Konnten uns verstecken oder kämpfen. Aber jetzt betäuben sie uns, bauen Fallen, schleppen uns in Massen hierher."
Warum, das wusste sie auch nicht.
Alles, was sie wusste, war, dass manchmal ein Mensch kam und einen von ihnen mitnahm, der dann nie wieder zurück kehrte. Er sagte nicht, wohin er sie brachte, aber das machte nichts, denn keiner in der Halle verstand die Sprache der Menschen.
Wahrscheinlich, so vermutete Tina, würde man wieder freigelassen, wenn man nur eine zeitlang hier gelebt hatte. Den Sinn verstand sie nicht, aber sie freute sich schon jetzt auf den Tag, an dem es auch für sie so weit sein würde.

Gegen Nachmittag wurde Hanna müde und schlief ein. Sie träumte von ihrer Familie. Ob sie sie wohl vermissten? Und ob es stimmte, was Tina gesagt hatte? Dann müsste sie nur einige Zeit hier leben und könnte dann in den Wald zurück kehren. Sie verstand, dass Tina sich freute.

Als Hanna am Abend aufwachte, war Tina nicht mehr neben ihr. Im ersten Moment erschrak sie, doch dann freute sie sich. Tina hatte also Recht gehabt, und ihr Wunsch war in Erfüllung gegangen. Hanna hoffte, dass es auch bei ihr bald so weit sein würde.

Ein paar hundert Meter weiter, oben auf dem Hügel, fand im Haus des Stallbesitzers eine große Feier statt, bestimmt hundert Gäste waren eingeladen. Seine Frau feierte runden Geburtstag, und für sie scheute er weder Kosten noch Mühen. So habe er, wie er seinen Freunden immer und immer wieder stolz erzählte, eigens für diesen Ehrentag, eines seiner besten Tiere geschlachtet. Widerspenstig war es gewesen, nachdem es gesehen hatte, was ihm blühte, und fast wäre es ihm entwischt. Aber so sind die Tiere nun einmal, wenn sie nervös werden.
Die Feier ging bis spät in die Nacht und um drei Uhr schliefen der Bauer und seine Frau zufrieden ein.

 

Hallo Sehnsucht!

Erstmal, dein Text steckt definitiv in der falschen Rubrik. Spannung oder Horror wären angebracht.

Dann stoßen mir ein paar Logikfragen sauer auf. Offensichtlich wissen doch viel Menschen von der Halle. "Ihre Freunde hatten ihr oft davon erzählt, sie oft gewarnt. Sie nannten es schlicht "Die Halle"." => Und? Warum ruft niemand die Polizei?

Auch werden offensichtlich Menschen gekidnappt. Warum ruft niemand die Polizei?

Und: Wie sollen den über hundert Gäste von einem mickrigen Mädchen satt werden?

Und Hannas Reaktion auf Tinas Verschwinden: Nein, so blöd kann doch kein Mensch sein, sorry.

Grüße
Chris

 

Hi Chris

Erstmal, dein Text steckt definitiv in der falschen Rubrik. Spannung oder Horror wären angebracht.

Das habe ich auch gedacht, als ich die Geschichte gelesen habe, aber ich denke die Protagonisten sind Tiere ...

Hallo Sehnsucht,

wenn das wirklich so ist und hier nichtsahnende Tiere geschlachtet werden habe ich ein Problem mit der Geschichte. Die Vermenschlichung der Tiere setzt voraus, dass sie kognitiv dazu in der Lage sind zu reflektieren. Diser Nachweis wurde meines Wissens noch nicht mal bei den Meeressäugern gebracht. Daher sind vermenschlichte Tiere bei mir Fabelwesen und nicht "alltagstauglich".

Aber mir kam beim Lesen auch die Idee, es könnten Menschen sein ... Nur dann würde der Geschichte für das Horror Genre noch paar Ekeleinlagen fehlen ;D
Bleib dran :)
LG
Goldene Dame

 

Hallo!

Da die Antwort von Sehnsucht ja noch fehlt, nur kurz eine Anmerkung von mir: Wenn es sich wirklich bei Hanna um ein Tier handeln sollte, ist das bei mir nicht angekommen, aber wie auch Bernhard schon angemerkt hat, würde da einiges fraglich bleiben.
Aber ich warte erstmal auf Sehnsuchts Antwort, ehe ich darauf näher eingehe.

Grüße
Chris

 

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