Was ist neu

Gegeneinander ausgespielt

Mitglied
Beitritt
18.02.2008
Beiträge
17

Gegeneinander ausgespielt

Der Chef eines riesigen Chemiekonzerns hatte heute jemand zu Besuch, der sich „Botaniker“ nannte, obwohl er von Pflanzen nicht die geringste Ahnung hatte. Dafür aber um so mehr davon, gute Geschäfte zu machen. Er hatte sich auf eine Annonce gemeldet, in dem ihm eine große Herausforderung angeboten wurde. Der Chef des Chemiekonzerns schilderte ihm sein Problem. Es war der schwarze Boden, auf dem die Chemiefabrik stand. Dieser Boden sollte eigentlich grün sein, eine grüne Wiese, oder Bäume oder irgendwelche Pflanzen, aber auf diesem Boden wuchs nichts. Absolut nichts, keine Bäume, kein Gras, nicht einmal Unkraut. Irgendeine Behörde für Natur und Umwelt hatte es dem Chemiekonzern zur Auflage gemacht, das gigantische Grundstück zu begrünen, aber es war nichts zu machen. Es gab nichts, aber auch wirklich gar nichts, was auf dem schwarzen Untergrund wuchs. Es blieb eine weite schwarze kahle Wüste. Das lag einfach daran, daß der Boden mit irgendwelchen Chemikalien verseucht war, aber keiner wußte genau, welche. Dem selbst ernannten „Botaniker“ wurde ein Millionenbetrag versprochen, wenn er es schaffen würde, auf diesem kahlen Boden irgend etwas grünes wachsen zu lassen. Es seien schon viele andere Botaniker und sogar Professoren für Pflanzenkunde hier gewesen, aber alle hätten versagt. Doch der „Botaniker“ sagte, es sei alles kein Problem, packte sich ein paar große Säcke voll Bodenproben ins Auto und fuhr davon. Schon bald machte er Werbung in verschiedenen Zeitungen und anderswo, für ein neuartiges Unkrautvernichtungsmittel, wobei die Werbung in aller Deutlichkeit betonte, daß dieses neue Unkrautvernichtungsmittel jedes, aber auch wirklich ausnahmslos jedes Unkraut vernichten würde, und darauf gab es eine sehr umfangreiche Garantie und ein Geld-zurück-Versprechen usw. Es wurde behauptet, daß wirklich noch nie ein Unkraut diesem Mittel widerstanden hätte. Diese Werbung tat ihre Wirkung, ebenso, wie das Unkrautvernichtungsmittel, welches sich als sehr gut erwies. Es gab wirklich kein Unkraut, absolut keins, wo es nicht wirkte. Jeder wollte es haben, und der „Botaniker“ verkaufte es tonnenweise. Es blieb das große Geheimnis des „Botanikers“, woraus es bestand. Dieser nannte sich jetzt auf einmal „Chemiker“, obwohl er von Chemie genausowenig Ahnung hatte. Und dabei war es nichts anderes, als die schwarze Erde, die er auf dem Grundstück des Chemiekonzerns einsammelte. Der „Chemiker“ verdiente sehr gut damit, und alle Hersteller von Unkrautvernichtungsmitteln wurden böse über die entgangenen Umsätze. Irgendwann aber, nach einiger Zeit, war es plötzlich aus mit der guten Werbung. Es gab einen Gerichtsprozeß. Es durfte nicht mehr behauptet werden, daß dieses Mittel ausnahmslos jedes Unkraut vernichten würde, und es gab auch keine Garantie mehr und kein Geld-zurück-Versprechen. Und es durfte auch nicht mehr behauptet werden, daß noch nie ein Unkraut diesem Mittel widerstanden hatte. Denn das stimmte nicht mehr. Irgend jemand hatte ein spezielles grünes Kraut entdeckt, das äußerst widerspenstig war und dem Mittel widerstand. Es war einfach nicht kaputtzukriegen. Auch nicht mit diesem schwarzen Spezialmittel. Aber unserem „Chemiker“, der jetzt wieder „Botaniker“ war, machte es nichts aus, daß sein gutes Geschäft von einem auf den anderen Tag kaputt war. Er nahm dieses spezielle Unkraut und fuhr sofort zum Chef des Chemiekonzerns, dem er sagte, er hätte etwas gefunden, womit man das Grundstück grün kriegen würde. Es gelang. Der schwarze Boden wurde wunderbar grün und der „Botaniker“ wunderbar reich. Als echter Fachmann verdient man eben gut.

 

Hallo Hillerkus,

Deine Geschichte hat mir gut gefallen. Wahrscheinlich, weil sich der trockene Zynismus, aus dem viel Wahrheit spricht, mit meiner Sicht mancher Dinge deckt. Und gerade in dem von dir beschriebenen Gebiet des wissenschaftlichen Geldverdienens steckt viel Bigotterie und Gewinnsucht.
Auch die Pointe fand ich passend und ein wenig überraschend. Allerdings bin ich zugegebenermaßen nicht schwer zu überraschen.
Der Stil ist knapp und prägnant. Die Erzählung nimmt dadurch den Charakter eines Berichtes an, was ich als angenehm empfinde.

Ein paar Dinge gibt es aber auch zu verbessern:

Versuche, ein paar Absätze einzufügen, die den Erzählstrom rein optisch etwas strukturieren.
Die "" würde ich streichen. Ebenso die Zaunpfahlsätze wie den letzten. Sie sind zuviel des Guten. Dadurch wird die sutbile Satire zum moralischen Holzklotz. Man sollte dem Leser nicht direkt sagen, daß der Protagonist durch seine opportunistische Einstellung profitiert und daß das schlecht ist, sondern es (höchstens) indirekt durchscheinen lassen. Bestenfalls kommt der Leser von selbst drauf.

Ansonsten eine runde Sache. Wie gesagt, gefällt mir.

Grüße,
Felix

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom