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Geisterjäger Gisbert Schmock - Teuflische Blähungen

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30.08.2001
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Geisterjäger Gisbert Schmock - Teuflische Blähungen

Hätte Gisbert Schmock an diesem Januarvormittag aus dem Fenster seines Moerser Büros im ersten Stock gesehen, dann wäre ihm vielleicht Frau Hagebusch aufgefallen, die ihren Königspudel Rambo im Neuschnee Gassi führte. König Rambo war so etwas wie die Wadenbeißervariante von Claudia Schiffer – intellektuell genügsam, aber dafür tres chiques. Auf seinem Kopf thronte ein kunstvoll hergerichteter Dutt, Ergebnis einer zweistündigen Frisierorgie im Hundesalon Monika. Frauchen hatte ihrem Liebling ein himmelblaues Regencape übergeworfen, und an den Pfoten trug er knallrote Gummipuschen.
Der solchermaßen dem Diktat der Haute Couture unterworfene Rambo machte gerade einen beachtlichen Haufen unter einen Baum, als Hubert Pannenbecker im Stechschritt des Weges kam.
„Ja, muss das denn sein?“, schimpfte er im Vorübergehen und zeigte auf den Hund, der hochkonzentrierten Blickes einen Buckel machte und in der kalten Luft an beiden Enden dampfte.
Ehe die Frau ihm noch eine garstige Bemerkung an den Kopf werfen konnte, war Hubert Pannenbecker auch schon schnurstracks weitermarschiert, über den Parkplatz auf die Häuserzeile zu, in der sich das Büro von Gisbert Schmock befand.
Wie gesagt, hätte Gisbert Schmock an diesem Vormittag aus dem Fenster gesehen, dann wäre ihm diese kleine Szene vielleicht aufgefallen. Er hätte sich Gedanken machen können, Dinge wie:
Sieht ja mal ganz schön nach Schnee aus, verdammt, ich hab den doofen Schirm vergessen! oder Ey, was kackt denn der Hund schon wieder auf den Bürgersteig? oder Das ist doch ... das ist doch nicht etwa ... das ist ja der Herr Pannenbecker. Ach du Scheiße!
Er hätte angesichts seines alten Lehrers von der Hauptschule sein Büro verschließen können, womit er vielleicht noch einmal um Schamhaaresbreite an den sich zeitigenden tiefgreifenden Veränderungen seines Lebens vorbeigeschrappt wäre. Aber Gisbert Schmock konnte an diesem Vormittag nicht aus dem Fenster sehen.
Er hockte nämlich auf dem Büroteppich und kämpfte mit der Tücke des Objekts, das er tags zuvor in Gestalt des Rollcontainers Goliat mit seiner Mutter bei IKEA erstanden hatte.

„Ich fress ´n Besen, wo ist denn jetzt der doofe Pinöppel bloß?“
Gisbert Schmock lehnte die Seitenwand längsseits an seine Hüfte und streifte mit der Hand über den flauschigen Teppich. Irgendwo musste doch der kleine Holzbolzen zu finden sein, den er für das Zusammenstecken von Teil 1, nämlich der Seitenwand, mit Teil 3, namentlich die Bodenplatte, dringendst benötigte. Aber nichts zu machen, das Ding war futsch.
„Verdammte Finnen!“, fluchte Schmock und schüttelte seine Faust Richtung Evangelische Gemeindekirche, hinter der er – viele hundert Kilometer weiter – Skandinavien vermutete.
Sein alter Kumpel Ingo hatte mal im Politikunterricht die Behauptung aufgestellt, dass es in den Produktionshallen von IKEA finnische Gastarbeiter gäbe, die so wenig verdienten, dass sie die Bolzen stiebitzten, um sich wenigstens einmal in der Woche eine knackige Suppe kochen zu können. Das hätten sie im Fernsehen gebracht.
„Der hat doch den Knall nicht gehört“, hatte Dirk gegröhlt. Daraufhin hatte Ingo ihm eine geknallt, was ihm hundertmal „Ich darf meine Mitschüler nicht verkloppen“-Aufschreiben eingebracht hatte.
Damals hatte auch Schmock über Ingo gelacht. Aber jetzt war er sich da gar nicht mehr so sicher.
„Verdammte Finnen!“
Er war so in seine holzige Suche versunken, dass er nicht bemerkte, wie die Glastür aufschwang und Hubert Pannenbecker sein Büro betrat.
„Gisbert“, sagte Pannenbecker mit schneidiger Stimme.
Schmock zuckte zusammen.
„Wer ist ... was ... oh, das ... Herr Pannenbecker? Sie?“
„Tag, Gisbert.“
„Tag ... äh ... Herr Pannenbecker. Das ist ja mal eine Über...“
„Was bastelst du denn da?“
Schmock legte die Seitenwand auf den Teppich, stand ächzend auf und reichte Hubert Pannenbecker die Hand.
„Ich hab mir ein Regal gekauft. Von den verda... von IKEA. Geht aber nicht zusammen, da fehlt so´n Holzbolzen.“
Hubert Pannenbecker kniff ein Auge zusammen, so wie früher, wenn er bei den Klassenarbeiten auf der Jagd nach Spickzetteln und Stuhlwippern durch die Bankreihen geschritten war.
„Du hattest in Werken doch immer eine Fünf, Gisbert. Vielleicht hast du ...“
„Nein, Herr Pannenbecker, es waren die Finnen!“
Schmock zupfte sich nervös am Ohr. Ausgerechnet Hubert Pannenbecker. Werkunterricht, Mathematik, Tischtennis AG. Immer ausreichend oder mangelhaft.
„Was macht denn die Schule so?“, fragte Schmock in Ermangelung sinnstiftender Themen.
„Die ist noch da, wo sie war.“
„Ach ...“
„Ich bin jetzt pensioniert. Hab mich lang genug ´rumgeschlagen mit den Idio... mit den schwierigen Schülern. Die Rente hab ich mir verdient.“
„Und was verschafft mir die Ehre?“
Hubert Pannenbeckers Blick verfinsterte sich.
„Etwas Böses ist im Gange, Gisbert. Meine Tochter ist des Teufels.“
„Doch nicht etwa die Beate?“, fragte Gisbert erstaunt.
Beate war damals in die Parallelklasse gegangen. Glasbausteine, Pickel, Hüftringe, Klassensprecherin, lauter Einsen und Zweien.
„Ja, wer denn sonst?“, schnauzte Pannenbecker. „Ich hab nur die Beate.“
„Ach ja, stimmt ja.“ Schmock deutete auf seinen Schreibtisch. „Setzen wir uns doch.“
Pannenbecker nahm auf dem zerschrammten Besucherstuhl Platz, Schmock fläzte sich in den knarrenden Chefsessel aus Lederimitat. Dabei fiel sein Blick auf den Schreibtisch. Schnell beugte er sich vor und legte die verschränkten Unterarme auf den Playboy, der unter dem Sammelband Schwedenrätsel hervorlugte.
„Sag mal, Gisbert, wie bist du denn Detektiv geworden? Ich hab ja mal was gestaunt, als ich deinen Namen in den Gelben Seiten gelesen hab.“
„Och, das ist ´ne lange Geschichte“, winkte Schmock lässig ab. „Kommen wir lieber zum Geschäft.“
„Ja“, nickte Pannenbecker ernst, „wir haben auch keine Zeit zu verlieren. Die Beate ist nämlich ...“
„... des Teufels“, lächelte Schmock. „Weiß schon, weiß schon.“
„Du musst sie retten“, flehte Pannenbecker. „Sie ist doch mein Ein und Alles. Und jetzt ... ach, es ist ja so furchtbar.“
Schmock kramte einen karierten Ringblock aus der Schublade, entnahm dem Federmäppchen seinen blauen Glückskugelschreiber und klickte die Mine ´raus.
„Dann schießen Sie mal los, Herr Pannenbecker.“
In der nächsten Viertelstunde erzählte der pensionierte Oberstudienrat eine so unglaubliche Geschichte, dass Schmock sich ernstlich Sorgen um dessen Geisteszustand machte.
„... und deshalb bin ich mir sicher, dass Beate des Teufels ist.“
Schmock lutschte am Clip des Kugelschreibers und studierte mit gerunzelter Stirn seine Aufzeichnungen. Irgendwann musste er noch mal einen Kurs im Schönschreiben belegen, die Sauklaue konnte ja kein Mensch lesen.
„Hmmm“, machte er schließlich. „Das ist wirklich eine böse Sache. Und wird nicht billig, wie ich das sehe.“
„Geld ist kein Thema“, bemerkte Pannenbecker grimmig. „Hier geht es um Beate. Um meine Beate. Äh ... was kostet das ungefähr?“
„Ja also, das kostet ... das kostet ... also auf jeden Fall nicht wenig. Haben Sie soviel?“
„Bitte?“
„Sagen wir zweihundert Euro Vorschuss?“
Pannenbecker warf sich in die Brust. „Ich bin pensionierter Oberstudienrat, Gisbert.“
„Also zweihundert“, nickte Schmock und malte die Ziffern mit sorgfältigem Schwung unter seine Notizen. „Und noch mal dreihundert bei Erfolg.“
Schmock warf dem Oberstudienrat einen lauernden Blick zu, aber der brummte nur zustimmend. Da ging Schmock auf´s Ganze.
„Spesen extra“, sagte er.
„Spesen extra“, nickte Pannenbecker.
„Gut, dann wollen wir mal keine Zeit verlieren. Beate ist in Gefahr. Außerdem ist gleich zwölf, ich krieg langsam Kohldampf.“
Die beiden standen auf. Schmock nahm seinen dicken Wintermantel von dem Wandhaken mit Borussia-Dortmund-Motiv und schlüpfte hinein.
„Oh, da ist er ja“, hörte er Pannenbecker in seinem Rücken sagen.
„Wer?“
„Na, der Holzstöpsel, den du gesucht hast.“
„Wo?“
„Hier unterm Schreibtisch.“ Pannenbecker bückte sich und legte den Holzbolzen auf die Tischplatte. „Siehst du, Gisbert, es war schon richtig, dass ich dir in Werken immer eine ...“
„Ja ja, Herr Pannenbecker. Kommen Sie jetzt, wir sind in Eile.“
Auf dem Parkplatz gingen die beiden mit hochgeschlagenen Kragen nebeneinander her, bis Schmock neben einem schwarzen Porsche stehen blieb.
„Also dann, Herr Pannenbecker“, sagte er und zog seinen Schlüsselbund.
„Viel Glück, Gisbert.“
Oberstudienrat Pannenbecker schritt durch die Wagenreihen, als wäre er noch einmal der verbeamtete Feldwebel der 10b. Schmock winkte, als sich sein alter Lehrer nach ihm umdrehte. Dann tauchte Pannenbecker in einen silbernen Mercedes. Kaum war der Wagen auf die Haagstraße eingebogen und hinter dem Gebäude des Amtsgerichts verschwunden, stiefelte Schmock zu dem Fahrradständer vor dem Büro zurück und fummelte mit klammen Fingern den Schlüssel in das Schloss seines Hollandrades.
Er hatte jetzt Heißhunger auf Brötchen und einen Ring Fleischwurst.
„Spesen extra“, klang ihm noch Pannenbeckers Zustimmung in den Ohren
Schmock schwang sich auf den Gelsattel und radelte pfeifend zur nahen Metzgerei Peters in der Innenstadt.

Es war kurz nach neunzehn Uhr an diesem Tag, als Gisbert Schmock die letzten Vorbereitungen für die bevorstehende Observation und – so alles gut ging – Rettung der teuflischen Beate traf.
„Hab ich jetzt auch alles?“, murmelte er und warf einen Blick in den Rucksack auf seinem Schreibtisch.
Die Quick Snap war da, eine Notizkladde, ein Füller, Buntstifte und Radiergummi, ein Geodreieck, eine Taschenlampe, der Knirps-Regenschirm, den er extra von zuhause geholt hatte, eine Packung Tempo-Taschentücher, eine randvoll mit entkoffeiniertem Kaffee gefüllte Thermoskanne und die zwei Butterbrote mit Pfeffersalami, die ihm Muttern bei ihrer täglichen Visite im Büro noch gebracht hatte.
„Alles paletti“, sagte Schmock zufrieden.
Er schlüpfte in die Winterjacke, streifte den Rucksack über, nahm die Isomatte von seinem Bürosessel und stiefelte nach unten. Die Erde war weiß von frisch gefallenem Schnee.
Vor seinem Kaaskoppvehikel stand ein junges Pärchen und knutschte sich die Lippen wund.
„Darf ich vielleicht mal an mein Rad?“, maulte Schmock.
Die Turteltäubchen entknoteten ihre Zungen und schlurften davon.
„Na, geht doch“, brummte er, bückte sich und friemelte den Schlüssel in das Gliederschloss.
„Alter!“, rief eine Stimme.
Schmock fühlte sich nicht angesprochen, er war schließlich erst fünfunddreißig.
„Ey, Alter!“, rief die Stimme wieder. „Du da am Rad.“
Jetzt fühlte Schmock sich denn doch angesprochen. Neugierig wandte er seinen Kopf und lugte über den Gelsattel.
„Frau Holle rulez“, hörte er noch, dann klatschte ihm der Schneeball mitten ins Gesicht.
„Voll in die Fresse!“, jubelte eine andere Stimme.
Schmock wischte sich mit dem Jackenärmel durch´s Gesicht und scannte die Gegend. Da vorne hüpfte das Pärchen gackernd von dannen.
Er richtete sich auf und schüttelte drohend die Faust Richtung Evangelische Gemeindekirche, hinter der die beiden gerade verschwanden. Nicht bis nach Skandinavien, wie Schmock vermutete, aber alles Unheil schien hinter dem Gotteshaus zu nisten.
„Verdammte Blagen!“, schimpfte er.
Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass er sich beeilen musste. Schnell tupfte er den Sattel mit einem Taschentuch trocken, streifte die Fausthandschuhe, die ihm Tante Sieglinde zum letzten Geburtstag gestrickt hatte, über und schwang sich auf das Rad.
Ein paar Meter weiter rechts, vorbei an dem Denkmal der Henriette und dem Schloss, und er war im Schlosspark. Wie er so daherstrampelte, schämte er sich für einen Moment, den Fall angenommen zu haben. Hubert Pannenbecker hatte Wahnvorstellungen, war offensichtlich völlig meschugge, das war mal sonnenklar. Aber es nutzte ja nichts, Schmock brauchte das Geld. Und außerdem hatte Pannenbecker ihm nie besser als ausreichend gegeben.
Da löste sich Schmocks Scham auf wie die Atemwölkchen vor seinem Mund.

Fünf Minuten später schlingerte Schmock auf dem gefrorenen Boden über die Holzbrücke des Moersbaches.
„Scheiß Streudienst“, fluchte er, als sein Vorderrad zur Seite rutschte und er mit schlitternden Füßen und verkantetem Lenkrad ins Brückengeländer knallte. „Alle wieder schön lecker in der warmen Stube, das faule Pack.“
Die letzten Meter bis zum künstlichen Teich schob er das Rad. Es war zwanzig nach sieben. Noch zehn Minuten bis Devils Noon.
Am gegenüberliegenden Ufer schlenderte im mickrigen Schein der Laternen eine dunkle Gestalt über den Gehweg.
„Komm zum Frauchen“, hörte Schmock die Gestalt rufen. „Rammmboooo, ja, wo isser denn? Komm zum Frauchen. Ja, was hatter denn da Schönes? Ein Stöckchen? Oh, wie fein, da freut sich das Frauchen aber.“
„Frau Hagebusch“, brummte Schmock und spuckte auf den Boden. „Ausgerechnet. Nimm deinen Kackstiefel und zieh Leine.“
Es war, als hätte die Gestalt ihn gehört. Schmock hörte das Sirren der Rolleine, und in der Geschwindigkeit einer bummelnden Schnecke entschwand Frau Hagebusch mit ihrem darmschwachen Schosswärmer Richtung Damm.
Noch fünf Minuten.
Er blickte sich um. Alles ruhig. Schnell schob er sein Rad unter einen Baum, kettete es an, rannte über den Gehweg und verschwand in einem Gebüsch. Von hier konnte er die Route der Besessenen bestens überblicken.
Mit geübten Fingern entrollte Schmock die Isomatte. Das Gebüsch hatte den Schnee zwar abhalten können, aber der Boden war dennoch saukalt, und unterkühlte Nieren oder Gefrierbrand im Schritt konnte sich Schmock nun wirklich nicht leisten.
Plötzlich raschelte es im Gebüsch. Ein Entenpärchen kam durchs Unterholz gekraucht und stutzte beim Anblick des verdeckten Ermittlers.
„Buh!“, machte Schmock und riss die Arme auseinander.
Das Federnvieh verstand und watschelte quakend davon. Schmock tat es leid. Er mochte Enten, aber als Ermittlungsgehilfen kamen sie nunmal überhaupt nicht in Frage.
Noch drei Minuten. Das reichte allemal für einen lecker Kaffee. Er machte es sich auf der Matte gemütlich und goss sich ein Tässchen ein. Über dem Gebüsch stieg der Dampf der dehydrierenden Erfrischung auf wie die Rauchzeichen von Indianern.
Noch eine Minute. Vom nahen Sportplatz wehten Wortfetzen zu ihm herüber.
„Abseits! Aaaaabseeeiiits! Haste Augenkrebs oder wat, Schiri? – Gib doch die Pille ab, Gunnar. Mensch, pass rübba, ich machen mittem Kopp ... ahhh, ich hab doch gesagt, du sollst passen, du Torraumstatist. – Ecke! – Der war nich im Aus. – Warer wohl. – Warer nich. – Geh doch bei Fielmann, Schielauge! – Schiri!!!“
Und dann – Schmock biss gerade in eine von Mutterns Salamistullen – hörte er schlurfende Schritte von rechts näherkommen. Ein geisterhaftes Stimmengewirr lag in der Luft, untermalt von beständigem Schleifen und Kratzen.
„Ach, schade“, grollte Schmock, knibbelte eine halbe Gurkenscheibe mit Mayonnaiseklecks von seinem Kinn, schnippte das Gemüse ins Geäst und wickelte die Alufolie wieder um die Stulle.
Vorsichtig lugte er durch die Zweige. Aus dem Dunkel des Abends schälten sich einzelne Gestalten, die in eiligem Gänsemarsch herantrippelten und eifrig miteinander schwatzten.
Schmock zählte dreiundzwanzig Frauen mittleren Alters in mehr oder minder sportlicher Kleidung. Sie hielten Stöcke in den Fäusten, die sie bei jedem Schritt unkoordiniert nach hinten stocherten, machten dabei aber Gesichter, als wären sie nordische Langlauflegenden bei den Olympischen Winterspielen, denen aufgrund einer ans Übermenschliche grenzenden technischen Perfektion die Goldmedaille so sicher war wie dem Verstopften der Einlauf.
Schmock fand ja, dass es eher etwas von einer Selbsthilfegruppe häuslich gelangweilter Konditionssimulanten hatte. Aber das durfte man nicht laut sagen, sonst sprach sich das schneller in der Stadt herum als einem ein devotes „Ich pinkel im Sitzen und bin für Frauen beim Bund“ wiedergutmachend über die Lippen kam. Und dann war man bei der holden Weiblichkeit durcher als durch.
Mitten in dem quasselnden Haufen stolzierte ein Mann in Schmocks Alter. Braungebrannt, muskulös, neongelbe Sportkombi und Nike Air Jordan-Schlappen an den Füßen, gelackte Fönfrisur und hopsenden Schrittes wie die Paso Doble-Teilzeitlehrkraft Patrick Swayze auf Speed.
Glaubte man Hubert Pannenbeckers spinnerter Erzählung, dann war das also der Teufel. Da musste dann ja auch die Beate ganz in der Nähe sein.
Schmock hatte Glück. Keine zehn Schritte vor ihm kam die sportive Prozession zum Stehen.
„Halt, halt, halt, meine Damen“, rief der Gelackte und hob die Arme. „Ein wenig Ruhe, wenn ich bitten darf.“
Die Mädels verstummten.
„Boah“, staunte Schmock, „entweder ist er Gott oder wirklich der Teufel.“
Der Gelackte sah sich nach allen Seiten um. „Also, meine Damen, wir sind allein. Mal wieder Zeit für ein bisschen Zauberei. Wer will?“
„Ich, ich, ich“, riefen sie alle durcheinander.
„Aber meine Damen“, lächelte der Sportsmann, „nicht alle auf einmal. Ich werfe jetzt eine Münze, und wenn Zahl kommt, dann ...“ Er sah in die Runde. „Vielleicht sollten wir lieber Streichhölzer nehmen.“
Während der Gelackte seinen Auftritt zelebrierte, suchte Schmock nach der pummeligen Beate. Fehlanzeige.
„Mist!“, fluchte Schmock. „Mist, Mist ... Mist!“
Keine Beate, keine Kohle. Und keine Spesen. So einfach sah die Rechnung aus.
In der Zwischenzeit ließ der Gelackte seine Verehrerinnen Streichhölzer aus seiner Hand ziehen.
„Ich bin dran“, jubelte eine wohlbeleibte Blondine. „Ich hab den Kürzeren gezogen.“
Die anderen warfen ihr missgünstige Blicke zu.
„Ah, Frau Lindemann schon wieder, gratuliere“, lächelte der Gelackte.
„Die Sabine war erst letzte Woche dran“, schmollte eine zierliche Brünette. „Die fudelt doch.“
„Tu ich gar nicht.“
„Tust du wohl.“
„Du bist ja nur neidisch.“
„Ich? Ha, als wenn ich das nötig hätte. Neidisch ... pfff.“
„Ja, weil du nämlich auch mal vom Dieter ...“
„Aber, aber, meine Damen“, mischte sich Sportsmann Dieter ein. „Es ist genug Magie für alle da. Bisschen Geduld, jede kommt mal an die Reihe.“
Schmock runzelte die Stirn. Ein Teufel namens Dieter? Armer Herr Pannenbecker.
Der schöne Dieter breitete die Arme aus. „Bisschen zurücktreten, meine Damen. Wir brauchen erst mal das richtige Ambiente.“
Erwartungsvolles Gemurmel unter den Mädels. Neon-Dieter zog ein kleines Büchlein aus seinem Hosenbund, blätterte eine Seite auf, schlug sich dreimal mit der flachen Hand an die Stirn und verlas:
„Herbei, herbei, oh Donnerknall,
Pomphaft Getöse überall,
Bring Blitz und Regen auch gleich mit,
Und mach die Weiber durchsichtig.“
Schmock staunte nicht schlecht, als plötzlich ein Blitz durch den Himmel zuckte.
„Was zum Dieter ...?“, entfuhr es ihm.
Seine restlichen Worte wurden vom Donner verschluckt. Kaum war dieser verklungen, kam vom Sportplatz:
„Ey, wat ´ne Scheiße! Schiri, Abpfiff, et fängt an zu schiffen.“
„Scheiße“, grollte Schmock in seinem Gebüsch zustimmend.
Fünfhundert Euro und Brötchen mit Fleischwurst waren ja nicht von schlechten Eltern, aber wenn das so weiterging, würde er Pannenbecker eine Schlechtwetterzulage abknöpfen müssen. Er fummelte den Schirm aus dem Rucksack, zog die Hülle ab und spannte ihn auf.
Dann, so plötzlich, wie es gekommen war, hörte das Unwetter auch schon wieder auf.
„Boah, ich werd ja nicht mehr“, brummte Schmock und zog den Schirm wieder zusammen.
„Schiri, Fehlalarm, et hört schon wieda auf zu schiffen“, wehte es vom Sportplatz herüber.
Schmocks Blick fiel wieder auf die Sporttruppe, und was er sah, hätte ihm das Blut in den Adern gefrieren lassen, wenn er nicht schon halb durchgefroren gewesen wäre.
Die Mädels wurden Schicht um Schicht durchsichtig.
„Du meine Güte!“
Da waren Shirts und Sport-BHs. Da waren schwarze Strings und Frotteeschlüpfer in allen Regenbogenfarben – auf einem war Montag eingenäht, was Schmock mit einem Kopfschütteln quittierte, schließlich war heute Freitag. Da prangten Arschgeweihe wie Brandzeichen über Apfelpopos, Birnenhintern und Kürbisbacken.
Brustimplantate. Organe. Knochen.
Und hassenichgesehn waren die Mädels transparent und wiegten sich in Trance hin und her.
Jetzt standen nur noch Dieter und Frau Lindemann in alter Pracht da.
„Ich fress ´n Besen!“, stammelte Schmock in seinem Versteck.
Aufgeregt goss er sich eine zweite Tasse Kaffee ein. Das hier war nicht irgendeine Hinterhofbutze mit Schmuddelfilmen in klebrigen Videokabinen, das hier war ganz großes Freilichtkino.
Teuflisches Kino.
Fehlte nur noch die Beate.
„Nun, meine liebe Frau Lindemann, wie kann ich dir denn heute zu Diensten sein?“, lächelte Dieter. „Wieder ein Brillantkollier wie letztes Mal, hm?“
„Nein, nein“, winkte Frau Lindemann ab.
„Passende Ohrstecker dazu?“
„Ach, nein ...“
„Hmm ... vielleicht neue Schuhe? Schöne Stiefel kann ich machen, so richtig mit allem Zipp und Zapp. Stilettos, High Heels, was das lederne Herz begehrt.“
„Nee, mein Mann ist Orthopäde, der sieht sowas gar nicht gern.“
„Hm, was denn dann?“
Frau Lindemann wippte nervös in den Knien und sah sich nach allen Seiten um.
„Geht auch Kosmetik?“
„Na klar. Neue Nase, Ohren anlegen, Schmollmund, kein Problem, hab ich alles im Programm.“
„Wieso Nase? Stimmt da was mit meiner Nase nicht?
„Nein, nein, sooo war das jetzt nicht gemeint. Waren nur Beispiele, ne?“
„Ach so, na dann. Also, was ich eigentlich meinte ... ist jetzt nicht so gaaanz Kosmetik, aber so´n bisschen schon, glaub ich ... mein Mann, also der sagt, dass ich ... na ja, die Figur und so ... Sie wissen schon.“
„Ah, verstehe. Und da soll ich jetzt ...?“
„Ja, genau. Geht das?“
„Selbstverständlich geht das. Momentchen mal.“ Dieter blätterte in seinem Büchlein. „Hmm, wollen doch mal sehen, was wir da haben. Hier: Flammendes Hula Hoop. Nee, das ist nicht gut, das strapaziert die Haut zu doll. Oder hier: Blutblasenmarathon. Mist, geht auch nicht, danach sind die Füße hin. Ach, das ist ja jetzt blöd, da ist scheinbar nichts ... ahhh, das hier könnte was sein.“
„Was denn, Dieter?“
„Flatulencia obscura. Hier steht: Effektive Gewichtsreduktion, schont Haut und Leben, Zauberschwierigkeitsstufe drei. Gegenanzeige: nicht bei Höhenangst anwenden. Klingt doch gut, oder?“
„Ähhh ... was genau soll denn das sein?“
„Weiß ich auch nicht, hab´s noch nie ausprobiert. Nun komm schon, Frau Lindemann, gib dir einen Ruck.“
„Na gut, dann nehme ich das mal.“
„Okay“, strahlte Dieter.
Fassungslos beobachtete Schmock, wie Dieter das Büchlein wieder in seinen Hosenbund steckte, sich räusperte und dann auf einem Bein um die eigene Achse hüpfte, während er die Arme wie sturmgepeitschte Windmühlenflügel kreiselte.
Dann ließ er einen fahren, zeigte auf Frau Lindemann und schrie: „Flatulencia obscura, vollblähe dein Werk!“
Das ließ sich der anrüchige Zauber nicht zweimal sagen. Frau Lindemann kiekste erschrocken auf, als ihr das gleiche Malheur wie Dieter passierte. Ihr Jogger schwoll an, wurde runder und praller, und als Schmock schon glaubte, die Bedauernswerte müsse jeden Moment aus allen Nähten platzen, hob sie plötzlich ab und zischte knatternd wie ein entfesselter Ballon durch die Luft.
„Uiuiuiui, grüß mir dir Sterne, Frau Lindemann“, jubelte Dieter.
Schmock musste sich in seinem Gebück recken, um die Flugbahn der Frau verfolgen zu können. Sie flog in steilem Winkel hinauf, vollführte eine abrupte Kursänderung Richtung Alte Wassermühle, jagte dann dem Boden entgegen, um kurz davor in einem unmöglichen Spitzwinkel wieder himmelan zu steigen. Die Luft war so erfüllt vom unverkennbaren Röhren der Gasentweichung, dass Schmock schon glaubte, eine Art Flatulenzstreifen sehen zu können, den Frau Lindemann auf ihrem Trip hinterließ.
So ging das über eine Minute, in der Frau Lindemann zunehmend schlanker durch den Abendhimmel rauschte, während Schmock mit aufgerissenen Augen dastand, an seinem dampfenden Kaffee nippte und immer wieder „Oh Mann, ist das abgefahren“ flüsterte.
Dann landete die Lindemann mit einem hechelnden „huuuurgs“ wieder vor Dieter, der sie lachend in die Arme schloss.
„Guck mal, Frau Lindemann“, meinte er, als er einen Schritt zurücktrat und ihre Figur mit beiden Händen in der Luft nachmodellierte, „das nenne ich jetzt aber mal schlank.“
Frau Lindemann japste noch immer nach Luft.
„Jahaaa ...“, keuchte sie und blickte an sich hinunter. „Pfoah, Dieter, das ist ... das ist ja mal ... Wahnsinn! Mir fehlen die Worte.“
„Und die Pfunde“, strahlte Dieter. „Jetzt mosert dein Mann bestimmt nicht mehr an dir ... Nanu? Was ist denn das?“
„Was?“
„Na, das Gebüsch da vorne dampft.“
Schmock fuhr der Schreck in die Glieder. Schnell schüttete er den Kaffee aus und kratzte vereiste Erdkrumen darüber.
Zu spät.
Dieter hob den Kopf und schnupperte in der kalten Luft.
„Riecht nach Kaffee. Entkoffeiniert. Billig. ALDI. Da hockt doch einer. Los, du da im Busch, komm sofort da raus.“
Schmock erstarrte. Sollte er abhauen? Raus dem Busch, zum Fahrrad rüber, auf den Sattel schwingen und Gummi geben, was die Pedale aushielt? Nein, so ging das nicht. Er musste raus aus dem Busch, zum Fahrrad rüber, zunächst das Schloss aufschließen und dann erst auf den Sattel und ab die Post ... eindeutig zuviel Zeit. Immerhin hatte Dieter gerade die dicke Lindemann mit einer Megablähung durch die Luft gejagt, da wollte Schmock gar nicht erst wissen, was der noch so an Zaubereien auf Lager hatte.
„Scheiße!“, zischte Schmock.
„Komm raus oder ich hol dich“, rief Dieter und fuchtelte mit den Armen.
„Sekunde noch“, antwortete Schmock.
Was blieb ihm auch? Er ließ seine Detektivutensilien im Gebüsch und trat hervor.
„Da schau einer an“, sagte Dieter mit grimmiger Miene. „Der Spion, der aus der Kälte kam. Wie heißt du?“
„Mein Name ist Schmock. Gisbert Schmock. Und du?“
„Das geht dich gar nichts an, elender Schnüffler. Was hast du da im Busch gemacht, he?“
„Nur ´ne kleine Pause.“
„Pause? Ja klar, seh ich so doof aus, oder wie? Was hast du alles gesehen?“
„Nichts, ich hab ein Nickerchen gemacht.“
„Du lügst, dass sich die Alten lieben!“
„Balken biegen.“
„Hm?“
„Ach, nichts.“
„Genug des Geplänkels. Los, Schmock, herkommen, aber dalli.“
Schmock gehorchte. Er wollte nicht auch noch durch die Luft karren, vielleicht gar mit dem Kopf an einen Baum dengeln, sich das Genick brechen und am nächsten Morgen aufwachen, nur um festzustellen, dass er mausetot war. Außerdem musste er noch die Beate finden, sonst war das schöne Geld dahin – und die Spesenrechnung für Brötchen und Fleischwurst hätte er auch zurückzahlen müssen. Nein, dann schon lieber dem Dieterteufel in die Augen sehen.
Vorsichtig zwängte er sich durch die transparenten Langlaufdamen, nickte der wiedererschlankten Frau Lindemann einen Gruß zu und blieb vor Dieter stehen. Der Kerl roch nach faulen Eiern.
„Wie ´ne Stinkbombe“, murmelte Schmock angewidert.
„Was hast du da gerade gesagt?“, donnerte Dieter.
„Ich hab gesagt, dass ich ... äh ... wieselflink komme.“
„Ach so. Dein Glück, Buschmann.“
„Dann kann ich jetzt wieder gehen?“
Dieter warf den Kopf in den Nacken und lachte dröhnend. „Gehen? Hast du ´ne Meise? Ich kann dich doch nicht gehen lassen, wo du alles gesehen hast.“
„Aber ich hab echt nichts ...“
„Sprich dein letztes Gebet, Spion.“
Dieter blätterte in seinem Büchlein. Himmel, jetzt wurde es ernst. Hektisch blickte Schmock sich um. Die durchscheinenden Mädels waren geistig völlig daneben. Frau Lindemann hatte nur Augen für ihre Konfektionsgröße. Da war keine Hilfe zu erwarten.
„Schäumendes Säurebad, Tanzender Torso, Siebentod ...“, brabbelte Dieter, während er mit dem Zeigefinger die aufgeschlagene Seite ´runterfuhr.
Verzweifelt ging Schmock im Geiste alle Horrorschmonzetten durch, die er gesehen hatte. Mit Weihwasser war im Moment Essig, außer „Ich lass mich scheiden, Gisbert“ kannte er keine wirksamen Bannflüche, mit dem Feuerzeug in seiner Manteltasche konnte er kein vernichtendes Feuer legen, Kreuze waren auch nicht ... Kreuze? Moment mal, da war sie, die beste aller Lösungen. Aber natürlich.
Dieter entschied sich gerade für´s Gebeinepuzzle, da klaubte Schmock zwei Langlaufstöcke vom Boden und bildete mit ihnen ein Kreuz.
„Weiche von mir, Dieter!“, schrie er mir der tiefsten Stimme, die er hatte.
„Uuuuaaahhh!“, jaulte Dieter und schlug die Arme schützend vors Gesicht.
„Geh zurück in deinen Lokuspfuhl!“
„Orkuspfuhl“, krächzte der Gepeinigte mit letzter Kraft.
„Mir egal, Hauptsache, du verduftest. Weiche! Weiche! Weiche!“
Plötzlich legte sich eine Hand auf Schmocks Unterarm.
„Sie lassen jetzt sofort den Dieter in Ruhe“, keifte Frau Lindemann.
Schmock riss sich los. „Ich geb dir gleich Ruhe!“, schnauzte er zurück. „Der Dieter ist der Teufel. Oder hast du Tomaten auf den Augen?“
„Es brennt so doll!“, wimmerte Dieter.
„Oh, mein Dieter!“, jammerte die Lindemann.
„Weiche!“, schrie Schmock.
Dann gab es eine tösende Verpuffung, und schwupp ... der Dieterteufel verschwand in einer anderen Dimension.
Schnaufend ließ Schmock das improvisierte Kreuz sinken. Das war gerade noch mal gut gegangen.
Kaum, dass der Höllenfürst entschwunden war, wurden die umstehenden Mädels wieder feststofflich und erwachten aus ihrer Trance.
„Wo bin ich?“, seufzte eine knackige Blondine und rieb sich die Schläfen.
Es war die Frau mit dem Montag-Schlüpfer.
„Im Stadtpark“, sagte er. „Schon vergessen, ihr wart beim Nordic Tal... Nordic Walking.“
„Ah, jetzt erinnere ich mich wieder. Hach, Dieter, wenn es dich nicht ... aber du bist ja gar nicht ... wo ist denn ...?“
„Der hat die Biege gemacht.“
„Wart mal, dich kenn ich doch. Ja, natürlich ... das war ... das war ... oh mein Gott! Gisbert? Gisbert Schmock? Bist du das?“
„Äh ... ja. Woher kennen Sie ...“
„Mensch, erkennste mich denn nicht? Ich bin´s, die Beate aus der Parallelklasse. Mein Vater war ...“
„Die Beate!“, rief Schmock. „Himmel, dich hätte ich ja gar nicht mehr wiedererka... du hast dich ja kaum verän... du bist ja immer noch so hübsch wie früher auf dem Schulfhof.“
„Danke, du Charmeur“, sagte Beate errötend. „Was machst du denn hier?“
Meine Güte, die Frau war der echte Kracher geworden. Hätte er das damals schon geahnt, dann ...
„Was ich hier mache? Äh, gute Frage. Eigentlich suche ich ja dich.“
„Mich? Aber wieso ...?“
„Das ist eine lange Geschichte, Beate. Komm, ich bring dich jetzt zu deinen Eltern.“
„Zu meinen Eltern? Aber wieso ...?“
„Dein Vater will es so.“
„Mein ... Vater? Aber wieso ...?“
„Ich hol nur schnell mein Zeug. Und mein Rad. Bin gleich wieder da.“
„Aber ...“

An diesem Abend brachte Gisbert Schmock seinen ersten Fall seit Monaten zu einem krönenden Abschluss. Oberstudienrat Pannenbecker zahlte in seiner unbeschreiblichen Freude nicht nur klaglos die restlichen 300 Euro und die Spesenrechnung über 3,47 Euro für Brötchen und Fleischwurst, er schenkte Schmock als Bonus auch noch eine dreiviertelvolle Flasche Omas Schokozauber. Und dann versüßte ihm Beate den triumphalen Moment mit einem Küsschen auf die Wange.
Als Gisbert Schmock dann um kurz vor elf erschöpft wieder in seinem Büro ankam, hätte er noch einmal aus dem Fenster sehen sollen. Dann wäre ihm vielleicht die dunkle Gestalt aufgefallen, die auf dem Parkplatz draußen zwischen den Autos lauerte, ihn beobachtete und kurz darauf im Schutz der Nacht verschwand. Er hätte sich Gedanken machen können, Dinge wie:
Sieht ja immer noch ganz schön nach Schnee aus, mal gut, dass ich den doofen Schirm jetzt hab! oder Mist, morgen muss ich vorm Büro noch Schnee schüppen! oder Das ist doch ... das ist doch nicht etwa ... das ist ja der Dieter. Ach du Scheiße!
Nicht, dass ihm das noch etwas gebracht hätte. Der Teufel wusste jetzt, wo Schmock zu finden war, und er brannte darauf, sich schon bald auf´s Übelste für die erlittene Schmach durch den Sterblichen zu rächen.
Aber immerhin wäre Schmock so gewarnt gewesen. Wie gesagt, wenn er aus dem Fenster gesehen hätte. Doch Gisbert Schmock konnte nicht aus dem Fenster sehen.
Er hockte wieder auf dem Büroteppich und friemelte den fehlenden Holzbolzen in die Seitenwand des Goliat.
„In Werken eine fünf“, sagte er verächtlich, als er das fertig Werk voller Stolz betrachtete. „Dass ich nicht lache.“
Dann machte er das Licht aus und schlingerte auf seinem Rad nach Hause.

 

Hallo somebody!

Nein, tut mir leid. Diese Geschichte ist nicht mein Fall. Ich musste ganz schön kämpfen, weiter zu lesen, da sich der Anfang zieht wie Kaugummi. Der Handlung kann ich auch nichts abgewinnen. Leider kann ich es nicht weiter präzisieren, aber ich war die ganze Zeit über gelangweilt.
I’ m so sorry!

Gruß

 

Moin Some,

Schreibflaute vorbei? War ja auch mal Zeit, ne...

Also, mir hat die Geschichte hervorragend gefallen. Viele kleine Details, "echte" Figuren, knuffige Dialoge und massig Lokalkolorit. Keine großen Lacher zwar, aber ein Charme, der sich rotfadnegleich durch den Text zog und mich einfach sehr gut unterhalten hat.
Da gibt das nix zu meckern.

himmelblaues Regencape übergeworfen, und an den Pfoten trug er knallrote Gummipuschen.
Hihi... Karneval...
Ey, was kackt denn der Hund schon wieder auf den Bürgersteig?
Köter (klingt besser)
Ein Entenpärchen kam durchs Unterholz gekraucht und stutzte beim Anblick des verdeckten Ermittlers.
Haben die Aline bei Oma geparkt, um mal nen Abend für sich zu haben?
wie die Paso Doble-Teilzeitlehrkraft Patrick Swayze auf Speed.
Paso Doble? Wasndas?
auf einem war Montag eingenäht, was Schmock mit einem Kopfschütteln quittierte, schließlich war heute Freitag.
:D
Dann ließ er einen fahren, zeigte auf Frau Lindemann und schrie: ?Flatulencia obscura, vollblähe dein Werk!?
Schade, bis zu "vollblähe" war der Satz toll
Freude nicht nur klaglos die restlichen 300 Euro und die Spesenrechnung über 3,47 Euro für Brötchen und Fleischwurst, er schenkte Schmock als Bonus auch noch eine dreiviertelvolle Flasche Omas Schokozauber
:D

 
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Hallo Somebody

Wunderbare Detektivgeschichte mit skurilem Inhalt, humorvoll umgesetzt.
:thumbsup:

Ich kenne den Tanz Paso Doble,
ich kenne (das Wort) Sündenpfuhl,
aber was um Himmels willen ist ein Orkuspfuhl?

Meine Güte, die Frau war der echte Kracher geworden. Hätte er das damals schon geahnt, dann ...
ja, aber nur dank Dieter, he, he.:D

Gute Unterhaltung, wie ich sie mag.
Ich weiss, das ist nicht konstruktiv, aber wenn ich doch nix zum kritteln finde.
:)

Gruss dotslash

@gnoebel
Haben die Aline bei Oma geparkt, um mal nen Abend für sich zu haben?
Wink für SW insider! Jetzt check ich den erst.

 
Zuletzt bearbeitet:

Tach zusammen ...

@ flashbak
Hm, dass du der Story nichts abgewinnen konntest, braucht dir ja nicht gleich leid zu tun. Is´ eben so. Und weil du ganz schön kämpfen musstest, um weiterzulesen, hast du jetzt ´ne virtuelle Erfrischung bei mir gut: Cola oder ´n Fläschken TriTop – du darfst wählen.

@ Gnoebel

Schreibflaute vorbei? War ja auch mal Zeit, ne...
Na ja, volle Segel kann ich nicht vermelden, aber ein leichter Wind ist aufgekommen. Für den Admirals Cup dürfte es noch nicht ganz langen.

Also, mir hat die Geschichte hervorragend gefallen. Viele kleine Details, "echte" Figuren, knuffige Dialoge und massig Lokalkolorit. Keine großen Lacher zwar, aber ein Charme, der sich rotfadnegleich durch den Text zog und mich einfach sehr gut unterhalten hat.
Da gibt das nix zu meckern.
Na, da bin ich ja jetzt beruhigt nach dem Totalverriss von flashbak. Schön, dass du nix da am dran Rumzumeckern hast, hehe.

Köter (klingt besser)
Okay, hast recht, Hund ist nicht so dufte an der Stelle. Mal sehen, entweder mach ich einen Köter oder ´ne Töle draus.

Haben die Aline bei Oma geparkt, um mal nen Abend für sich zu haben?
Na ja, die beiden gehen eben gerne mal spazieren, und da ist der Kükenwagen manchmal im Weg. Aber – Holzauge sei wachsam! – in der Schlüpfurkunde ist die Kleene mit „Alina“ eingetragen. :D

Paso Doble? Wasndas?
Wie, du kennst den Paso Doble nicht? Ich verweise mal dezent auf dotslahs Link.
Darf ich dann um den nächsten Tanz bitten, Herr Romantiker ...?

Schade, bis zu "vollblähe" war der Satz toll
Wat ´ne Nörgelei an dieser ausdrucksstarken Formulierung. Oki, ich guck mal, ob mir was anderes einfällt.

@ dotslash

Wunderbare Detektivgeschichte mit skurilem Inhalt, humorvoll umgesetzt.
Bedankt, bedankt. :)

Ich kenne den Tanz Paso Doble,
ich kenne (das Wort) Sündenpfuhl,
aber was um Himmels willen ist ein Orkuspfuhl?
Hehe, das hat gerade nichts mit dem Himmel zu tun.
Orcus war in der römischen Mythologie ein Name für den Oberkasper der Unterwelt (oder nennen wir das Schaf beim heutigen Namen: Hölle).
Pfuhle sind kleinere Gewässer, die üblicherweise in eiszeitlich entstandenen Senken liegen und durch Toteisbildung entstanden sind. Beim Rückschmelzen der Gletscherstirnregion sind einzelne Eisblöcke liegen geblieben (Toteis) und konnten sich unter einer Schuttabdeckung noch lange halten. Späteres Ausschmelzen führte dann zu Vertiefungen und es bildeten sich Senken. Falls diese Senken im Bereich des Grundwasserspiegels lagen, bildeten sich Pfuhle.

Ich persönliche übersetze Orkus und Orkuspfuhl gleichermaßen mit dem Begriff „Hölle“, aber genauer ist natürlich Orkuspfuhl = Höllengrund. Na ja, die inhaltlichen Differenzen sind eher marginal.

Ich weiss, das ist nicht konstruktiv, aber wenn ich doch nix zum kritteln finde.
... freut mich das auch. Mit Humorstories verschwendet man schnell mal ein paar Minuten Lebenszeit geneigter Leser, und wenn das nicht der Fall ist, schütt ich mir immer ´ne lecker Tasse Kaffee ein.

Wink für SW insider! Jetzt check ich den erst.
Hehe, richtig. Sheep Wars ist eben immer und überall. Und, bevor ich es vergesse, meine seit Schafnaröks Zeiten ausstehende Antwort auf eure Kritiken zur letzten SW-Story kommt noch. Sorry for the Verspätung, mir ist ein Schaf ins Auto gelaufen.

Euch dreien nochmals (hm, sagte ich das überhaupt schon?) herzlichen Dank für´s Lesen, für Schelte und Lob und das ganze Brimborium.

THX
Some

 

@somebody

Doch, schlechte Kritiken bereiten mir immer Unbehagen aber muss ja auch mal sein.
Vielleicht lag's an dem Goliat-Regal oder an Beate, vielleicht auch an "im Winter Fahrrad fahren" oder ich hatte einfach bloß nen schlechten Tag, egal.
Steht ja bis jetzt 2:1 für die lobende Fraktion.
Ist die erste Deiner Geschichten, die ich mir durchgelesen habe. Du hast ja noch einige andere Geschichten am Start, so schnell schreibe ich Dich nicht ab (achgottachgott klingt das zweideutig).
Ach so: ich nehm Cola.
AAAhhh, danke. Jetzt bin ich wirklich erfrischt, hui.

Gruß

 
Zuletzt bearbeitet:

Steht ja bis jetzt 2:1 für die lobende Fraktion.
Na, dann mach ich da noch schnell n 3:1 draus :D

Tachi Some

Also eigentlich bin ich ja ein Schaf-fraktionist aber die Geschichte tummelt sich außerhalb von SW und du konntest mir damit wahrlich ein irreversibles, debiles Grinsen ins Gesicht zaubern. Der viele Wortwitz, die flotten Dialoge und die abgefahrene Story trafen voll mein Geschmackspentagramm.
Wie gnoebel schon sagte: sehr hohes, humoristisches Niveau, ohne große Ausbrüche nach oben noch unten. Dennoch seien die Ikea-Passage und der Running-Gemeindekirchhaus-gag als meine beiden absoluten Lieblinge herausgestellt.

Stilistisch und inhaltlich schön fand ich auch die Umrahmung mit dem Fensterblick und dem Möbelbau.


gruß mit ruß
Hagen

PS: Sieht mir nach nem Serien-Anfang aus :D Bitte mehr davon!

 

Tach auch ...

@ Flashbak

Ach so: ich nehm Cola.
AAAhhh, danke. Jetzt bin ich wirklich erfrischt, hui.
Toll, jetzt haben sich alle wieder lieb und sind erfrischt :)

@ Hagen
Hey, danke für deinen Kommentar :)

Na, dann mach ich da noch schnell n 3:1 draus
Klingt sexy!

Also eigentlich bin ich ja ein Schaf-fraktionist
Das klingt weniger sexy :D

aber die Geschichte tummelt sich außerhalb von SW und du konntest mir damit wahrlich ein irreversibles, debiles Grinsen ins Gesicht zaubern. Der viele Wortwitz, die flotten Dialoge und die abgefahrene Story trafen voll mein Geschmackspentagramm.
Wie gnoebel schon sagte: sehr hohes, humoristisches Niveau, ohne große Ausbrüche nach oben noch unten. Dennoch seien die Ikea-Passage und der Running-Gemeindekirchhaus-gag als meine beiden absoluten Lieblinge herausgestellt.
Ach, der Gnoebel hat doch keine Ahnung von Humor. Der schreibt über Schafe, da weiß man doch gleich, was das für einer ist. :D
Ansonsten natürlich danke für die lobenden Worte – motiviert immer wieder aufs Neue! :)

gruß mit ruß
Mit Ruß? Kommste aus Bochum? Jugendzimmer im Bergbaumuseum?

PS: Sieht mir nach nem Serien-Anfang aus Bitte mehr davon!
Na ja, ist angedacht, wird wohl auch umgesetzt. Obwohl in Serien wieder kein Schwein was liest. Dabei sind die nur einen Mausklick entfernt.

Okay, vielen Dank noch mal :)

THX
Some

 

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