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Gespräch auf der Damentoilette

Mel

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06.11.2001
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17

Gespräch auf der Damentoilette

„Ist er nicht süüüss!“
„Gefällt er Dir? Ich finde er hat eine etwas zu grosse Nase, aber sonst...“ Sie zog sich die Lippen im großen Spiegel nach. Ihre Freundin beobachtete sie dabei mit einem leicht abwesenden Blick. Dann: „Er findet mich bestimmt fett.“
„Wie kommst Du denn darauf.“ Sie blickte ernst an den üppigen Hüften der Freundin vorbei, als wären sie gar nicht vorhanden. „Ich finde Du bist überhaupt nicht dick“, log sie. Sie wollte ihr nicht den Mut nehmen.
„Findest Du wirklich?“, fragte die Freundin zweifelnd und sah an sich herab. „Glaubst Du ihm gefällt meine Frisur?“ Sie blickte in den Spiegel und fuhr sich durch den Kurzhaarschnitt. „Irgendwie liegen sie so platt. Sie mal.“
Sie blickte auf den Hinterkopf ihrer Freundin, der so flach war wie ein Brett war. „Hattest Du das Gefühl, dass er etwas von Dir wollte“, versuchte sie abzulenken. Sie hatte es satt zu lügen.
„Hat er mich nicht die ganze Zeit angesehen?“ Ihr Stimmung hob sich deutlich.
„Oder?“, verlangte sie eine Zustimmung.
„Kann schon sein.“ Sie tat als würde sie überlegen.
„Findest Du nicht?“ Ihr Stimme nahm wieder einen zweifelnden und gleichzeitig fordernden Ton an, während sie ihre Freundin bittend im Spiegel ansah.
„Doch....“ Sie tat als würde sie sich erinnern. „Ja, er sah Dich schon immer wieder an.“ Sie dachte an den jungen Mann, der draußen alleine an ihrem Tisch saß. Es machte keinen Unterschied, dass sie noch kein einziges Wort mit ihm gewechselt hatten. Auch nicht, dass sie sich zu ihm gesetzt hatten, weil sonst kein Tisch mehr frei war.
„Soll ich ihn ansprechen?“, platzte ihre Freundin plötzlich hervor.
Warum eigentlich nicht. „Ja, warum nicht“, antwortete sie ihr mit einer leichten Sensationsgier. Vielleicht wurde ja wirklich etwas daraus, wer weiss? „Auf wen hat er eigentlich gewartet?“ Sie zog ihre Strümpfe hoch.
„Keine Ahnung.“ Ihre Freundin sah sie fragend an.
Eine viertel Stunde war vergangen, als sie wieder zurück ins Lokal gingen.
„Wer ist denn diiee Tussi!“ Ein Mädchen saß neben ihm, seinen Arm um ihre Schultern.
„Komm gehen wir in ein anderes Lokal“, versuchte sie ihre hysterisch werdende Freundin von hier wegzubringen. Es war ihr schon peinlich wie die Leute hersahen. Plötzlich blieb der wildgewordene Blick ihrer Freundin an einem entsetzt starrenden Jungen hängen. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. „Sieh mal, dort ist noch ein Platz frei.“

 

Ein Musterbeispiel von mangelndem Selbstbewußtsein.

Aber nicht schlecht geschrieben. Vielleicht hätten die beiden noch Namen haben können, da es ein bißchen viel "sie" und "ihre" usw. gibt (aber in der Kürze geht´s grad noch)?

Alles liebe
Susi

 

Ich hatte gerade eine Kritik geschrieben, aber dann fiel mir die Kategorie auf: Satire.
Ich hatte also die falsche Kritik geschrieben, da ich davon ausgegangen bin, dass die Autorin ihre Protagonistin "Sie" positiv und die "Freundin" negativ beschreiben wollte.

Da ich die Protagonistin aber als extrem unsympathisch, eitel und unwürdig einer wahren Freundschaft empfand, war meine Kritik dementsprechend. Nun aber unter der Rubrik Satire stehend, denke ich, dass die Autorin die Situation der beiden Mädchen sehr clever dargestellt hat.

Die auf den ersten Blick positiv erscheinende "Sie" ist die eigentlich Kritisierte in dieser Geschichte, obwohl Bemerkungen wie "Sie blickte ernst an den üppigen Hüften der Freundin vorbei." und "Sie blickte auf den Hinterkopf ihrer Freundin, der so flach war wie ein Brett war." erst als Hinweise auf Kritik an der wohl eher unattraktiven "Freundin" erscheinen können.


Zitat: „Komm gehen wir in ein anderes Lokal", versuchte sie ihre HYSTERISCH werdende Freundin von hier wegzubringen. Es war ihr schon PEINLICH wie die Leute hersahen." und " Plötzlich blieb der WILDGEWORDENE Blick ihrer Freundin an einem ENTSETZT STARRENDEN Jungen hängen."

Durch diese Beschreibungen der Gedankengänge der Protagonistin "Sie" wendet sich der Lesers sofort verabscheut ab. Er erkennt nun krass die Kritik an der vermeintlich überlegeneren "Sie", die aber eigentlich nichts anderes als ein kleine, eingebildete Pute ist - und eine miese Freundin dazu. Eine gute Freundin würde ihre Freundin niemals so beschreiben.

Raffiniert gemacht, well done. :thumbsup:

:)

[Beitrag editiert von: Roswitha am 06.12.2001 um 23:21]

 

Lustige Geschichte und obwohl sie so kurz ist, beinhaltet sie glaube ich viel wahres.
Ich war zwar noch nie auf einer Damentoilette ;) aber ich kann mir gut vorstellen, dass sich dort ähnlich Szenen abspielen und das alles nur, damit man sein Gegenüber nicht verletzt.

Gut fand ich auch den allmählichen Stimmungswechsel der Kollegin, die allmählich "ranzig" wurde und es satt hatte immer zu lügen.

„Hattest Du das Gefühl, dass er etwas von Dir wollte“, versuchte sie abzulenken. Sie hatte es satt zu lügen.

Super Geschichte :D

 

Da muss ich Roswitha recht geben! Diese unverschämte Feigheit der Überlegeneren gegenüber der Schwachen. Dieses arogante Lügen und heuchlerisches Mutzusprechen! Dieses zynische Verlangen einer den anderen zu sehen, wie dieser eine Abweisung bekommt!

Ich an ihrer Stelle hätte gesagt: "Was willst du, du dumme fette Kuh! Sieh dir doch mal deinen fetten Arsch und deinen flachköpfigen Hinterkompf an, du Arsch! Du hast extreme Probleme mit Figur, Frisur ach ja! und auch Rasur (kurze Einwurf meinerseits, hat gut zu dem "ur" der anderen Wörter gepasst, Anm. des Kritikers)!"
Das hätte ich gesagt, denn ich bin ein wahrer Freund, Ha! :p

Naja...

Nun zur Geschichte: Ich finde diese Geschichte hätte eher zu "Alltag" gepasst, denn für eine Satire ist sie mir zu realistisch. Es gibt Männergespräche (nur im Wirtshaus, statt am WC!) die noch viel schlimmer sind, und da Frauen ja "angeblich" noch viel viel viel schlimmer sind (was ich einmal dahin gestellt lassen möchte), kann ich mir gut vorstellen, dass der Gesprächsraum (Damen WC) eine wahre Hölle aus Heuchlerei, Geschwätz und Lesterei ist, in der die Flamme der Männerfeindlichkeit wütet und ein Mann, sollte er sich im betrunkenem Zustand einmal auf das Damen WC verirren, für immer verschollen und niemehr zurück kehren wird!

Doch das ist meine Meinung.

Kritik:
- man könnte die Satire noch ausbauen
+ kurze Geschichte
+ gut und
+ flüssig und
+ stilistisch sehr gut erzählt.

Gesamtwertung +2 auf der Hrubi-Skala.

;)

Sehr inspirierend...

Schöne Grüße aus Wien, Peter Hrubi

[Beitrag editiert von: Peter Hrubi am 19.12.2001 um 16:06]

 

Hi!

Danke für die Kritiken.

Schöne Grüsse und frohe Weihnachten! :)

[Beitrag editiert von: Mel am 21.12.2001 um 15:49]

 

Zum Schluss bin ich nicht mehr ganz mitgekommen.

Plötzlich blieb der wildgewordene Blick ihrer Freundin an einem entsetzt starrenden Jungen hängen.

An dem gleichen Jungen, um den es die ganze Zeit ging, oder doch ein anderer?

„Wer ist denn diiee Tussi!“

Wer sagt das denn? Einer der beiden Frauen, oder die Freundin von dem Kerl?

Super geschrieben, bis zu dem Punkt, an dem die beiden wieder ins Lokal gehen. Ab da ist es ein wenig verwirrend für den Leser mitzukommen.

 

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