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Gewalt

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24.11.2003
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Gewalt

Gewalt

Er hasste ihn. Nein, das wäre zu viel gesagt. Doch er empfand Hass für ihn. Das ist angemessener formuliert. Differenzierter ausgedrückt, und daher besser. Man sollte die Dinge differenziert sehen.

Er empfand also Hass für ihn. Der, den er hasste, war in seiner Klasse. Trug Sonnenbrillen, viel Gel in den blondierten Haaren, besuchte das Fitnessstudio und offensichtlich auch das Sonnenstudio und war, so dachte er, ein Wichser. Das allein wäre ihm egal, denn er kümmert sich nicht darum, wie die Leute aussehen, oder, ob sie nun Wichser sind oder nicht. Es ging um etwas anderes.

Unkonzentriert blickte er aus dem Fenster der Schule und sah Autos vorbeifahren. Dichter Verkehr. Er lies seine Augen wieder durch das Klassenzimmer wandern, bis sie bei dem Wichser angekommen waren. Er hätte sich schon einmal fast mit ihm geprügelt. Der vor Gel triefende hatte ihn provoziert, geschlagen, doch er ist weggegangen. War der klügere. Wie man so sagt. Doch eigentlich richtige Aussagen sind nicht immer richtig. Das muss man von Situation zu Situation sehen. Hier hätte er zurückschlagen sollen. Sicher, Gewalt ist nicht gut. Das ist generell richtig. Doch es wäre Notwehr gewesen. Und das ist etwas anderes.

Und heute. Heute war der Gipfel. Seit Tagen schon muss er es ertragen, dass jeder die Nase rümpft, wenn er ihn sieht, weil der Sonnenstudiokerl mit dem Witz angefangen hatte, er würde stinken. Nein, nicht jeder hat das getan – man darf nicht verallgemeinern und nicht übertreiben. Aber viele. So viele, das es nervte. Doch das war nichts gegen heute. Heute schubste er ihn die Treppe hinunter. Nicht weit. Aber es tat weh. Und selbst das allein wäre für ihn erträglich gewesen, aber es war nicht das erste Mal, dass sowas passiert. Er hatte ihm schon den Fussball an den Kopf geworfen, ihm den Stuhl weggezogen, ihn lächerlich gemacht bei jeder Gelegenheit. Er verstand es nicht. Er kam sonst mit fast jedem gut aus. Er war nicht beliebt und das wollte er auch nicht sein, doch er hatte Freunde. Und die anderen ließen ihn alle in Ruhe. Nur der Fitnesstudio-Blondi, der machte ihn fertig, wo er nur konnte.

Er wusste, dass er diesen Demütigungen nicht aus dem Weg gehen kann. Und so entschloss er sich, wärend er draussen Autos dicht gedrängt hintereinander vorbeifahrend anstarrte, dass er sich ihm stellen muss. Er muss es mit ihm klären, dachte er sich. Der Wichser war sicher stärker und größer als er, aber er würde nicht mit einer solchen Entschlossenheit rechnen. Er malte es sich genau aus. Er würde auf ihn zugehen, er würde ein paar Worte sagen und dann würde er zuschlagen. Und er würde sich, so plante er, so in einen Rausch steigern, dass es ihm nichts ausmachen würde, wenn der gebräunte Muskelprotz zurückschlagen würde. Er werde, so dachte er, ihm mit voller Kraft ins Gesicht schlagen. Sehen, wie sich seine Nase unter einem seiner harten Schläge verformt. Hören, wie er es einmal ist, der vor Schmerz schreit. Immer wieder zuschlagen. In den Fitnessstudio-gestählten Bauch. Ins gebräunte Gesicht. Immer wieder ins Gesicht. Dabei würde er ihn anschreien. Immer fester zuschlagen. Und fester. Bis er Blut an den Händen hat. Und wenn dieses seine Finger hinunterläuft, so würde er Genugtuung und Erregung verpüren.

Der blondierte, gebräunte, gegelte, verdammte Wichser hatte es verdient. Für all die Demütigungen, all die Dinge, die sich über die Jahre angesammelt haben. Und er hatte ihn zuvor geschlagen, die Treppe hinunter geschubst. Und es würde nie aufhören, wenn er nicht die Tat ergreift. Eines Tages musste er das tut. Und dieser Tag war heute.

Nach der Schulstunde fand er ihn vor einem Fenster stehen, durch das man dichten Verkehr beobachten konnte. Er tat genau das, was er sich vorgenommen hatte. Er ging auf ihn zu, sagte ein paar Worte und schlug zu. Damit hatte er nicht gerechnet. Er hatte seine Rache. Gut, der, den er verprügelte war nicht der beschriebene Wichser aus seiner Klasse. Aber es war genau, wie er geplant hat. Er schlug immer und immer wieder auf ihn ein. Er sah, wie sich die Nase bei einem seiner härtesten Schläge verformte und hörte, wie es endlich einmal er war, der vor Schmerz schrie. Er schlug ihm in den nicht besonders durchtrainierten Bauch. Er schlug ihm in das blasse Gesicht. Immer wieder in dieses blasse Gesicht. Er schrie ihn dabei an. Schlug immer fester zu. Und es rannte Blut seine Hand hinunter. Es erregte ihn.

Endlich konnte er sich für die ganzen Demütigungen rächen. Es ging ihm besser.

Der Wichser ließ ihn, nachdem er hörte, was passiert war, von diesem Tag an in Ruhe. Und der blasse Junge, der verpügelt wurde, bekam am nächsten Tag von der Rektoren den Rat, Leuten, die ihm böses wollen, doch in Zukunft aus dem Weg zu gehen. Und da er schon oft verprügelt wurde und bisher noch nicht auf die Idee gekommen war, den Leuten, die ihn verprügelten, einfach aus dem Weg zu gehen, hatte er danach ein deutlich leichteres Leben.

Es war gut.

Draußen fuhren jetzt keine Autos mehr dicht gedrängt hintereinander. Es gab keinen dichten Verkehr mehr. Aber es war ja auch schon Nacht geworden.

 

Da muss ich als Schüler, der genau so etwas erlebt hat, etwas dazu sagen...

In einer solchen Situation müsste man hingehen, und den Wichser ( es gibt 2 davon, den Sonnengebräunten und den Erzählenden, ich meine den Erzählenden ) eindelweich prügeln!

Er schlägt jemanden dr gar nichts dafür kann, ich verstehe das nicht ganz!

Ich sehe nur die Feigheit...Das ist keine Rache! Er demütigt sich selbst!

Mir gefällt die Story, weil sie absolut von der Realität erzählt...

So passiert es, und man muss dagegen was tun ( was ich schon bei mir erlebt habe...Sowas käme hier schlecht zustande! )

Gefällt mir wirklich!

mfg Summarlidi

 

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