Was ist neu

Gilt show don’t tell für Sex nicht?

Dion schrieb: Das ist mir einfach zu dünn, Setnemides, und sich auf Theryn zu berufen, die ja sehr Vieles gesagt hat, auch. Könntest du bitte den Inhalt, der die Grenze zwischen Erotik und Pornografie überschreitet, etwas näher erläutern?
Nein, das geht gerade nicht. Es gibt keinen qualitativen Unterschied in den Inhalten, der die Grenze ausmacht. Solche Unterschiede trennen das eine Genre vom anderen, den einen Stil vom anderen. Es gibt nur den einen qualitativen Unterschied zwischen Pornographie und erotischer Literatur: die Pornographie hat neben der äußerlichen Beschreibung von Sex keinen Inhalt, der ernstgemeint ist und der Sexualität übergeordnet ist. Wenn es Inhalte gibt, dienen sie der Herleitung der sexuellen Szene. In der erotischen Literatur werden Inhalte vermittelt, egal welche, vom süßen Beziehungsgesäusel bis zum Anarchodrama, und die Sexualtität hat die Rolle, diese Inhalte zu vermitteln, sie ist also dem inhaltlichen Geschehen untergeordnet.

Ich denke, man muß versuchen, es so einfach und formal zu strukturieren, sonst verliert man sich bei der Frage im Labyrinth des Geschmacks.

 

Shit!

Hallo zusammen!

Hab grad auf halber Strecke meinen Browser zerschossen und bin grad zu geladen, das Geschriebene nochmal zu rekonstruieren.

Ich werd mich morgen nochmal ransetzen, wenn sich mein Gemüt abgekühlt hat.

Im Übrigen finde ich, hat Setnemides eine treffene Aussage gemacht.

Auf bald!

Theryn (dessen Name nicht auf den im anglo-amerikanischen Raum bekannten weiblichen Vornamen zurückgeht und sich demnach hinter dem Namen ein Kerl verbirgt.;-))

 

Geckig = macht Spaß. (vermutlich Hessisch) :)
Danke, Katla, wieder was gelernt. :)


Möglicherweise widerspreche ich mir in meinen Grenzen - sag ich doch.
Was für Grenzen? Entweder widerspricht man sich oder eben nicht.


In ein Lager wechsel ich damit nicht: daß ich das Thema nicht romantisiert sehen will, bedeutet nicht, daß ich für ein Verschweigen wäre, oder daß ich mich nicht damit beschäftigen würde. Zufällig fällt hier nur (ausnahmsweise) das Gesetz mit meinen eigenen Grenzen zusammen - wie sinnvoll die Gesetze in ihrer Art sind, und wie wirkungsvoll, sieht man ja.
Nun gut, kein Lager, sondern deine ureigene Position, mit keiner anderen in diesem Thread vergleichbar. Aber niemand sprach von einem Romantisieren des Themas, sondern davon, dass man durch Verschweigen im Fiktiven, im Realen nichts verändern kann.


(Und ich verwende Ich nie rhetorisch.)
Schade, ich hatte gehofft, das Ich wäre rhetorisch gemeint gewesen.


Weiß ich doch, daß es die Begriffe gibt. Wird nicht aber genau diese Formulierung auch für (bzw. gegen) Pornographie verwendet? Als Vorwurf, sie diene ja nur der sexuellen Erregung?
Eben, deswegen ist „erotisch“ nur Augenwischerei.


Klingt für mich immer wie "Alles Schlampen außer Mutti" => Erotik ist gut, weil noch eine Rahmenhandlung und 'höhere' Gefühle reingebracht werden, Porno ist roh, weil Sex mehr körperbetont (evt. noch kommerzialisiert) gezeigt wird. Die Unterscheidung mit identischer Begründung ist so alt wie horror vs. terror bei der Gothic Novel, und wird dort schon lange nicht mehr angewandt.
Du sagst es – es wird Zeit, dass sich das ändert.


Sind die Frauen- und Männerrollen in einem gut geschriebenen alternativen Porno letztlich nicht realistischer und - beiden Geschlechtern gegenüber! - weniger sexistisch, als eine zuckersüße *flötsäuselrosaWolke* mainstream Lovestory? Aber nur eines von beiden könnte im Zweifelsfall auf den Index kommen. (Wie Kathy Ackers Harte Mädchen weinen nicht vor über 20 Jahren, heute undenkbar. Und ohnehin nicht als Porno geschrieben gewesen.).
Ganz meine Meinung. Das Problem ist nur, dass darüber, ob ein Text pornografisch ist, nicht der Autor entscheidet – was er mit seinem Schreiben wollte, ist völlig uninteressant, entscheidend ist nur, wie der Text beim Publikum bzw. Gericht ankommt.

Ich werde aus dir nicht schlau, Katla. Mir scheint, als ob du nicht wüsstest, was du willst. Aber möglicherweise irre ich mich. Deshalb frage ich dich: Willst du, das sich was ändert? Wenn ja, dann sage bitte auch, was.

Dion

 
Zuletzt bearbeitet:

Dion, Du wirst aus mir nicht schlau, weil ich zu viel schwafle ... ich werd eines Tages lernen, mich am Riemen zu reißen.

Ich denke, daß es keine Grenzen hinsichtlich einer sprachlichen Ausdrucksform geben sollte. Daß Pornographie ein Genre mit eigenen Anforderungen und keine verachtenswerte Unterform darstellt. Sich Sexualität auch in jedem anderen Genre mehr oder weniger explizit (oder auch mal gar nicht) finden lassen kann, es aber keine spezielle Unterbezeichnung "Erotische Literatur" zur Abgrenzung braucht.

Dabei gibt es eine persönliche thematische Grenze, und diese betrifft genanntes wenn "ein Kind oder Teenager als Objekt sexuellen Begehrens Erwachsener gezeigt wird." Und zwar in einer romantisierten oder sonstwie positiven, unterhaltsamen oder verständnisvollen Art - egal, ob explizit oder subtil.

Aber nu, :Pfeif: genug von meiner Seite,
gute Nacht, Katla

 

Es gibt keinen qualitativen Unterschied in den Inhalten, der die Grenze ausmacht. Solche Unterschiede trennen das eine Genre vom anderen, den einen Stil vom anderen.
Was denn – gibt es nun qualitative Unterschiede in den Inhalten oder nicht?


Es gibt nur den einen qualitativen Unterschied zwischen Pornographie und erotischer Literatur: die Pornographie hat neben der äußerlichen Beschreibung von Sex keinen Inhalt, der ernstgemeint ist und der Sexualität übergeordnet ist. Wenn es Inhalte gibt, dienen sie der Herleitung der sexuellen Szene.
Das ist nichts als eine Behauptung. Das ist so, als ob man sagen würde: Sex spielt zwar eine zentrale Rolle beim Menschen, aber er kann nie allein eine Hauptrolle in einem literarischen Wekr spielen. Hier trifft wohl Freuds Aussage zu: „Es ist einfach das Programm des Lustprinzips, das den Lebenszweck setzt – an seiner Zweckdienlichkeit kann kein Zweifel sein, und doch ist sein Programm im Hader mit der ganzen Welt.“


In der erotischen Literatur werden Inhalte vermittelt, egal welche, vom süßen Beziehungsgesäusel bis zum Anarchodrama, und die Sexualtität hat die Rolle, diese Inhalte zu vermitteln, sie ist also dem inhaltlichen Geschehen untergeordnet.
Das ist tatsächlich ein Gesäusel, denn ich kann auch sagen: In der pornografischen Literatur werden Inhalte vermittelt, egal welche.


Ich denke, man muß versuchen, es so einfach und formal zu strukturieren, sonst verliert man sich bei der Frage im Labyrinth des Geschmacks.
Ja, der Mensch möchte alles einfach haben, deswegen haben Demagogen immer leichtes Spiel. :D Aber das Leben des Menschen, und hier vor allem seine Sexualität, ist kompliziert – da gibt es keine einfachen Strukturen und es kann auch keine geben.

 

Ich denke, daß es keine Grenzen hinsichtlich einer sprachlichen Ausdrucksform geben sollte. Daß Pornographie ein Genre mit eigenen Anforderungen und keine verachtenswerte Unterform darstellt. Sich Sexualität auch in jedem anderen Genre mehr oder weniger explizit (oder auch mal gar nicht) finden lassen kann, es aber keine spezielle Unterbezeichnung "Erotische Literatur" zur Abgrenzung braucht.
Das könnte auch von mir kommen. :D

Dabei gibt es eine persönliche thematische Grenze, und diese betrifft genanntes wenn "ein Kind oder Teenager als Objekt sexuellen Begehrens Erwachsener gezeigt wird." Und zwar in einer romantisierten oder sonstwie positiven, unterhaltsamen oder verständnisvollen Art - egal, ob explizit oder subtil.
Auch das ist zu akzeptieren – als Ausdruck einer persönlichen Haltung.

Ich wusste, wir waren gar nicht so weit voneinander entfernt. :)

Dion

 

Ja, der Mensch möchte alles einfach haben, deswegen haben Demagogen immer leichtes Spiel. Aber das Leben des Menschen, und hier vor allem seine Sexualität, ist kompliziert – da gibt es keine einfachen Strukturen und es kann auch keine geben.

So ein Allgemeinpaltz! Herzlichen Glückwunsch!

Jede intellektuelle Auseinandersetzung treibt Differenzierung und Strukturierung; man kann natürlich auch die Ergebnisse ablehnen und sie den Demagogen zuschreiben - dann endet man in der Alternative: das kann ich garnich soo genau sajen, das is allens sooo komplex!

Also, ich verabschiede mich mal aus diesem Thread; mir wird das auch zu viel. Mein Votum handelt ja von dem möglichen Unterschied zwischen Porno und Literatur; ein Nebenthema. Vielleicht gibt es den Unterschied nicht, oder es gibt ihn, aber es ist unproduktiv, ihn zu definieren.
Wichtig ist doch nur, daß für beide Gattungen gilt: Show, don’t tell!

 

Mein Votum handelt ja von dem möglichen Unterschied zwischen Porno und Literatur; ein Nebenthema. Vielleicht gibt es den Unterschied nicht, oder es gibt ihn, aber es ist unproduktiv, ihn zu definieren.
Wichtig ist doch nur, daß für beide Gattungen gilt: Show, don’t tell!
Na, das ist doch eine Aussage! Mehr wollte ich gar nicht: Show don't tell gilt also immer, was allerdings Geschichten, in denen es um Sex geht, zwangsläufig zu Pornogeschichten macht - nach Meinung einiger Leute hier, vielleicht sogar der Mehrheit.

Im Umkehrschluss heißt das aber: Willst du nicht als Pornoschreiber gelten, muss du bei Sexszenen auf die Methode show don't tell verzichten, was natürlich die Kraft der Geschichte mindert.

Ein Teufelskreis!

 

Im Umkehrschluss heißt das aber: Willst du nicht als Pornoschreiber gelten, muss du bei Sexszenen auf die Methode show don't tell verzichten, was natürlich die Kraft der Geschichte mindert.
Hmm, kann man das nicht einfach wie bei Filmen machen, gibt ja auch Erotikthriller, wo es sehr eindeutig zu geht, sie sind aber längst keine Pornos. Die haben halt einen gewissen Anspruch, was bei Pornos einfach fehlt. Das ist für mich der wesentliche Unterschied, hat aber Theron glaub ich auch gesagt. Ich schließe mich ihr einfach an. :D
Ich seh da kein großes Problem. Für mich ist klar, show don't tell muss auch für Sex gehen, warum nicht? Wenn das zur Handlung gehört und sie weiterbringt? Wenn es einfach ein wesentlicher Bestandteil der Geschichte ist, warum sollte man den Sex hinter irgendwelchen Bildchen und Metaphern verstecken?

 

lol
Es geht aber jetzt gerade nicht darum, ob deine Frau dir privat eine Sexgeschichte erzählt, sondern, ob man das auch in der Literatur darf, und zwar ohne Details auszusparen bzw. einfach konkret den Akt beschreiben.
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte? Nicht wirklich, nicht in Geschichten. Die meisten "Sex"-Metaphern sind einfach ausgelutscht oder hören sich lächerlich kitschig an.

 

Hmm, kann man das nicht einfach wie bei Filmen machen, gibt ja auch Erotikthriller, wo es sehr eindeutig zu geht, sie sind aber längst keine Pornos.
[...]
Ich seh da kein großes Problem. Für mich ist klar, show don't tell muss auch für Sex gehen, warum nicht?
Du nennst da zwei verschiedene Dinge, JoBlack. Selbst in Filmen, die nach 23 Uhr im Fernsehen gesendet werden, siehst du grundsätzlich keinen steifen Schwanz und keine Möse in Detail – auch in Erotikthrillern nicht. Entsprechendes gilt für Literatur: Du kannst seitenlang Gesicht, Hände oder sonstige Körperteile eines Menschen beschreiben, nicht aber seine Geschlechtsteile, und schon gar nicht, wenn sie sich in Aktion befinden. Darum geht es.

 

Hallo zusammen!

@ Dion

So, nun doch nochmal vom Neuen.

Ein Autor, Theryn, sollte sich schützen, indem er die Schere im eigenen Kopf aktiviert? Das ist die schlimmste und beste Form der Zensur. Die beste, weil sie vollkommen unsichtbar ist, und die schlimmste, weil sie Verlogenheit vom Autor verlangt - ich will nicht glauben, dass du, eine Autorin, Solches empfiehlst.

1. Schon geklärt: Ich bin 'n Kerl.;-)

2. Was unterstellst Du mir da?:-D

Interpretiere doch bitte nicht zu schnell Sachen in Aussagen hinein, die Du darin lesen möchtest, die aber so nicht da stehen.

Es geht MITNICHTEN um Selbstzensur. Es geht um Selbstschutz. Und der beginnt bereits dann, wenn man sich vor Augen führt, was passieren kann, wenn man sein Werk veröffentlicht.

Wenn ich einen Text, unabhängig vom Inhalt, ohne Kompromisse schreibe, dann wird es immer welche geben, denen ich damit auf die Füße trete. Mich selbst zu schützen heißt dann aber nicht, mich selbst zu zensieren, sondern mich für das zu wappnen, was da kommen mag.

Wenn ich nicht in der Lage dazu bin, weil ich labil bin, keinen Rückhalt habe oder sonstwas, dann muss ich mit mir selbst vereinbaren, ob mein Werk mir wichtiger ist, als mein eigenes Wohl.

Natürlich wird man heute nicht mehr einer hochnotpeinlichen Befragung durch die Inquisition unterzogen, aber wie schnell man gesellschaftlich ins Abseits geraten kann, sollte bekannt sein.

Und nur das habe ich gemeint. Das hat mit Selbstzensur meiner Meinung nach überhaupt nichts zu tun, sondern mit Mut, Entschlossenheit und Umsicht.


Entweder ist Pornografie etwas Schlimmes, dann muss die Gesellschaft davor geschützt werden, oder sie ist das eben nicht.

Nein, das ist eine Sache des Standpunkts.

Ich kann für mich selbst bestimmen, dass Pornographie nichts schlimmes ist. Ich konsumiere sie ja auch selbst.

Aber es bleibt doch bitte jedem selbst überlassen, wie er sein Umfeld gestalten möchte und in was für einem Umfeld er sich wohlfühlt. Sex ist nachwievor ein heikles Thema für viele Menschen, auch wenn einige das anders haben wollen und lauthals und selbstgefällig darüber wettern, es bleibt auch erstmal ein heikles Thema.

Wenn jemand Pornographie konsumieren möchte, dann bleibt das jedem selbst überlassen und es ist bereits ein Fortschritt, dass man das problemlos tun kann.

Es gibt aber Menschen, die für sich und ihre Familien einen anderen Umgang mit diesem Thema wünschen. Warum sie das wünschen oder ob sie sich dabei schlau anstellen oder nicht, das ist für alle anderen ohne Belang und geht niemanden sonst etwas an. Für diese Menschen wird es aber immer schwerer, dieses Thema auszuklammern, wenn man am gesellschaftlichen Leben teilhaben möchte. Ich sehe darin ebenfalls eine Art Zwang. Und das ist nicht ok.

Es muss also nicht die Gesellschaft davor geschützt werden, es wäre aber schön, wenn man die Gesellschaft nicht mit der pornographischen Keule gewaltsam in den Sexpferch prügeln wollen würde.

Es geht, wohlgemerkt, nicht um das pornographische Produkt an sich, es geht um die Art und Weise, wie verschiedene Einstellungen bzw. Vorstellungen aufeinander treffen und welche Methoden dabei angewandt werden.


Nein, beides sind zulässige Kunstformen, d.h. Pornografie und Kunst schließen sich nicht aus – sagt das Bundesverfassungsgericht.

Da gebe ich dem Bundesverfassungsgericht sogar recht, auch wenn ich diesem Organ bei derlei Themen nicht eine generelle absolute Kompetenz zugestehen würde.:-)


Das sind Binsenwahrheiten, die für jede Art von Literatur gelten.

Ja, aber was ist daran nun so schlimm?

Ich denke, es ist nicht verkehrt, seine Ausführungen mit einer gemeinsam nachvollziehbaren Basis zu beginnen. Außerdem gibt es bei den einfachsten Grundregeln immer wieder Elemente, die man übersieht oder die man vergessen hat. Von daher verstehe ich nicht, weshalb Du mir daraus eine Vorhaltung strickst.


Wieso nicht? Es gibt unzählige literarische Werke, in denen alles Mögliche detailliert beschrieben wird, ohne dass jemand Einspruch erheben oder Amok laufen würde. Ich sehe nicht ein, warum für Sex das nicht gelten sollte.

Was Du aber bei Deiner Argumentation unterschlägst, ist doch, dass wenn etwas detailliert beschrieben wird, das nicht zum Selbstzweck geschieht, sondern um eine Wirkung zu erzielen.
Entweder ist die detaillierte Beschreibung notwendig für die Atmosphäre und/oder sie ist Träger einer dahinterliegenden Aussage oder Symbolik. Das ist meiner Meinung nach elementarer Bestandteil des Handwerks.

Spontan fällt mir als Beispiel das Finale des Romans "Der Richter und sein Henker" von Friedrich Dürrenmatt ein. Der Protagonist, Kommissär Bärlach, offenbart dem Mörder in Rahmen eines "Festessens", dass er ihn entlarvt hat. Bärlach, der schwer krank ist, lässt gewaltige Mengen an Speisen auftischen und futtert, was das Zeug hält.

Der Vorgang der Nahrungsaufnahme wird hier sehr detailliert beschrieben. Kommissär Bärlach stopft sich auf unverschämte Weise voll, dass manch einer sich empört wegdrehen würde, müsste man bei sowas zusehen. Aber in dieser Szene wird durch die Darstellung des Essens eine besondere Atmosphäre aufgebaut (die nichts damit zu tun hat, ein Hungergefühl beim Leser auszulösen) und durch sie wird die Überlegenheit des Protagonisten gegenüber des Mörders deutlich. Ein regelrechter Showdown beim Abendessen.

Sowas kann ich mir auch bei einer Sexszene vorstellen. Und da kann es bis ins letzte Detail gehen.

Detaillierte Beschreibungen aber nur hinzuschreiben, weil man es kann, das ist bloßer Selbstzweck und als solcher unnötig, effektheischend und meiner Meinung nach einfach schlechter Stil. Das ist vollkommen unabhängig davon, ob der Inhalt dabei anstößig ist, oder nicht.

Ich kann auch einen Roman schreiben, in dem der Protagonist in episodischen Abständen aus unerfindlichen, für die Geschichte absolut nicht wichtigen oder nachvollziehbaren Gründen in einen Busch kackt und diesen Vorgang detailliert beschreiben. Aber warum sollte ich das tun? Klar, ich hätte vielleicht Spaß daran, ein in den Busch kackender Protagonist kann meine Geschichte vielleicht auch etwas auflockern (ein ähnliches Prinzip fährt übrigens Hollywood sehr gern). Aber jede detaillierte Beschreibung von Vorgängen, die nun wirklich nichts mit der Geschichte zu tun hat, ist so nötig, wie ein Kropf.

Wir reden hier über Literatur mit einem künstlerischen Anspruch. Ein Kochbuch KANN künstlerisch wertvoll sein, muss es aber nicht...ein Sachbuch KANN künstlerisch wertvoll sein, muss es aber nicht...Pornographie KANN künstlerisch wertvoll sein, muss sie aber nicht.
Erotische Literatur aber MUSS künstlerisch wertvoll sein (wie gering der Anspruch auch sein mag!), sonst sollte man es nicht zulassen, dass sie sich dieses Prädikat anhängt.

Anders gesagt: In der Pornographie ist die Geschichte dem sexuellen Inhalt untergeordnet und dient lediglich dazu, ihn zu transportieren. Das heißt nicht, dass die Geschichte nicht gut sein KANN. In der Regel ist es aber so, dass eine gute, ausgereifte Geschichte eher als störend empfunden wird.;-)

In der erotischen Literatur ist der sexuelle Inhalt jedoch essentieller Bestandteil der Geschichte und bringt diese voran, liefert dem Leser Erkenntnisse, die für die Geschichte selbst wichtig sind. Natürlich regt sie den Leser idealerweise sexuell an, aber der Unterhaltungswert einer solchen Geschichte, lässt sich nicht nur darauf beschränken.

Du sagst es selbst: Das hat mit Erotik nichts mehr zu tun. Wenn ich deinen Gedanken richtig verstehe, dann sind detaillierte Beschreibungen von Sexszenen nur dann statthaft, wenn sie Verdeutlichung „übergeordneter“ Sachverhalte dienen. In einer reinen erotischen Geschichte gibt es aber keine „übergeordnete“ Sachverhalte, oder anders ausgedrückt: Sex selbst ist da dieser „übergeordnete“ Sachverhalt.

Nochmal: Es geht nicht darum, ob detaillierte Sexszenen nur dann nicht anstößig sind, wenn sie der "Verdeutlichung übergeordneter Sachverhalte dienen".

Es geht mir um rein handwerkliche und nachvollziehbare Überlegungen, anhand derer man zwischen Pornographie und erotischer Literatur unterscheiden kann.

Und nein, in einer erotischen Geschichte ist Sex niemals der übergeordnete Sachverhalt. Was Du beschreibst ist, meiner Meinung nach, Pornographie.


Nein, denn beide, Pornografie und Erotik, haben zum Ziel, den Leser sexuell zu erregen, sonst hießen sie nicht so. Sie bedienen sich dazu jedoch unterschiedlicher Mittel. Während in den erotischen Geschichten meistens drum herum geredet wird, wird bei der Pornografie die Methode show don’t tell angewandt. Das ist alles.

Wie ich oben schrieb, halte ich das so nicht für richtig.


Warum sollte der Leser das tun? Du hältst wohl nicht viel von der Trennung Autor/Protagonist? Oder meinst du gar, alle Geschichten sind mehr oder minder autobiografisch?

Nein, das meine ich nicht.

Mal was Generelles: Du hast eine Frage in den Raum gestellt und Dein eigenes Unverständnis über die Sichtweise vieler Leute diesbezüglich geäußert.

Ich versuche nun, meine Gedanken mit Dir darüber zu teilen, warum viele Leute so reagieren, wie sie reagieren. Wenn ich also versuche, solche Gedanken darzulegen, bitte ich darum, dies nicht mit meiner persönlichen Meinung zu verwechseln.


Da hast du gerade noch die Kurve gekriegt. :D

Das brauchte ich gar nicht, weil ich ja wusste, was ich ausdrücken will. Wenn mir das nicht immer gelingt, das nachvollziehbar zu formulieren, dann ist das eine andere Art Defizit, an dem ich arbeiten muss.:-)


Du meinst also, einen beschrieben Mord beäugt der Leser mangels eigener Erfahrung weniger kritisch als z.B. einen geschilderten Analverkehr, obwohl er den eventuell aus eigenem Erleben auch nicht kennt. Tut mir leid, dem kann ich nicht folgen.

Sagen wir so: Es ist wahrscheinlicher, dass jemand sexuelle Praktiken ausprobiert und sich mit anderen darüber austauscht, als dass er sich ebenso detailliert mit diversen Mordmöglichkeiten auseinandersetzt.

Außerdem kannst Du nicht verhehlen, dass es bei den wenigstens sexuellen Darstellungen um Praktiken geht, die ein sexuell aktiver Mensch nicht nachvollziehen könnte.

Aber ja, sobald man hier in Bereiche vordringt, die einem Großteil der Leser weniger vertraut sind, werden sie das, was ihnen vorgesetzt wird, weniger kritisch beäugen, als das, was sie kennen. Im Gegenteil, sie werden es eher interessiert aufnehmen und sich auf den Wahrheitsgehalt dessen, was sie da lesen, verlassen, solange es nicht zu abwegig klingt.:-)


Das gilt nicht nur für Sex, sondern für alle Bereiche des Lebens.

Ja, aber bitte nimm doch zur Kenntnis, dass die meisten Menschen nachwievor einen Unterschied zwischen Sex und Brotbacken machen, auch wenn Du es anders sehen magst.


Erstens widersprichst du dich hier selbst („Wenn wir keine eigenen Erfahrungen haben, nehmen wir auch gerne die Erfahrungen anderer, recherchieren, interviewen usw.), und zweitens machst du Unterschiede, zwischen Erfahrungen des Autors in Sachen Sex und z.B. in Sachen Kochen: Das Eine zu offenbaren findest du mutiger als das Andere.

Nein, ich widerspreche mir nicht selbst, ich gehe nur von einem anderen Schluss aus.

Ich sprach ein paar Absätze vorher kurz über Intimität. Und sexuelle Erfahrung ist, anders als Kochen, Teil der eigenen Intimsphäre. Das beinhaltet auch Schamgefühl und wird von vielen Menschen nachwievor als etwas verstanden, was man nicht mit jedermann teilt und was behütenswert ist.

Von daher besteht selbstverständlich ein Unterschied zwischen der Offenbarung der jeweiligen Erfahrungen beim Kochen und jenen, die man beim Sex macht. Und das zu verneinen ist, meines Erachtens nach, grundverkehrt.

Gleichzeitig ist dieser Umstand, dass Sexualität Teil der eigenen Intimsphäre ist, aber auch dafür verantwortlich, dass viele Leser sehr schnell davon ausgehen, die geschilderten Darstellungen, wären Teil der eigenen Erfahrung des Autors.

Das hängt, denke ich, damit zusammen, dass es für viele Leser vollkommen abwegig wäre, aus ihrem eigenen intimen Schatzkästchen so detailliert plaudern zu wollen, dass ein Autor diese Erfahrungen explizit wiedergeben könnte. Und dieses Empfinden wird ganz schnell als etwas grundlegendes empfunden. Man möchte mit seinem eigene Schamgefühl eben nicht alleine dastehen.
Ebenso abwegig wird dadurch der Gedanke, dass andere Menschen bereitwillig ihre intimen Erfahrungen teilen könnten und somit entsteht eine Art Vorurteil. Der Gedanke, der Autor greife lediglich auf seine eigenen Erfahrungen zurück, ist daher für die meisten Menschen plausibler, als dass sie sich was anderes vorstellen könnten (oder wollten).

Meine persönliche Meinung ist, dass es tatsächlich so ist, dass sexuelle Inhalte in Geschichten meistens auf persönlichen Erfahrungen des jeweiligen Autors beruhen. Dabei schließe ich nicht aus, dass es Autoren gibt, die Zugriff auf Quellen haben, die bereitwillig ihre Erfahrungen bis ins Detail weitergeben.;-)


Der Mensch liebt das Besondere, wobei es keinen Unterschied macht, ob dieses Besondere negativ (z.B. Mord) oder positiv (ausgefallene Sexpraktik) besetzt ist. Die Krimis, die das Eine zum Gegenstand haben, banalisieren nichts, und Pornografie, wenn es sie frei geben dürfte, auch nichts. Aber es ist eine Tatsache, dass in dieser Gesellschaft Mord und Totschlag fiktiv und real frei und in Zeitlupe verfügbar sind, während etwas so positiv Besonderes (deine Terminologie) wie Sex versteckt wird.

Oh, bitte aufpassen! Ich sagte, wir möchten glauben, dass das, was Menschen einander an Gewalt antun können, im negativen Sinne etwas Besonderes sei.

Dabei bin ich von Deiner Aussage ausgegangen, Sex würde zu etwas Heiligem hochstilisiert und wollte dem einem nachvollziehbaren Gegenpol gegenüberstellen. Damit habe ich aber kein Gut/Böse-Schema einbringen wollen.

Ich selbst betrachte das ganze ambivalent. Für mich gibt es immer beide Seiten einer Medaillie oder zumindest räume ich mir immer die Möglichkeit ein, dass es eine zweite Seite gibt (vielleicht auch mehr), auch wenn ich ihre Prägung noch nicht entschlüsselt habe.
Bedeutet im Klartext, ich räume die Möglichkeit ein, dass ein allzu liberaler Umgang mit Sexualität Auswirkungen haben kann (gesellschaftlich gesehen), die wir nicht absehen können, viele auch nicht absehen wollen, und die evtl. auch von vielen Befürwortern der sexuellen Freiheit so nicht gewollt sind.
Auf der anderen Seite würde ich doch aber nie den Reiz von Sex verneinen oder behaupten, sexuelle Darstellungen wären von der Natur ihrer Sache her verwerflich, schädlich oder sonstwas. So etwas, wie absolute Wahrheiten, gibt es bei solchen Fragestellungen nicht.

Das hat für mich zur Konsequenz, dass ich diejenigen, die sich gegen eine zu freie Darstellung von sexuellen Inhalten, ebenso wenig pauschal in eine Schublade stecke, wie diejenigen, die dieselben Inhalte befürworten.

Woran ich mich aber ganz persönlich störe (also den Pfad der Bemühung einer gewissen Objektivität bereitwillig verlasse), das ist der Trend zur Banalisierung, von dem ich sprach. Und natürlich banalisieren manche Autoren Sachverhalte, Darstellungen, Aussagen usw. in ihren Geschichten. Unabhängig vom Genre.

Ein Indiz dafür ist für mich die Effektheischerei, von der ich sprach. Das heißt, der "Wert" einer Darstellung wird allein dadurch gemindert, wenn sie einfach nur als Mittel zum Zweck eingebaut wird. Dieses Phänomen ist bei weitem nicht auf Literatur beschränkt.

Ob als Lückenfüller, als aufgeblasene Schreibübung, als Mittel zur Selbstdarstellung oder was auch immer. Mich regt es ziemlich auf. Und dazu zählen für mich Sexszenen ebenso dazu, wie unnötige Morde, Möchtegernphilosophien oder was auch immer einem dabei einfallen mag.

Um die Nachvollziehbarkeit vielleicht etwas zu erleichtern ein Beispiel aus einem vollkommen anderen Bereich: Seit einigen Jahren hat sich eine immer bessere CGI-Technik etabliert, die jedoch in den seltensten Fällen dazu beitrug, die damit angereicherten Filme inhaltlich besser zu gestalten, sondern die im Gegenteil dazu führte, dass man zunehmend mit der Effektkeule erschlagen wird, ganz nach dem Motto: "Guck mal, wat wir können!"


Im realen Leben ja, nicht jedoch in der Literatur! Und wir sprechen hier von Literatur, nicht von realem Leben.

Ja, da hast Du recht, aber darum ging es mir nicht. Mir ging es mehr um gesellschaftliche Grenzen und ihre Notwendigkeit, um einen möglichen Erklärungsansatz zu liefern, warum es als anstößig empfunden werden kann, wenn ein Autor mit dem, was er schreibt, diese Grenzen mißachtet.

Als Autor bist Du Teil einer Gesellschaft...lebst in ihr, partizipierst von ihr (auch in kreativer Hinsicht), beobachtest sie, bewertest sie usw.

Wenn Du eine Grenze als Teil dieser Gesellschaft überschreitest, dann wirst Du ein entsprechendes Echo erhalten. Und jetzt sind wir wieder an dem Punkt vom Anfang: Es geht nicht um Zensur oder Selbstzensur, es geht lediglich um den Versuch zu erklären, warum manche Dinge so sind, wie sie sind.


Begleiterscheinung? Nein, die sexuelle Revolution war ein essentieller Bestandteil dieser Umbrüche, sonst würden die Homosexuellen auch heute noch wegen ihrer sexuellen Orientierung im Gefängnis landen – das nur als Beispiel.

Öhm...hä?

Offenbar findest Du den Begriff "Begleiterscheinung" abwertend oder sowas in der Art? Nein! Die sexuelle Revolution war EIN Bestandteil einer übergeordneten Bewegung, die alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens kritisch hinterfragte und in sehr vielen Punkten über den Haufen warf. Da spielten generelle moralische und ethische Fragestellungen eine Rolle.

Daraus erwuchs als Begleiterscheinung die sexuelle Revolution, die natürlich einen hohen Stellenwert hatte, allein wegen ihrer Explosionskraft beim Konflikt mit den Vertretern des alten, kritisierten Wertesystems. Von daher sind ihre Auswirkungen, wie Du sie auch angedeutet hast, absolut unstrittig und absolut losgelöst von der Begrifflichkeit, mit der ich sie in dem Zusammenhang belegt habe.


Eben. Und trotzdem sprichst du die ganze Zeit dagegen.

Nein, das ist ganz und gar nicht richtig!

Zur Verdeutlichung:

1. Darf ein Autor sich die Freiheit nehmen, im Zuge seines Schaffens jede, aber auch jede Grenze zu überschreiten?

Ja! Manchmal ist das sogar die Pflicht des Autors (je nach eigener Motivation)! Aber er hat auch eine Verantwortung sich selbst gegenüber. Und die gebietet es ihm, sich wenigstens darüber Gedanken zu machen, was es für ihn als Teil der Gesellschaft bedeuten kann, wenn er solche Grenzen überschreitet.

Also spreche ich mich nicht gegen seine Freiheit aus! Ich mache aber klar, dass man nicht erwarten kann, Anerkennung oder sowas erwarten zu dürfen (die es natürlich auch geben mag), sondern im Zweifelsfall vielmehr mit Konsequenzen zu rechnen hat. Das ist einfach so und hat nichts damit zu tun, dass ich mich darüber diebisch freuen würde oder was weiß ich.

2. Pornographie vs. Erotische Literatur

Hier nehme ich mir heraus, einen klaren Unterschied zu definieren. Weiterhin nehme ich mir heraus, eine Wertung vorzunehmen.

Wenn Du das als grundlegende Ablehnung verstehst, dann tut es mir leid, aber dann kann ich dagegen nichts weiter unternehmen, weil ich der Ansicht bin, meinen Standpunkt spätestens mit diesem Posting hier ausreichend dargelegt zu haben.

3. Eigener Standpunkt vs. Gesellschaftlicher Standpunkt

Hier bitte ich nochmal ganz klar zu differenzieren.

Auf der einen Seite versuche ich, wie gesagt, meine Gedanken darzulegen, die eine möglichen Erklärungsansatz dafür liefern können, warum das, was Du in Deiner Eingangsfrage bemängelst, so ist, wie es ist.

Auf der anderen Seite habe ich natürlich auch eine eigene Meinung. Ich versuche die dann auch immer entsprechend zu kennzeichnen. Meine eigene Meinung kann auch schonmal der allgemeinen Meinung drastisch zuwider laufen. Trotzdem kann ich versuchen sie zu verstehen und wertungsfrei wiederzugeben. Damit habe ich sie aber nicht zu meiner eigenen Meinung gemacht.:-)


Hier sprichst du im Grunde wieder von der Zensur im Kopf: Weil bestimmte Dinge nicht von jedem nachvollziehbar sind, müsse der Autor Rücksicht darauf nehmen. Dies klingt in deinen Ausführungen immer wieder an.

Was ich damit meinte, habe ich nun mehrmals erläutert. Ich hoffe, es ist mittlerweile klar geworden, dass ich mich nicht für eine Selbstzensur ausgesprochen habe.


Du hast keine Ahnung, wovon du hier sprichst. Wenn ein Buch im Nachhinein als pornografisch eingestuft wird, muss der Verleger für diese Bücher nachträglich den vollen Steuersatz von 19% (statt 7,5%, wie für „normale“ Bücher) entrichten, ohne die Chance zu haben, dieses Geld von den Buchhandlungen zu bekommen, die ja ihrerseits, dieses Geld vom Endkunden, dem Leser, auch nicht einfordern können. Für kleine Verlage ist allein das schon Existenzvernichtend, um von Gerichts- und Anwaltskosten nicht zu reden. Das ist so ähnlich wie in Russland: Kriegt man dort einen (Regierungs-)Gegner nicht zu fassen, schickt man ihm das Finanzamt an Hals und vernichtet ihn wirtschaftlich.

Ähm...ich bitte Dich doch, vorsichtig mit solchen Äußerungen zu sein wie "Du hast keine Ahnung, wovon Du schreibst". Du magst mit so einer Aussage ja vielleicht sogar Recht haben, sie trägt in ihrer Form aber nicht dazu bei, die Qualität der Diskussion oben zu halten.:-)

Weiterhin muss ich Dir sagen, dass Dein Beispiel nicht wirklich passend ist. Du redest nämlich über eine Regelung, die vom Staat in Form eines Gesetzes vorgenommen wurde. Das hat nun aber nichts mit einer gesellschaftlichen Grenze zu tun.

Die Gesetze eines Staates sind mit gesellschaftlichen Grenzen, die eher auf moralischen Vorstellungen und ethischen Grundsätzen beruhen, und Interessen in vielen Fällen nicht vereinbar.
Das ist ebenfalls ein Mißstand, es würde aber zu weit gehen, das nun auch noch in die Debatte mit aufzunehmen.:-)

Aber Du hast insofern Recht, als dass ich diesen Aspekt bislang völlig außen vor gelassen habe. Natürlich muss ein Autor, von seiner Verantwortung für sich selbst ausgehend, auch abwägen, ob er nicht nur der Gesellschaft, sondern vielleicht auch geltendem Recht auf die Füße tritt.


Du sprichst hier wieder von Grenzen im realen Leben, die ich nicht in Frage gestellt habe – mir geht es hier nur um Grenzen in der Literatur.

Auch hierauf bin ich mehrmals eingegangen. Ich hoffe, es ist klar geworden, wo ich die zwingende Verbindung zwischen diesen beiden Themen sehe.


Du tust hier so, als ob Sexdarstellungen in Büchern staatsgefährdend wären.

Nein, aber ich hatte angenommen, ich hätte mich vom eigentlichen Thema erfolgreich in den Bereich des allgemein Gültigen begeben, ohne den Bezug zum Thema zu verlieren.:-)

Natürlich war die Formulierung hochtrabend, weil ich eben nicht nur Sexdarstellungen im Kopf hatte, als ich sie schrieb. Was ich damit zum Audruck bringen wollte war, dass man nicht erwarten kann, eine Grenze zu überschreiten und im sofortigen Anschluss daran zu erwarten, sie wäre dauerhaft niedergerissen worden.

Grenzen zu verschieben oder platt zu machen ist ein langwieriger Prozess. Eine Gesellschaft, die ja gerade darauf ausgelegt ist, sich selbst zu schützen, lässt sich nicht so leicht verändern, auch wenn es dem Individuum, das eine Grenze erfolgreich überwunden hat, nicht gefällt.


Auf dieses Totschlagargument habe ich schon gewartet. Was hat Sex mit Minderjährigen mit Grenzen in der Literatur zu tun? Oder meinst du, weil das im realen Leben verboten ist, dürfe es auch nicht fiktiv beschrieben werden? Darauf sage ich nur: Mord ist im realen Leben auch verboten und darf trotzdem minutiös geschildert werden.

Nein, auch hier habe ich mich nicht auf Literatur bezogen.

Dieser Absatz macht nur Sinn, wenn man meine Ausführungen als generelle Abhandlung über gesellschaftliche Grenzen versteht.

Nochmal: Das hat nichts mit Grenzen in der Literatur zu tun. Es geht nur darum festzuhalten, warum man sich vielleicht anfeinden lassen muss, wenn man in seinen Werken eine Grenze überschreitet.
Selbst Fachleuten fällt es bisweilen schwer, eine Unterscheidung zwischen persönlicher Autorenmeinung und literarischem Werk zu erkennen. Manche Leute reagieren ja nur schon auf bestimmte Schlüsselbegriffe und gehen daraufhin ab, wie ein Zäpfchen.

Auf der anderen Seite kann man aber auch nicht verhehlen, dass Literatur eine ernstzunehmende Macht haben kann. So betrachtet, kann man verstehen, warum viele Respekt vor ihrer potentiellen Wirkung haben und überzogen reagieren. Wohl gemerkt muss man das nicht gut finden...aber nachvollziehbar ist es, zumindest für mich.


Ich hoffe, du siehst jetzt, wie schizophren das alles ist.

Und ich hoffe, ich konnte meinen Standpunkt nun etwas klarer fassen und diesen Irrtum ausräumen.:-)

Auf bald!

Theryn

 

Als erstes, Theryn,

muss ich dir einen Kompliment machen: 3000 Wörter hast du als Antwort geschrieben – die meisten gut überlegt, hoffe ich.

Es geht MITNICHTEN um Selbstzensur. Es geht um Selbstschutz. Und der beginnt bereits dann, wenn man sich vor Augen führt, was passieren kann, wenn man sein Werk veröffentlicht.
Tut mir leid, Theryn, aber hier werden wir nicht zusammenkommen. Wenn jemand aus Angst vor Konsequenzen nicht das schreibt, war er eigentlich schreiben will, dann übt er Selbstzensur aus.


Es gibt aber Menschen, die für sich und ihre Familien einen anderen Umgang mit diesem Thema wünschen. Warum sie das wünschen oder ob sie sich dabei schlau anstellen oder nicht, das ist für alle anderen ohne Belang und geht niemanden sonst etwas an. Für diese Menschen wird es aber immer schwerer, dieses Thema auszuklammern, wenn man am gesellschaftlichen Leben teilhaben möchte. Ich sehe darin ebenfalls eine Art Zwang. Und das ist nicht ok.
Aber dass diese Menschen anderen den Mund verbieten und ausgrenzen, das ist aber okay, ja?


Es muss also nicht die Gesellschaft davor geschützt werden, es wäre aber schön, wenn man die Gesellschaft nicht mit der pornographischen Keule gewaltsam in den Sexpferch prügeln wollen würde.
Was redest du da von Keulen und gewaltsam und prügeln? Niemand will das. Eher ist es so, dass Leute, die von sich behaupten, sie könnten, selbst wenn sie wollten, der Pornografie nicht entkommen, selbst danach suchen - um sich dann zu beschweren, dass die Pornografie im Netz (noch) frei verfügbar sei.


Was Du aber bei Deiner Argumentation unterschlägst, ist doch, dass wenn etwas detailliert beschrieben wird, das nicht zum Selbstzweck geschieht, sondern um eine Wirkung zu erzielen.
Entweder ist die detaillierte Beschreibung notwendig für die Atmosphäre und/oder sie ist Träger einer dahinterliegenden Aussage oder Symbolik. Das ist meiner Meinung nach elementarer Bestandteil des Handwerks.
Das habe ich nicht unterschlagen. Es ist klar, dass ein Horrorgeschichte so geschrieben werden muss, dass sich der Leser gruselt, und eine erotische oder pornografische so, dass der Leser erregt wird.


Detaillierte Beschreibungen aber nur hinzuschreiben, weil man es kann, das ist bloßer Selbstzweck und als solcher unnötig, effektheischend und meiner Meinung nach einfach schlechter Stil. Das ist vollkommen unabhängig davon, ob der Inhalt dabei anstößig ist, oder nicht.
Was er warum hinschreibt, entscheidet immer noch der Autor, auch und wenn das nach deiner Meinung tausend Mal unnötig oder effektheischend sei. Du kannst das kritisieren, aber es steht dir nicht zu, so ein Werk verbieten oder auf den Index setzen zu wollen. Und gerade das passiert in diesem Land, das anscheinend voll ist von selbsternannten Zensoren.


Aber jede detaillierte Beschreibung von Vorgängen, die nun wirklich nichts mit der Geschichte zu tun hat, ist so nötig, wie ein Kropf.
Schon möglich, aber lasst das dem Autor seine Sorge sein.


Wir reden hier über Literatur mit einem künstlerischen Anspruch. Ein Kochbuch KANN künstlerisch wertvoll sein, muss es aber nicht...ein Sachbuch KANN künstlerisch wertvoll sein, muss es aber nicht...Pornographie KANN künstlerisch wertvoll sein, muss sie aber nicht.
Erotische Literatur aber MUSS künstlerisch wertvoll sein (wie gering der Anspruch auch sein mag!), sonst sollte man es nicht zulassen, dass sie sich dieses Prädikat anhängt.
Interessant diese Unterscheidung, was sein kann und was sein muss. :D

Wer entscheidet, was künstlerisch wertvoll ist? Es sind schon viele Werke verboten oder auf den Index gesetzt worden und zählen trotzdem zur Weltliteratur – bedenke bitte das, bevor du antwortest. ;)


In der Pornographie ist die Geschichte dem sexuellen Inhalt untergeordnet und dient lediglich dazu, ihn zu transportieren. Das heißt nicht, dass die Geschichte nicht gut sein KANN. In der Regel ist es aber so, dass eine gute, ausgereifte Geschichte eher als störend empfunden wird.;-)
Das ist deine Sicht der Dinge – so denken viele. Aber dies ist im Wesentlichen durch die Gesetzgebung in diesem Land bestimmt, der sich die Produzenten anpassen: für den deutschen Markt werden „störende“ Elemente möglichst klein gehalten. In anderen Ländern (z.B. Frankreich, Italien) wird durchaus Wert auf die Geschichte gelegt. Deswegen gibt es in diesen Ländern auch kaum Pornoläden – dort reicht es, die möglicherweise anstößigen Werke im normalen Buchladen etwas höher ins Regal zu stellen, damit die Kinder nicht dran kommen.


In der erotischen Literatur ist der sexuelle Inhalt jedoch essentieller Bestandteil der Geschichte und bringt diese voran, liefert dem Leser Erkenntnisse, die für die Geschichte selbst wichtig sind. Natürlich regt sie den Leser idealerweise sexuell an, aber der Unterhaltungswert einer solchen Geschichte, lässt sich nicht nur darauf beschränken.
Wie gesagt: das ist deine Sicht der Dinge. Ich meine aber, dass die wesentliche Unterscheidung nur eine formale ist: Werden die Dinge nur umschrieben, ist es Erotik, werden sie aber beim (vulgären) Namen genannt, ist es Pornografie.


Es geht mir um rein handwerkliche und nachvollziehbare Überlegungen, anhand derer man zwischen Pornographie und erotischer Literatur unterscheiden kann.
Und hier sagst du das auch selbst: es ist reines Handwerk.


Und nein, in einer erotischen Geschichte ist Sex niemals der übergeordnete Sachverhalt.
Was denn sonst? Etwa Liebe?


Ich versuche nun, meine Gedanken mit Dir darüber zu teilen, warum viele Leute so reagieren, wie sie reagieren. Wenn ich also versuche, solche Gedanken darzulegen, bitte ich darum, dies nicht mit meiner persönlichen Meinung zu verwechseln.
Wenn deine Meinung als solche erkennbar ist, dann tue ich das selbstverständlich. Ist aber nicht immer leicht, das zu unterscheiden. :D


Es ist wahrscheinlicher, dass jemand sexuelle Praktiken ausprobiert und sich mit anderen darüber austauscht, als dass er sich ebenso detailliert mit diversen Mordmöglichkeiten auseinandersetzt.
Das sehe ich anders: Über die eigene sexuelle Praktiken wird so gut wie nie gesprochen, über die Morde, von denen man erfährt, schon.


Ja, aber bitte nimm doch zur Kenntnis, dass die meisten Menschen nachwievor einen Unterschied zwischen Sex und Brotbacken machen, auch wenn Du es anders sehen magst.
Das mit dem Sex und Brotbacken sehe ich genauso wie du. Aber ich meinte mit „allen Bereichen des Lebens“ natürlich dem Sex annähernd vergleichbare Bereiche.


Gleichzeitig ist dieser Umstand, dass Sexualität Teil der eigenen Intimsphäre ist, aber auch dafür verantwortlich, dass viele Leser sehr schnell davon ausgehen, die geschilderten Darstellungen, wären Teil der eigenen Erfahrung des Autors.

Das hängt, denke ich, damit zusammen, dass es für viele Leser vollkommen abwegig wäre, aus ihrem eigenen intimen Schatzkästchen so detailliert plaudern zu wollen, dass ein Autor diese Erfahrungen explizit wiedergeben könnte. Und dieses Empfinden wird ganz schnell als etwas grundlegendes empfunden.

Was denn nun? Wie können „vielen Leser“ davon ausgehen, „die geschilderten Darstellungen, wären Teil der eigenen Erfahrung des Autors“, wenn gleichzeitig für sie „vollkommen abwegig wäre, aus ihrem eigenen intimen Schatzkästchen so detailliert plaudern zu wollen“?

Meine persönliche Meinung ist, dass es tatsächlich so ist, dass sexuelle Inhalte in Geschichten meistens auf persönlichen Erfahrungen des jeweiligen Autors beruhen. Dabei schließe ich nicht aus, dass es Autoren gibt, die Zugriff auf Quellen haben, die bereitwillig ihre Erfahrungen bis ins Detail weitergeben.;-)
Klar gibt es auch das, aber nicht alles, was in den Geschichten steht, ist selbst ausprobiert. :D Es ist so wie bei allen anderen Geschichten auch: Soll eine Geschichte gut werden, muss man auch gut recherchieren, selbst wenn davon in der Geschichte hinterher nur ein Satz oder gar nichts steht.


Bedeutet im Klartext, ich räume die Möglichkeit ein, dass ein allzu liberaler Umgang mit Sexualität Auswirkungen haben kann (gesellschaftlich gesehen), die wir nicht absehen können, viele auch nicht absehen wollen, und die evtl. auch von vielen Befürwortern der sexuellen Freiheit so nicht gewollt sind.
Möglich ist alles, also auch dies. Aber sollen wir deswegen im status quo verharren? Die Menschheit kann sich nur weiter entwickeln, wenn sie neue, möglicherweise noch nie beschrittene Wege geht.


Auf der anderen Seite würde ich doch aber nie den Reiz von Sex verneinen oder behaupten, sexuelle Darstellungen wären von der Natur ihrer Sache her verwerflich, schädlich oder sonstwas.
Perfekt – wenigstens hier sind wir der gleichen Meinung. :D


Woran ich mich aber ganz persönlich störe (also den Pfad der Bemühung einer gewissen Objektivität bereitwillig verlasse), das ist der Trend zur Banalisierung, von dem ich sprach. Und natürlich banalisieren manche Autoren Sachverhalte, Darstellungen, Aussagen usw. in ihren Geschichten. Unabhängig vom Genre.
Perfekt – auch hier sind wir der gleichen Meinung. :D


Es geht nicht um Zensur oder Selbstzensur, es geht lediglich um den Versuch zu erklären, warum manche Dinge so sind, wie sie sind.
Ja, wenn auch ich das anders formulieren würde: Warum muss es in Literatur Zensur oder Selbstzensur geben? Warum meinen manche Menschen, auf andere Druck ausüben zu müssen, bloß weil die nicht ihrer Meinung sind?

Öhm...hä?

Offenbar findest Du den Begriff "Begleiterscheinung" abwertend oder sowas in der Art? Nein! Die sexuelle Revolution war EIN Bestandteil einer übergeordneten Bewegung, die alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens kritisch hinterfragte und in sehr vielen Punkten über den Haufen warf. Da spielten generelle moralische und ethische Fragestellungen eine Rolle.

Für mich ist eine Begleiterscheinung von Etwas schon was anderes als ein Teil dieses Etwas zu sein. Beispiel: Krawalle sind oder können Begleiterscheinung bei Fußballspielen sein, sind aber nicht dessen Teil.


1. Darf ein Autor sich die Freiheit nehmen, im Zuge seines Schaffens jede, aber auch jede Grenze zu überschreiten?

Ja! Manchmal ist das sogar die Pflicht des Autors (je nach eigener Motivation)! Aber er hat auch eine Verantwortung sich selbst gegenüber. Und die gebietet es ihm, sich wenigstens darüber Gedanken zu machen, was es für ihn als Teil der Gesellschaft bedeuten kann, wenn er solche Grenzen überschreitet.

Also spreche ich mich nicht gegen seine Freiheit aus! Ich mache aber klar, dass man nicht erwarten kann, Anerkennung oder sowas erwarten zu dürfen (die es natürlich auch geben mag), sondern im Zweifelsfall vielmehr mit Konsequenzen zu rechnen hat. Das ist einfach so und hat nichts damit zu tun, dass ich mich darüber diebisch freuen würde oder was weiß ich.

Das ist das berühmte JaAber! Außerdem will ein Autor, der Pornografisches schreibt, keine „Anerkennung oder sowas“ wie du ihm hier unterstellst, sondern nur die Freiheit, das schreiben zu dürfen, was ihn bewegt, und dies auch anderen Menschen uneingeschränkt mitzuteilen. Er will nur, dass seine Schreibkunst so behandelt wird, wie die eines Krimiautors zum Beispiel.


2. Pornographie vs. Erotische Literatur

Hier nehme ich mir heraus, einen klaren Unterschied zu definieren. Weiterhin nehme ich mir heraus, eine Wertung vorzunehmen.

Das steht dir frei - wie jeden anderen auch, die das nicht so sehen.


3. Eigener Standpunkt vs. Gesellschaftlicher Standpunkt
Meine eigene Meinung kann auch schonmal der allgemeinen Meinung drastisch zuwider laufen.
Die Unterschiede sind minimal, um von Drastik gart nicht zu reden.


Was ich damit meinte, habe ich nun mehrmals erläutert. Ich hoffe, es ist mittlerweile klar geworden, dass ich mich nicht für eine Selbstzensur ausgesprochen habe.
Wie gesagt: Wenn auf einen Autor gesellschaftlicher Druck ausgeübt wird, nicht das zu schreiben, was er eigentlich will, treibt ihn diese Gesellschaft in die Selbstzensur – deine Gewohnheit, hier von Selbstschutz des Autors zu sprechen, ist nur Augenwischerei.


Ähm...ich bitte Dich doch, vorsichtig mit solchen Äußerungen zu sein wie "Du hast keine Ahnung, wovon Du schreibst". Du magst mit so einer Aussage ja vielleicht sogar Recht haben, sie trägt in ihrer Form aber nicht dazu bei, die Qualität der Diskussion oben zu halten.:-)
Zur Qualität einer Diskussion gehört auch, die Dinge beim Namen zu nennen. Wenn du, wie in deinem früheren Posting, davon schreibst, dass man, wenn man Pornografisches schreibt, „im schlimmsten Falle in Form von Ausgrenzung, Anfeindungen usw.“ bezahlen muss, dann hast du eben keine Ahnung von den Konsequenzen, die einem Autor und/oder Verlag drohen. Der Tenor deiner Ausführungen kann man beschreiben mit: Ist alles nicht so schlimm.


Weiterhin muss ich Dir sagen, dass Dein Beispiel nicht wirklich passend ist. Du redest nämlich über eine Regelung, die vom Staat in Form eines Gesetzes vorgenommen wurde. Das hat nun aber nichts mit einer gesellschaftlichen Grenze zu tun.
Das, was diese Gesellschaft nicht will oder für schädlich erachtet, schreibt sie in die Gesetze. In Gesetzen äußert sich immer der Wille der Mehrheit, auf Minderheiten wird keine oder nur in Ausnahmefällen Rücksicht genommen. Seit der teilweisen Freigabe der Pornografie in den 70er Jahren, wird diese Freiheit wieder eingeschränkt – es gab seitdem schätzungsweise 3 oder 4 Verschärfungen der entsprechenden Paragraphen. Dabei sprechen Erfahrungen aus anderen Ländern dagegen. In Schweden z.B. liegt die Grenze für Pornografie bei 15 Jahren, bei uns bei 18. Da muss man sich schon fragen, ob die schwedischen Jugendlichen so viel früher reif werden, oder unsere so spät. :D

Oder Beispiel Japan – Zitat aus Wikipedia: Die die Korrelation zu Gewalt und Vergewaltigung Verneinenden führen Japan auf, ein Land, das für seine umfangreiche Vergewaltigungs-, BDSM- und Bondage-Pornografie bekannt ist (vgl. Japanische Pornografie), jedoch die niedrigste Verbrechensrate im Bereich sexueller Gewaltdelikte aller Industrienationen aufweist.

Bei uns gehören diese Dinge aber zur sogenannten harten Pornografie, die auch für Erwachsene verboten ist - man will offenbar nicht von anderen lernen.


Du sprichst hier wieder von Grenzen im realen Leben, die ich nicht in Frage gestellt habe – mir geht es hier nur um Grenzen in der Literatur.
Auch hierauf bin ich mehrmals eingegangen. Ich hoffe, es ist klar geworden, wo ich die zwingende Verbindung zwischen diesen beiden Themen sehe.
Tut mir leid, aber das ist mir nicht klar geworden – kannst du mir bitte zeigen, welche deiner Aussagen ich als solche ansehen soll?


Grenzen zu verschieben oder platt zu machen ist ein langwieriger Prozess. Eine Gesellschaft, die ja gerade darauf ausgelegt ist, sich selbst zu schützen, lässt sich nicht so leicht verändern, auch wenn es dem Individuum, das eine Grenze erfolgreich überwunden hat, nicht gefällt.
Die Grenzen werden auf diesem Gebiet nicht platt gemacht, sie werden immer höher gebaut. Das ist das eigentliche Problem!


Selbst Fachleuten fällt es bisweilen schwer, eine Unterscheidung zwischen persönlicher Autorenmeinung und literarischem Werk zu erkennen.
Wenn sie das nicht können, dann sind sie keine Leute vom Fach.


Manche Leute reagieren ja nur schon auf bestimmte Schlüsselbegriffe und gehen daraufhin ab, wie ein Zäpfchen.
Das kann man wohl sagen – siehe das Beispiel Miraculum.


Auf der anderen Seite kann man aber auch nicht verhehlen, dass Literatur eine ernstzunehmende Macht haben kann. So betrachtet, kann man verstehen, warum viele Respekt vor ihrer potentiellen Wirkung haben und überzogen reagieren.
Wenn dem so wäre, müsste man z.B. auch Krimis als Anleitungen zum Verbrechen werten und Angst davor haben. Aber nichts dergleichen geschieht, denn diese Gesellschaft erachtet offenbar das Töten für weniger gefährlich als das Ficken.

Kein Wunder, dass wir kaum noch Kinder zeugen - Tatort schauen ist wichtiger. :D

Dion

 

Hallo Dion,

ehrlich gesagt verstehe ich nicht ganz, worauf du in dieser Diskussion überhaupt hinaus willst. Wenn ein Autor den Wunsch verspürt, in einer Geschichte sexuelle Handlungen detailliert zu beschreiben, dann kann er das doch tun. Er sollte sich dann aber darüber im Klaren sein, dass es aus den von dir selbst genannten Gründen möglicherweise schwierig wird, einen Verleger zu finden, der bereit ist, diesen Text zu veröffentlichen. Wichtiger finde ich eigentlich die Frage: Wie viel Sex braucht die Geschichte überhaupt? Wenn es in einer Geschichte offensichtlich nur um Sex geht, das Ziel des Autors also ist, seine Leser durch detaillierte Beschreibungen sexuell zu erregen, dann ist das für mich in Ordnung. Als Autor sollte man sich jedoch fragen, ob eine Geschichte eine detaillierte Sexszene überhaupt (ver)trägt. Treibt sie die Handlung voran? Charakterisiert sie die Figuren? Wenn die Sexszene nur Teil einer übergeordneten Handlung ist, dann ist weniger vielleicht mehr. Anders ausgedrückt, wenn ich beispielsweise einen Krimi schreibe, in dem zwei der Figuren zusammen in die Kiste springen, dann entstünde mMn doch leicht ein Zuviel, wenn ich den Sex überbetone, also zu detailliert beschreibe, selbst dann, wenn die Szene für die Handlung wichtig ist. Es ist doch letztlich eine Frage der Gewichtung. Bei einem Porno erwarte ich nicht unbedingt eine spannende Rahmenhandlung, jedoch würde ich mich bei einem Krimi oder auch jedem anderen Roman fragen, was der Autor mit einer detailliert dargestellten Sexszene bezwecken will.

Stefan

 

ehrlich gesagt verstehe ich nicht ganz, worauf du in dieser Diskussion überhaupt hinaus willst. Wenn ein Autor den Wunsch verspürt, in einer Geschichte sexuelle Handlungen detailliert zu beschreiben, dann kann er das doch tun. Er sollte sich dann aber darüber im Klaren sein, dass es aus den von dir selbst genannten Gründen möglicherweise schwierig wird, einen Verleger zu finden, der bereit ist, diesen Text zu veröffentlichen.
Einer der Empfehlungen dieser Seite an die Schreiber sagt: Erzähle nicht, was geschieht, sondern zeige es. Und meine Frage lautet: Gilt das auch für Sex-Szenen? Und die Antworten waren bisher ungefähr wie deine, Stefan: Ja, man kann Sex-Szenen detailliert schildern, nur wird’s dann schwierig mit der Veröffentlichung. Das heißt, noch schwieriger als es so schon ist.

Das ist so wie mit den Antworten im Radio Eriwan: Im Prinzip ja, aber …

Und das heißt: Nein, man kann nicht Sex-Szenen detailliert beschreiben, weil das in dieser Gesellschaft praktisch nicht publiziert werden kann. Jedenfalls nicht in Büchern, die in Buchhandlungen ausliegen bzw. verkauft werden. Die Gründe, warum die Verleger davor zurückschrecken, sind in diesem Thread bereits dargelegt worden.


Wichtiger finde ich eigentlich die Frage: Wie viel Sex braucht die Geschichte überhaupt?
Nein, das ist angesichts der oben geschilderten Lage überhaupt nicht wichtig. Diese und andere Fragen, die du stellst, sind sekundär. Sie kämen nur in Betracht, wenn es die Möglichkeit einer Veröffentlichung gäbe. Aber die gibt es nicht. Leider.

 

Ich finde, "Show don't tell" sollte auch für Sex gelten. Wieso denn auch nicht?

Wobei hier der Grat zwischen richtig gut und richtig schlimm (im Sinne von unfreiwillig komisch oder einfach schlecht) sehr schmal ist. Vielleicht auch deshalb, weil den meisten schlicht die Übung auf dem Gebiet fehlt. Also auf dem Gebiet des Formulierens von Sex, nicht der praktischen Anwendung. ;)
Ich selber weiß von mir, dass ich das wohl nicht kann, aber muss ich auch nicht können. Wenn es jemand kann, dann lese ich es gerne.

 

Ich finde, "Show don't tell" sollte auch für Sex gelten. Wieso denn auch nicht?
ja, richtig, aber da war diese Diskussion vor langer Zeit schon einmal.


Wobei hier der Grat zwischen richtig gut und richtig schlimm (im Sinne von unfreiwillig komisch oder einfach schlecht) sehr schmal ist.

Ich finde es wichtiger, was mir der Autor gibt. Das ist nicht nur die elende Niveau-Frage: man kann ja "Show don't tell" auch so praktizieren, daß man detailliert Handlungen beschreibt, etwas so, wie man beschreiben würde, wie ein Automechaniker einen ganzen Tag lang einen kunstfertigen Handgriff an den anderen reiht und am Abend sind drei Autos wieder okay. Frage ich mich nur: wozu soll ich das lesen? Fühle ich mich danach besser oder schlauer? Hat es mich berührt? Ich kann an Literatur keinen Gefallen finden, wenn sie für mich keinen Sinn hat - bitte, ganz persönlich. Sinnfreie Literatur soll ja auch ihren Reiz haben; sie füllt ganze Bahnhofsbuchläden.

In diesem Forum haben mich Schilderungen der Sexualität bisher nur angesprochen, wenn sie dazu dienten, Leben zu vermitteln. Zensurorientiertes Versteckspiel gehört nicht dazu, aber die Schilderung sollte schon dem Ziel dienen und nicht als Selbstzweck dastehen. Sexualität möchte ich leben, nicht lesen.

 

@Set: Ja, wir hatten vieles schonmal, ich fasse mich sogar kurz:

die Schilderung sollte schon dem Ziel dienen und nicht als Selbstzweck dastehen. Sexualität möchte ich leben, nicht lesen
Hier liegt doch der Hase im Pfeffer - warum wird das Thema "will nur nacherleben" bei Sex gesagt, aber nicht bei: Eine Armee Roboter läuft Amok, eine Ehefrau denkt an die Scheidung, ein Mörder reflektiert seine Handlungen?

Show don't tell wird fast überall verlangt, und aus persönlichem Geschmack muß ich sagen: zu oft. Aber grad bei Sex soll man sich plötzlich alles selber denken können müssen wollen. Von daher ist die Diskussion zwar relativ ausgequatscht, aber nicht wirklich - auf die Ursprungsfrage hin - komplett gelöst.

 

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