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Glaubst du an Gott?

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31.10.2003
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Glaubst du an Gott?

Als die Tür hinter meinem Rücken aufschlägt und der eisige Wind in den Innenraum der Kneipe fegt, ist das erste, was ich sehe, Peters wechselnder Gesichtsausdruck. Ich will mich umdrehen, einfach nur, um zu sehen, wer da hereingekommen ist, doch schwankt mein Barhocker dermaßen, dass ich befürchte, den Ankömmling gleich nur noch von unten sehen zu können. Also lasse ich es lieber.
Peter steht hinter dem Tresen, einen Humpen in der linken, den Zapfhahn in der rechten Hand, während das Alt braun und schäumend seinen Weg in das Glas findet.
Meines ist bis auf einen kleinen Bodensatz leer. Ich habe die Unterarme auf den Tresen gestützt und beobachte fasziniert, wie das Gesicht meines Gegenübers in Wut umschlägt. „Tür zu!“, brüllt er.
Der Wind antwortet kreischend, schneidet durch die Fasern meines Baumwollhemdes und schlägt seine Zähne in mein Fleisch.
„Tür zu!“ Erneut donnert Peters Stimme, und einem Schnitt ins Zeitgefüge gleich, ist es plötzlich still. Der neue Gast muss die Tür geschlossen haben.
Eine Zornesfalte ist auf Peters Stirn entstanden, scheint zu pulsieren, was allerdings auch an meinem benebelten Sinneszustand liegen kann. Für einen winzigen Augenblick ist mir, als befinde ich mich inmitten eines Gemäldes; nur diese Stille gepaart mit einer erstickenden Bewegungslosigkeit, die ich aufs Tiefste genieße. Der Tag ist schließlich hektisch genug gewesen, und ich bin froh, hier in Peters Kneipe mich nur meinen Bieren widmen zu müssen. Das ist es auch, was ich an diesem Etablissement so liebe. Ruhe!

Dann setzt das Leben wieder ein, das Gemurmel der übrigen Gäste – auch, wenn es nur sehr wenige sind - platzt in die muffige Kneipenluft wie zuvor der Wind durch die offene Tür. Mein auf der Haut entstandener Schauer zieht sich zurück.
Peter sieht mich an, „Scheiß Wetter!“, schiebt den Zapfhahn nach hinten und den Humpen zu mir herüber.
„Ja“, antworte ich. Meine Zunge fühlte sich schwammig an. Viel zu dick. Schwammig und dick, Frauenglück.
Ich kichere, hebe das Glas, will Peter zuprosten, der sich mittlerweile umgedreht hat und nach einem weiteren Glas greift, und nehme einen Schluck. Der Alkohol hat meine Geschmacksnerven zum größten Teil in ein tiefes Koma versetzt, doch sagt mir meine Erinnerung – sofern sie dazu noch fähig ist –, dass das, was da gerade meine Zunge umspült, ein erfrischendes, kühles Alt ist. Herrlich erfrischend.

Eine Frau kreischt im selben Moment, als die Kohlensäure laut meinen Mund verlässt.
Ich runzle die Stirn, sehe über den Glasrand hinweg, wie Peter herumwirbelt. Der Schrei wird lauter, schriller. Mein rechtes Auge zuckt, während das Kreischen gegen mein Trommelfell scheppert wie ein ganzer Berg in sich zusammenfallender Metalltöpfe.
Ein hohes Zischen durchbricht das Getöse der Metalltöpfe. Erschreckend schnell und direkt. Der weibliche Schrei ist augenblicklich verstummt, und die Stille, die daraufhin folgt, legt sich in meinen Nacken, um mich mit gewaltigem Druck auf den Tresen zu pressen. Diesmal ist es eine Stille, die ich nicht mag. Eine Stille, die mich zu ersticken droht, sämtliche Luft aus meinem Umfeld absaugt, und mich in einem hüllenlosen Vakuum zurücklässt.
Peter brüllt etwas. Es ist laut, doch trotzdem kann ich die Worte nicht verstehen. Irgendetwas stimmt mit meinen Ohren nicht. Da ist dieses dumpfe Pochen meines Herzschlages, der sich träge durch meine Blutbahn fräst. Und genauso dumpf höre ich Peters Stimme.

Etwas zischt an meiner Wange vorbei, schlägt mir das Glas aus den Händen, und im selben Augenblick ist Peters Gesicht verschwunden.
Ich blinzle, runzle die Stirn. Es ist tatsächlich verschwunden. Peters Gesicht ist weg. Einfach weg.
Und während sich die Tatsache in meinen Verstand hineinquetscht, langsam, wie eine ausgehungerte Made in faules Fleisch, bespritzt Peters Blutstrahl, der seinen abgetrennten Rumpf verlässt, die umstehenden Gläser.

Wimmert da jemand? Peters Leib wankt, erinnert mich an die gewaltige Lärche, die vor unserem Haus steht und über die sich Marie ständig beschwert, weil sie die hereingetragenen Nadeln so schlecht aus dem Teppich bekommt.
Peters dicke Finger krallen sich in das Holz vor der Spüle; es scheint, als wollen die Knochen die gespannte Haut seiner Hände auseinander reißen. Der Nagel seines rechten Zeigefingers bricht ab, und mit Entsetzen stelle ich fest, dass er im Holz stecken bleibt.
Jetzt beugt sich Peters Körper nach vorn, der pulsierende Strahl verebbt langsam, und für einen winzigen Moment erkenne ich in dem Chaos aus Muskelfasern, Sehnen und Adern ein Stück seines Knochens. Dann spritzt etwas gegen meine Stirn, dringt in meine Augen ein und brennt.

Alles ist still, während ich mit dem Ärmel meines Baumwollhemdes durch mein Gesicht wische. Ein dumpfer Aufschlag hinter dem Tresen sagt mir, dass sich Peters Leib jetzt in der Horizontalen befindet. Wo ist mein Alt?
Als ich die Augen wieder öffne, erkenne ich es in einer dickflüssigen Masse direkt vor mir auf dem matten Holz. Das Glas liegt auf der Seite, und ein Bierdeckel ist gerade dabei sich in der Flüssigkeit aufzulösen.

Die Wand, die sich hinter dem Tresen befindet, besteht aus einem Spiegel. Die Bierkrüge auf den gläsernen Regalbrettern davor, sind von Peters Blut gesprenkelt, und gebrochen erkenne ich zwischen den zerlaufenden Tropfen den Raum hinter meinem Rücken.
Da ist eine verschwommene Wand, eine Tür und ein dunkles Fenster, dessen schwarzer Hintergrund sich gegen das Glas zu pressen scheint.
Mein Blick springt ein Regalfach tiefer. Menschen. Ich erkenne Menschen. Die übrigen Gäste. Verschwommen und mit starren Augen sitzen sie einfach nur da, fixieren irgendeinen Punkt im Raum, der sich irgendwo hinter meinem Rücken befinden muss.
Der Glatzköpfige fällt mir auf; den ganzen Abend über hat er laut gelacht. Viel zu laut. Doch jetzt ist sein Mund verschwunden. Unter seinem Schnauzer – dass man so was in der heutigen Zeit überhaupt noch trägt – befindet nichts weiter, außer Haut. Keine Lippen. Kein Mund. Sein Gesicht besteht nur aus panischen Augen. Und dem Schnauzer unter der Nase.
Die Frau neben ihm hat den gleichen Blick. Ihre Augen wirken viel zu groß, genauso wie ihre Titten. Auch ihr Mund ist verschwunden.

Irgendjemand keucht, und ich verspüre den unbändigen Drang, mich umzudrehen. Müsste ich nicht jede meiner schwerfälligen Bewegungen genauestens überdenken, hätte ich es mit Sicherheit schon getan.
„Tu es nicht.“
Die Stimme ist leise und doch mit einer solchen Deutlichkeit, dass ich für einen Moment das Atmen einstelle. Wieder breitet sich dieser Schauer auf meiner Haut aus – wie vorhin, als der Wind kam – nur diesmal kommt er von innen.
„Tu es nicht!“
Ich zittere, sehe diese großen Augen der Gäste so weit weg in dem Spiegel. Die Körper auf den Stühlen zucken, starren immer weiter auf diesen einen Punkt. Auf diesen einen Punkt irgendwo zwischen der Tür und meinem bebenden Rücken. Wer ist da herein gekommen?
Die Augen des Glatzköpfigen scheinen größer zu werden, die Haut unter seinem Schnauzer spannt sich zu einem unhörbaren Schrei, und als die Äpfel mit einem zarten Plopp platzen, werden die schwarzen Haare unter seiner Nase von einem glänzenden Bach umspült.
„Und die Männer wurden mit Blindheit geschlagen, bis sie müde wurden und die Tür nicht finden konnten.“ Die Stimme hinter meinem Rücken ist so leise. So bedrohlich, dass es mir die Kehle zuzuschnüren droht. Beinahe ist mir, als entstünde sie direkt in meinem Innern.

Wieder sehe ich diese starrende Frau. Der Schnauzer neben ihr zuckt mit leeren Augenhöhlen, reißt den Kopf zurück und verschwindet mit einem Poltern aus meinem Blickfeld. Einer von Peters Bluttropfen – oder ist es Hirn? – auf dem Spiegel versperrt mir die Sicht.
Wieder zuckt mein rechtes Augenlid, und wieder fällt mein Blick auf Peters abgebrochenen Nagel im Holz vor der Spüle.
Jetzt schreit die Frau. Wie ist das möglich? Ohne Mund?

Ich schiebe meinen Körper weiter nach rechts, ändere den Blickwinkel und erkenne zwischen zwei schmierigen Rinnsalen auf der glänzenden Fläche das Gesicht der Frau. Ein dünner Schnitt ist unter ihrer Nase entstanden, Haut hat sich geteilt, reißt weiter auf und als ihr Schrei die Grenze des Erträglichen erreicht, ähneln die Hautfetzen dem grotesken Grinsen eines Kürbiskopfes zu Halloween.
Wieder zischt etwas. Ich schließe die Augen, als der Schrei verstummt.

Für einen Moment halte ich die Luft an, lausche der Stille, die jetzt durch sich langsam nähernde Schritte durchbrochen wird. Ich wimmere, presse die Faust vor die Lippen und die Lider fest zusammen.
Die Schritte verstummen, und mir ist klar, dass da jemand hinter mir steht. Ich schlucke den entstehenden Brechreiz hinunter. Was geht hier vor? Da sterben Menschen hinter meinem Rücken, da liegt ein Toter hinter dem Tresen. Ich wollte doch lediglich ein Bier trinken. Nur ein Bier. Nur eine kurze Ablenkung vom Tag, nur eine winzige Verschnaufpause, bevor ich Marie und den Kindern gegenüber treten werde. Bevor ich ihnen erzählen werde, dass sie ihr Vater verlassen wird.
„Glaubst du an Gott?“ Leise. Tief. Und monoton.
Mein Wimmern verstummt, als etwas meine Schulter berührt. Meine Gedanken rasen, sind auf einmal klar, wie nie zuvor. Kein Alkohol mehr. Wie weggeblasen.
„Glaubst du an Gott?“, fragt die Stimme erneut.
Der Griff wird fester. Vorsichtig öffne ich die Augen. Es ist so hell.
Ich sehe dieses zitternde Häufchen Elend, dort im Spiegel hinter dem Tresen. Die Faust noch immer vor dem Mund, starre ich in meine Augen.
Hinter mir die Menschen auf ihren Stühlen, zuckend und augenlos. Die leeren Höhlen starren zu mir herüber, wirken wie grinsende schwarze Münder, die mich zu verhöhnen scheinen.
Sonst ist da nichts. Nichts hinter meinem Rücken, und doch spüre ich den Griff auf meiner Schulter.
Etwas nähert sich meinem Ohr, haucht sanft. Der Geruch, der sich vor meinem Gesicht ausbreitet, lässt sich nicht zuordnen. Weder kommt er mir bekannt vor, noch kann ich ihn als schlecht oder gut bewerten.
„Errette deine Seele und sieh nicht hinter dich“, sagt die monotone Stimme.
Ich merke, wie ich mir in die Hose mache.
„Schließe deine Augen!
Ich gehorche.
„Mache dich auf, nimm dein Weib und deine zwei Töchter, die vorhanden sind, da dass du nicht auch umkommest in der Missetat dieser Stadt.“
Ich meine, ein Kichern in der Stimme zu erkennen.

Wie von selbst erhebt sich mein Körper vom Barhocker, die Lider presse ich so fest aufeinander, dass ich das Knirschen meiner Zähne höre.
Einfach nur überleben. Schritt für Schritt.
Unter meinen Füßen entsteht ein schmatzender Laut, während mich die Hand auf meiner Schulter durch den Raum schiebt.
Auf dem Weg zur Tür höre ich wieder dieses Zischen; dieses Zischen, dass ich ebenfalls hörte, kurz bevor Peter seinen Kopf verloren, und kurz nachdem ich die Augen geschlossen hatte, um dem Schicksal der Frau mit dem Halloweengrinsen zu entgehen.
Etwas schlägt auf den Boden. Hart, dumpf, wie ein Stein.

Als ich die Tür öffne, empfängt mich der Wind, streichelt schneidend meine Wangen.
„Da ließ der Herr Schwefel und Feuer regnen vom Himmel herab auf Sodom und Gomorrha.“
Der Wind pfeift, und das Grollen eines nahenden Gewitters schlägt zu mir herüber. Ich öffne die Augen.
„Errette deine Seele und sieh nicht hinter dich!“
Eine gewaltige Sternschnuppe erhellt die tosenden Wolken. Blitze. Grell und ungewöhnlich viele.
Jetzt ist die Stimme ganz nah an meinem Ohr. „Und er kehrete die Städte um, die ganze Gegend und alle Einwohner der Städte, und was auf dem Lande gewachsen war.“
Die Hand auf meiner Schulter verschwindet.
„Warum ich?“ Meine Frage besteht nur aus einem Wimmern.
Ein Lachen hinter meinem Rücken. „Auch du nicht“, flüstert die Stimme wieder direkt neben meinem Gesicht. „Denn auch du bist schwach. Das menschliche Fleisch vergehet in seiner Schwäche.“
Für einen Augenblick verharre ich, dann wirbeln meine Beine, als sei der Leibhaftige hinter mir her. Doch irgendwie weiß ich, dass es nicht der Leibhaftige ist!
„Gottes Wille ist unergründlich!“, brüllt er hinter meinem Rücken.

Ich renne. Immer schneller. Blitze über mir. Erneut eine Sternschnuppe. Sekunden später noch eine.
Sieh nicht hinter dich!
Ich bleibe stehen, zitternd, - Denn auch du bist schwach! - und nachdem ich mich übergeben habe, drehe ich mich um …

 

Ach, die Sumpfkuh ist wieder da!

Der Kerl kann nicht richtig sehen, weil er alles durch einen blutbespritzten Spiegel sieht.
Freut mich aber, dass es dir zumindest ein bisschen gefallen hat.

Lieben Gruß! Salem

 

Erst mal... Daumen hoch für den Einfall. ich schließe mich dem Gedanken von Basti08 an, also...wenn du den Prot (od. etwa Peter) ein wenig näher beschrieben, in den Brennpunkt gestellt hättest, dann wäre das Ganze nicht nur gruselig, sondern echt schrecklich! ansonsten... klasse! seas :-)

 

Das freut mich. Vielen Dank!
Ich lasse ein ganz klein wenig Gras über die Geschichte wachsen (Abstand nehmen) und werde mich dann noch einmal an die Charakterisierung machen.
Vielleicht am kommenden WE :D

Danke für deinen Kommentar! Salem

 

Hi Salem,
Gut gelungen, aber nicht deine beste Geshichte:
ERster Kritikpunkt: Beim Einstieg ist der Protagnist sehr unbestimmt: Da kommt wenig Mitgefühl mit ihm auf. Eine sympathsiche Kleinigkeit aus seinem Hintergrund würde meiner Meinung nach Genügen, um ihn sympathischer zu machen. Dann kann der Leser mitfiebern.

Warum frägt Gott, ob er an Gott glaubt und warum verlangt er keine Antwort? Meiner MEinung nach wäre es glaubwürdiger, wenn er etwas anderes fragen würde.

Der Schluss ist natürlich wieder gekonnt und insgesamt eine sehr gute Geschichte. Sprachlich ist mir nur einmal aufgefallen, dass du unbeding auf das verspritzte Gehirn verweisen mußtest - Ich glaube nicht, dass Gott so etwas nötig gehabt hätte. Wie wäre es, wenn sein Kopf einfach runterfällt?

L.G.
Bernahrd

 

Hi Bernhard,

deinen Kritikpunkt kann ich vollkommen nachvollziehen, ich habe die Geschichte auch diesbezüglich noch nicht überarbeitet.
Werde ich aber in Kürze nachholen, versprochen. Im Moment fehlt mir ein wenig der Zugang.

Sprachlich ist mir nur einmal aufgefallen, dass du unbeding auf das verspritzte Gehirn verweisen mußtest -
:Pfeif:
Nein, Grund war einfach, dass die Hirnspritzer die Sicht durch den Spiegel noch mehr beeinträchtigen. Obwohl ... ach, Mist, ich gestehe. Ich brauch sowas halt :D
Aber vielleicht fällt mir bei der Überarbeitung etwas besseres ein.

Warum frägt Gott, ob er an Gott glaubt und warum verlangt er keine Antwort? Meiner MEinung nach wäre es glaubwürdiger, wenn er etwas anderes fragen würde.
Ich werde drüber nachdenken, aber ich fand den Satz so schön erschreckend.

Ich danke dir auf jeden Fall für deinen Kommentar. Hat mich gefreut!

Gruß! Salem

 

Hallo salem

Wow, nicht schlecht. Also gegruselt habe ich mich nicht, aber die Geschichte bleibt die ganze Zeit spannend. Ganz besonders hat mir das ende gefallen. Die frage wer denn nun diese mysteriöse gestalt hinter dem Prot. ist, bleibt zwar offen, aber genau das ist es was den Nervenkitzel ausmacht. Du weißt auf jeden fall die Spannung aufzubauen und zu halten(!). Das ist dir definitiv gelungen. Das ganze blut ist zwar übertrieben und eigentlich der Grund, warum ich hier so selten lese, aber okay, das sei dir vergeben.
Also: Gut geschrieben, gute Idee und ja: sehr spannend.

Cu J:baddevil:

 

Hi Salem,

Ich kichere, hebe das Glas, will Peter zuprosten, der sich mittlerweile umgedreht hat und nach einem weiteren Glas greift, und nehme einen Schluck.

Der einzige holprige Satz in der Geschichte. Zu lang, zweimal „und“, und warum "will" er zuprosten? Er tut es doch. Oder?

als die Kohlensäure laut meinen Mund verlässt.

Er prustet, spuckt ... im Bemühen, diese gängigen Formulierungen zu umgehen, hast du dich hier meiner Meinung nach etwas vergriffen. Die Kohlensäure verlässt laut seinen Mund ... nä, datt klingt nich.

Die leeren Höhlen starrten zu mir herüber, wirkten wie grinsende schwarze Münder,

Was’ hier passiert? Die Geschichte wird doch im Präsens erzählt?

Kurzweilig. Sodom und Gomorra auf Splatter. Kein Meisterwerk, aber hübsch ...

Grüße

Jan-Christoph

 

Hallo Salem,

ich habe mich ja bereits wiederholt in der Weise geäußert, dass ich kein ausgesprochener Freund des Splatterns bin. Insofern werden wir wahrscheinlich nie den rechten Gefallen aneinander finden, da ich diesbezüglich fast völligen Verzicht übe (andererseits würde ich mich insgeheim schon mal daran versuchen - aber nur mal gucken, ob ich sowas auch kann...):naughty:

Und dennoch habe ich es gelesen und finde allein die Idee, Sodom & G in eine Kneipenwelt zu übertragen, ziemlich gut. Ich muss mich allerdings auch fragen, was den überlebenden Prot auszeichnet, der sich ja von den anderen im Grunde gar nicht unterscheidet, möglicherweise sogar noch besoffener ist als die anderen Gäste.

Die Kohlensäure, die laut den Mund verlässt, ist vermutlich Rülpsen?

Besten Gruß,
nic

 

Hi Jo, Proof und nictita.

Vielen Dank für euren Kommentar!

Im Einzelnen:

@Jo

Wow, nicht schlecht.
Danke, danke!

Ganz besonders hat mir das ende gefallen. Die frage wer denn nun diese mysteriöse gestalt hinter dem Prot. ist, bleibt zwar offen,
Bleibt offen? :hmm: Dann hab ich wohl was falsch gemacht ...

Das ganze blut ist zwar übertrieben und eigentlich der Grund, warum ich hier so selten lese, aber okay, das sei dir vergeben.
Ich habe mich wirklich zusammen gerissen!:D

@Proof

Zitat Proof:
Ich kichere, hebe das Glas, will Peter zuprosten, der sich mittlerweile umgedreht hat und nach einem weiteren Glas greift, und nehme einen Schluck.
Der einzige holprige Satz in der Geschichte. Zu lang, zweimal „und“, und warum "will" er zuprosten? Er tut es doch. Oder?
Hm, ich glaube, hier kommen wir auf keinen gemeinsamen Nenner. Mir gefällt der Satz irgendwie gut, weil er mal so ein klein wenig aus den üblichen Strukturen ausbricht. Würde ihn (zumindest im Moment) ungern änder.

Was’ hier passiert? Die Geschichte wird doch im Präsens erzählt?
Ups, hatte sie ursprünglich in der Vergangenheit geschrieben; ist mir dann wohl durchgegangen. Danke fürs Finden *g*

Kurzweilig. Sodom und Gomorra auf Splatter.
:D

Kein Meisterwerk
:xxlmad:

aber hübsch ...
:cool:

@nictita

(andererseits würde ich mich insgeheim schon mal daran versuchen - aber nur mal gucken, ob ich sowas auch kann...)
Hehe... dann bin ich ja mal gespannt ...

Und dennoch habe ich es gelesen und finde allein die Idee, Sodom & G in eine Kneipenwelt zu übertragen, ziemlich gut.
Das freut mich!

Ich muss mich allerdings auch fragen, was den überlebenden Prot auszeichnet, der sich ja von den anderen im Grunde gar nicht unterscheidet, möglicherweise sogar noch besoffener ist als die anderen Gäste.
Ja, das wurde ja schon des Öfteren bemängelt. Ich werde mich dran setzen ...


Die Kohlensäure, die laut den Mund verlässt, ist vermutlich Rülpsen?
Geiles Synonym, oder??? :D

So, jetzt mach ich mich an die Arbeit! Danke euch nochmal fürs Lesen!

Gruß! Salem

 

So, ich habe sie noch einmal überarbeitet. Bitte denkt jetzt nicht, mir sei nichts Besseres eingefallen, aber ich bin der Meinung, dass zu viel Erklärungsversuche das ganze Mystische kaputt machen würden.

Ich danke euch allen aber noch einmal für eure zahlreichen Tipps und Hilfen. ;)

 

Hi Salem,

eine fantastische Geschichte. Ich bin begeistert. :thumbsup:
Da finde ich den Horror-Salem, aber auch den gefühlvollen Salem, der sich in seinen Prot versetzt, ihn in all dem Grauen, noch an sein Bier denken lässt. (der Verstand weigert sich zu begreifen)
Und den "tiefen" Salem. Dein Prot erhält seine letzte Chance. Er muss nur nach vorne gehen und nicht zurückblicken.
"Glaubst du an Gott?" fragt die Stimme. Dein Prot konnte darauf keine Antwort geben. Hätte er an Gott geglaubt, hätte er ihm vertraut und nicht zurückgeblickt.

Eine kurze, dichte, spannende und in meinen Augen auch tiefe Geschichte, verpackt in blutigem Horror.
Obwohl ...:hmm: Wenn man an den Sinn von Sodom und Gomorra denkt: ein abgerissener Kopf, ( schlechte Gedanken) verschlossener Mund, ( böse Worte ) zerstörte Augen, (nicht das Gute sehen wollen ).
Ich denke wenn ich deine KG "auseinander" nehmen würde, käme mir noch mehr in den Sinn.;)

ganz lieben Gruß, coleratio

 

Oha, meine Lieblingskritikerin ist wieder da :bounce:

Hallo coleratio,

und ganz herzlichen Dank für diese Kritik. Ich bin noch ganz hin und weg, und unter uns: Ich habe deine faszinierenden Interpretationen echt vermisst :D

Eine kurze, dichte, spannende und in meinen Augen auch tiefe Geschichte, verpackt in blutigem Horror.
Ein ganz großes Kompliment. Vielen Dank!
Ich denke wenn ich deine KG "auseinander" nehmen würde, käme mir noch mehr in den Sinn.
Auch ich bin nach deinen Kommentaren immer begeistert, was man aus meinen Geschichten so alles herauslesen kann.

Wirklich schön, dass ich dich begeistern konnte. Hoffe, du beehrst uns jetzt wieder des Öfteren ...

Lieben Gruß! Salem

 

Hallo, Salem.

Die Idee hinter dieser Geschichte, eine biblische Strafaktion gegen die Gottlosigkeit der Menschen in die Gegenwart zu holen und diese aus der Perspektive eines angetrunkenen Sünders zu schildern, der eine sozusagen letzte Chance vergeigt, ist interessant und spannend. So weit, so gut.

Leider aber zieht mich die Geschichte nicht rein, was hauptsächlich daran liegt, dass ich mich nicht mit Deinem ich-erzählenden Protagonisten solidarisieren kann. Du deutest einiges über ihn an, über seine Unzufriedenheit, über seine Trennungspläne, aber dennoch bleibt das alles Stückwerk, es bleibt ohne Relevanz. Er ist irgendwer, der in eine blöde Situation gerät, aber er ist und bleibt eben trotzdem nur irgendwer – dass nicht klar wird, warum ausgerechnet er (zumindest für’s erste) davonkommt, wurde ja schon angemerkt.

Dass Du nicht zuviel über den mysteriösen Kneipengast konkretisieren möchtest (ob jetzt rächender Engel des Herrn oder der Allmächtige himself) ist nachvollziehbar und völlig richtig. Dass Du aber über Deinen Prot ebenfalls nichts halbes und nichts ganzes rausrückst, finde ich problematisch. Da muss mehr kommen, da muss ich mehr wissen, da muss ich mich besser einfühlen können. Sonst hält mich bei der Geschichte nur der Gore-Faktor bei der Stange, und dann fällt sie mir ganz schnell wieder aus dem Kurzzeitgedächtnis raus, ohne je im Langzeitgedächtnis angekommen zu sein.

Dadurch, dass Deine Hauptfigur keine wirkliche Gestalt annimmt, werden dessen Beobachtungen auch zu beliebigem Stückwerk – ich weiß natürlich, dass Du mit Deinen stellenweise abstrusen Assoziationen und hirnrissigen Wahrnehmungen (Wo ist mein Bier?) die Inkompatibilität des Schreckens mit dem alltagslahmen Hirn andeuten willst, aber da Du alles in solchen Wahrnehmungsfragmenten schilderst, bleibt Deine Erzählperspektive unscharf.

Das Präsens indessen bekommt der Geschichte sehr gut. Du hast offenbar bereits einiges an dieser Geschichte gemacht, und es lohnt sich, noch weiter an ihr zu arbeiten. Alles, was ihr fehlt, ist ein wenig mehr Immersion und ein runderer Prot, mit dem man um sein Leben bangen kann, so erbärmlich es auch sein mag.

Dann noch ein paar Anmerkungen zum Text:

... doch wankt mein Barhocker dermaßen ...

Der schwankt vermutlich eher, wanken verbinde ich mit unsicherer Fortbewegung. Und wohin sollte sich ein Barhocker schon bewegen ...

... und einem Schnitt ins Zeitgefüge gleich, ist es plötzlich still.

Komma kann weg.

Der Tag war schließlich hektisch genug gewesen

Wenn Erzählzeit Präsens ist, dann muss hier entweder "ist gewesen" oder nur "war" stehen. Da Du offenbar den Tempus inzwischen angepasst hast, ist Dir diese Stelle vermutlich bloß entgangen.

Ich runzele die Stirn ...

Ich bin mir nicht 100%ig sicher, aber ich meine, es heißt richtiger "Ich runzle". Das "e" fällt in dieser Form weg.

... das Schrille an meinem Trommelfell scheppert ...

Was bitte ist ein Schrilles? Ich kenn nur ein Helles, und das trinkt Dein Prot ja nicht mal. ;) Klingt sehr eigentümlich. Wäre ein "Kreischen" nicht besser geeignet? Ist auch schrill. Und außerdem scheppert es "an mein Trommelfell", vielleicht sogar besser "gegen mein Trommelfell". Und das Komma nach "scheppert" kann eigentlich weg, außer natürlich Du willst damit einen Rhythmus setzen.

fontänenmäßig

Bitte? Stimmungszerschmetterer! Fontänenmäßig geht gar nicht! "... der als schreckliche Fontäne Peters Rumpf verlässt" oder mit einem anderen Attribut, aber "irgendwasmäßig" ist ein schriftstellerisches NoGo! Außer bei verhältnismäßig. Aber bitte nicht sowas!

und gebrochen erkenne ich

Ist der Spiegel kaputt? Andernfalls ist "gebrochen" wohl nicht die richtige Vokabel.

den entstehenden Kotzreiz

Was ist an einem ordentlichen Brechreiz auszusetzen?

Der Geruch, der sich um mein Gesicht legt ...

Klingt merkwürdig, irgendwie sollte hier vielleicht eine Nase ins Spiel kommen ...

- und nachdem ich mich sekundenlang übergeben habe ...

Stoppuhr dabeigehabt? Wie übergibt man sich sekundenlang? :)

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Man liest sich!

Gruß
bvw

 

Hallo bruder!

Leider aber zieht mich die Geschichte nicht rein, was hauptsächlich daran liegt, dass ich mich nicht mit Deinem ich-erzählenden Protagonisten solidarisieren kann.
Puh, das scheint ein harter Brocken zu werden. Ich habe die Geschichte ja diesbezüglich schon überarbeitet, scheinbar reicht es immer noch nicht.
Jetzt steh ich ein wenig auf dem Schlauch: Könntest du mir vielleicht einmal ein konkretes Beispiel schicken (geht auch per PN)?
Ich kann mir schwer vorstellen, dass es den Leser z.B. interessiert bzw dass es für die Geschichte relevant ist, warum er seine Familie verlassen will. Oder meinst du etwas anderes?

und es lohnt sich, noch weiter an ihr zu arbeiten.
ja, das werde ich auf jeden Fall machen, denn irgendwie macht mir die Geschichte Spaß ;)

Deine Verbesserungsvorschläge habe ich alle übernommen; vielen Dank, sie waren echt super.

Außer:

Zitat:
und gebrochen erkenne ich

Ist der Spiegel kaputt? Andernfalls ist "gebrochen" wohl nicht die richtige Vokabel.
Hier wollte ich ausdrücken, dass die Sicht durch das Blut auf dem Spiegel gebrochen ist.

Vielen Dank nochmal für diese hilfreiche Kritik!

Gruß! Salem

 

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