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Copywrite Grüne Hölle

MRG

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12.03.2020
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Grüne Hölle

Auf dem Bett saß eine Frau, die eine Schlafanzughose und einen grauen Kapuzenpullover mit einem aufgedruckten, fliegenden Dinosaurier trug. Der Pteosauria war schon immer der Lieblingsdino ihres Johannes gewesen.
Die Frau hatte ihre Knie an den Brustkorb gezogen, die Beine umschlungen und den Kopf gesenkt. Dünne schwarze Haare hingen aus ihrem Zopf heraus, bewegten sich auf und ab zu den Schluchzern, die ihren abgemagerten Körper erschütterten. „Warum ich? Was willst du? Lass mich in Ruh‘“, flehte sie. Doch es war sonst niemand im Raum.

Nach fünfzehn Minuten ging sie zum Schreibtisch und setzte sich auf den Stuhl. Aus der Schublade holte sie eine Plastikbox und ein schwarzes Notizbuch mit einem Kugelschreiber hervor. Die betreuende Psychiaterin hatte sie gewarnt, dass die therapeutischen Gespräche zu einer kurzzeitigen Verschlimmerung führen könnten. Sie hatte recht behalten. Die Angst vor dem nächsten Gespräch saß der Frau im Nacken. Aus der Box entnahm sie die Tablette, die sie mit Wasser herunterschluckte.
Sie streichelte sanft mit ihrer Hand über das Notizbuch. Die vollbeschriebenen Seiten drückten den Einband nach oben. Routiniert schlug sie die letzte Seite auf. Große, bauschige Formen wechselten sich ab mit millimeterfein geschriebenen Buchstaben mit dem immer gleichen Inhalt: „iO.“ - dazwischen kaum Lücken. „In Ordnung. Alles in Ordnung. Es ist alles in Ordnung“, murmelte die Frau vor sich hin wie bei einer Beschwörung. Mit aller Kraft setzte sie den Stift an. Dabei riss das Papier ein und sie fühlte, wie sich ihre Wahrnehmung verschob.

Der Geruch von Kräutern lag in der Luft. Sie hörte leises Vogelgezwitscher und das Rascheln des Laubs, wenn sie darüber ging. Die Fichten ragten hoch hinaus, versperrten ihr die Sicht. Doch dann formten ihre Augen einen Weg, der sie zwischen den Baumstämmen und sumpfigen Gräben vorbeiführte. Schattenfarben umwehten sie, bildeten sich zu schwarzblauen Fäden und erschwerten ihr das Atmen. Sie hatte den Eindruck, als müsste sie dagegen ankämpfen, als wäre ein Gewicht auf ihrer Brust platziert. Plötzlich drang ein Schrei zu ihr durch. Wieder die tiefe Männerstimme, die ihr Befehle gab. Die Frau ging in die Hocke, hielt sich die Ohren zu, doch die Stimme verblieb in der gleichen Lautstärke. „Wenn du das nicht machst, ist dein Junge dran. Ich hol ihn mir, verbrenne ihm die Hand und lass dich ihm die Kehle durchschneiden!“
„Nein! Johannes! Wir müssen uns schützen!“
Und mit diesen Worten rannte sie los umgeben von blau-schwarzen Schatten, die wie Strahlen ihren Körper trafen. Ihre Sicht verschwamm, wurde immer dunkler bis ihr schwarz vor Augen wurde.
Als sie wieder aufwachte, war es später Nachmittag. Ein Pfleger stand neben ihrem Bett, schaute sie gütig an. „Wieder der Wald?“, fragte er. Sie nickte stumm. „Ruhen Sie sich noch etwas aus. Die Sitzung beginnt in einer Stunde.“

Das Gespräch mit der betreuenden Psychiaterin war kräftezehrend. Doch sie hatte keine Wahl, musste sich ihren Stimmen stellen, wenn sie Johannes wiedersehen wollte.
Die Psychiaterin trug einen weißen Kittel, hatte ihre ergrauten Haare zu einem ordentlichen Dutt gebunden und sprach mit sanftem Tonfall: „Was ist seit der letzten Sitzung passiert?“
„Wie geht es Johannes?“, antwortete die Frau stattdessen.
„Er ist in der Ganztagsbetreuung.“ Als die Psychiaterin das sorgenvolle Gesicht sah, fügte sie hinzu: „Ihm geht‘s gut.“
Die Frau nickte, dann begann sie abrupt an zu schluchzen. „Ich will nach Hause, aber er strahlt wieder.“
„Er strahlt wieder?“
„Ja, genau. Macht alles schlimmer. Und er schreit so laut.“
„Wieder der Mann?“
„Ja, dieser tiefe, dunkle Klang. Ich will nicht auf ihn hören.“
„Die Befehle?“
Die Frau nickte. „Ich hab Angst, dass ich auf ihn höre. Er ist grausam.“
Es folgte eine Pause.
Dann setzte die Psychiaterin neu an: „Wenn Sie ihre Situation auf einer Skala von 1 bis 10 beurteilten müssten, wenn 1 der schlimmste Zustand ist und 10 der bestmögliche, wo sehen Sie sich selbst?“
„Zwei.“
„Sie hätten jetzt auch eins sagen können, wie sind Sie auf die Zwei gekommen?“
„Johannes. Ich denke ununterbrochen an ihn, er gibt mir Kraft.“
„Damit können wir arbeiten.“

Die erste Zeit zu Hause nach dem Klinikaufenthalt war schwierig aufgrund der ständigen Müdigkeit durch die Medikamente. Es gab Tage, an denen sie nur schlafen wollte. Doch sie gab sich diesem Wunsch nicht hin, hielt sich strikt an ihre Routine und wenn Johannes aus der Schule kam, stand das Mittagessen auf dem Tisch. Seine Wäsche war gewaschen und die Wohnung aufgeräumt. Jeden Tag trug sie „iO“ in ihren gemeinsamen Familienplaner ein. Dieser bestand aus insgesamt fünf Spalten, aber sie nutzten nur zwei davon: Johannes trug alles unter der Zwiebel ein, ganz links, sie nutzte den Kürbis, in der Mitte links. So zogen die Tage dahin.

Eines Morgens stand sie auf und eine Stimme flüsterte ihr zu, dass es ihr wieder gut ginge und sie die Tabletten nicht mehr brauche.
„Es hat gewirkt. Die Therapie hat gewirkt! Lust auf McDonalds?“
„Gerne, Mama“, antwortete Johannes vorsichtig. Zu oft schon hatte er gesehen, wie ihre Stimmung wieder umschlug. Er wusste, wie sensibel und verletzlich sie war. Drei Wochen später, Anfang September, begann sie Selbstgespräche zu führen, sprach von Strahlen, beschrieb eine austrocknende Vogeltränke und diskutierte ängstlich mit sich selbst. „Du irrst dich. Lass mich in Ruhe! Hör auf mit den Strahlen. Du machst mich ganz kirre. Böser Wald.“ In dieser Zeit schrieb Johannes jeden Tag „iO“ in den Familienplaner. Denn sie hatte ihre Routine schon lange vergessen, ihre Routine, die ihre Brücke zur Realität war.

 

Vielen herzlichen Dank für die beiden schönen Kommentare @Katta und @Fliege, habe sie gelesen und mich sehr gefreut. Sobald ich mein erste Klausur durchhabe, antworte ich ausführlich. :-)

 

Hallo @MRG ,

mich hat leider Deine Geschichte auch nicht so überzeugt. Es wurde ja schon von einigen Vorkritikern bemängelt, dass Du mit vielen Klischees arbeitest. Klischees haben natürlich an sich, dass ein gewisser Kern natürlich der Wahrheit entspricht, sonst wären sie nicht entstanden. Insoweit kannst Du schon so einen Verlauf schildern, was mir aber fehlt, ist die “Tiefe”. Ich denke, Du könntest viel näher an Deine Charaktere ranzoomen.

Das Sonnenlicht fiel nach der langen Nacht durch das Fenster des Klinikzimmers. Darin standen ein kleines Bett, ein Regal und ein Schreibtisch mit Stuhl. Auf dem Bett saß eine Frau, die eine Schlafanzughose und einen grauen Kapuzenpullover mit einem aufgedruckten, fliegenden Dinosaurier trug. Der Pteosauria war schon immer der Lieblingsdino ihres Johannes gewesen.
Die Frau zog hatte ihre Knie an den Brustkorb gezogen, umschlang die Beine umschlungen und senkte den Kopf gesenkt. Dünne schwarze Haare hingen herab, bewegten sich auf und ab zu den Schluchzern, die ihren abgemagerten Körper erschütterten. „Warum ich? Was willst du? Lass mich in Ruh‘“, flehte sie. Doch es war sonst niemand im Raum.
Ich finde, Du könntest hier und auch in den nächsten zwei Abschnitten radikal kürzen. Was wäre so falsch daran später einzusteigen?
Fliege bemerkte schon, dass Haare immer herab hängen, außer man hat sie aufgesteckt. Was Du zum Ausdruck bringen willst, ist, dass sie derangiert sind. Dann schreibe das auch so: Haarsträhnen lösten sich aus ihrem Zopf oder Haarknoten, hingen im Gesicht oder so ähnlich.
die sie mit einem Glas Wasser herunterschluckte.
Aua. Ich hoffe doch, dass sie das Glas nicht mitherunterschluckt.
Lautstärke. „Wenn du das nicht machst, ist dein Junge dran. Ich hol ihn mir, verbrenne ihm die Hand und lass dich ihm die Kehle durchschneiden!“
Auch diese innere Stimme überzeugt mich nicht. Kennst Du zufällig den Film ”Das weiße Rauschen” ein Frühwerk von Daniel Brühl? Den habe ich damals im Kino gesehen. Brühl spielt einen jungen Studenten, bei dem eine Schizophrenie ausbricht. Diese Stellen, wo die Stimmen auf ihn einreden sind sehr eindringlich verfilmt. Im Kino haben sie sogar den Ton so laut aufgedreht, dass man als Zuschauer:in schon ganz irre wurde und nur hoffte, dass dieses Stimmgewirr endlich aufhört. Ich habe einmal gelesen, dass bei einer Schizophrenie genau die gleichen Hirnregionen stimuliert werden, die bei echten Reizen auch eine Rolle spielen. Stimmen, die es nicht gibt, kann man so gar nicht unterscheiden von Stimmen, die es gibt. Diese Unsicherheit, die daraus entsteht: Ist das jetzt real oder doch nur die Krankheit?, könntest Du nutzen und ausbauen als Antagonisten.
Bei Dir bleibt es aber leider flach. Die Qualen, die Deine Prota erlebt, könntest Du viel deutlicher herausarbeiten. Den inneren Kampf, den sie fechtet.

„Gerne, Mama“, antwortete Johannes vorsichtig. Zu oft schon hatte er gesehen, wie ihre Stimmung wieder umschlug. Er wusste, wie sensibel und verletzlich sie war, weil er sein Leben lang mit ihrer Schizophrenie gelebt hatte. Drei Wochen später, Anfang September, begann sie Selbstgespräche zu führen, sprach von Strahlen, beschrieb eine austrocknende Vogeltränke und diskutierte ängstlich mit sich selbst. „Du irrst dich. Lass mich in Ruhe! Hör auf mit den Strahlen. Du machst mich ganz kirre. Böser Wald.“ In dieser Zeit schrieb Johannes jeden Tag „iO“ in den Familienplaner. Denn sie hatte ihre Routine schon lange vergessen, ihre Routine, die ihre Brücke zur Realität war.

Und das Ende kam dann sehr plötzlich, als wäre Dir die Energie ausgegangen. Dabei hat gerade das Potenzial. Die Hoffnung, die Krankheit sei besiegt und dann schleicht sie sich zurück und Johannes sitzt hilflos daneben, weiß vielleicht auch, dass er seine Mutter wieder hergeben muss, weil sie in einer Klinik besser aufgehoben ist …

Du siehst, leider konnte mich dieser Text von Dir nicht überzeugen. Das ist schade, denn Du hast mehr drauf.

Liebe Grüße
Mae

 

Hallo @Katta,

so habe endlich wieder Zeit und Muse zu wortkriegern. Habe mich jedenfalls sehr über deinen Kommentar gefreut, da steckt viel drin.

mir gefällt übrigens dein Profilbild, was ist das denn für ein Falter?
Danke, es ist ein Himmelsfalter.

ber wenn ich jetzt noch mal reinschaue, dann ist die krasse Einsicht und Reflektionsfähigkeit der Mutter schon auffällig. Vielleicht kam ich deswegen auf den Begriff Infodump, weil sie so unglaublich funktional und rational und klar antwortet und Informationen auf eine Art und Weise weitergibt, die ich sehr an den Leser gerichtet finde.
Jetzt wo ich etwas Abstand zu meinem Text habe, kann ich das noch besser einsehen. Als ich es geschrieben habe, habe ich versucht, dass es nicht an den Leser gerichtet ist. Das hat nicht so ganz funktioniert, wie ich jetzt sehe.

Was ich zB erwarten würde, wäre die Frage, warum die Mutter Angst hat, zu tun, was er sagt, obwohl ihr doch klar ist, dass es nicht echt ist.
Ich hatte mir das schon vorgestellt, dass es sich für sie echt anfühlt. Aber ja du gehst ja am Ende auch noch einmal drauf ein, dass die Frage ist, wie viel Einsicht sie hat. Ich glaube, dass mir hier das Wissen über die Schizophrenie fehlt. Bin mit etwas Abstand auch unzufriedener mit meinem Text, die Klischees werden mir jetzt deutlicher.

Vielleicht ist das auch der Grund, warum ich denke, dass es nicht realistisch ist. Also, vielleicht geht es gar nicht darum, eine "realistische" oder "typische" Psychose (Schizophrenie) zu schildern, sondern darum den im Text vorhandenen Konflikt aufzulösen, zu beschreiben, irgendwie eben zu bearbeiten, dass die Mutter sich ihrer Erkrankung und der Halluzinationen so sehr bewusst ist und gleichzeitig Angst hat, sich nicht gegen die Stimme zur Wehr setzen zu können, was absolut so sein kann, aber mMn irgendwie eingeordnet werden sollte.
Hm, ja interessant. Mir ist auf jeden Fall aufgefallen, dass ich mich mit der Überarbeitung sehr, sehr schwertue. Ich weiß nicht, wie ich das so hinbekommen kann, dass ich die Klischees rausbekomme.

Das sie schwarzhaarig ist wissen wir schon. Und mir fällt es schwer vorstellbar dass lange Haare in alle Richtungen abstehen. Da könntest du also auch einfach darauf verzichten.
Ja, das habe ich direkt rausgenommen. Meine ursprüngliche Idee war es, den Konflikt zwischen Dutt, also Ordnung, und Chaos zwischen der Psychiaterin und der Frau zu zeichnen.

Ich würde sie nicht gleich antworten lassen, lass erstmal die Mutter reden ... Diese ganzen Fragen der Therapeutin brauchst du nicht, da erreichst du eher das Gegenteil von dem, was du mMn erreichen willst.
Interessant. Du schätzt das schon sehr gut ein, dass ich mich vor allem mit diesem Gespräch schwergetan habe.
Vielleicht wäre es auch noch mal hilfreich über die Erzählposition nachzudenken. Vielleicht könntest du deinen Erzähler für dich selbst (also im Sinne einer Backend-Story) noch etwas näher definieren. Warum erzählt er gerade diese Geschichte? Was fasziniert ihn daran? Wie medizinisch gebildet ist dein Erzähler etc.
Vielleicht ist das der Ansatz, der mir bei der Überarbeitung hilft. Momentan weiß ich nicht so richtig, wie ich für mich diese emotionale Bindung zur Geschichte zurückbekommen kann. Normalerweise merke ich, dass meine Überabeitungen wieder in den Fluss kommen, während ich die Geschichte mit den Anregungen überarbeite. Aber hier ist das anders, vielleicht liegt es daran, dass das Thema zu weit weg ist für mich.

Nee, mein ursprünglicher Gedanke war eher, die Einzeltherapie durch die Gruppentherapie zu ersetzen. Die Ärztin könnte aber auch psychoedukativ arbeiten im Einzelgespräch. Das wäre also egal. Ich könnte mir aber vorstellen, dass es schwer ist für dich, die Perspektive der Ärztin einzufangen, zumindest ist das mein Eindruck nachdem ich deinen Dialog gelesen habe.
Hab versucht die Gruppentherapie miteinzubauen in der Überarbeitung, aber das ist vom Dialog her noch nicht gut gelöst. Tue mich sehr, sehr schwer mit den Dialogen, weil mir in dieser Hinsicht der Hintergrund fehlt.

Ich weiß nicht, ob das mit dem Original vereinbar ist, aber wenn so viel über die Befehle geredet wird, würde ich schon gerne wissen, was denn diese befehle sind, auch da könntest du es bei einem Befehl belassen, zB zünde den Wald an ... aber keine Ahnung, vielleicht passt das weder zu deiner Geschichte noch zum Original ...
Der Befehl ist, dass sie Johannes etwas antut und davor hat sie furchtbare Angst.

Vielen Dank für deinen Kommentar @Katta, hat mich sehr gefreut, dass du noch einmal reingeschaut hast. Ich versuche mich weiter an der Überarbeitung, tue mich damit allerdings schwerer als sonst.

Beste Grüße
MRG


Hallo @Fliege,

jetzt komme ich endlich zu der ausführlichen Antwort. Habe deinen Kommentar sehr gerne gelesen und er gibt mir Mut, mich weiter durch diese Überarbeitung durchzufuchsen (tue mich momentan vor allem mit dem Gespräch zwischen Psychiaterin und der Frau schwer). Ganz besonders spannend fand ich den Punkt, dass der Stil noch etwas unentschieden ist. Da hast du ins Schwarze getroffen, denke ich.
Ich gehe auf deine Anmerkungen im Detail an:

Du hast Dir dann auch noch die Geschichte rausgepickt, wo das Thema ein Schwergewicht ist. Respekt!
Danke! Die Geschichte hat mich direkt fasziniert, finde das Original sehr gelungen.

In den Kommentaren wurde erwähnt, dass Du die Diagnose ja nicht benennen musst, war mein Gedanke beim Lesen auch, würde ich nicht machen.
Habe ich rausgenommen, kann deinen Punkt hier nachvollziehen und er hat mich überzeugt.

Ich glaub, wenn Du das als Thema im Hinterkopf hast, den Text darauf strenger fokussieren würdest, könnte das durchaus ein Gewinn sein.
Das ist etwas, das ich noch nicht so richtig greifen kann. Was meinst du genau damit, dass ich den Text strenger darauf fokussieren kann? Meinst du, dass ich die Schizophrenie durch kleine Details stärker beleuchte oder ist das eine Haltungssache, die ich während des Schreibens noch mehr im Hinterkopf haben soll? Finde den Gedanken hier interessant, weil mir das vielleicht bei meiner Überarbeitung helfen könnte.

Im Ganzen habe ich deinen Text aber sehr gern gelesen, die Tragik, die kommt bei mir schon an. Anfangs fand ich die Erzählperspektive ziemlich abseits, distanziert, im Verlauf der Geschichte habe ich aber gedacht, warum eigentlich nicht. Jedenfalls macht es die Sache für den Autor leichter, wenn man sich in einem Thema nicht so ganz zu Hause fühlt.
Das hat mich gefreut, dass du den Text gerne gelesen hast. Bei der Distanz gehe ich auch voll mit dir, ich habe mich in dem Thema insofern nicht ganz zu Hause gefühlt, weil ich nur die Aussensicht habe. Das trifft es schon gut.

Kein schöner erster Satz. So belanglos wie nur irgendwas. Und da gefühlt 80% mit dem Wetter beginnen, machs doch anders - frischer ;)
Habe ich angepasst, hab die ersten Sätze rausgenommen und direkt mit der Beschreibung des Pullovers angefangen. Sehe ein, dass ich hier Potential liegen lasse.

Ja, tun sie ja meist. Liegt in der Natur der Sache. Klingt nicht schön, kann nichts - brauchts nicht.
Das sehe ich hier anders, hab mir beim Schreiben dieses Bild vorgestellt und mochte das total gerne. Ist möglicherweise ein Darling von mir, kann mich davon momentan noch nicht trennen. Das werde ich noch einmal für mich prüfen.

Wie viel ist hier eine Weile? Kann eigentlich auch nichts.
Hab es konkreter gemacht, jetzt sind es 15 Minuten.

Abgegriffenes Bild.
Kann ich nachvollziehen, mir fällt nur noch kein besseres ein. Schreibe es auf meine Liste für die Überarbeitung.

Ja, das liest sich wirklich so, als wenn da ein Sprecher im OFF einen Film für Blinde untertitelt.
Musste hier grinsen, weil das so gut trifft. Hab mir meinen Text jetzt mit etwas Abstand noch einmal angeschaut und naja du hast hier ins Schwarze getroffen.

Und schlägt sie immer die letzte Seite auf? Immer nur die und daher routiniert?
Der Gedanke war, dass sich das routiniert darauf bezieht, dass sie immer wieder das Buch aufschlägt. Da hatte ich nicht an die letzte Seite an sich gedacht.

Mochte ich sehr! Das Schriftwechseldetail, das kann was. Das bringt mir was.
Schön!

ja, iO ist eine Abküzung, muss man den Leser nicht weiter erklären.
Habe ich auch angepasst.

Ich höre an dieser Stelle mal auf, ist klar wohin die Reise geht. Und am Ende ist Stil ja auch was ganz persönliches, und ich will deinem da auch gar nicht reinfuschen. Sind wirklich nur Anregungen.
Mochte deine Anregungen sehr, ich mag, wie aufmerksam du gelesen hast.

Vielleicht ist die Idee, mit dem Tonunterlegten Film für Blinde gar nicht so verkehrt. Das schafft Distanz, wenn Du die haben willst. Aber wenn sie da am Tisch vor sich hinmurmelt, dann hört man das ja aus dem Film selbst, das würde der Sprecher nicht kommentieren müssen. Also, dann müsstest Du das echt straff auch durchziehen. Und das ist bisher nicht gegeben. Das flattert für mich noch bisschen unentschieden rum.
Interessanter Punkt, ich habe hier selbst noch nicht so richtig meinen Weg gefunden. Will ich das für meine Überarbeitung so distanziert lassen? Ja, ich denke schon, weil ich es mir nicht anmassen will zu nah an meine Prota dranzugehen. Aber vielleicht ist das ein Fehler und der Grund, weshalb ich mich so schwer mit der Überarbeitung tue? Kann es momentan nicht so genau sagen, werde da weiter ausprobieren.

Spannende Sache auf jeden Fall dieser Text. Auch, sich damit zu beschäftigen. Schöne Aufgabe. Schwierige Aufgabe auch natürlich. Aber man wächst ja bekanntlich mit denen. Und ich finde, Du bist auf einem echt guten Weg mit dem Text.
Ich habe mich echt gefreut, als ich das gelesen hatte und freue mich auch jetzt wieder. So etwas motiviert mich, danke!

Jetzt wo ich wieder mehr Zeit habe, schaue ich auf jeden Fall auch bei deinem Copywritetext vorbei. Hab vielen Dank für deinen ausführlichen und hilfreichen Kommentar.

Beste Grüße
MRG

Hallo @Mae,

bitte entschuldige die später Antwort, Klausurenphase war dann doch wieder stressiger als gedacht. Finde deinen Kommentar allerdings sehr gut. Du hast mir auf jeden Fall noch einige Anregungen gegeben. Tue mich momentan mit meiner Überarbeitung schwer, denke, weil es mir da an Hintergrundwissen fehlt. Da kommt deine Filmempfehlung richtig, den schaue ich mir an.

Es wurde ja schon von einigen Vorkritikern bemängelt, dass Du mit vielen Klischees arbeitest. Klischees haben natürlich an sich, dass ein gewisser Kern natürlich der Wahrheit entspricht, sonst wären sie nicht entstanden. Insoweit kannst Du schon so einen Verlauf schildern, was mir aber fehlt, ist die “Tiefe”. Ich denke, Du könntest viel näher an Deine Charaktere ranzoomen.
MIt dem heranzoomen tue ich mich schwer. Diese Distanz hat mir die Möglichkeit gegeben, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen. In einer der ersten Versionen habe ich versucht, aus der ersten Person zu schreiben und das war wirklich überhaupt nicht gelungen. Daher habe ich dann diese Distanz eingenommen, was mir besser gefallen hat.

Ich finde, Du könntest hier und auch in den nächsten zwei Abschnitten radikal kürzen. Was wäre so falsch daran später einzusteigen?
Habe ich übernommen und habe den Einstieg ordentlich gekürzt.

Haarsträhnen lösten sich aus ihrem Zopf oder Haarknoten, hingen im Gesicht oder so ähnlich.
Habe das mit dem Zopf eingebaut, vielen Dank für den Hinweis, so kann ich meinen Darling behalten. :D

Aua. Ich hoffe doch, dass sie das Glas nicht mitherunterschluckt.
Ups, schnell angepasst.

Auch diese innere Stimme überzeugt mich nicht. Kennst Du zufällig den Film ”Das weiße Rauschen” ein Frühwerk von Daniel Brühl? Den habe ich damals im Kino gesehen. Brühl spielt einen jungen Studenten, bei dem eine Schizophrenie ausbricht. Diese Stellen, wo die Stimmen auf ihn einreden sind sehr eindringlich verfilmt. Im Kino haben sie sogar den Ton so laut aufgedreht, dass man als Zuschauer:in schon ganz irre wurde und nur hoffte, dass dieses Stimmgewirr endlich aufhört. Ich habe einmal gelesen, dass bei einer Schizophrenie genau die gleichen Hirnregionen stimuliert werden, die bei echten Reizen auch eine Rolle spielen.
Wie schon gesagt, finde ich das eine interessante Empfehlung. Mal schauen, ob mir das bei meiner Überarbeitung hilft. Etwas Inspiration kann da nicht schaden. Ja, interessante Anregung!

Diese Unsicherheit, die daraus entsteht: Ist das jetzt real oder doch nur die Krankheit?, könntest Du nutzen und ausbauen als Antagonisten.
Bei Dir bleibt es aber leider flach. Die Qualen, die Deine Prota erlebt, könntest Du viel deutlicher herausarbeiten. Den inneren Kampf, den sie fechtet.
Denke, dass das etwas in die Richtung von @Katta geht mit der Frage nach der Einsicht. Ja, vielleicht nehme ich das noch stärker in den Fokus und gehe weniger auf den therapeutischen Rahmen ein. Hm, das probiere ich mal aus.

Und das Ende kam dann sehr plötzlich, als wäre Dir die Energie ausgegangen. Dabei hat gerade das Potenzial. Die Hoffnung, die Krankheit sei besiegt und dann schleicht sie sich zurück und Johannes sitzt hilflos daneben, weiß vielleicht auch, dass er seine Mutter wieder hergeben muss, weil sie in einer Klinik besser aufgehoben ist …
Gedacht war das Ende als Überleitung zum Original, kann deinen Punkt allerdings gut nachvollziehen. Es ist etwas abrupt und ich muss auch sagen, dass ich momentan nicht vorhabe das Ende weiterauszubauen, dafür habe ich noch zu viele Baustellen, die ich zuerst beheben möchte.

Du siehst, leider konnte mich dieser Text von Dir nicht überzeugen. Das ist schade, denn Du hast mehr drauf.
Schade, dass dich der Text nicht überzeugen kann, finde allerdings gut, dass du mir was zutraust. Danke! :D

Insgesamt ein hilfreicher Kommentar, der trotz vieler Anregungen, die ich bislang zum Text bekommen habe, für mich etwas Neues beinhaltet. Vor allem die Inspiration mit dem Film finde ich spannend.

Beste Grüße
MRG

 

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