Was ist neu

Grillfest

Empfehlung
Audio-Version
Audio-Version
Seniors
Beitritt
02.01.2011
Beiträge
974
Zuletzt bearbeitet:

Grillfest

Vormittags parkt meine Mutter auf einem der Parkplätze vor dem Wohnhaus. Vom Küchenfenster aus sehe ich sie aus dem Wagen steigen. Sie streift sich durch die kurzen, rot getönten Haare. Sie wird 59 dieses Jahr. Sie steht auf dem Gehweg neben dem Wagen und trägt noch ihre Arbeitsklamotten: das blau-weiße Namensschild von Decathlon, das an ihre Bluse gepinnt ist. Sie arbeitet halbtags als Verkäuferin, wenn sie nicht gerade krankgeschrieben ist.

»Hi, Mutter«, sage ich. Auf dem Gehsteig umarmen wir uns. Sie ist einen halben Kopf kleiner als ich. Eine kräftige Frau; kräftig in ihren Umarmungen. Ich bin ihr sechsundzwanzigjähriger Sohn.
»Hallo«, sagt sie.
»Geht’s dir gut?«, frage ich.
Sie sieht mich an, nickt und sagt: »Ja.« Ihre Augen sind bernsteinfarben.
»Kannst du fahren?«, frage ich.
»Ja, klar«, sagt sie. Mit dem Schlüssel in der Hand läuft sie zur Fahrertür. »Steig ein«, sagt sie. Sie ist immer so stark. »Wir fahren«, sagt sie.

Meine Tante wohnt eine Dreiviertelstunde die Landstraße entlang durch Wälder, im Bauernhaus meiner Großeltern und neben einer geschlossenen Metallwarenfabrik. Deutschlandfahnen auf den Dächern der Nachbarhäuser. Ein Klärwerk und eine Kirche am anderen Ende der Straße. Ansonsten nichts als Forst, so weit das Auge reicht.

Wir stehen mit dem Geschenkkorb vor dem rostbraunen Hoftor und drücken die Klingel. Meine Tante öffnet das Tor, sieht mich, lacht und ruft: »Du bist dabei!«
»Ja«, sage ich und lächle.
»Heb mich hoch«, sagt meine Tante.
Ich stelle den Geschenkkorb ab, umarme meine Tante lächelnd und hebe sie dabei hoch.
»Ja«, sagt meine Tante. »Noch mal«, sagt sie.
Ich umarme sie noch mal und hebe sie hoch.

Mein Onkel steht im hinteren Teil des Hofes, neben dem Hundezwinger, am Grill. Er trägt abgeschnittene Jeans und ein warnwestengelbes Tanktop. Das Tribal-Tattoo an seinem Hals ist verlaufen. Seine Augen sind eisblau und sein Haar blond und halblang. Er hebt lächelnd die Hand. Wir schlagen miteinander ein. Meine Mutter und meine Tante gehen schwer mit den Geschenkkörben beladen die Treppenstufen hinauf zur Haustür.
»Bier?«, fragt mein Onkel. Er deutet mit dem Zeigefinger auf die Kühlbox, die mit Eis und braunen Flaschen gefüllt ist.
»Eins kann ich trinken«, sage ich. Mein Onkel blickt mich einen Moment auf diese Art an: Als ob ihm etwas lange Vergessenes wieder eingefallen wäre.
»Lass die Frauen mal reden«, sagt mein Onkel. Er trinkt einen Schluck seines Bieres, zieht an seiner Zigarette, blickt in die Grillwanne und schiebt mit der Zange halbweiße Kohlestücke hin und her.

Als ich auf die Toilette gehe, sehe ich durch den Türspalt meine Mutter und meine Tante in der Küche stehen. Ich sehe, wie sie an die Arbeitsfläche anlehnen: Wie sie nah beieinander stehen, nicken, die Arme verschränkt, und Worte zueinander sagen.

Zuhause läuft meine Mutter sofort ins Wohnzimmer und legt sich in ihren Sessel. Die Übelkeit kam schon im Auto. Ich bringe ihr aus dem Eisfach eine ihrer Kühlpads.
»Danke«, sagt sie mit geschlossenen Augen und legt es sich auf die Brust. Meine Mutter sitzt einen langen Moment so da; in ihrem Sessel, die Füße hochgelegt, mit dem Kühlpad in der Hand auf ihrer Brust. Ihr graues, faltiges Gesicht. Die braunroten, getönten Haare. Ihre Bluse, ihre Stoffhose.

In der Küche schalte ich die Klimaanlage ein, dann den Ventilator. Die Hitze staut sich an solchen Sommertagen. Durch das gekippte Küchenfenster höre ich Grillen zirpen.
»Alles in Ordnung, Mama?«, rufe ich von der Küche aus ins Wohnzimmer.
»Alles in Ordnung«, ruft sie zurück.
Ich gehe wieder ins Wohnzimmer, zum Sessel, und lege meiner Mutter vorsichtig von hinten meine Arme um den Hals. Ich gebe ihr einen Kuss auf die Backe und sie gibt mir einen Kuss auf die Stirn.
»Endlich ist mal wieder jemand da«, sagt meine Mutter, mit dem Kühlpad an ihrer Brust. Sie sitzt im Sessel, regungslos und mit geschlossenen Augen.
»Wie geht’s dem Herz?«, frage ich leise.
»Es pocht«, flüstert sie.

Oben im ersten Stock überziehe ich mein Bett mit frischen Laken. Auf dem Nachttisch liegt ein Stück Papier, auf dem steht: »Ich war hier, wo waren Sie, mein Herr? Deine Tante«

Am Fenster rauche ich eine Zigarette, anschließend steige ich die Treppe zum Dachstuhl hinauf. Sein Zimmer ist unangerührt. Der Teppich gesaugt, kein Staub auf Spiegel oder Oberflächen. Fernseher, Schreibtisch, ein paar seiner Marketing-Bücher. Sein Bett voll mit Kissen, Fotos und kleinen Dingen, die ihm meine Mutter und Tante von Ausflügen mitgebracht haben: Eine Postkarte aus Koh Samui, ein Schlüsselanhänger von einer Betriebsfeier. Mit Wachsstiften gemalte Bilder von Sonne und Stränden. Ich setze mich auf den Schreibtischstuhl. Aus dem Fenster sehe ich den dunkelnden Himmel. Von unten höre ich den Fernseher laufen.

Um Mitternacht setzen wir uns noch mal in die Küche, um eine Kleinigkeit zu essen. Aus dem Kühlschrank hole ich die Schüssel mit den Resten des Grillfleisches, dazu Salat, ein Knoblauchdip, Kräuterbaguette und Ketchup.
Meine Mutter sitzt im Nachthemd am Tisch, mit geradem Rücken, und hat die Augen geschlossen.
Wir essen beide ein paar Bissen, als sie mich plötzlich ansieht und fragt: »Rauchst du noch?«
»Manchmal«, sage ich. Ich kaue und schlucke, das Baguette in der Hand.
»Ich will eine«, sagt sie, ohne mich anzusehen, und beißt in das Stück Steak auf ihrer Gabel.
»Und dein Herz?« Ich blicke zu ihr.
»Ist mir egal«, sagt meine Mutter, schneidet ihr Steak und führt sich die Gabel in den Mund.

Durch die Verandatür steigen wir in den dunklen Garten. Der Rasen ist hoch gewachsen. Wir setzen uns in die weißen Plastikstühle neben der Hecke. Stapel von Pappkartons und Dinge wie das alte Aquarium meines Vaters und der kaputte Wäschetrockner stehen schulterhoch gestapelt auf der Terrasse.
Ich halte ihr über den Gartentisch das Feuer hin, anschließend zünde ich meine Zigarette an. Wir rauchen wortlos, langsam. Nur das Geräusch unseres Atems, unserer sich bewegender Hände; die zirpenden Grillen in der Hecke und die vorbeirauschenden Autos auf der Hauptstraße. Unsere Gesichter in Schatten, nur die leuchtende Glut, die von Zug zu Zug knisternd aufglimmt und unsere Blicke für einen Moment sichtbar macht.
»Das war gut«, sagt meine Mutter. Sie drückt den Filter in den Aschenbecher.
»Ja«, sage ich.
»Das hätte ihm auch gut gefallen«, sagt sie. »Dass wir das hier gemacht haben.«
»Ja«, sage ich. »Das hätte ihm auch gut gefallen. Solche Sachen hat er immer gerne gemocht.«

Nachts wache ich auf, weil meine Mutter an meiner Bettkante sitzt. Sie hält meine Hand und blickt mich an. Durch das Fenster sehe ich den schwarzen Nachthimmel grauen. Grillen zirpen so laut, dass ich sie für ein Relikt meines Traumes halte; aber sie sind hier, sie sind echt.
»Wie geht’s dem Herz?«, frage ich und reibe über meine Augen.
»Gut«, sagt meine Mutter. Sie hält meine Hand mit beiden Händen. Sie blickt mich im Halbdunkeln an. Dann verzieht sich ihr Mund und schließlich ihr Gesicht.
»Ach Mama«, sage ich. Ihr Blick senkt sich. Ich fahre ihr mit der Hand über den Rücken. Wir haben sie als Kinder nie weinen sehen. Ich setze mich auf. »Komm mal her«, sage ich. Ich nehme sie in den Arm. Ich wiege sie hin und her, dort in der Dunkelheit.
»Alle feiern«, sagt meine Mutter. »Ich verstehe nicht, wie alle feiern können.« Sie sagt: »Ich verstehe nicht, wie alle so tun können, als ob nichts gewesen ist.«
»Ja«, sage ich.
Sie weint weiter und hält meine Hand.
»Manchmal hab ich das Gefühl, dass ich mit ihm auch dich verloren hab«, sagt sie.
»Aber ich rufe dich doch jede Woche an«, sage ich. »Ich bin doch fast jedes Wochenende hier«, sage ich.
»Ja«, sagt meine Mutter. »Manchmal hab ich das Gefühl, dass ich gar nicht weiß, was du machst. Dass ich gar nicht mehr weiß, wer du bist.«
»Aber ich erzähle dir doch alles«, sage ich. »Ich weiß nicht, was ich dir sonst noch erzählen soll. Ich erzähle dir alles, was ich mache. Ich mache nicht mehr«, sage ich. »Ich bin ein langweiliger Mensch«, sage ich.
»Ja«, sagt meine Mutter. Sie fährt sich über die Augen.
So sitzen wir noch eine Weile da. Ich hinter ihr auf der Matratze, meine Arme um sie. Sie mit ihrer Hand in meiner Hand und ihrer anderen Hand an meinem Arm. Sie weint. Ich weiß nicht, wieso, aber ich wiege sie hin und her. Wie schwerer Wellengang. Wie meine Mutter, die in der Dunkelheit im Ozean schwimmt. Wie ich, an dem sie sich klammert, damit sie nicht ertrinkt. Alles ist dunkel in meinem Zimmer. Ein Auto fährt auf der Hauptstraße entlang, der Motor schaltet hoch, die Scheinwerfer blitzen auf.
»Ich weiß nicht, wer du bist«, sagt meine Mutter.
»Aber ich erzähle dir doch alles«, sage ich. »Ich weiß nicht, was ich dir noch erzählen soll. Ich erzähle dir alles, was ich mache«, sage ich.
Aber ich weiß nicht, ob das stimmt.

 

@Meuvind!

Recht herzlichen Dank für deinen Kommentar! :)

endlich komme ich dazu, dir auch mal einen Kommentar dazulassen. Ich habe keinen der anderen Kommentare gelesen, wenn ich also etwas wiederhole oder nicht verstanden habe, weißt du warum. Sowieso scheint der Text bereits ziemlich abgegrast zu sein, also nicht wundern, dass das Feedback eher kurz ausfällt.
Kein Problem!

Sie streift sich durch die kurzen, rot getönten Haare. Sie wird 59 dieses Jahr. Sie steht auf dem Gehweg neben dem Wagen
Ich habe deine Challengegeschichte einmal gelesen, dann aber keinen Kommentar dazu geschrieben, weil ich durch die Kommentare den Eindruck bekommen hatte, dass du mit dem grundsätzlichen Gerüst der Geschichte nicht zufrieden warst und dich lieber wieder schnell auf neue Projekte konzentrieren wolltest. An eine Sache, an die ich mich noch erinnere, war, dass du immer wieder Sätze nur mit Er begonnen hattest. Das soll keine Kritik sein, mich hat es nicht gestört. Finde es nur interessant, dass sich das Muster hier wiederholt.
Ja, aber es lag nicht nur an den Er-Sachen. Es ging mir um den Plot, vielen kleinen Ungereimtheiten. Wenn du Zeit hast und willst, kannst du gerne was zu Valcambi Suisse sagen. Meinetwegen auch nur ein paar Sätze oder wie immer du auch willst, jetzt hast du natürlich mein Interesse geweckt. Gerne auch einen weiteren Verriss. Ich bin ja Masochistisch veranlagt.

Ich bin ihr sechsundzwanzigjähriger Sohn.
Der Satz gefällt mir gar nicht. Alles darum herum ist so cool und geschmückt, und dann die Information hier, als würdest du sie mir mit einem Stempel auf den Arm drücken, weil du selbst nicht besser weißt, wie es unterzukriegen ist.
Ha, guter Punkt. Du hast schon Recht. Das ist sehr plakativ.

Das Tribal-Tattoo an seinem Hals ist verlaufen.
Tattoos können verlaufen?
Klar! Zumindest kenne ich das, bei älteren Leuten, dass sie verschwommene Tattoos haben. Ich weiß nicht, ob das an schlechtem Stechen, Knast-Tattoos o.ä. liegt, aber das gibt es (nicht gegoogled, aber aus eigener Erfahrung?)

Die Übelkeit kam schon im Auto.
Würde schreiben, dass die Übelkeit ihr, also der Mutter, im Auto kam, vielleicht auch explizit Rückfahrt schreiben. Hat mich einen Moment lang verwirrt, weil ich nicht wusste, wen du jetzt meisnt und welche Autofahrt. Kann aber auch nur an mir liegen.
Werde ich machen! Guter Punkt

Wir essen beide ein paar Bissen, als sie mich plötzlich ansieht und fragt: »Rauchst du noch?«
»Manchmal«, sage ich. Ich kaue und schlucke, das Baguette in der Hand.
Er hat ja gerade erst eine geraucht. Fände ich cool, wenn sie es riecht und ihn darauf anspricht. Wobei: Vielleicht hat sie es ja längst und fragt ihn nur aus Höflichkeit. Das liest dann jeder anders heraus.
Ha, gute Idee. Ich notiere es mir mal

»Ich weiß nicht, wer du bist«, sagt meine Mutter.
»Aber ich erzähle dir doch alles«, sage ich. »Ich weiß nicht, was ich dir noch erzählen soll. Ich erzähle dir alles, was ich mache«, sage ich. Aber ich weiß nicht, ob das stimmt.
Ein Thema, das mir in letzter Zeit oft im Kopf herumgespukt hat, ist Selbst- und Fremdwahrnehmung und Rollen, die wir in der Gesellschaft einnehmen. Ich bin überall derselbe Mensch, aber zuhause zeige ich mich anders als auf der Arbeit, im Supermarkt an der Kasse verhalte ich mich anders als Mittwochabends in der Kneipe. Als wäre ich ein unendlich mehrdimensionaler Würfel, und bei jeder Begegnung zeige ich eine bestimmte Seite, aber nie alle gleichzeitig. Ich habe den Eindruck, dass mit dem Tod des Vaters dieses ganze Rollengebilde aufgebrochen wurde: Mutter, Sohn und Verwandschaft wissen noch, wie sie zueinander stehen, aber nicht mehr, wie sie sich verhalten sollen. Irgendwie sind es die kleinen Dinge, die wieder zueinander finden lassen (das familiäre Grillfest, die geteilte Zigarette mit der Mutter), was der Mutter aber nicht zu reichen scheint. Wenn ich mit dem Bild schon mal angefangen habe: Sie will mehr Würfelseiten ihres Sohnes sehen, vielleicht sogar welche, die der Prot. gar nicht kennt oder wahrnimmt. Ich habe mal mit einem Typen zusammengewohnt, den ich vor dem Einzug gar nicht kannte. Nachher habe ich herausgefunden, dass er mich in vielen Punkten belogen hat: Seine politische Gesinnung, Einstellung zu gewissen Themen, sogar seinen Nachnamen. Der konnte Würfelseiten, die eigentlich gar nicht existieren, so gut überziehen, dass ich und viele andere sie ihm abgekauft haben. Wie er wirklich war, weiß ich bis heute nicht.
Sehr interessant, was du schreibst.
Ja, meine Erfahrung ist, dass man, je älter man wird, immer mehr zu sich selbst findet. Mag bei anderen anders sein, aber bei mir ist es so. Da fliegen dann auch viele Aspekte und "Charakterzüge", die man vielleicht mal hatte, raus. Es tut irgendwo auch so gut, zu wissen, wer man "ist", und sich vor niemandem mehr zu verstellen. Ich habe selten etwas so Befreiendes erlebt. Ist jetzt persönlich und sehr subjektiv, aber meine Erfahrung. Bei mir hat es eine ganze Ecke gedauert, viele Irrwege natürlich. Ich weiß nicht, ich hab seit geraumer Zeit auch keinen Bock mehr, mich vor verschiedenen Leuten anders zu verhalten. Aber ich kenne das Phänomen. Vielleicht bin ich auf der Arbeit noch "anders", aber man braucht ja die Moneten. Aber auch das kotzt mich an. Sags nicht meinem Chef. :D
Das mit deinem Mitbewohner ist heftig! Alter, willst du mir das ausführlich per PM schreiben? :D Ich hätte echt Bock, das zu hören.
Es gibt eine psychiatrische Krankheit, bei der die Psyche in seine einzelnen Elemente bzw. "Charakterzüge" auseinanderfällt, und keine übergeordnete Instanz das mehr zusammenhalten kann. Wahrscheinlich hast du schon davon gehört.
Aber ja, es sind wahre Punkte, die du ansprichst.

Bin ein bisschen abgeschweift. Hat mir sehr gefallen, deine Geschichte. Auch, weil ich darin mehr für mich finden konnte, als ich am Anfang gedacht hätte :).
Das bin ich auch. Danke für deinen Kommentar und die netten Worte.

Viele Grüße,
zigga

 

Hallo @zigga!

Entschuldige, dass ich erst so viel später etwas zu deinem Text schreibe.

Ein außergewöhnliches Stück. Ich kann mich den vielen Kommentaren einschließlich der völlig verdienten Empfehlung nur anschließen.

Nachdem ich deine Geschichte zum ersten Mal gelesen habe, habe ich mich gefragt, warum sie so gut ist. Das "Warum" zielt nicht auf ein gut oder schlecht, sondern auf die Stimmung, Atmosphäre, dem Eindrücklichen von Grillfest. Vielleicht neigt man durch die verschulte Bildung an Schule, Berufsschule und Universität zu einer Erklärung aus Zitaten und Stellen. Die abhängige Variable "Stimmung" braucht eine unabhängige Variable, die hübsch definiert ist. Auch diese Vorgehensweise ist absolut in Ordnung und oft sogar notwendig. Aber an deinem Text finde ich nicht diese eine Stelle, diese eine Formulierung, die mir irgendwie ins Auge springt oder aus der der Text seine Wirkung zieht. Im Grunde, glaube ich, lebt dein Text vom Ganzen her. Er ist ein roher Guss, der kein Nachschleifen braucht. Er wurde gegossen und ist fertig.

Dein Text lebt von den Zwischenräumen. Aber gleichzeitig ist er sehr einfach. Er ist weder kompliziert noch weist er eine ausgetrickste Anzahl an doppelten Böden auf, all der Schnickschnack, all das Perfekte aus der Konstruktion eines Textes. Auch das ist etwas spannendes, auch das macht spannende Geschichten aus. Aber hier nicht. Text gleich Stimmung. Punkt. Das finde ich so außerordentlich an Grillfest und deswegen meine Hochachtung dafür. Er reduziert auf die Stimmung, psychologisch finde ich das richtig, richtig gut.

Vielleicht ein seltsamer Vergleich, aber vor einigen Jahren half ich einer Bekannten beim Aufbau ihrer Abschlussausstellung im Fachbereich Kunst. Mit Kunst habe ich nicht viel zu tun, aber ich hatte einen Akkubohrer und Möbelaufbau-Erfahrung bei ihr. Auf einer Tusche-Zeichnung hatte sie ein WG-Zimmer gezeichnet, in der Mitte stand ein Stuhl und den Stuhl hatte sie mit drei Pinselstrichen gepinselt. Drei Striche, ich war total beeindruckt, ehrlich jetzt. Ich dachte mir, krass, mit drei einfachen Strichen malt sie einen perfekten Stuhl. In zehn Sekunden (okay, plus paar Jahre Kunststudium)! Mensch, mit so einfachen Mitteln so eine Wirkung! Ähnlich wie deine Geschichte. So einfach und so eine Wirkung.

Mehr habe ich gar nicht zu sagen.

Lg
kiroly

 

Liebe @kiroly!

Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren - es macht mir absolut nichts aus, dass der Text ein paar Wochen zurückliegt. Mich interessiert nach wie vor brennend, was Leute dazu denken.

Ein außergewöhnliches Stück. Ich kann mich den vielen Kommentaren einschließlich der völlig verdienten Empfehlung nur anschließen.
Hey, danke!

Nachdem ich deine Geschichte zum ersten Mal gelesen habe, habe ich mich gefragt, warum sie so gut ist. Das "Warum" zielt nicht auf ein gut oder schlecht, sondern auf die Stimmung, Atmosphäre, dem Eindrücklichen von Grillfest.
Vielleicht neigt man durch die verschulte Bildung an Schule, Berufsschule und Universität zu einer Erklärung aus Zitaten und Stellen. Die abhängige Variable "Stimmung" braucht eine unabhängige Variable, die hübsch definiert ist.
Aber an deinem Text finde ich nicht diese eine Stelle, diese eine Formulierung, die mir irgendwie ins Auge springt oder aus der der Text seine Wirkung zieht. Im Grunde, glaube ich, lebt dein Text vom Ganzen her. Er ist ein roher Guss, der kein Nachschleifen braucht. Er wurde gegossen und ist fertig.
Ja, sehr interessant, was du darüber denkst! Danke dir für die netten Worte. Total interessant für mich, den Text durch deine Augen zu sehen. Ich weiß nicht, ob das verbreitet ist, außerhalb des Forums kenne ich kaum Autoren, aber ich hab doch jedes mal aufs Neue das Dilemma, dass ich eigene Sachen überhaupt nicht einschätzen kann. Also schon, in gewisser Weise, aber letztendlich - und ich hoffe, das klingt nicht erfunden, denn es ist tatsächlich so - bin ich immer wieder erstaunt, was Leute von einzelnen Kurzgeschichten halten, dass sie manchen gut gefallen und bei einigen aufstoßen. Ich brauche ewig Abstand, bis ich eine Art neutralen Blick auf eine eigene Story werfen kann. Von daher gesehen ist das sehr interessant für mich, wie du das siehst, wie dir auch die Einfachheit des Textes auffällt. Das ist schön und interessant!

Dein Text lebt von den Zwischenräumen. Aber gleichzeitig ist er sehr einfach. Er ist weder kompliziert noch weist er eine ausgetrickste Anzahl an doppelten Böden auf, all der Schnickschnack, all das Perfekte aus der Konstruktion eines Textes. Auch das ist etwas spannendes, auch das macht spannende Geschichten aus. Aber hier nicht. Text gleich Stimmung. Punkt. Das finde ich so außerordentlich an Grillfest und deswegen meine Hochachtung dafür. Er reduziert auf die Stimmung, psychologisch finde ich das richtig, richtig gut.
Ja, danke. Ich finde, ohne jetzt bauchpinseln zu wollen, du hast eine sehr interessant Art zu denken und die Dinge wahrzunehmen. Irgendwo mag ich auch diese Einfachheit. Vielleicht bin ich zu sehr proletarisiert oder einfach nicht intelligent genug, aber mich stößt das Elitäre an der Literaturszene oder besser: in der Literatur schon irgendwo ab; auch, weil ich irgendwo schon ein einfacher oder pragmatischer Mensch bin, der gerne etwas spürt, wenn er liest und ich keinen kognitiven Flik Flak in Kunstgeschichte in einem Text brauche, sondern eher das, was in den Bauch geht. Also das lese ich auch gerne, und dann möchte man natürlich auch ein wenig so schreiben. Freut mich, dass das bei dir so ankommt.

Vielleicht ein seltsamer Vergleich, aber vor einigen Jahren half ich einer Bekannten beim Aufbau ihrer Abschlussausstellung im Fachbereich Kunst. Mit Kunst habe ich nicht viel zu tun, aber ich hatte einen Akkubohrer und Möbelaufbau-Erfahrung bei ihr. Auf einer Tusche-Zeichnung hatte sie ein WG-Zimmer gezeichnet, in der Mitte stand ein Stuhl und den Stuhl hatte sie mit drei Pinselstrichen gepinselt. Drei Striche, ich war total beeindruckt, ehrlich jetzt. Ich dachte mir, krass, mit drei einfachen Strichen malt sie einen perfekten Stuhl. In zehn Sekunden (okay, plus paar Jahre Kunststudium)! Mensch, mit so einfachen Mitteln so eine Wirkung! Ähnlich wie deine Geschichte. So einfach und so eine Wirkung.
! :D Ja, ich kann nachvollziehen, was du meinst. Ich finde es nach wie vor extrem krass, wenn ich Leute sehe, die richtig zeichnen können, und die Gesichter oder Leute inklusive ihrer "Aura" mit ein paar Strichen einfach extrem treffend abbilden können. I know what you're meaning.

Mehr habe ich gar nicht zu sagen.
ok!

Kiroly, hat mich gefreut. Bin gespannt auf eine neue Story von dir. Trete mir auch gerne mal in den Arsch, wenn dir etwas nicht gefällt.

Best Grüße,
zigga

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @zigga,

Vormittags parkt meine Mutter auf einem der freien Parkplätze vor dem Wohnhaus. Vom Küchenfenster aus sehe ich sie aus dem Wagen steigen. Sie streift sich durch die kurzen, rot getönten Haare. Sie wird 59 dieses Jahr. Sie steht auf dem Gehweg neben dem Wagen und trägt noch ihre Arbeitsklamotten: das blau-weiße Namensschild von Decathlon, das an ihre Bluse gepinnt ist. Sie arbeitet halbtags als Verkäuferin, wenn sie nicht gerade krankgeschrieben ist.

Beim Lesen dieses Absatzes entsteht ein erstes Bild von der Mutter (Alter, Aussehen, berufliche und gesundheitliche Situation). Das baut Spannung auf. Ich möchte mehr über die Figur erfahren, das finde ich gut.
Was vielleicht stilvoller gelöst werden könnte, sind die Satzkonstruktionen, die wiederholt gleich sind (ich habe sie fett markiert).

»Hi, Mutter«, sage ich. Auf dem Gehsteig umarmen wir uns. Sie ist einen halben Kopf kleiner als ich. Eine kräftige Frau; kräftig in ihren Umarmungen. Ich bin ihr sechsundzwanzigjähriger Sohn.
»Hallo«, sagt sie.
»Geht’s dir gut?«, frage ich.
Sie sieht mich an, nickt und sagt: »Ja.« Ihre Augen sind bernsteinfarben.
»Kannst du fahren?«, frage ich.
»Ja, klar«, sagt sie. Mit dem Schlüssel in der Hand läuft sie zur Fahrertür. »Steig ein«, sagt sie. Sie ist immer so stark. »Wir fahren«, sagt sie.

Wie Du die Geschichte aufbaust, finde ich gut. Das Profil der Mutter, das Du im ersten Absatz gezeichnet hast, wird schärfer durch die Beschreibungen des Sohnes im zweiten Absatz. Außerdem erfahre ich etwas über die Beziehung zwischen den beiden Figuren. Ich möchte mehr erfahren.

Meine Tante wohnt eine Dreiviertelstunde die Landstraße entlang durch Wälder, im Bauernhaus meiner Großeltern und neben einer geschlossenen Metallwarenfabrik. Deutschlandfahnen auf den Dächern der Nachbarhäuser. Ein Klärwerk und eine Kirche am anderen Ende der Straße. Ansonsten nichts als Forst, so weit das Auge reicht.

Wir stehen mit dem Geschenkkorb vor dem rostbraunen Hoftor und drücken die Klingel. Meine Tante öffnet das Tor, sieht mich, lacht und ruft: »Du bist dabei!«
»Ja«, sage ich und lächle.
»Heb mich hoch«, sagt meine Tante.
Ich stelle den Geschenkkorb ab, umarme meine Tante lächelnd und hebe sie dabei hoch.
»Ja«, sagt meine Tante. »Noch mal«, sagt sie.
Ich umarme sie noch mal und hebe sie hoch.


Familiärer Kontext, örtliche Umgebung -> gut aufgebaut. Es entsteht bereits hier eine beklemmende Stimmung durch diese komische Gegend. Die Beklemmung wird durch die anschließende Begegnung mit der Tante wieder aufgelöst (schöne Szene).

Mein Onkel steht im hinteren Teil des Hofes, neben dem Hundezwinger, am Grill. Er trägt abgeschnittene Jeans und ein warnwestengelbes Tanktop. Das Tribal-Tattoo an seinem Hals ist verlaufen. Seine Augen sind eisblau und sein Haar blond und halblang. Er hebt lächelnd die Hand. Wir schlagen miteinander ein. Meine Mutter und meine Tante gehen schwer mit den Geschenkkörben beladen die Treppenstufen hinauf zur Haustür.
»Bier?«, fragt mein Onkel. Er deutet mit dem Zeigefinger auf die Kühlbox, die mit Eis und braunen Flaschen gefüllt ist.
»Eins kann ich trinken«, sage ich. Mein Onkel blickt mich einen Moment auf diese Art an: Als ob ihm etwas lange Vergessenes wieder eingefallen wäre.
»Lass die Frauen mal reden«, sagt mein Onkel. Er trinkt einen Schluck seines Bieres, zieht an seiner Zigarette, blickt in die Grillwanne und schiebt mit der Zange halbweiße Kohlestücke hin und her.

Ich frage mich, ob es diese Szene braucht. Ich glaube zu verstehen, was Du dramaturgisch damit erreichen wolltest. Aber für mich hat die Szene zu wenig Aussagekraft.
Du beschreibst zuerst das Aussehen des Onkels, ich erfahre aber nichts (oder nur sehr wenig) über die Beziehung zwischen ihm und dem Protagonisten. Da Du mit einer genauen Beschreibung des Onkels beginnst, er aber dann später nicht mehr auftaucht, frage ich mich, warum er für die Story wichtig ist?

Seine Augen sind eisblau und sein Haar blond und halblang.

An der Farbe "Eisblau" stoße ich mich. Klingt wie eine Wandfarbe, mit der Schöner Wohnen wirbt. Mir gefällt es besser, wenn ich mir als Leser das Blau selber vorstellen darf.

»Bier?«, fragt mein Onkel. Er deutet mit dem Zeigefinger auf die Kühlbox, die mit Eis und braunen Flaschen gefüllt ist.

Auch hier möchte ich mir lieber selber vorstellen, was in der Box ist. Es sei denn, es wäre etwas Außergewöhnliches drin. Aber es ist ja nur Eis und Bier und das erklärt sich durch den ersten Satz.

»Eins kann ich trinken«, sage ich. Mein Onkel blickt mich einen Moment auf diese Art an: Als ob ihm etwas lange Vergessenes wieder eingefallen wäre.

Das verstehe ich nicht. Warum kann er nur ein Bier trinken? Er fährt? Er ist Alkoholiker? Offensichtlich gibt es einen Grund, dem Leser bleibt nur eine Interpretation.

Er trinkt einen Schluck seines Bieres, zieht an seiner Zigarette, blickt in die Grillwanne und schiebt mit der Zange halbweiße Kohlestücke hin und her.

"... seines Bieres und seiner Zigarette ..." klingt nicht schön, finde ich. Ich würde da eher eine andere Formulierung wählen, zum Beispiel: "Er trinkt einen Schluck Bier, zieht an seiner Zigarette ..."

Als ich auf die Toilette gehe, sehe ich durch den Türspalt meine Mutter und meine Tante in der Küche stehen. Ich sehe, wie sie an die Arbeitsfläche anlehnen: Wie sie nah beieinander stehen, nicken, die Arme verschränkt, und Worte zueinander sagen.

"... Worte zueinander sagen ..." klingt poetisch, passt aber nicht in diesen Abschnitt, warum nicht einfach "reden?"

Zuhause läuft meine Mutter sofort ins Wohnzimmer und legt sich in ihren Sessel. Die Übelkeit kam schon im Auto. Ich bringe ihr aus dem Eisfach eines ihrer Kühlpads.
»Danke«, sagt sie mit geschlossenen Augen und legt es sich auf die Brust. Meine Mutter sitzt einen langen Moment so da; in ihrem Sessel, die Füße hochgelegt, mit dem Kühlpad in der Hand auf ihrer Brust. Ihr graues, faltiges Gesicht. Die braunroten, getönten Haare. Ihre Bluse, ihre Stoffhose.

Die braunroten, getönten Haare kenne ich schon aus dem ersten Absatz der Geschichte. Warum die Wiederholung? Ansonsten finde ich diesen Abschnitt gut. Man fragt sich, was ist denn jetzt auf einmal passiert? Ich möchte mehr erfahren...

In der Küche schalte ich die Klimaanlage ein, dann den Ventilator. Die Hitze staut sich an solchen Sommertagen. Durch das gekippte Küchenfenster höre ich Grillen zirpen.
»Alles in Ordnung, Mama?«, rufe ich von der Küche aus ins Wohnzimmer.
»Alles in Ordnung«, ruft sie zurück.
Ich gehe wieder ins Wohnzimmer, zum Sessel, und lege meiner Mutter vorsichtig von hinten meine Arme um den Hals. Ich gebe ihr einen Kuss auf die Backe und sie gibt mir einen Kuss auf die Stirn.
»Endlich ist mal wieder jemand da«, sagt meine Mutter, mit dem Kühlpad an ihrer Brust. Sie sitzt im Sessel, regungslos und mit geschlossenen Augen.
»Wie geht’s dem Herz?«, frage ich leise.
»Es pocht«, flüstert sie.

Diese Szene gefällt mir sehr gut. Sie drückt durch die Beschreibung der Handlung die Hilflosigkeit des Sohnes aus und gibt Input zur Beziehung zwischen den Figuren.

Oben im ersten Stock überziehe ich mein Bett mit frischen Laken. Auf dem Nachttisch liegt ein Stück Papier, auf dem steht: »Ich war hier, wo waren Sie, mein Herr? Deine Tante«

Diesen Abschnitt verstehe ich nicht. Vielleicht dient er als Info, dass der Protagonist seine Mutter nur selten besucht?

Am Fenster rauche ich eine Zigarette, anschließend steige ich die Treppe zum Dachstuhl hinauf. Sein Zimmer ist unangerührt. Der Teppich gesaugt, kein Staub auf Spiegel oder Oberflächen. Fernseher, Schreibtisch, ein paar seiner Marketing-Bücher. Sein Bett voll mit Kissen, Fotos und kleinen Dingen, die ihm meine Mutter und Tante von Ausflügen mitgebracht haben: Eine Postkarte aus Koh Samui, ein Schlüsselanhänger von einer Betriebsfeier. Mit Wachsstiften gemalte Bilder von Sonne und Stränden. Ich setze mich auf den Schreibtischstuhl. Aus dem Fenster sehe ich den dunkelnden Himmel. Von unten höre ich den Fernseher laufen.

Gut zum Ausdruck kommen hier Beklemmung und Traurigkeit. Doch ich frage mich: Bruder oder Vater?

Um Mitternacht setzen wir uns noch mal in die Küche, um eine Kleinigkeit zu essen. Aus dem Kühlschrank hole ich die Schüssel mit den Resten des Grillfleisches, dazu Salat, ein Knoblauchdip, Kräuterbaguette und Ketchup.
Meine Mutter sitzt im Nachthemd am Tisch, mit geradem Rücken, und hat die Augen geschlossen.
Wir essen beide ein paar Bissen, als sie mich plötzlich ansieht und fragt: »Rauchst du noch?«
»Manchmal«, sage ich. Ich kaue und schlucke, das Baguette in der Hand.
»Ich will eine«, sagt sie, ohne mich anzusehen, und beißt in das Stück Steak auf ihrer Gabel.
»Und dein Herz?« Ich blicke zu ihr.
»Ist mir egal«, sagt meine Mutter, schneidet ihr Steak und führt sich die Gabel in den Mund.

Sehr schöne und ausdrucksstarke Szene. Hier baut sich die Beklemmung noch mehr auf.

Durch die Verandatür steigen wir in den dunklen Garten. Der Rasen ist hoch gewachsen. Wir setzen uns in die weißen Plastikstühle neben der Hecke. Stapel von Pappkartons und Dinge wie das alte Aquarium meines Vaters und der kaputte Wäschetrockner stehen schulterhoch gestapelt auf der Terrasse.
Ich halte ihr über den Gartentisch das Feuer hin, anschließend zünde ich meine Zigarette an. Wir rauchen wortlos, langsam. Nur das Geräusch unseres Atems, unserer sich bewegender Hände; die zirpenden Grillen in der Hecke und die vorbeirauschenden Autos auf der Hauptstraße. Unsere Gesichter in Schatten, nur die leuchtende Glut, die von Zug zu Zug knisternd aufglimmt und unsere Blicke für einen Moment sichtbar macht.
»Das war gut«, sagt meine Mutter. Sie drückt den Filter in den Aschenbecher.
»Ja«, sage ich.
»Das hätte ihm auch gut gefallen«, sagt sie. »Dass wir das hier gemacht haben.«
»Ja«, sage ich. »Das hätte ihm auch gut gefallen. Solche Sachen hat er immer gerne gemocht.«

Auch hier gefällt mir gut, wie Du die Situation weiter ausbaust und eine atmosphärische Stimmung entstehen lässt. Die letzten zwei Sätze würde ich weglassen. In diesem bedrückenden Moment würde meines Erachtens eine kurze Antwort besser passen. So baut es eher Spannung ab (vielleicht durch die Wiederholung).

Nachts wache ich auf, weil meine Mutter an meiner Bettkante sitzt. Sie hält meine Hand und blickt mich an. Durch das Fenster sehe ich den schwarzen Nachthimmel grauen. Grillen zirpen so laut, dass ich sie für ein Relikt meines Traumes halte; aber sie sind hier, sie sind echt.
»Wie geht’s dem Herz?«, frage ich und reibe über meine Augen.
»Gut«, sagt meine Mutter. Sie hält meine Hand mit beiden Händen. Sie blickt mich im Halbdunkeln an. Dann verzieht sich ihr Mund und schließlich ihr Gesicht.

Gute Szene. Die Beziehungsdynamik, die zuvor nur erahnt wurde, kommt hier gut zum Ausdruck.

»Ach Mama«, sage ich. Ihr Blick senkt sich. Ich fahre ihr mit der Hand über den Rücken. Wir haben sie als Kinder nie weinen sehen. Ich setze mich auf. »Komm mal her«, sage ich. Ich nehme sie in den Arm. Ich wiege sie hin und her, dort in der Dunkelheit.
»Alle feiern«, sagt meine Mutter. »Ich verstehe nicht, wie alle feiern können.« Sie sagt: »Ich verstehe nicht, wie alle so tun können, als ob nichts gewesen ist.«
»Ja«, sage ich.
Sie weint weiter und hält meine Hand.
»Manchmal hab ich das Gefühl, dass ich mit ihm auch dich verloren hab«, sagt sie.
»Aber ich rufe dich doch jede Woche an«, sage ich. »Ich bin doch fast jedes Wochenende hier«, sage ich.
»Ja«, sagt meine Mutter. »Manchmal hab ich das Gefühl, dass ich gar nicht weiß, was du machst. Dass ich gar nicht mehr weiß, wer du bist.«
»Aber ich erzähle dir doch alles«, sage ich. »Ich weiß nicht, was ich dir sonst noch erzählen soll. Ich erzähle dir alles, was ich mache. Ich mache nicht mehr«, sage ich. »Ich bin ein langweiliger Mensch«, sage ich.
»Ja«, sagt meine Mutter. Sie fährt sich über die Augen.
So sitzen wir noch eine Weile da. Ich hinter ihr auf der Matratze, meine Arme um sie. Sie mit ihrer Hand in meiner Hand und ihrer anderen Hand an meinem Arm. Sie weint. Ich weiß nicht, wieso, aber ich wiege sie hin und her. Wie schwerer Wellengang. Wie meine Mutter, die in der Dunkelheit im Ozean schwimmt. Wie ich, an dem sie sich klammert, damit sie nicht ertrinkt. Alles ist dunkel in meinem Zimmer. Ein Auto fährt auf der Hauptstraße entlang, der Motor schaltet hoch, die Scheinwerfer blitzen auf.
»Ich weiß nicht, wer du bist«, sagt meine Mutter.
»Aber ich erzähle dir doch alles«, sage ich. »Ich weiß nicht, was ich dir noch erzählen soll. Ich erzähle dir alles, was ich mache«, sage ich. Aber ich weiß nicht, ob das stimmt.

Den kompletten Schluss finde ich unglücklich. Ist mir persönlich auch zu sentimental. Ich folge Dir als Leser bis zu dem Moment, wo sich der Mund und schließlich das Gesicht der Mutter verzieht. Dann frage ich mich: Würde der Protagonist wirklich so reagieren, wenn er seine Mutter noch nie weinen gesehen hat? Er hätte keine Hemmungen, sie bei dieser übergriffigen Art zu umarmen und sie zu wiegen? Zudem er selber ja sicher auch Schmerz empfindet über den Tod seines Bruders/Vaters. Das ist aus meiner Sicht psychologisch unglaubwürdig.
Eine so innige, körperliche Annäherung der Figuren auf einen Nenner zu bringen mit der Hilflosigkeit des Sohnes, dem Vorwurf der Mutter und der überflutenden Trauer, halte ich für eine heikle Angelegenheit. Das Bild mit dem Wellengang und dem Ozean ist mir dann definitiv zu viel.
Was meines Erachtens durch die Dialoge sehr gut zum Ausdruck kommt, wird mir durch diese Formulierung ins Alberne gezogen. Das ist vielleicht Geschmacksache. Wenn es poetisch sein sollte, dann passt es jedenfalls nicht in den restlichen Schreibstil.
Ich habe fett markiert, was sich wiederholt. Spannender wären Formulierungen, die für den Leser eine Differenzierung der Trauer und Nähe transportieren. So ist es immer dasselbe und das löst beim Lesen keine Steigerung aus. Vielleicht hast Du das mit dem Wellengang und dem Ozean versucht...

Ich hoffe, Du kannst mit meinem Kommentar etwas anfangen.
Lieber Gruß, Penthesileia

 

Hallo @Penthesileia,

entschuldige die verzögerte Antwortzeit.

Was vielleicht stilvoller gelöst werden könnte, sind die Satzkonstruktionen, die wiederholt gleich sind (ich habe sie fett markiert).
Ja, schwierig, die einen stört das, mich persönlich stört das nicht so sehr und es fällt mir auch in Romanen z.B. nicht auf, wenn das klanglich gut gemacht ist, aber Anfänge monotonisiert sind.

Wie Du die Geschichte aufbaust, finde ich gut. Das Profil der Mutter, das Du im ersten Absatz gezeichnet hast, wird schärfer durch die Beschreibungen des Sohnes im zweiten Absatz. Außerdem erfahre ich etwas über die Beziehung zwischen den beiden Figuren. Ich möchte mehr erfahren.
super

Familiärer Kontext, örtliche Umgebung -> gut aufgebaut. Es entsteht bereits hier eine beklemmende Stimmung durch diese komische Gegend. Die Beklemmung wird durch die anschließende Begegnung mit der Tante wieder aufgelöst (schöne Szene).
cool!

Ich frage mich, ob es diese Szene braucht. Ich glaube zu verstehen, was Du dramaturgisch damit erreichen wolltest. Aber für mich hat die Szene zu wenig Aussagekraft.
Du beschreibst zuerst das Aussehen des Onkels, ich erfahre aber nichts (oder nur sehr wenig) über die Beziehung zwischen ihm und dem Protagonisten. Da Du mit einer genauen Beschreibung des Onkels beginnst, er aber dann später nicht mehr auftaucht, frage ich mich, warum er für die Story wichtig ist?
Das ist eine berechtigte Kritik. Ich dachte mir: Man lernt auch den Prot etwas besser kennen

Seine Augen sind eisblau und sein Haar blond und halblang.
An der Farbe "Eisblau" stoße ich mich. Klingt wie eine Wandfarbe, mit der Schöner Wohnen wirbt. Mir gefällt es besser, wenn ich mir als Leser das Blau selber vorstellen darf.
Guter Punkt!

»Bier?«, fragt mein Onkel. Er deutet mit dem Zeigefinger auf die Kühlbox, die mit Eis und braunen Flaschen gefüllt ist.
Auch hier möchte ich mir lieber selber vorstellen, was in der Box ist. Es sei denn, es wäre etwas Außergewöhnliches drin. Aber es ist ja nur Eis und Bier und das erklärt sich durch den ersten Satz.
Hm, aber ein Text ist ja auch dazu da, zu zeigen und zu erzählen, und nicht vom Leser zu verlangen, dass er sich Dinge selbst vorstellt

»Eins kann ich trinken«, sage ich. Mein Onkel blickt mich einen Moment auf diese Art an: Als ob ihm etwas lange Vergessenes wieder eingefallen wäre.
Das verstehe ich nicht. Warum kann er nur ein Bier trinken? Er fährt? Er ist Alkoholiker? Offensichtlich gibt es einen Grund, dem Leser bleibt nur eine Interpretation.
Ja, der Grund ist wirklich nur lapidar angedeutet. Das stimmt.

Er trinkt einen Schluck seines Bieres, zieht an seiner Zigarette, blickt in die Grillwanne und schiebt mit der Zange halbweiße Kohlestücke hin und her.
"... seines Bieres und seiner Zigarette ..." klingt nicht schön, finde ich. Ich würde da eher eine andere Formulierung wählen, zum Beispiel: "Er trinkt einen Schluck Bier, zieht an seiner Zigarette ..."
Werde ich umsetzen

Als ich auf die Toilette gehe, sehe ich durch den Türspalt meine Mutter und meine Tante in der Küche stehen. Ich sehe, wie sie an die Arbeitsfläche anlehnen: Wie sie nah beieinander stehen, nicken, die Arme verschränkt, und Worte zueinander sagen.
"... Worte zueinander sagen ..." klingt poetisch, passt aber nicht in diesen Abschnitt, warum nicht einfach "reden?"
Jaa ... :D I will think about it! Haben schon andere sich beschwert, an dieser Stelle, stimmt ja schon ...

Zuhause läuft meine Mutter sofort ins Wohnzimmer und legt sich in ihren Sessel. Die Übelkeit kam schon im Auto. Ich bringe ihr aus dem Eisfach eines ihrer Kühlpads.
»Danke«, sagt sie mit geschlossenen Augen und legt es sich auf die Brust. Meine Mutter sitzt einen langen Moment so da; in ihrem Sessel, die Füße hochgelegt, mit dem Kühlpad in der Hand auf ihrer Brust. Ihr graues, faltiges Gesicht. Die braunroten, getönten Haare. Ihre Bluse, ihre Stoffhose.
Die braunroten, getönten Haare kenne ich schon aus dem ersten Absatz der Geschichte. Warum die Wiederholung? Ansonsten finde ich diesen Abschnitt gut. Man fragt sich, was ist denn jetzt auf einmal passiert? Ich möchte mehr erfahren...
Ok! Stimmt, ist eine Wiederholung ...

In der Küche schalte ich die Klimaanlage ein, dann den Ventilator. Die Hitze staut sich an solchen Sommertagen. Durch das gekippte Küchenfenster höre ich Grillen zirpen.
»Alles in Ordnung, Mama?«, rufe ich von der Küche aus ins Wohnzimmer.
»Alles in Ordnung«, ruft sie zurück.
Ich gehe wieder ins Wohnzimmer, zum Sessel, und lege meiner Mutter vorsichtig von hinten meine Arme um den Hals. Ich gebe ihr einen Kuss auf die Backe und sie gibt mir einen Kuss auf die Stirn.
»Endlich ist mal wieder jemand da«, sagt meine Mutter, mit dem Kühlpad an ihrer Brust. Sie sitzt im Sessel, regungslos und mit geschlossenen Augen.
»Wie geht’s dem Herz?«, frage ich leise.
»Es pocht«, flüstert sie.
Erweitern ...
Diese Szene gefällt mir sehr gut. Sie drückt durch die Beschreibung der Handlung die Hilflosigkeit des Sohnes aus und gibt Input zur Beziehung zwischen den Figuren.
Cool! Freut mich :)

Oben im ersten Stock überziehe ich mein Bett mit frischen Laken. Auf dem Nachttisch liegt ein Stück Papier, auf dem steht: »Ich war hier, wo waren Sie, mein Herr? Deine Tante«
Diesen Abschnitt verstehe ich nicht. Vielleicht dient er als Info, dass der Protagonist seine Mutter nur selten besucht?
Ja, die Beziehung zwischen den Figuren wollte ich noch kurz ein wenig zeigen

Am Fenster rauche ich eine Zigarette, anschließend steige ich die Treppe zum Dachstuhl hinauf. Sein Zimmer ist unangerührt. Der Teppich gesaugt, kein Staub auf Spiegel oder Oberflächen. Fernseher, Schreibtisch, ein paar seiner Marketing-Bücher. Sein Bett voll mit Kissen, Fotos und kleinen Dingen, die ihm meine Mutter und Tante von Ausflügen mitgebracht haben: Eine Postkarte aus Koh Samui, ein Schlüsselanhänger von einer Betriebsfeier. Mit Wachsstiften gemalte Bilder von Sonne und Stränden. Ich setze mich auf den Schreibtischstuhl. Aus dem Fenster sehe ich den dunkelnden Himmel. Von unten höre ich den Fernseher laufen.
Erweitern ...
Gut zum Ausdruck kommen hier Beklemmung und Traurigkeit. Doch ich frage mich: Bruder oder Vater?
Ja. Good Point. Das ist so ein Kernding, das ich noch überarbeiten will. Man weiß es einfach zu wenig, was gemeint ist. Ich werde das eindeutiger machen.

Um Mitternacht setzen wir uns noch mal in die Küche, um eine Kleinigkeit zu essen. Aus dem Kühlschrank hole ich die Schüssel mit den Resten des Grillfleisches, dazu Salat, ein Knoblauchdip, Kräuterbaguette und Ketchup.
Meine Mutter sitzt im Nachthemd am Tisch, mit geradem Rücken, und hat die Augen geschlossen.
Wir essen beide ein paar Bissen, als sie mich plötzlich ansieht und fragt: »Rauchst du noch?«
»Manchmal«, sage ich. Ich kaue und schlucke, das Baguette in der Hand.
»Ich will eine«, sagt sie, ohne mich anzusehen, und beißt in das Stück Steak auf ihrer Gabel.
»Und dein Herz?« Ich blicke zu ihr.
»Ist mir egal«, sagt meine Mutter, schneidet ihr Steak und führt sich die Gabel in den Mund.
Erweitern ...
Sehr schöne und ausdrucksstarke Szene. Hier baut sich die Beklemmung noch mehr auf.
Toll

»Ach Mama«, sage ich. Ihr Blick senkt sich. Ich fahre ihr mit der Hand über den Rücken. Wir haben sie als Kinder nie weinen sehen. Ich setze mich auf. »Komm mal her«, sage ich. Ich nehme sie in den Arm. Ich wiege sie hin und her, dort in der Dunkelheit.
»Alle feiern«, sagt meine Mutter. »Ich verstehe nicht, wie alle feiern können.« Sie sagt: »Ich verstehe nicht, wie alle so tun können, als ob nichts gewesen ist.«
»Ja«, sage ich.
Sie weint weiter und hält meine Hand.
»Manchmal hab ich das Gefühl, dass ich mit ihm auch dich verloren hab«, sagt sie.
»Aber ich rufe dich doch jede Woche an«, sage ich. »Ich bin doch fast jedes Wochenende hier«, sage ich.
»Ja«, sagt meine Mutter. »Manchmal hab ich das Gefühl, dass ich gar nicht weiß, was du machst. Dass ich gar nicht mehr weiß, wer du bist.«
»Aber ich erzähle dir doch alles«, sage ich. »Ich weiß nicht, was ich dir sonst noch erzählen soll. Ich erzähle dir alles, was ich mache. Ich mache nicht mehr«, sage ich. »Ich bin ein langweiliger Mensch«, sage ich.
»Ja«, sagt meine Mutter. Sie fährt sich über die Augen.
So sitzen wir noch eine Weile da. Ich hinter ihr auf der Matratze, meine Arme um sie. Sie mit ihrer Hand in meiner Hand und ihrer anderen Hand an meinem Arm. Sie weint. Ich weiß nicht, wieso, aber ich wiege sie hin und her. Wie schwerer Wellengang. Wie meine Mutter, die in der Dunkelheit im Ozean schwimmt. Wie ich, an dem sie sich klammert, damit sie nicht ertrinkt. Alles ist dunkel in meinem Zimmer. Ein Auto fährt auf der Hauptstraße entlang, der Motor schaltet hoch, die Scheinwerfer blitzen auf.
»Ich weiß nicht, wer du bist«, sagt meine Mutter.
»Aber ich erzähle dir doch alles«, sage ich. »Ich weiß nicht, was ich dir noch erzählen soll. Ich erzähle dir alles, was ich mache«, sage ich. Aber ich weiß nicht, ob das stimmt.
Erweitern ...
Den kompletten Schluss finde ich unglücklich. Ist mir persönlich auch zu sentimental. Ich folge Dir als Leser bis zu dem Moment, wo sich der Mund und schließlich das Gesicht der Mutter verzieht. Dann frage ich mich: Würde der Protagonist wirklich so reagieren, wenn er seine Mutter noch nie weinen gesehen hat? Er hätte keine Hemmungen, sie bei dieser übergriffigen Art zu umarmen und sie zu wiegen? Zudem er selber ja sicher auch Schmerz empfindet über den Tod seines Bruders/Vaters. Das ist aus meiner Sicht psychologisch unglaubwürdig.
Es ist ja nicht gesagt, dass er seine Mutter noch nie weinen gesehen hat. Lediglich als Kinder haben sie sie nie weinen sehen. Ich finde, so wie er reagiert, kommt das fast eingespielt vor, als ob sich das schon viele Male wiederholt hat. Aber da ist auch die Erinnerung: Als Kinder haben wir sie nie weinen sehen. Jetzt hat sich etwas verändert.

Eine so innige, körperliche Annäherung der Figuren auf einen Nenner zu bringen mit der Hilflosigkeit des Sohnes, dem Vorwurf der Mutter und der überflutenden Trauer, halte ich für eine heikle Angelegenheit. Das Bild mit dem Wellengang und dem Ozean ist mir dann definitiv zu viel.
Hm, ok. Ja, manchen war der Wellengang drüber, zu viel Kitsch. Aber ich mag das ehrlich gesagt. Aber danke für deine ehrliche Meinung

Was meines Erachtens durch die Dialoge sehr gut zum Ausdruck kommt, wird mir durch diese Formulierung ins Alberne gezogen. Das ist vielleicht Geschmacksache. Wenn es poetisch sein sollte, dann passt es jedenfalls nicht in den restlichen Schreibstil.
Na ja, ins Alberne ... das sehe ich nicht. Vielleicht Geschmackssache, ja. Ich sehe das eher "poetisch", zumindest halt mein Versuch davon. Ja, das passt nicht zum restlichen, lakonischen Schreibstil. Ich fand das ganz hübsch, dass es in genau dieser Situation eben ein Stück in dieses "fantastische" Sprachelement reingeht, dass sie sich in ein anderes Bild hineinbewegen

Ich habe fett markiert, was sich wiederholt. Spannender wären Formulierungen, die für den Leser eine Differenzierung der Trauer und Nähe transportieren.
Was meinst du denn mit Differenzierung der Trauer und Nähe?

So ist es immer dasselbe und das löst beim Lesen keine Steigerung aus.
Ja, na ja. Sind ja nicht alle Leser gleich. Ich mag die ruhige Sprache. Ich finde, wenn man allzu sehr darauf achtet, nichts zu wiederholen und immer andere Satzstellungen formuliert, wirkt das auch unter Umständen holzschnittartig und nach Schulaufsatz ein wenig - zumindest, wenn man es bei einem Text nicht selbst fühlt, sondern der Wiederholung wegen macht. Ich hab in diesem Fall das so stimmiger empfunden, meinem Bauchgefühl nach, aber kann auch nachvollziehen, wenn dir das nicht zusagt

Ich hoffe, Du kannst mit meinem Kommentar etwas anfangen.
Natürlich!

Vielen Dank fürs Lesen und für deine offene Meinung,

Beste Grüße
zigga

 

Hey @Manlio!

Entschuldige die ausgebliebene, stark verspätete Antwort. Ich hatte deinen Kommentar die ganze Zeit auf dem Schirm, aber na ja, du weißt ja wie das läuft. :D

paar Sachen, die mir aufgefallen sind.
hauste!

Sie steht auf dem Gehweg neben dem Wagen und trägt noch ihre Arbeitsklamotten
Demnach ist sie am Vormittag bereits mit der Arbeit fertig?
Ha! Guter Punkt.

Ich bin ihr sechsundzwanzigjähriger Sohn.
Das empfinde ich als Perspektivwechsel, weil es ja direkt an den Leser gerichtet ist, während bisher eher personale Erzählperspektive vorherrschte. Ich weiß nicht, wozu du das brauchst, dennoch, interessant.
Jepp. Das wurde an anderer Stelle auch diskutiert, den Wechsel, und ob es ihn braucht. Hätte nicht gedacht, dass das so vielen auffällt. Hmm.

Sie ist immer so stark.
Der Satz ist sehr, sehr auffällig, weil der Erzähler vorher darauf hinzuweisen schien, dass sie gerade nicht so stark ist ("wenn sie nicht gerade krankgeschrieben ist"). Vielleicht ist das affirmativ gemeint - er möchte gerne, dass sie stark ist, oder bezieht das auf starke Seiten an ihr.
Ja, du hast recht. Könnte auch eine Affirmation sein, da gebe ich dir recht.

Grillfest
Hier hatte mich nur gewundert, dass das Fest schon am Vormittag losgeht und keiner außer Onkel, Tante, Mutter und dem Erzähler da zu sein scheint. Aber vielleicht starten sie gegen Mittag und die beiden sind die ersten Gäste.
Ja stimmt :D Das mit dem Vormittag hatte ich gar nicht auf dem Schirm. Da hast du recht. Vielleicht ändere ich das.

Zuhause läuft meine Mutter sofort ins Wohnzimmer
Das titelgebende Grillfest spielt nur am Rand eine Rolle, das finde ich etwas schade. Es ist wirklich Gekrittel, aber ich hätte es noch schöner gefunden, wenn sie irgendwie über Nacht geblieben wären.
Eigentlich gar nicht schlecht. Also, wenn das im Haus der Tante stattfinden würde. Hmm. Ja, das ist ein wenig getrickse, dass der Titel Grillfest heißt und man erwartet das Drama dort, aber dann spielt alles woanders, aber - das war meine Hoffnung - vielleicht merkt man ja als Leser, dadurch, dass ich die Story mit dem Titel so gewichte, dass das Fest doch ein ausschlaggebendes Ereignis für die Prots ist.

Ich halte ihr über den Gartentisch das Feuer hin, anschließend zünde ich meine Zigarette an.
Also sorry, das habe ich nicht ganz verstanden. Er erkundigt sich die ganze Zeit nach ihrem Herzen und dann lässt er sie eine rauchen? Wieso?
:D Na, weil sie in Nostalgie schwelgen. War zumindest mein Gedanke

Das ist eigentlich nur Kleinkram, du hast die Beziehung der beiden gut beleuchtet. Wiewohl ich gestehen muss, ich habe recht wenig verstanden, was zwischen ihnen passiert, was "nicht mehr stimmt". Aber das Verlustgefühl der Mutter wird sehr deutlich und ist sehr bewegend.
Ok! Ja, ich bastle da noch mal dran rum, mache vielleicht das eine oder andere etwas klarer - danke für deine Hinweise und dein Vorbeischauen, Manlio! Ich schau gleich mal, was du so gepostet hast.

Viele Grüße

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom