Was ist neu

Hörst du mich?

Seniors
Beitritt
19.03.2003
Beiträge
1.883
Zuletzt bearbeitet:

Hörst du mich?

Hörst du mich?
neue Version
Es war in einer Diskothek. Es gab nur noch dich und mich. Alles im Raum vibrierte durch die Schwingungen der Musik. Mir gefiel der Gedanke: Niemand konnte dein Lachen hören. Alle konnten es nur sehen.

Es machte mich gleich mit den anderen.

Meine Augen hingen an deinen Lippen und konzentrierten sich auf die Laute, die diese formten.
Ich verstand deren Sinn nicht, weil zur Musik weißes Licht flackerte und den Ablauf der Zeit verlangsamte.

Stroboskoplampen. Momente künstlich verlängern.

In meinem Herzen trage ich Erinnerungen an eine andere Zeit, die viel zu schnell vergangen war:

Als kleines Kind hatte ich oft ganz fest an meine Mutter gedacht. Sie musste es gespürt haben, denn sie hatte mich verstanden, nahm mich gleich in die Arme, als sie bei mir war. Ihre Lippen berührten meinen Kopf und deren zartes melodiöses Zusammentreffen mit meiner Haut war so innig, es bedurfte keines Wortes: Trost. Ihr Geruch hüllte mich ein und was eben noch ein Schrecken war, geriet in Vergessenheit.
Ich liebte sie sehr und als sie starb verlor ich nicht nur eine Mutter, sondern den einzigen Menschen, der mir Zuversicht für mein Leben gegeben hatte. Nach ihrem Tod lebte ich, wie unter einer durchsichtigen Glocke: Ich konnte hindurch sehen, aber mir blieb verborgen, was andere dachten und empfanden. Mir wurde klar: meine Mutter war für mich der Zugang zu ihnen gewesen.
Sie war es, die mich ermutigte, wenn meine Entschlossenheit ins Wanken geriet. Ich versuchte, mich ohne sie zurecht zu finden, weil ihr in mich gesetztes Vertrauen es mir abverlangte. Mein Bestreben war mühselig, oft bitter die Erfahrung und die Sehnsüchte unerfüllt.

Bis an diesem Abend.

Ich fokussierte imaginär einen Strang durch die rauchige Luft in dem meine Emotionen für dich hinein geflochten waren:
Spürst du mein inwendiges Prickeln?

Ich beobachtete deine Hände, deine Mimik. Nichts davon verriet, dass du meine Botschaft empfangen hattest. Ich versuchte es erneut, schloss meine Augen und mein brennender Wunsch drängte alle anderen Empfindungen zurück:
Ich begehre dich.

Ich dachte, du müsstest es physisch spüren können, aber kein Blick von dir, erwiderte mein Verlangen.
Entäuschung wollte wieder an mir nagen: mein Herz schlug gegen meine Rippen, meine Hände pressten sich auf den Tresen, die Anspannung entlud sich in ungebärdigen Lauten, von denen ich annahm, dass die Musik sie verschluckte.
In diesem Moment, musste es jedoch zu hören gewesen sein: ich bemerkte, die Tanzfläche leerte sich und ich erkannte es daran: wie sie mich anstarrten. Ihre Blicke: einige angewidert, andere lüstern, meist befremdet.
Sie durchbohrten mich.
Und du? Ängstlich war ich, und doch: ich suchte nach deinen Augen.

Du sahst mich zum ersten Mal richtig an. Offen war deine Haltung.
Mutig gestand ich es, in dieser Sprache, die mir so fremd ist.
Deine Augen funkelten, als du auf mich zugingst.
Hier geht es zu einer Kurzversion des Textes als Experiment

 

Warum ich zu über Männer und Frauen in Experimente verlinke ist ein Einfall, der mir entstand nachdem ich Woltochinons Kritik zu Männer und Frauen überdacht hatte. Es ist ein Experiment inwieweit, die Charakterisierung und Handlung die Intensität des Textes beeinflussen.
Goldene Dame

 

Hallo,
ich bin eher gespaltener Meinung über deine Geschichte. Den Abschnitt über das Verhältnis zur Mutter fand ich recht gelungen, den über die Diskothek jedoch eher kitschig ausgearbeitet. Dieser Teil ist in der Kurzversion deutlich besser, er hat durch die Ausarbeitung verloren. Sie ist mir persönlich auch zu kurz, um wirklich etwas aus dem Kurzen zu machen. Wenn sie länger wäre, könnte es durchaus sein, dass der Text gewinnen würde, aber so geht jegliche Intensität verloren.
Hier noch einige Verbesserungen:

die sie formten
die diese formten - sonst würde es sich auf die Augen beziehen
Als keines Kind
kleines
keiner Worte bedarf
bedurfte
der mir Zuversicht für mein Leben gegeben hatte
Komma davor
verborgen,was
Leerzeichen nach Komma
Meine Mutter, war für mich der Zugang zu ihnen gewesen
ohne Komma


Gruß
Arthuriel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Athuriel,
vielen Dank fürs Lesen und Feedback.

den über die Diskothek jedoch eher kitschig ausgearbeitet.
Kitschig ausgearbeitet trifft mich natürlich, denn dass sollte die Geschichte nicht sein. Vielleicht hast du recht und es ist eine Szene, die zu oft anrührig gebraucht wurde. Ich wollte den Konflikt der Handlung, dass die Prot. taubstumm ist und sich dadurch ausgegrenzt fühlt, verdeutlichen. Ich fand daher die Szenerie eines jungen Mädchens, das in die Discothek geht, um dazuzugehören, klassisch nicht kitschig.
Deine Verbesserungsvorschläge habe ich umgesetzt und inhaltlich einige Ergänzungen vorgenommen. Danke.

Liebe Grüße
Goldene Dame

 

hallo geldene dame

ich hoffe zuerst, dass du deinen urlaub, in dem du dich befindest, geniesst.

ich habe mal deine alte geschichte ausgegraben......und habe so meine probleme damit:

gott sei dank, habe ich in einem deiner kommentare gelesen, dass deine prot. taubstumm ist. aus dem text konnte ich das nicht entnehmen!

der hinweis im text:

Meine Augen hingen an deinen Lippen und konzentrierten sich auf die Laute, die diese formten.
ist eindeutig zu schwach! ich war zwar in meinem leben nur ein einziges mal in einer disco (bin zu alt dafür!!), aber es war damals schon klar, dass eine konversation NUR in kombination mit dem ablesen von den lippen möglich ist. der lärmpegel ist einfach zu hoch für ein normales gespräch.

ein paar andere dinge:

Der Raum vibrierte durch die Schwingungen der Musik.
- ob wirklich der ganze raum schwingt? ich würde sagen: "alles im raum vibrierte...."

Ihre Lippen berührten meinen Kopf und deren zartes melodiöses Zusammentreffen mit meiner Haut
- ich will nicht unhöflich sein - aber war es ein melodiöses schmatzen?

Ich fokussierte imaginär einen Strang durch die rauchige Luft in dem meine Emotionen für dich hinein geflochten waren:
- warum so gespreizt?

die Anspannung entlud sich in ungebärdigen Lauten,
- mit viel phantasie könnte man das als einen hinweis für "taubstumm" gelten lassen

Ich bemerkte, dass die Tanzfläche sich leerte und ich erkannte es daran, wie sie mich anstarrten.
- sorry: aber wo liegt der zusammenhang?

Ihre Blicke, einige angewidert, andere lüstern, meist befremdet, durchbohrten mich.
- weshalb diese blicke?


insgesamt, liebe dame, ist das bestimmt nicht dein bestes werk! es scheint mir ziemlich auf die schnelle hingepfuscht zu sein. tut mir leid, aber ich empfinde es so - und finde es schade für dich, denn du kannst es wirklich besser!

beste grüße
ernst

 

Hallo Ernst,
Ja, ich stimme dir zu. In fast allen Punkten.

Danke für die Mühe,die du dir mit deiner Kritik gemacht hast. Meine Intension ist offenbar untergegangen und nicht erkennbar. :(

Liebe Grüße
Goldene Dame :)

 

Hi Goldene Dame,

bist du wieder da? Oder war das ein Blitz aus deinem Urlaub? :)

Auch ich bin nicht darauf gekommen, dass dein Prot stumm ist.
Deine Wortwahl, gefällt mir wie immer gut.
Kitschig finde ich nichts, habe aber sowieso ein (kein) anderes Verständnis dafür.
Wäre mal ein Thema für unseren Stammtisch. :shy:

Die Intention deiner KG ist mir nicht ganz klar geworden.
Kann daran liegen, dass ich mich mit "Experimente" noch nicht beschäftigt habe.

Kannst du mir ja bei Gelenheit erklären, okay?

liebe Grüsse, coleratio

 

Hallo Goldene Dame!

Deine Geschichte hat mir gut gefallen - doch leider finde ich, dass Du häufig Wendungen benutzt, die den Leser nicht sehr direkt erreichen. Zum Beispiel:


Bis heute Abend. Ich fokussierte imaginär einen Strang durch die rauchige Luft in dem meine Emotionen für dich hinein geflochten waren:
Spürst du mein inwendiges Prickeln?
Ich beobachtete deine Hände, deine Mimik. Nichts davon verriet, dass du meine Botschaft empfangen hattest.

(1) Den "Ich fokussierte"-Satz habe ich wieder und wieder gelesen, und habe ihn nicht ganz verstanden. Ich glaube zwar, ich weiß, was Du sagen willst, aber geht der Inhalt des "Strang-Fokussierens" nicht auch aus der Tatsache hervor, dass sie ihn nach dem "Spürst Du das Prickeln" fragen will?

(2) Ich glaube, dass man "inwendig" weglassen kann.

(3) "Ich beobachte ..." kann immer weggelassen werden. Wenn dem Prot etwas auffällt, dann hat er es vorher auch beobachtet.

(4) "Nichts davon verriet, dass Du meine Botschaft..." ist eine negation, d.h. der Leser muss sich anstrengen, das Gegenteil dessen, was geschrieben steht ("meine Botschaft empfangen") zu verstehen... was auch klugen Lesern im Textfluß nicht abverlangt werden sollte.


Bis auf heute Abend. Ich drücke Deinen Brustkorb fest an mich, aber deine Hände gleiten von meinem Rücken, du siehst über mich hinweg auf blondere Frauen - spürst Du denn nicht mein Prickeln?

Das klingt zwar weniger poetisch und ist viel konkreter, aber der Inhalt (auch wenn sehr anders dargestellt, auch durch Tatsachenverdrehung) erreicht den Leser einfacher und plastischer.

Liebe Grüße aus Hamburg!

Gernot

 

Hallo Goldene Dame,

beim ersten Lesen war mir auch nicht bewusst, dass Deine Prot. taubstumm ist, und ich fand den Text zwar sehr eindringlich, verstand ihn aber eben nicht, habe vielleicht nicht aufmerksam genug gelesen. Beim zweiten Lesen mit dieser Zusatzinformation bin ich jetzt ziemlich begeistert, Du schaffst es in so wenigen Worten so ein durchdringendes Bild der Prot. zu vermitteln, der Leser ist in ihrem Kopf. Ich finde Deine Wortwahl, besonders auch die poetisierenden Passagen wie mit dem Rauch, in den Emotionen geflochten sind, sehr treffend.

Gruesse,
mabinogion

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo coleratio
Ja , der Urlaub ist zu Ende.

Es freut mich, wenn der Text dich erreichen konnte. Meine Intension war: ein Mädchen, eines Sinnes beraubt, geht in die Disco, um gleich mit den anderen zu sein. Sie verliebt sich, und versucht Kontakt in der Form, wie sie durch ihre Mutter erfahren hat: mittels Gedanken. Meine Idee: Ein anderer Sinn hat sich ausgebildet, ein besonderes Band zwischen Mutter und Tochter, das durch den Tod der Mutter unwiederbringlich wurde. Die Prot. sucht danach, wenn jemand ihre stumme Stimme erhört, kann es nur bedeuten: Das ist der Richtige, der mich (wieder) versteht.

Hallo Gernot,

Gerade die (schwer) verständliche Weise der Formulierungen, sollte die taubstumme Welt der Prot. charakterisieren. Ich wollte den Leser in ihre Welt führen: Ihre Defizite sollten greifbar und nachfühlbar werden.


Hallo mabinogion,

Bei dir scheint meine Intension angekommen zu sein. Dennoch ist der Text nicht für alle verständlich gewesen.

Danke Euch allen. Ich habe einige Änderungen am Text vorgenommen. Vielleicht meldet ihr Euch noch mal.
Goldene Dame

 
Zuletzt bearbeitet:

Überarbeitung

Hörst du mich?

Es ist in einer Diskothek. Es gibt nur noch dich und mich. Alles im Raum vibriert durch die Schwingungen der Musik. Mir gefällt der Gedanke: Niemand kann dein Lachen hören. Alle können es nur sehen.

Es macht mich gleich mit den anderen.

Ich sehe deinen Mund. Auf tiefrote Lippen. Möchte gern geküsst werden. Denke dabei an Himbeeren. Ob dein Mund danach schmeckt?
Ich versuche zu lesen, was du sagst.
Verstehe nichts, weil zur Musik weißes Licht flackert.

Die Stroboskoplampen verlangsamen den Ablauf der Zeit. Ich sehe diffuse Gestalten. Sie bewegen sich ruckartig. Machen mir Angst.
Ich kenne sie.


Aus meinen Träumen, als ich noch ein Kind gewesen bin.
Wenn ich erwacht bin, habe ich nie gerufen. Ein stummer Schrei in meinem Herzen hat ausgereicht.

Meine Mutter musste es gespürt haben.
Mein Entsetzen hat sie gerufen.
Sie hat mich in die Arme genommen. Ihre Lippen, ganz weich, haben mich berührt.
Es hat keiner Worte bedurft: Ich habe Trost empfunden, als ihr Geruch mich eingehüllt hat und was eben noch ein Schrecken gewesen, ist in Vergessenheit geraten.

Das Flackern erlischt.
Ich starre dich an. Sehe wie dein Lachen den Raum verzaubert. Fühle etwas. Wünsche mir: von dir gesehen zu werden. Stelle mir vor, meine Gedanken können dich erreichen.

Spürst du mein inwendiges Prickeln?

Ich beobachte deine Hände, deine Mimik. Nichts davon verrät, dass du auch mich gesehen hast. Ich versuche es erneut, schließe meine Augen. Trage in meinem Herzen nur einen einzigen Wunsch. Er brennt, drängt alle anderen Empfindungen zurück:

Ich begehre dich.

Ich habe gedacht: Du müsstest es physisch spüren können.
Aber: kein Blick von dir, erwidert mein Verlangen.
Ich fühle, mein Herz schlägt vor Enttäuschung ganz schnell. Mir ist schwindelig. Ich muss mich festhalten. Sehe auf meine Hände, wie sie sich auf den Tresen pressen. Ich spüre, diese ungebärdigen Worte, wie meine Zunge versucht, sie zu formen. Habe Angst, sie auszusprechen, weil ich weiß, wie sie mich ansehen werden. Ihre Blicke: einige angewidert, andere lüstern, meist befremdet.
Sie durchbohren mich.
Und du?
Ich stehe auf. Gehe auf dich zu, suche nach deinen Augen.

Du siehst mich zum ersten Mal richtig an. Offen ist deine Haltung.
Mutig gestehe ich es, in dieser Sprache, die mir so fremd ist.
Deine Augen funkeln, als du auf mich zugehst.

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom