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Herbst

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12.04.2005
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Herbst

An einem kalten Novembernachmittag harkt ein Mann Blätter, um sie im Hof zu verbrennen. Der Tag ist in Nebel gehüllt; als ob ein Geheimnis in der Luft schwebe. Der kalte Ostwind durchdringt die Kleidung des Mannes, der sich auf seinen Rechen stützt und die spielenden Kinder beobachtet. Trotz des kalten Wetters vergnügen sie sich auf dem Spielplatz neben seinem Haus. Ihre Leichtigkeit und die unbekümmerte Art erinnert ihn an seine Kindheit und an sein früheres Leben. Die Kinder lassen ihn die Trauer der letzten Monate vergessen. Wenn auch nur für einen Moment.
Als er die Augen schließt bestimmt die Vergangenheit sein Denken. Vor seinem geistigen Auge erscheint die Frau die er liebte und die ihn liebte.
Sie liefen um die Wette, ihre nackten Füße trugen sie durch goldbraune Blätter. Sie war ihm weit vorraus, drehte sich um, lächelte und ließ sich in ein Meer aus Blättern fallen. Er legte sich neben sie, nahm sie in seine Arme und sah ihr in die Augen. Wie Smaragde funkelten sie; das kostbarste Schmuckstück einer Frau sind ihre Augen.
Sie wälzten sich im Blätterbad, behütet und mit sich alleine. Die Welt war nicht mehr wichtig und selbst Gott schien nicht mehr zu existieren. Die beiden flogen durch das Universum und fielen ins Meer, ließen sich treiben und stopften die Löcher in ihren Seelen.
Der Mann öffnet die Augen aus denen Tränen laufen. Leztes Jahr im Herbst ist sie gestorben.
"Warum bist Du soweit weg?"
"Ich mußte gehen. Meine Zeit auf der Welt war vorbei."
"Ich bin alleine."
"Das bist Du nicht, ich bin immer bei Dir."
"Ich weiß, genau das macht mir Angst. Ich denke jeden Tag an Dich."
"Was ist daran falsch?"
"Ich habe Angst mich zu verlieren."
"Du wirst Dich nicht verlieren. Du bist mein Mann, du hast Dich noch nie verloren. Meine Liebe begleitet Dich jeden Tag. Dir wird nichts passieren."
"Ich fühle mich leer."
"Dann fülle die Lücken. Fange wieder an zu leben!"
"Wie soll ich das machen?"
"Mache das, was Du früher auch getan hast. Gehe wieder mit dem Hund spazieren, treffe Dich mit Freunden. Schreib doch auch mal wieder!"
"Ich bringe nichts zu Papier. Die Welt ist mir so fremd geworden."
Du bist ihr fremd geworden. Deshalb scheint sie Dir auch so unreal."
"Du bist meine Welt."
"Eine Welt die Dir nicht das geben kann was Du brauchst."
"Kannst Du Dich noch an die Frau erinnern, die uns bei unserer ersten Verabredung beim Knutschen beobachtet hat?"
"Ja."
"Weißt Du noch was sie gesagt hat?"
"Die Summe unseres Lebens sind die Stunden, in denen wir liebten."
"Glaubst Du daß unsere Summe gut genug ist?"
"Unsere Summe wird sich fortsetzen."
"Ich liebe Dich."
"Ich liebe Dich auch."
"Auf wiedersehen."

Es ist kein Abschied für immer, nur für eine Weile. Zuerst muß der Mann seine Lücken füllen und wieder anfangen zu leben. Seine Zeit ist noch nicht gekommen.
Der Mann harkt weiter das Laub, wird es verbrennen und der Duft wird den Wald erfüllen. Die spielenden Kinder werden den Geruch bemerken, der in ein paar Jahren an ihn erinnern wird.
Am Ende seiner Reise.

 

Moin Eddievedder.

Mensch, gibt es hier nur melancholische Texte?
Sehr, sehr traurig muss ich sagen.

Die Kinder werden den Geruch bemerken, der in ein paar Jahren an ihn erinnern wird.
Dieser Satz hat mir besonders gut gefallen :thumbsup:

Im Großen und Ganzen hätte ich mir den Dialog der beiden mehr ausgebaut gewünscht. Nicht, dass unbedingt etwas fehlt, aber ich fand ihn so schön, dass ich nicht aufhören wollte, den beiden zu lauschen.

„Die Summe unseres Lebens sind die Stunden, in denen wir liebten.
Auch für den gibt´s noch mal ein dickes Lob!

Was mir nicht gefallen hat sind deine Zeitensprünge. Du beginnst in der Vergangenheit, die Erinnerung ist dann in der Gegenwart. Das würde ich genau anders herum machen.
Der Schluss sollte dann in der gleichen Zeit spielen wie der Anfang. Auch das hast du hier nicht berücksichtigt.

Ansonsten: Hat mir sehr gut gefallen.

Gruß! Salem

 

Danke für Eure Kritiken.Meine ersten seit ich angemeldet bin.Werde mal schauen was ich verbessern kann.

Danke!

Eddievedder

 

Tach Leute!

Habe meine Geschichte überarbeitet und abgerundet. Den Dialog der beiden habe ich ein wenig verlängert.
Ich finde die Geschichte, so wie sie jetzt ist, perfekt.

Gruß

Eddievedder

 

Hallo Eddievedder.

Ein Mann harkt Blätter und kehrt sie auf einen Haufen, um sie im Hof zu verbrennen. Er stützt sich auf seinen Rechen und beobachtet die spielenden Kinder.
Du könntest viel atmosphärischer in deine Geschichte einsteigen, wenn du uns den Mann und die Gegend anders erzählen würdest, wenn du das Geschrei der spielden Kinder greifbar machst, den Mann wehmütig darüber nachdenken ließest. Zwei oder drei Sätze mehr zu Beginn hätten der Geschichte bestimmt nciht geschadet, sonder bereichert. In dem Dialog schaffst du dann ja Stimmung. Auch deine drei letzten Sätze sind mir wieder zu knapp, so als wolltest du dir nur ein Alibi für den Dialog schaffen. Formuliere das noch ein bisschen zeigender aus, dann könnte die Geschichte noch gewinnen. Gefallen hat sie mir in ihrer Wehmut.

Ein Detail noch:

„Aufwidersehen.“
Oh, bitte "auf Wiedersehen"

Lieben Gruß, sim

 

Hallo Sim!

Danke für die Tipps. Werde mich mal an die Arbeit machen wenn ich ein bischen Luft habe.

Gruß

Eddievedder

 

Hi Leute!

Ich habe den Anfang und das Ende meiner Geschichte etwas überarbeitet. Den Dialog der beiden habe ich belassen, weil ich ihn so am schönsten finde.

Über Kritik würde ich mich sehr freuen.

Gruß

Eddievedder

 

Wunderbar, ich bin wirklich gerührt. Ich für meinen Teil, kann die Gefühle des Mannes sehr gut nachvollziehen, so gut sind sie beschrieben worden.

 

Hallo Eddievedder!

Nette, atmosphärische Geschichte. Ich habe die vorige Version gelesen, und finde, sie hat jetzt nochmal etwas gewonnen.

Sie lässt mir Raum zum Interpretieren, was ich gut finde, und gibt auch gesamt nicht allzu viel vor, sodass die Phantasie dabei spielen kann.

Eddievedder schrieb:
"Die Summe unseres Lebens sind die Stunden, in denen wir liebten."

Ist von Wilhelm Busch, gell? ;) Ein schöner Spruch,den ich selber gern mag, passt aber wirklich gut in diese Geschichte. Was mich zu einem weiteren Lob bringt: die Dialoge wirken insgesamt sehr natürlich und glaubwürdig auf mich.

Kompliment :)

 

Hallo Epona!

Das mit Wilhelm Busch stimmt. Erwischt! Aber ich finde auch das der Spruch sehr gut reinpasst. Vielen Dank für die Kritik.

Gruß

Eddievedder

 

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