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Herbstaugen

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30.03.2006
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Herbstaugen

Schneeflocken schmelzen in ihren Honiglocken und sie sieht aus, als wäre sie mit dem Wind gekommen. Ganz still steht sie im Gedränge, als hätte sie Angst, durch eine einzige Bewegung von der Menge fortgespült zu werden.

Ihre Herbstaugen spiegelten noch die Träume des Sommers wider. Und ich laufe zu ihr, einfach zu ihr. Gefangen in einem Augenblick außerhalb der Zeit.

„Ich wusste es gleich“, sagt sie oft. Sagt es auch jetzt, während sie neben mir liegt. Nicht jetzt, denke ich. Nicht jetzt. Ich tippe mit meinem Finger auf ihren Kirschmund. Sie schüttelt den Kopf, setzt sich auf und presst, voll plötzlicher Scham, das Bettlaken auf ihre Brüste. „Warum bist du nicht weitergegangen, Tristan? Warum hast du dich nicht einfach umgedreht.“

Die Wut in ihrer Stimme ist künstlich, in ihren Augen schwimmen Tränen. Keine Umarmung dieser Welt kann ihren Schmerz lindern und sie wird nicht zuhören, wenn ich ihr aus Worten ein Bild unseres gemeinsamen Lebens male.

„Ich habe einmal zu oft geliebt“, sagt sie. „Und ich wollte damit aufhören. Nie mehr lieben. Nie mehr. Und dann kamst du und jetzt ist alles anders.“
„Ich will dich hassen“, ruft sie. Sie schluchzt, hämmert mit der Faust auf meine Brust, hämmert auf das Bett, hämmert und hämmert ohne den Schmerz loszuwerden.

„Seelen sind bunte Lichter“, sagte sie einmal. „Weißt du, sie können die Farbe wechseln. Sie strahlen rot, wenn sie lieben und gelb, wenn etwas Schönes geschieht. Gerade jetzt ist deine Seele grün, samtgrün.“ Marie legte ihre Seele vertrauensvoll in meine Hand, ich suchte nach deren Farbe und fand nichts als Schwarz. Ich sollte ihrer Seele das Leuchten zurückbringen und schaffte es doch nur, den letzten bunten Schimmer zu zerstören.
„Du bist wie alle anderen." Matt liegt sie in meinen Armen. All die Schmerzen haben sie ausgebrannt, jede Enttäuschung sticht neue Wunden. Arme braucht sie, die sie festhalten, auch wenn es nur meine sind. Auch wenn es nur die Arme dessen sind, der sie zerstört. Ich küsse die Hitze von ihrer Stirn, wische das Salz von ihren Wangen und wache über ihren Schlaf.

Sie nennt ihn Mario. Er steht für alle, die vor mir da waren. Ein anderer Name für Schmerz. Ein anderer Name für zerbrochene Träume. Mario, der alles Schöne, alles Gute zerstörte. In ihren Augen werde ich jeden Tag ein bisschen mehr Mario.

„Wie geht es Fiona?“, fragt sie. Ganz zart ihre Stimme, kaum hörbar.
„Sie ist schwach“, sage ich. „Wie ein Vögelchen, dessen Flügel gebrochen sind. Ihre Haut, ganz weiß. Ich kann jedes einzelne Äderchen darunter zählen. Sie kann nicht laufen, nicht einmal sitzen. Es erschöpft sie, auch nur einen einzigen Satz zu sprechen. Nachts möchte sie nicht schlafen, weil sie nicht weiß, ob es noch einen Morgen gibt.“
Ich streiche über Maries Haar, während ich über meine Tochter spreche. Fiona, die immer zwischen uns stehen wird. Fiona, kostbarer als Gold.
„Du hättest es mir früher sagen müssen“, sagt sie. So oft hat sie diese Worte schon ausgesprochen. Den Vorwurf hat ihre Stimme längst verloren.
„Es tut mir leid.“
„Warum hast du mich nicht vorher getroffen?“
„Ja, warum?“, antworte ich, obwohl ich es nicht meine. Nicht jetzt.

„Geh jetzt“, sagt sie später. „Geh. Ich möchte dich nie wieder sehen.“ So viel Stärke in ihrer Stimme, nur ihre Augen lügen und halten mir den Schmerz hin.
Vielleicht meint sie es diesmal ernst. Aber irgendwann braucht sie wieder Arme, die sie halten.
„Tristan?“, flüstert sie. „Wenn ich dich wieder anrufe ... Bitte sag, dass du nicht kommst. Bitte. Wenn du mich liebst.“
„Ich verspreche es dir“, sage ich und drücke sie an mich. Herbstaugen, ohne einen Hauch von Sommer. Und ein Abschied für immer.

 

Hallo Fleur

Mittlerweile vermeide ich diese Rubrik, weil sie auch immer ausgelutschter wird. Aber da du es bist, mache ich eine Ausnahme.;)

Schneeflocken schmelzen in ihren Honiglocken und sie sieht aus, als wäre sie mit dem Wind gekommen. Ganz still steht sie im Gedränge, als hätte sie Angst, durch eine einzige Bewegung von der Menge fortgespült zu werden.

Ihre Herbstaugen spiegelten noch die Träume des Sommers wider. Und ich laufe zu ihr, einfach zu ihr. Gefangen in einem Augenblick außerhalb der Zeit.

Ich verstehe nicht, warum der zweite Teil in Präteritum ist.
Sie nennt ihn Mario.
Sie nennt ihren Liebesschmerz Mario. Nette Idee.
„Ich will dich hassen“, ruft sie. Sie schluchzt, hämmert mit der Faust auf meine Brust, hämmert auf das Bett, hämmert und hämmert ohne den Schmerz loszuwerden.
Die Wortwiederholungen finde ich gut.
„Sie ist schwach“, sagte ich.
sage
Und dann kamst du und jetzt alles ist anders.“
... und jetzt ist alles anders."
Das Ende stimmt mit dem Anfang überein. Schon mal jut. Klär mich mal über die Beziehung auf.
Er trifft sich mit dieser Frau, obwohl er Frau(?) und eine kranke Tochter hat. Und sie ist eine verletzte Seele, enttäuscht von der Liebe und dann liebt sie diesen Typ doch und weiß jetzt, dass er eine Tochter hat.

Cu J:baddevil:Black

 

Hallo JoBlack,

vielen Dank, dass du dich von mir in diese Rubrik hast locken lassen. Liebe ist natürlich schon ein Thema, dass nicht immer wieder neu erfunden werden kann.

Mittlerweile vermeide ich diese Rubrik, weil sie auch immer ausgelutschter wird. Aber da du es bist, mache ich eine Ausnahme.

Vielen Dank für das Aufzeigen meiner Fehler. Werde ich sofort ändern.

Er trifft sich mit dieser Frau, obwohl er Frau(?) und eine kranke Tochter hat. Und sie ist eine verletzte Seele, enttäuscht von der Liebe und dann liebt sie diesen Typ doch und weiß jetzt, dass er eine Tochter hat.

Ganz genau. :)
Ich bin mir bei diesem Punkt noch unsicher, ob ich das ganze zu kurz abgehandelt habe und ob meine Aussage noch klar wird.

Herzlichen Dank für deine Kritik.

Gruß, Fleur
Cu JBlack

 

Hallo Fleur
so zart, so wund und weh - wie draußen das weiße Wasser in den Schatten der Bäume ... wirklich eine Abwechslung - sehr poetisch und eindringlich.
Hat mir gut getan.
Detlev

 

Salut Fleur,

ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich es so verstanden habe, wie du es wolltest. Ich las heraus:

Sie verliebt sich immer wieder in verheiratete Männer und diese erzählen das aber nicht sofort, sondern erst, wenn sie schon liebt und sich nicht mehr lösen kann.
Er hat ein krankes Mädchen und kann schon alleine deswegen die momentane Beziehung zu seiner Frau nicht beenden, weil die Tochter einen höheren Stellenwert hat.

Trotzdem

Keine Umarmung dieser Welt kann ihren Schmerz lindern und sie wird nicht zuhören, wenn ich ihr aus Worten ein Bild unseres gemeinsamen Lebens male.
scheint er eine Zukunft zu sehen. Oder macht er sich selber nur etwas vor?

Sie geben sich Sehnsüchten hin und wissen danach, dass die Situation nicht tragfähig ist. Sie leidet und trotzdem wird sie wieder anrufen, denn die Liebe kennt keine Vernunft - er wahrscheinlich auch nicht, wenn er ihre Stimme wieder hört.

„Du bist wie alle anderen“. Matt liegt sie in meinen Armen.
Punkt direkt nach anderen

Gerne gelesen.

Lieber Gruß
bernadette

 

@Detlev

Ach, bei so schönen Worten, wird mir auch ganz warm um das Herz. Es freut mich, dass es dir gefallen und gut getan hat.
Danke für´s Lesen und deinen Kommentar.

@Bernadette

Sie verliebt sich immer wieder in verheiratete Männer und diese erzählen das aber nicht sofort, sondern erst, wenn sie schon liebt und sich nicht mehr lösen kann.

Nein, nicht ganz. Die Männer müssen nicht unbedingt verheiratet sein. Sie verliebt sich eben immer in die Falschen. Wenn das so rüber kam, werde ich da noch etwas Ergänzendes dazu sagen.

Er hat ein krankes Mädchen und kann schon alleine deswegen die momentane Beziehung zu seiner Frau nicht beenden, weil die Tochter einen höheren Stellenwert hat.

Ja.


Trotzdem scheint er eine Zukunft zu sehen. Oder macht er sich selber nur etwas vor?

Auf eine gewisse Weise, ja. Aber die gemeinsame Zukunft impliziert, dass die Tochter bis dahin nicht mehr am Leben ist. Insofern möchte er irgendwie, gerät dadurch aber in Gewissenskonflikt. Wird dieser Punkt klar oder ist es nötig, ihn noch besser herauszuarbeiten?

Sie leidet und trotzdem wird sie wieder anrufen, denn die Liebe kennt keine Vernunft - er wahrscheinlich auch nicht, wenn er ihre Stimme wieder hört.

Genau. :)

Vielen Dank für deine Kritik. Sie hat mir sehr geholfen. Die Fehler werde ich sofort ausbessern.

Gruß, Fleur

 

Nein, nicht ganz. Die Männer müssen nicht unbedingt verheiratet sein. Sie verliebt sich eben immer in die Falschen. Wenn das so rüber kam, werde ich da noch etwas Ergänzendes dazu sagen.

Für mich kam rüber, dass unüberwindliche Tatsachen eine Rolle spielen, dass sie nie glücklich wird, weil soviel Schmerz in ihr ist. Wenn es nicht daran liegt, dass die Männer gebunden sind, scheint mir die Prot so etwas wie auf einen "Traumprinzen" zu warten, denn bei gescheiterten Beziehungen sind manchmal auch beide schuld. So wirkt es, als sei sie nicht beziehungsfähig, d.h. sie kann kaum an einer Partnerschaft arbeiten, denn es gehören ja immer zwei dazu, die sich auch finden müssen.

Aber da ist nun viel Interpretation dabei.

 

Hallo Fleur,

ich kann mich meinen Vorrednern leider nicht so ganz anschließen, ich fand vieles einfach total kitschig.

Schneeflocken, die in Honiglocken schmelzen, ein Kirschmund, eine zerissene Seele, seine Frau, schwach wie ein Vögelchen, dessen Flügel gebrochen sind... das ist einfach zuviel des Guten. Das Thema ist, wenn auch nicht neu, nicht uninteressant und ich finde auch deinen Stil nicht schlecht, aber so viel Pathos? Das lässt mich Zeilen überspringen, tut mir leid.

trotzdem liebe Grüße,
lightdark

 
Zuletzt bearbeitet:

@ lightdark

seine Frau, schwach wie ein Vögelchen, dessen Flügel gebrochen sind...
Da hast du nicht aufmerksam genug gelesen. Es geht um seine Tochter.

 

Ja, ich habe möglicherweise nicht aufmerksam gelesen. Aber es ist letztendlich egal, wer so schwach ist wie ein Vögelchen mit gebrochenen Flügeln, es ist das Bild, was mich stört. Es ist einfach verbraucht, mMn.

 

@lightdark

Vieles ist Geschmackssache.
Ich sehe z. B. nicht warum Schneeflocken in Honiglocken kitschig sein sollten. Das ist für mich auch hauptsächlich eine Möglichkeit ihr Äußeres zu beschreiben sowie den Ort, an dem sie sich gesehen haben.
Aber wie gesagt, da ist sicherlich vieles Geschmackssache - ich halte auch manches für Kitsch, das für andere eine gelungene Formulierung ist und so ging es dir eben auch hier.
Danke dir jedenfalls für deine Rückmeldung. Es ist ja auch immer sehr interessant wie bestimmte Passagen auf Leser wirken.
Und es freut mich, dass es dir trotzdem ein bisschen gefallen hat.

Dank dir!

@Nachtschatten

Das Ende ist auch mein Problem, d. h. ich bin nicht ganz zufrieden damit. Darüber muss ich nochmal nachdenken.

find das thema sterbenslangweilig, eine frau die ACH so vieles schlechtes erlebt hat, das zarte seelchen, so unantastbar, ein seidener faden im wind ~ bla bla. aber! du hast mir das thema hier gut präsentiert.

*g* gut, auch das sicherlich geschmackssache. ich gebe aber zu, dass das thema sicherlich nicht das neuste ist. aber du kennst das bestimmt auch, dass einem manchmal eben etwas bestimmtes am herzen liegt.

hast mich damit überrascht, ganz ehrlich. für mich hast du viel potential.

das ist ja mal schön. :)

Zum Anfang - wieso leuchtet er dir im Kontext nicht ein. Er beschreibt ihre erste Begegnung. Mir war wichtig, die dabei zu haben.

guter erster satz, nach dem komma murks! mach es deutlicher: "Und sie scheint mit dem Wind gekommen zu sein."
Wenn sie nur so "aussieht als ob" dann wirkt es nicht so stark.

Ehrlich: Ich hatte zuerst deine Version. Sie gefällt mir nicht so gut.

Bei den anderen Anmerkungen gebe ich dir recht. Ich werde noch einmal über alles nachdenken und sicherlich noch das eine oder andere ändern. Vielen Dank für deine hilfreichen Anregungen. Wenn du möchtest kann ich dir dann einzelne geänderte Sätze via PN zukommen lassen.

gib mir mal bescheid wenn du eine neue geschichte hast, bin interessiert an deinem schreiben

Aber gerne doch. :)

Vielen Dank für die Mühe, die du dir gemacht hast.

Danke euch allen,

Lieben Gruß, Fleur

 

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