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Herr Botschafter

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18.08.2003
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Herr Botschafter

Botschafter Mangeero legte den Telephonhörer beiseite und seufzte. Ein weiteres Gespräch mit einem Manager, der sich weigerte eine bei ihm unter Vertrag stehende Musikgruppe oder wenigstens einen Dichter, auf Hirvina auftreten zu lassen. „Sie wissen doch wie das ist mit den neu entdeckten Zivilisationen: Man kann nie wissen.“ Allerdings. Und er hatte es satt bloß Beobachter zu sein. Und morgen würde die Verbindung mit der Erde für eine Woche abreißen. Resignierend zuckte der Botschafter mit den Schultern und drückte den orangenen Knopf. Eine A2 Einheit schwebte in sein Büro und verharrte vor dem Schreibtisch.
„Tee und eine Zigarre“, orderte der Botschafter. Während er wartete, blickte er gedankenverloren auf seinen neuen Terminplaner. Das handgeschöpfte Büttenpapier war noch unbeschrieben.
Als er Tee und Zigarre beendet und Möglichkeiten in seinem Kopf gewälzt hatte, verließ der Botschafter die Botschaft. Er begab sich in sein nebenstehendes Haus. Eine Meile weiter die Straße herunter begann ihre Stadt. Vier Arme, langer schmaler Kopf, riesige Augen und keine Nase. Die Hirvianer wirkten schlaksig und als fühlten sie sich unwohl im eigenen Körper. Die Evolution mußte seltsame Wege gegangen sein auf diesem Planeten.
In seiner Wohnung trank der Botschafter einen Whisky, spielte eine Partie Schach gegen das Haus und hörte Beethovens fünfte in ohrenbetäubender Lautstärke. Die ganze Symphonie über saß er in einem bequemen Sessel und rührte keinen Muskel. Dann ging er zu Bett.
Botschafter Mangeero erwachte mitten in der Nacht durch ein splitterndes Geräusch. Einen Moment lang war er orientierungslos und glaubte sich noch auf Tziherl. In diesem Augenblick drangen die ersten Hirvianer in sein Schlafzimmer ein. Hinter ihnen drängten weitere nach, als wäre das ganze Haus voll mit ihnen.
„Was geht hier vor?“ Der Botschafter richtete sich in seinem Bett auf. Vier Hirvianer packten seine Arme und Beine und hielten ihn nieder. Die Menge vor seinem Bett teilte sich und ließ einen durch, der etwas in den Händen trug.
„Ich verlange zu wissen, was hier vor sich geht.“ Der Botschafter wand sich im Griff der Hirvianer. Das Haus übersetzte seine Worte in demselben scharfen Tonfall. Der Hirvianer machte sich an dem Gerät zu schaffen. Es summte und ein Lichtstrahl schoß daraus hervor, der sich bewegte und in den Arm des Botschafters grub. Dann verlor er das Bewußtsein.
Botschafter Mangeero erwachte aus seinem Alptraum, drehte sich auf die Seite und stellte fest, daß die letzte Nacht kein Alptraum gewesen war. Sein rechter Arm war amputiert und die Wunde bereits verheilt, als seien seit der Operation schon Monate, Jahre vergangen. Der Botschafter drehte sich wieder auf den Rücken und schloß die Augen. Er atmete mehrmals tief ein und aus. Als er sich wieder im Griff hatte, kleidete sich an und ging in seine Botschaft.
Kaum, daß er hinter seinem Schreibtisch Platz genommen hatte, meldete ihm das Haus einen Besucher. Der Botschafter zog seinen Scheitel nach, überprüfte seine Erscheinung in einem Spiegel, den er aus der Schreibtischschublade holte und plazierte sich etwas seitlich zu dem Besucherstuhl. Dann wies er das Haus an, seinen Gast einzulassen.
Unmittelbar darauf schwebte der Hirvianer ein. Der Botschafter zuckte zusammen, weil er in ihm den Träger des Lasers zu erkennen glaubte. Hastig erhob er sich und nickte seinem Gast zu, Platz zu nehmen. Der Hirvianer setzte sich umständlich auf den Stuhl. Zwei Hände legte er auf den Tisch, die anderen verschränkte er vor der Brust. Ohne Begrüßung begann er sogleich zu erklären, wie glücklich man auf Hirvina wäre, einen Vertreter der menschlichen Rasse zu Gast zu haben. Das Haus übersetzte seine Worte. Die Hände auf dem Tisch übernahmen das Gestikulieren, die vor der Brust blieben unbeweglich. Der Botschafter bedankte sich höflich und verglich das Gesicht des Hirvianers mit seiner Erinnerung. Der wechselte das Thema und berichtete umständlich vom ersten Kontakt der Hirvianer mit den Menschen. Botschafter Mangeero hatte die Akte gelesen. Die Standartprozedur für den Kontakt mit einer fremden Rasse, keine Komplikationen. Die Lektüre war geradezu langweilig gewesen. Wie gewohnt studierte der Botschafter seinen Gegenüber sorgsam, seine Gestik, seine Mimik, den Klang seiner Stimme.
Eine gute Stunde redete der Hirvianer, ohne einen Grund für seinen Besuch zu erwähnen. Fragen stellte er keine und er ließ Mangeero keine Zeit, seinerseits welche zu stellen. Dann stand er plötzlich auf und schlang die vier Arme um seinen hageren Körper. Das Haus erklärte es als Abschiedsgeste. Ehe es geendet hatte, hatte der Hirvianer sich schon umgewandt und war gegangen.
Mangeero ging die Datenbänke nach allem durch, daß das Verhalten seiner Gastgeber erklären könnte. Ergebnislos. Danach schrieb er einen Bericht über den gestrigen Vorfall und wies das Haus an, ihn der Erde zukommen zu lassen, sobald wieder eine Verbindung zustande kam. Danach begab er sich in seine Wohnung.
Auf der Straße blieb er stehen und blickte auf ihre Stadt hinunter. Die schlanken, hohen Häuser blinkten türkis in den untergehenden Abendsonnen. In wenigen Minuten würde die größere blaue hinter den Bergen am Horizont verschwunden sein. Dann würde die Stadt in ein mattes Grün getaucht sein. Von seinem Standort aus wirkte sie wie ausgestorben. Mangeero wartete, bis sie untergegangen war und setzte seinen Weg fort.
In der Wohnung trank der Botschafter einen Whisky, spielte eine Partie Schach gegen das Haus und hörte in ohrenbetäubender Lautstärke Beethovens fünfte Symphonie. Als er im Bett lag, fragte er das Haus, ob es gesichert sei. Das Haus bejahte. Dennoch konnte er Botschafter lange Zeit nicht einschlafen.
Als Botschafter Mangeero erwachte, war das Haus hell erleuchtet. Kaum, daß er sich in seinem Bett aufgesetzt hatte, wurde schon die Tür zu seinem Schlafzimmer aufgestoßen und die ersten Hirvianer drangen ein. Er rief um Hilfe, doch das Haus blieb stumm. Ebenso stumm traten drei Hirvianer an das Bett heran und drückten den sich wehrenden Botschafter in die Laken. Wieder teilte sich die Menge und machte Platz für jenen Hirvianer, den Mangeero im Stillen den Chirurgen getauft hatte.
Am Bett angelangt, schaltete der Hirvianer seinen Laser ein und wartete bis der strampelte und schreiende Botschafter fixiert war. Dann amputierte er den linken Arm.
Als Mangeero erwachte, war das Haus still und verlassen als hätte es nie jemand betreten. Er richtete sich im Bett auf und preßte die Lider aufeinander. Er wiegte kurz die Schultern und blieb dann lange bewegungslos. Aufrecht im Bett sitzend, die Augen fest geschlossen, sah er wie eine Antike Statue aus. Nur der Adamsapfel bewegte sich, wenn er schluckte. Nach einigen Minuten schwang sich der Botschafter aus dem Bett und schlüpfte in seine Hausschuhe. Er verließ das Schlafzimmer und ging im Pyjama zur Haustüre.
„Sind die Sicherheitssysteme noch aktiv, die Alarmanlage und der Hausschutz?“ fragte er, vor der Türe innehaltend.
„Alle Sicherheitssysteme sind eingeschaltet und arbeiten einwandfrei.“
„Gab es in den letzten zwölf Stunden besondere Vorkommnisse?“
„Hirvianische Stunden oder irdische Zeitrechnung?“
„Irdisch.“
Das Haus schwieg, während es die Daten der Innen- und Außenkameras, der Bewegungsmelder, Geruchssensoren, Gewichtsfelder, der Infrarotbilder und sonstigen Sicherheitssystemen auswertete.
„Keine.“
„Ich möchte, daß das Sicherheitsprotokoll der letzten zwölf Stunden in der Botschaft für mich zugänglich ist und jetzt öffne die Türe.“
Das Haus gab ein beleidigtes Schnaufen von sich und tat wie ihm geheißen.
In der Botschaft arbeitete Mangeero sich durch das Sicherheitsprotokoll seiner Wohnung. Weil es so offensichtlich war, hätte er es beinahe übersehen. Angeblich hatte er selbst für eine Viertelstunde alle Sicherheitssysteme deaktiviert.
Er diktierte dem Haus einen weiteren Bericht. Dabei erwähnte er seinen Verdacht über manipulative Fähigkeiten der Hirvianer, vielleicht Telepathie. Außerdem wies er das Haus an, dem Bericht Bilder von sich beizulegen, da es von den Vorfällen selbst keine gab. Auch der zweite Bericht würde abgeschickt werden, wenn die Verbindung wieder stand.
Als die Arbeit soweit gediegen war, bestellte Botschafter Mangeero die A2 Einheit zu sich und orderte einen Brandy und eine Zigarre. Er erklärte der A2 Einheit, daß er gefüttert werden wolle. Während sie ihn abwechselnd am Brandy nippen und an der Zigarre ziehen ließ, wartete er. Er war sich nun sicher, daß sein Besucher der Chirurg gewesen war und wahrschein-lich würde er auch heute kommen, sein Werk zu begutachten.
Kein Hirvianer verirrte sich an diesem Tag in die Menschenbotschaft. Als die blaue und die grüne Sonne hinter den Bergen versanken, stand der Botschafter auf der Schwelle des Hauses und betrachtete die Veränderung der Landschaft. Noch immer in Hausschuhen und Pyjama, kehrte er bei Einbruch der Dunkelheit in die Botschaft zurück und wies das Haus an, ihm ein Bett herzurichten. Außerdem gab er an, daß er vor dem Morgen keine weiteren Anweisungen geben würde.
In drei Tagen würde es wieder eine Verbindung geben, dann würde man ihn holen kommen und ihn mit bionischen Armen ausstatten. Mangeero war gespannt darauf, wie die Hirvianer ihr Verhalten erklären würden.
In dieser Nacht hatte Botschafter Mangeero einen Traum. Er träumte, daß der Alarm des Hauses gegellt und davor Laser gefaucht hätten. Er träumte, daß sein provisorisches Schlafzimmer mit Hirvianern angefüllt sei, daß sie ihn durch den Raum gejagt und schließlich zu fassen be-kommen hätten. Er träumte, er wäre von ihnen gepackt und aus der Botschaft getragen worden, die Straße hinauf bis zu einem Platz, an dem weitere Hirvianer auf sie gewartet hätten. Der Chirurg war einer von ihnen. Unter freiem Nachthimmel und den Augenpaaren tausender Hirvianer amputierte er dem Botschafter die letzten verbliebenen Extremitäten.
Als Botschafter Mangeero erwachte, lag er rücklings auf einer Lichtung und konnte sich nicht aufrichten. Bei einem der Versuche, erhaschte er einen Blick auf seine Beinstummel. Zum ersten Mal, seit er Botschafter geworden war, weinte Mangeero. Er weinte bis tief in den Nachmittag hinein. Jedesmal wenn es schien, daß er sich beruhigen würde, hatte er von Neuem das Bild vor Augen, wie er als hilfloses Bündel Fleisch inmitten einer endlosen Graswüste auf dem Rücken liegt, und er begann wieder zu weinen.
Irgendwann schlief er vor Erschöpfung und mit brennenden Augen ein.
Am nächsten Morgen nahm Botschafter Mangeero seine nähere Umgebung genauer in Augenschein. Es schien als läge er im Zentrum einer Lichtung. Die violetten und blauen Gebilde am Rande seines Sichtfeldes erinnerten an irdische Bäume. Ihre Konsistenz war fluffig wie die eines Baisés und pelzig. Allerdings waren die Gebilde mindestens 20 Meter hoch und wiesen Verästelungen auf. Der Botschafter beschloß, daß er auf einer Lichtung lag.
Zuerst kam der Hunger. Der Durst machte sich erst am nächsten Tag bemerkbar. Mangeero fand das merkwürdig, weil der Mensch doch viel länger ohne Nahrung als ohne Flüssigkeit auskommt. Außerdem wunderte er sich darüber, daß ihm die Hirvianer sorgsam seine Glied-maßen amputiert hatten, um ihn dann schlicht verdursten zu lassen. Auch wunderte er sich darüber, daß er keine Tiere zu sehen bekam. Er wunderte sich darüber, wie lange es braucht, bis man sich eine Stelle wund liegt und wie sich das anfühlt. Der Botschafter hatte viel Zeit sich Fragen zu stellen und noch mehr Zeit, nach Antworten zu suchen. Er fragte sich, ob die Grassteppe jemals aufhören würde, ob er nicht allmählich an einen Fluß kommen müßte, ob er ganz allein auf der Welt wäre.
Als Botschafter Mangeero wieder zu sich kam, zwinkerte ein Colonel der mobilen Infanterie gerade einer Person am anderen Ende des Raumes zu.
„Er ist aufgewacht“, hörte der Botschafter eine Stimme sagen.
Der Colonel blickte neugierig auf sein Gesicht herab. „Ah, Sie sind also wieder bei uns, Herr Botschafter.“
Mangeero wandte sich um, den anderen Sprecher zu sehen. Dabei bewegte er einen Arm und hielt inne.
„Das sind ihre eigenen, keine bionischen“, sagte die Stimme. „Die Hirvianer hatten sie konserviert.“
Mangeero holte eine Hand unter der Decke hervor und betrachtete sie lange. „Was hatte das alles zu bedeuten?“ Seine Stimme kam ihm fremd vor.
Der Colonel hüstelte und blickte verlegen drein.
„So wie es aussieht“, sagte er, „hat es sich wohl um so etwas wie ein kulturelles Mißverständnis gehandelt, Herr Botschafter. Die Hirvianer verfügen über die Fähigkeit zur Regeneration. Sogar den Verlust ganzer Gliedmaßen regenerieren sie. Sie haben sich einfach gefragt, ob Menschen auch dazu in der Lage sind.“

 

Hallo Hamilkar,

und zunächst einmal herzlich willkommen auf kurzgeschichten.de! :thumbsup:

Deine Geschichte ist eine klassische SF-Shortstory, die allein auf ihre Schlusspointe hin ausgerichtet ist. Alles andere, Figuren und Hintergrund eingeschlossen, stellt sich in den Dienst Deiner Idee: Der Botschafter reagiert völlig passiv auf die Überfälle (genaugenommen reagiert er gar nicht), die Verbindung zur Erde reist genau im "richtigen" Moment ab, und dass die Hirvianer ziemlich seltsam handeln, um herauszufinden, ob Menschen Gliedmaßen nachwachsen (immerhin hätten sie einfach fragen können, und ein Arm hätte gereicht), kannst Du natürlich leicht mit der Fremdartigkeit ihrer Kultur erklären.

Zwei inhaltliche Fehler sind mir aufgefallen: Erstens gibt es keine grünen Sonnen bzw. Sterne, nur rote (Riesensterne), gelbe/weiße (wie unsere Sonne) und blaue (Zwerge). Zweitens ist es vergleichsweise unwahrscheinlich, dass auf Planeten in Doppelsternsystemen Leben entsteht - ihre Bahnen sind einfach zu instabil. Soweit zu meiner Besserwisserei als Astronom ;)

Sprachlich ist die Geschichte in Ordnung, Rechtschreibfehler habe ich wenige gesehen (Standard bitte mit d am Ende schreiben!).

Fazit: Klassische SF-Schlussgag-Story, sprachlich in Ordnung.

Uwe

PS: Meine allgemeine Meinung zu solch klassischen SF-Storys habe ich in einem Artikel niedergeschrieben, einem Plädoyer für moderne SF-Geschichten: SF des 21. Jahrhunderts

 

Hallo Hamilkar,

auch von mir: Herzlich willkommen hier.
Uwe hat schon recht, die Hirvianer hätten eigentlich nur ein Glied amputieren müssen, um ihren Wissendurst zu stillen. Daß der Botschafter alles so hinnimmt, erscheint mir auch fragwürdig. Wie reagiert wohl ein Mensch, der plötzlich ohne Arm aufwacht?
Die Idee mit dem Haus fand ich gut (außer, daß es beleidigt ist, weil das das einzige Mal ist, wo es eine Emotion zeigt, also paßt das nicht, meiner Meinung nach), mußte erstmal überlegen, was Du meinst, als der Botschafter gegen das Haus Schach spielt - wird ja dann beim Weiterlesen klar.

@Uwe:
Mal eine blöde Frage: Unsere Sonne hat doch ihr Strahlungsmaximum bei ca. 500 nm. Kann es da nicht sein, daß eine Sonne grün aussieht? (Ich hab jetzt keine Ahnung, wie das mit der Energieerzeugung und den Fusionsprozessen passen könnte)

Grüne Sonne und Doppelsternsystem mit stabilen Planetenbahnen - das haut vielleicht nicht hin, aber die Hirvianer gibts sicher auch nicht (???) Das hat mich nicht so gestört.

vio

 

Dein Essay über die moderne und klassische Science Fiction liefert interessante Themenvorschläge, die auf jeden Fall der Bearbeitung verdienen. Einen Einwand gegen deine Polemik habe ich aber doch, nämlich gegen die wider den Schlussgag. Da hier Kurzgschichten veröffentlicht werden, ist die Pointe am Schluss unverzichtbar. Sie ist nicht so sehr ein Stilmittel der Science Fiction Geschichte, als vielmehr der Kurzgeschichte allgemein. Vergleich dazu etwa E.A. Poes Essay Philosophy of Composition.
Außerdem sind deine Themenvorschläge alle rein Erdgebunden. Dass wir qasi bereits in der Science Fiction leben, lässt aber noch nicht alle Frgen der klassischen Scence Fiction als antiquiert escheinen:
Träfe man auf Außerirdisches Leben, wäre Kommunikation möglich? Träumen Androiden von elektrischen Schafen? Welchen Sinn macht die Suche nach außerirdischem Leben?
Dass das Thema Zeitreiseparadoxon mittlerweile ausgelutscht ist mag sein, aber 12 Monkeys war ein verdammt guter Film.
Deinen Einwand mit der Sonne nehme ich gern an und entscheide mich für eine blaue Zwergsonne, das ergäbe hübsche, grüne Abenddämmerungen. Beim Doppelsternsystem bleibe ich aber, denn unwahrscheinlich ist nicht unmöglich. Und das ist ja das Schöne an der Science Fiction - alles ist möglich. Selbst über Marsmännchen ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

 

@vio: Ja, das Strahlungsmaximum unserer Sonne liegt ziemlich genau im grünen Spektralbereich, aber es ist ein kontinuierliches Strahlungsspektrum, also leuchten die Nachbarfarben genauso hell. Man könnte sagen, dass das Grün überstrahlt wird. Und da Sterne grundsätzlich kontinuierliche Spektren haben, können sie nur in einem kompletten Farbgemisch leuchten (also weiß) oder, wenn ihr gesamtes Spektrum im langwelligen Bereich liegt (d.h. sie sind kühl) rot oder im kurzwelligen (d.h. sie sind heiß) blau. Zusätzlich leuchten sie natürlich auch infrarot und ultraviolett, aber das können wir eh nicht sehen.

@Hamikar:
Richtig ist, dass die klassische Kurzgeschichte beinahe zwingend einen Schlussgag verlangt. Aber wir leben eben im 21. Jahrhundert und müssen nicht unbedingt derart klassische Kurzgeschichten des 19. Jahrhunderts schreiben.

Davon abgesehen habe ich nichts gegen Schlussgags - wenn nicht die ganze Geschichte ausschließlich darauf abzielt, dann ist sie nämlich nicht mehr als ein (in die Länge gezogener) Witz.

Eine Geschichte sollte aus mehr bestehen als der Pointe - Spannung, interessante Sprache, Dialoge, Menschen, Emotionen, Konflikte, ungewöhnliche Locations, Konfrontationen ... ein bisschen davon wenigstens.

Gegen SF, die mit Außerirdischen zu tun hat, ist natürlich grundsätzlich auch nichts einzuwenden. Ich finde nur, dass sowas eben höchst spekulativ ist. Klar, wenn man sich auf hohem Niveau mit so einem Thema auseinander setzt, gerne! Aber dann musst Du im Grunde eine ganze, in sich stimmige fremde Welt entwickeln, von der in der Geschichte freilich nur eine Facette erkennbar wird. Einfach zu definieren, dass dieses oder jenes Volk 6 Beine hat und grüne Haut, das ist beliebig, weil es genauso 4 Beine oder blaue Haut sein könnte. Wenn's nicht auf die Anzahl der Beine ankommt, okay ... aber braucht man dann überhaupt Außerirdische? Solche Themen sind äußerst anspruchsvoll, wenn man nicht nur eine Gag-Story schreiben will. Wo ich wie gesagt nichts gegen habe, wenn sie denn wirklich unterhaltsam ist, und zwar insgesamt, und nicht nur das Ende.
Mit meinen Anregungen habe ich ja nur Vorschläge gemacht, die vielleicht den einen oder anderen inspirieren. Ich bin jedenfalls gespannt.

 

Hallo Uwe,

vielen dank für die Antwort. War sehr erhellend :)

 

Warum sollte sich der Botschafter über den Verlust eines Armes so aufregen? Keine große Sache, kriegt er halt einen neuen, das ist da wo er herkommt keine große Sache, wie ich auch andeutete. Luke Skywalker jammert auch nicht groß, von wegen meine schöne, schöne Hand. Wenn solcherlei Verletzungen in der Zukunft heilbar sind wie jetzt ein aufgeschürftes Knie, dann wird um sie auch soviel Aufhebens gemacht wie um ein aufgeschürftes Knie. Nachvollziehbar? Natürlich kann ich das in der Geschichte nicht erklären, weil das in der Logik derselben imanent ist, will sagen, wenn ich ausführlich erklären würde warum sich der Botschafter so verhält wie er es tut, dann hätte ich einen pausenlos kommentierenden Erzähler, der die ganze Atmosphäre kaputt macht. Das wäre dann so unterhaltsam wie eines von diesen Fanbüchern über das Funktionieren des Warpantriebs bei Raumschirf Enterprise.
Warum schneiden die Hirvianer ihm nicht nur einen Arm ab? 1. Weil sie es können. 2. Wenn er den einen Arm nicht nachwachsen läßt, ist das wirklich ein Beweis, dass er es nicht kann? Vielleicht hat er garade keine Lust.
Wenn ein Autor einem Außerirdischen vier Beine gibt, ist das wirklich völlig beliebig und es könnten genau so gut 6 sein? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Vielleicht gibt es dafür eine langatmige Erklärung, die darzulegen einen Anhang benötigen würde, der den doppelten Umfang des eigentlichen Buches hätte. Gnädigerweise erläßt uns der Autor das meist, ebenso wie die schematische Zeichnung des Nervensystems, welches unser Alien dazu befähigt seine zahlreichen Gliedmaßen unabhängig voneinander zu bewegen (um zum Beispiel gleichzeitig Zeitung zu lesen, sein Kind zur Tagesstätte zu bringen und nach einem streunenden Köter zu treten). Er teilt uns dieses Hintergrundwissen nicht mit, weil es in seinem Universum selbstverständlich ist und damit wir die eigentlich Handlung nicht aus den Augen verlieren, denn um die ging es uns, als wir uns das Buch kauften.
Warum regnet es bei Blade Runner die ganze Zeit, warum sind die Wüstenräuber bei Star Wars Nomaden, wie sieht die Evolutionsgeschichte der Ewoks aus, müssen Vampire aufs Klo, wen interessiert das?
Ich sehe keinen Unterschied zwischen den Ansprüchen, die das 21.Jahrundert und das 19. Jahrhundert an eine Geschichte stellen. Dass du Gag und Pointe als synonym behandelst, ist Polemik.
Dass du gesellschaftliche Relevanz für Geschichte einforderst ist dein gutes Recht, ist aber nicht der Weisheit letzter Schluß, sondern nur eine unter mehreren Möglichkeiten. Die pure Erbauungsliteratur hat auch ihre Existenzberechtingung. Welche gesellschaftliche Relevanz besitzt die Odyssee?

 

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