- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 6
Herr Thaddäus
Herr Thaddäus erwachte an diesem besonderen Morgen schon um sechs Uhr. Da er sich eigentlich vorgenommen hatte, bis 8.30 Uhr zu schlafen und ihr so frisch und munter entgegentreten zu können, drehte er sich noch eine halbe Stunde schuldbewusst in seinem Bett hin und her, bis er um 6.30 endlich aufgab, indem er aufstand. Er blickte aus dem Fenster. Morgentau lag auf seinen Pflanzen und ein feiner Nebel zog über den Gartenteich, der nach Herrn Thaddäus Meinung wegen seiner Größe aber eigentlich "kaum der Rede wert" war. Herr Thaddäus versuchte sich immer mit Kleinigkeiten abzulenken, das half ihm über seine ständige Nervosität hinweg. Eine Fliege an dem Fenster, welches den Tau auf den Pflanzen in seinem Garten sowie den kleinen, eigentlich nicht nennenswerten kleinen Teich zeigte, erregte als nächstes die Aufmerksamtkeit von Herrn Thaddäus. "Wie sie hier wohl reinkommt? Ich habe doch heute Nacht alle Türen und Fenster geschloßen. Und gestern hätte ich sie doch bemerken müssen" dachte er. Herr Thaddäus öffnete das Fenster, welches den Garten und den ... zeigte, und versuchte die Fliege mit einer hastigen Geste nach draußen zu befördern.
Sieben Uhr. "Ich sollte mich waschen," dachte Herr Thaddäus, und ging in sein Badezimmer. Im Spiegel betrachtete ihn eine fremde Gestalt. "Ich habe ein Allerweltsgesicht" sagte Herr Thaddäus zu sich selbst, dann setzte er sich auf den Badewannenrand, der sich genau gegenüber des Waschbeckens befand, und starrte auf den tropfenden Wasserhahn. "Das ist mein Leben..." sagte Herr Thaddäus wieder zu sich selbst, "die Zeit tropft so vor sich hin, aber ändern, ändern tut sich nichts."
Die Tageszeitung war noch nicht da, also warf er auch keinen Blick in sie. Die Kaffeemaschine war Herrn Thaddäus angenehmer als der tropfende Wasserhahn, denn "die Kaffeemaschine tut so, als sei noch jemand im Haus. Wer macht schon für eine Person Kaffee? Kaffee macht man immer für mindestens zwei Personen." Herr Thaddäus verlor sich auf dem Foto welches am Kühlschrank hing, und welches ihn mit einer jüngeren Dame zeigte, die zusätzlich auch noch sehr attraktiv aussah. Herr Thaddäus seufzte.
Acht Uhr. Nur noch eine Stunde. Herr Thaddäus kramte einen Anzug aus dem Fach seines Wandschranks. Der Anzug war schwarz, das Hemd dazu jedoch lila und die Krawatte weiß. "Eine scheußliche Kombination," dachte Herr Thadäus, "aber es sind ihre Lieblingsfarben." Herr Thaddäus hatte diverse Ratgeber über das Krawattenbinden in seinem Bücherregal neben dem Wandschrank stehen. Er hatte sich diese Bücher nicht gekauft um perfekt Krawatten binden zu können, sondern einfach, weil er mit der Betrachtung der verschiedenen Krawatten in diesen Büchern Stunden verschwenden konnte, die er sonst in Nervosität hätte verbringen müßen. Seltenen Besuchern sagte Herr Thaddäus immer, er hätte die Bücher geerbt, und er sei einfach immer noch nicht dazu gekommen, sie endlich wegzuwerfen.
Im Badezimmer schmierte sich Herr Thaddäus Gel in die Haare und kämmte sie dann nach hinten. "Wenigstens nicht Allerweltsfrisur" dachte Herr Thaddäus. Es war viertel vor neun. Mit einer Schere bewaffnet ging er in den Garten, schnitt einige Rosen und anderes Gewächs, und legte sie dann zu einem Strauß zusammen, welchen er mit Papier umwickelte. Aus Unaufmerksamkeit wäre er dabei fast in den ..., aber das war nicht der Rede wert.
Um Punkt neun fuhr sein Taxi vor. Er stieg ein und legte die Blumen auf den Rücksitz. "Zum Flughafen..." sagte Herr Thaddäus ein wenig laut, doch der Fahrer bemerkte es nicht, weil er wissend lächelnd die Blumen auf dem Rücksitz betrachtete. "So schöne Blumen. Sie müssen wunderschöne Freundin haben." Herr Thaddäus antwortete nicht, er hatte sich schon zu sehr auf den Ausweis des Taxifahrers konzentriert.