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Hilfe für Horst

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Hilfe für Horst

Hilfe für Horst

Horst ist mein Freund. Das heißt, Horst war mein Freund. Horst, der nicht fehlerfrei bis drei zählen kann und die Kassiererinnen im Supermarkt nach den Zutaten für eine Gemüsebrühe fragt. Horst, der die Samstage mit seiner Mutter und die Sonntage mit Stefanie Hertel verbringt. Horst, der meine Zeitungsannonce gelesen und mir tags darauf ins Ohr geraunt hat: „Bitte, hilf mir eine Frau zu finden!“

Meine Geschäftsidee war richtig gut. Okay, vielleicht noch nicht ganz ausgereift, aber doch gut. Innovativ sein musste der Mensch, Marktlücken finden und gründen. „Traumpartnerin in drei Tagen- Die ultimative Dating-Schule für Singles. Ohne Verhaltens- und Rhetorikgedöns, Flirten und Kochseminar.“ Wenn das mal kein Werbeversprechen war! Meine Qualifikation: Eine Parship-Auszeichnung für lebenslange Mitgliedschaft, drei gescheiterte Ehen und ebenso viele Rosenkriege, geschätzte dreihundert Tinder-Dates und doppelt so viele Yoga-Kurse, dazu das souveräne Lächeln eines vom Leben Gezeichneten. Aber das hatte ich gar nicht in die Annonce geschrieben, schließlich wollte ich nicht alles an die große Glocke hängen. Bei einem wissenschaftlich erwiesenen Anteil von 30% Singles in jeder größeren Stadt würde man mir ohnehin die Tür einrennen. Dachte ich zumindest. Aber der Einzige, der kam, war Horst. Horst mit der Knollennase und der Hans Moser-Frisur. Horst, der im Hochsommer eine braune Cordhose und ein Baumwollkarohemd und im Winter eine lange Unterhose und zwei Baumwollkarohemden trägt.

„Und?“

„Erst kümmern wir uns um dein Styling.“

„Um mein was?“

Hatte ich schon erwähnt, dass er ein absolutes Sprachgenie war?

„Um deine Kleidung“, erklärte ich und schleifte ihn in eine renommierte Männerboutique. Na, was soll’s denn sein? Markenjeans oder Schlabberlook? Ich entschied mich für den goldenen Mittelweg und verpasste ihm Johnny Depp-Outfit. Das kommt immer gut, dachte ich.

„So, jetzt machen wir ein wenig Trockentraining!“

„Was? Jetzt?“ Schweißbäche rannen ihm über die Stirn. „Was soll ich denn da zu Mutti sagen? Ich muss doch eine neue Vorhangstange für sie montieren.“

„Gib ihr die Nummer vom Montagservice!“

Horst sah mich an, als hätte ich einen Golfball verschluckt.

***​


Zwei dunkle Weizen und drei Pfefferminzbonbons später standen wir am Eingang vom „Rockabilly“, ein Trendschuppen in der Münchner Dating-Meile. „Du gehst einfach zu ein paar Frauen hin und quatschst sie an. Anschließend folgt Schritt Nummer zwei“, trage ich ihm auf.

„Ja, aber was soll ich denn sagen?“

„Wie wär’s mit Hallo?“ Siegesgewiss nahm ich meine Beobachterposition ein. Horst war aufgeregt. Schrecklich aufgeregt. Seine Hände zitterten, seine Lider flatterten und unter seinen Achseln zeichnete sich ein riesiger Schweißfleck ab. Aber er überwand sich, denn er hatte ein Ziel: Er wollte sein Singledasein beenden. „Hallo“, wandte er sich an eine Blondine in Bluse und Minirock, die ihn schlicht überhörte.

„Lauter“, raunte ich ihm zu, worauf er schicksalsergeben nickte, seine Muskeln anspannte und anhob: „HALLO!“

Leider hatte der Ärmste in seinem Eifer nicht bemerkt, dass ein Zwei-Meter-Koloss mit Nasenring und tätowierten Armen den Platz der Dame eingenommen hatte. „Bis' du schwul oder was?“

Horst brach in Tränen aus. Nun hatte er sich so ins Zeug gelegt und der Typ verpasste ihm eine Verbalabreibung, die selbst einen George Clooney aus der Bahn geworfen hätte. In mir regte sich aufrichtiges Mitleid.

Um ihm Schlimmeres zu ersparen, wechselten wir Kneipe und Strategie. „Du siehst dir die Frauen an, die allein an der Theke sitzen. Dann gehst du zu einer hin, stellst ihr eine Frage und lächelst. Ganz wichtig: Lächeln! Forscher haben herausgefunden, dass es weniger darauf ankommt was, sondern wie wir es unserem Gegenüber sagen. Also immer schön lächeln! Du kannst zum Probieren ja mal eine Frau auswählen, die nicht in dein Beuteschema fällt. Dann hast du nix verloren, haha.“ Schon saß ich wieder auf meinem Hocker und wartete gespannt, wie Horst die neue Situation meistern würde. Zielsicher hielt er auf eine geschminkte Mittvierzigerin zu, die mit überkreuzten Beinen an der Bar saß und gelangweilt in ihr Daiquiri-Glas starrte. Horsts Knie schlotterten, aber da musste er jetzt durch. Ich rückte so nahe wie möglich an ihn heran, damit mir nichts von der Konversation entging

Horst setzte seinen unwiderstehlichen Kampfgrinser auf, beugte sich über ihren Drink und stammelte: „W…wie lautet die Quadratwurzel aus 49?“

Die Lippenstift-Madonna lachte so laut, dass ihr Daiquiri-Glas verrutschte.

„Nein, im Ernst. Die Wurzel aus 49 ist?“

Blondchen sah ihn an wie einen entlaufenen Psychiatrie-Insassen.

„Sieben“, erwiderte Horst.

„Locker bleiben. Nicht so verbissen auf deinen Fragen beharren“, dozierte ich und schickte Horst weiter zu einer Braunhaarigen in hellblauem T-Shirt und rosafarbener Hose. Vielleicht ließ sich ja über das Outfit eine Art seelisch-geistige Verbindung herstellen.

„Entschuldige bitte. Weißt du, wer gestern in der Liga gewonnen hat?“

So viel zu Horsts Zielgruppendenken. Aber aller guten Dinge waren bekanntlich drei, also ließ ich es ihn noch bei einer Rothaarigen in Punker-Stiefeln probieren. Diesmal gab ich den Text vor. Gekonnt warf er sich in Pose, glättete sein Hemd, zog den freien Hocker neben ihr zu sich heran und wisperte: „Du kommst mir so bekannt vor.“

„Irrtum, Schätzchen. Die Pflegerinnen sind dort drüben.“ Mit einer ausladenden Handbewegung wies sie auf die nebenanliegende Nervenklinik.

***​


„Wenn es mit Reden nicht klappt, dann eben mit Tanzen“, mutmaßte ich und drückte meine Freundin weg, die sich gerade über meine häufige Abwesenheit beschwert hatte.

„So eine neue Geschäftsidee braucht eben Zeit“, hatte ich erwidert, aber das wollte sie nicht gelten lassen. Frauen…

Auf der Tanzfläche im „Taureau“ herrschte Hormon- und Körperstau. Mit anderen Worten, wir wippten eingequetscht wie die Ölsardinen mit unseren Hüften und atmeten dabei den Schweiß unserer Nachbarn ein.

„Sieh’s einfach als Aerobic-Training. Kommt immer gut beim weiblichen Geschlecht!“, brüllte ich meinen Schützling an, aber die 100 Dezibel aus dem Verstärker ließen meinen Worten keine Chance. Horst hielt sich wacker. Er schwitzte wie eine Dampflok und ließ doch keine Gelegenheit aus, die zwei Tigerfell-Ladys vor ihm anzurempeln. „Soll ich dir einen blasen, Kleiner?“, raunt ihm eine von ihnen zwischen zwei Musikstücken ins Ohr, und Horst starrte sie an wie ein Segelboot in der Wüste. Dass wir aber auch immer das verkehrte Publikum erwischten!

***​


„Bleibt nur noch das Internet“, erläuterte ich meinen Schlachtplan, ohne genau zu wissen, wie er aussehen würde. „Wir legen ein Profil für dich an und schreiben einen Begrüßungstext, den du allen Frauen schickst, die du treffen willst. Wenn dann eine anbeißt, brauchst du nur noch eine geeignete Location suchen und deinen natürlichen Charme spielen lassen.“

„Aber das hat doch gestern schon nicht geklappt.“

„Klar. Aber da hattest du noch nicht den Internet-Bonus. Wenn Frau sich schon in dich verliebt hat, bevor sie dich trifft, spielt es keine Rolle, wie tollpatschig du bist. Außerdem heißt es doch immer, man soll authentisch bleiben. Darauf stehen die Frauen.“

„Wenn du meinst.“

Horst war ein dankbarer Kunde, weil er selten protestierte. Wie das wohl bei den anderen so sein würde?

„Hey! Wie lautet die Wurzel aus 49? Nein, Scherz, sag‘ mir lieber deine Schuhgröße, damit schon mal klar ist, womit ich deine Sammlung erweitern kann. Außerdem geh ich gern mit dir ins Kino (Quentin Tarantino), auf den Jahrmarkt oder in die Mucki-Bude. Klingt gut? Find ich auch. Deshalb solltest du mich treffen.“

Okay, der Text war vielleicht nicht der Brüller. Kein Geniestreich des weltbesten Womanizers, für den ich stundenlang hinter dem Schreibtisch gesessen hatte. Vielleicht sogar ein blödes Geschreibsel, aber passte das nicht am besten zu Horst? Er bedankte sich mit dem für ihn typischen Dackelblick, fuhr sich durch sein schulterlanges, braunes Haar und zog frohgemut von dannen. Über das Ergebnis seines letzten Versuchs würden wir in drei Tagen debattieren.

***​


„Es hat geklappt! Du bist der Beste!“ Ich traute meinen Ohren nicht, als Horst mir mit den Armen fuchtelnd entgegenkommt. „Ich hab eine Frau kennengelernt und sie will mich wiedersehen.“ Nur mit Mühe konnte ich mich seiner Umarmung entziehen.

„Wie hast du das denn angestellt?

“„Ich weiß auch nicht.“ Er zuckte die Achseln. „Ich bin einfach hingegangen und hab sie reden lassen. Sie meinte, so aufmerksam habe ihr schon lange keiner mehr zugehört.“

Tja, so konnte man’s natürlich auch machen. „Und? Jetzt bin ich aber gespannt, wie sie heißt.“

„Äh… Komm einfach mit!“

Zwei Stunden später saßen wir im Augustiner, einem gemütlichen Biergarten im Herzen der Stadt, und warteten bei Bier und Wein auf Horsts neue Flamme. Wir hatten ausgemacht, dass ich ihr nur kurz die Hand schütteln würde, und mich dann vom Acker machte. Aber daraus wurde nichts.

„Irmgard!“, rief ich mit offenem Mund. Meine Freundin wirkte sichtlich überrascht. „Was machst du denn hier?“

„Tja, dasselbe könnte ich dich fragen.“ Sie warf mir ihren Killerblick Marke Alice Parker zu und ließ ihre rot lackierten Fingernägel aufblitzen. „Mich nach einer Begleitung umsehen, die nicht die ganze Zeit irgendwelchen abstrusen Geschäftsideen nachhängt.“

„Aber“, protestierte ich, doch ihr Eisschrank-Blick brachte mich zum Schweigen.

„Da gibt’s kein Aber. Zwei Monate hab ich dich gebeten und gebettelt, aber du hast die Zeichen nicht erkennen wollen. Jetzt ist es zu spät. Jetzt musst du dir eine andere Tussi suchen.“

Entgeistert starrte ich abwechselnd den Tisch, Irmgard und Horst an. „Okay, okay. Vielleicht sollte ich mein Geschäftsmodell überdenken“, räumte ich ein.

„Zu spät“, entschied Irmgard. „Jetzt hab ich mich neu verliebt.“ Sie wuschelte Horst sanft durchs Haar.

"Und meine Qualifikationsliste um eine vierte gescheiterte Ehe erweitert“, fügte ich hinzu. „Zeugt von Erfahrung. Darauf lässt sich aufbauen.“ Eine erste Referenz hatte ich jetzt ja auch.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @loom ,

eine interessante Geschichte, die du da präsentierst. Sie hat ihre Stärken und ihre Schwächen, so manche Szenen haben für mich nicht funktioniert,
ich werde genauer:

Horst ist mein Freund. Das heißt, Horst war mein Freund. Horst, der nicht fehlerfrei bis drei zählen kann und die Kassiererinnen im Supermarkt nach den Zutaten für eine Gemüsebrühe fragt. Horst, der die Samstage mit seiner Mutter und die Sonntage mit Stefanie Hertel verbringt. Horst, der meine Zeitungsannonce gelesen und mir tags darauf ins Ohr geraunt hat: „Bitte, hilf mir eine Frau zu finden!“
Diese anfängliche Beschreibung vom Horst ist ganz große Klasse, anhand dieser originellen Stückbeschreibungen weiß ich sofort, wer er ist. Hast du dir das irgendwo abgeschaut?
Horst mit der Knollennase und der Hans Moser-Frisur. Horst, der im Hochsommer eine braune Cordhose und ein Baumwollkarohemd und im Winter eine lange Unterhose und zwei Baumwollkarohemden trägt.
Auch weiterhin klasse. Bloß den Anfang dieses Absatzes würde ich kürzen, die Beschreibung um ihren Beruf oder wie sie diese Datingfirma gegründet hat, hat mich etwas gelangweilt.


Hatte ich schon erwähnt, dass er ein absolutes Sprachgenie war?
Ja, hast du damit getan, wäre aber nicht nötig gewesen, im Optimalfall erkenne ich das am Dialog, der sonst sehr überzeugend ist.

Und dann beginnt es problematisch zu werden. Es folgen wenig einfallsreiche, abgedroschene oder nicht nachvollziehbare Szenen, alles, was man sich selbst ohne viel Fantasie vorstellen kann, wenn man eine Geschichte zu diesem Thema schreiben sollte. Ich nehme das Ende aus dieser Bewertung heraus, das fand ich im Vergleich zum übrigen Dating sogar originell.
Hier mal ein Beispiel:

„Lauter“, raunte ich ihm zu, worauf er schicksalsergeben nickte, seine Muskeln anspannte und anhob: „HALLO!“ Leider hatte der Ärmste in seinem Eifer nicht bemerkt, dass ein Zwei-Meter-Koloss mit Nasenring und tätowierten Armen den Platz der Dame eingenommen hatte.
Wie darf ich mir das vorstellen? Sie klebt an Horsts Rücken, während er die Blondine anspricht und schaut ihm dabei über die Schulter und dann flüstert sie ihm ein Wort ("lauter") ins Ohr und just in diesem Moment, in diesem Sekundenbruchteil, wird die Blondine magischer Hand durch eine andere Person ersetzt? Also ich kann es mir überhaupt nicht vorstellen, das ist großer Quatsch und lässt mich erahnen, dass hier beim Versuch witzige Szenen einzubauen die Logik eine Abfuhr erfahren hat, nicht weiter nachgeforscht, hinterfragt wurde, ob das so auch Sinn macht, nachvollziehbar ist, ob das so auch tatsächlich passieren könnte. Und diese Ahnung lässt sich auf den gesamten Hauptteil projezieren, es wurde hier lediglich darauf wert gelegt, witzig zu sein und das nicht immer mit Erfolg. Dafür sind diese Teile zu wenig durchdacht, zu uninspiriert.
„Irrtum, Schätzchen. Die Pflegerinnen sind dort drüben.“ Mit einer ausladenden Handbewegung wies sie auf die nebenanliegende Nervenklinik.
Das mag auf den ersten Blick recht witzig sein, aber erstens hat man das schon gehört und fällt einem selbst schnell ein, wenn man darüber nachdenkt und zweitens, wenn man genauer hinsieht, fällt die Szene auseinander, macht keinen Sinn. Ist da jetzt wirklich, wirklich, genau in dieser Bar nebenan die Nervenklinik? In einer Innenstadt neben einer Bar und die Punkerein weiß das auch noch und zeigt dann darauf, als wäre alles genau so gebaut, damit der Witz funktioniert? Wieder wurde bei dem Versuch, witzig zu sein, unsaubere Arbeit geleistet und dadurch verflacht sich der Witz und leider der Großteil der Geschichte.


Das Ende gibt der Geschichte noch einen überraschenden Plottwist, ich hätte mir hier noch mehr Hinwerise auf die Freundin gewünscht, damit das nicht so urplötzlich kommt. Das ist in der Geschichte zu erkennen, aber vllt noch einen Ticken mehr.

Fazit:
Anfang ist super, das Ende eine angenehme Überraschung, der Mittelteil eher schwach.

MfG

 

Okay, der Text war vielleicht nicht der Brüller.

7 x Horst in Titel und erstem Absatz lässt mich an die wohl bald von der gendernden Gemeinschaft gesperrte und an sich eh dumme, wohl witzig gemeinte Frage denken, wohin denn der Adler fliege, und in der Tat suche ich nicht so sehr einen Ortsteil Gelsenkirchens oder den Wohnsitz des Adlers als die angekündigte Satire,

@loom,

muss ja nicht gleich der Schiller’schen Maxime aus den ästhetischen Briefen entsprechen, dass in der Satire „Wirklichkeit als Mangel dem Ideal als der höchsten Realität gegenüber gestellt“ werde – und in der Tat haben auch Satiriker wie Karl Kraus und Tucholsky Anfeindungen erlebt, Böhmermann Ärger mit Sultan Erdogan erfahren und Sarah Bosetti verarbeitet gekonnt die nicht nur frauenfeindlichen, bösartigen Anfeindungen in Versform – und doch hat mich eine Wortschöpfung (die weniger von Dir, als vielmehr im Netz rumgeistert, wie ich erleiden durfte, und die Dudenredaktion hält sich da offensichtlich bisher raus) fasziniert und zwar hier

Mit einer ausladenden Handbewegung wies sie auf die nebenanliegende Nervenklinik
bei der Mark Twain „augenverdrehend“ die deutschen Monsterzusammenfügungen belächelt hätte.

Gut, es gibt eng anliegende Hosen und Hosen, die nebenan auf einem beliebigen Möbel liegen, aber bei der Wortschöpfung frag ich mich, ob da eine Nervenklinik eng anliegt oder nur (gleich) nebenan liegt.

Und auch hier

... die Nummer vom Montagservice!“
einem Service, dem ich zumindest ein Fugen-s für den Montag, oder ein e für die Montage zugestehen würde.

Aber Spaß beiseite, so richtig weh tut das Satirchen niemand, ringt mir bestenfalls ein sanftes oder mitleidiges Lächeln für den armen Horst ab und kein Horst wird sich darüber erregen.

Aber eines hat mich dann doch gefreut, denn es kommt selten vor, dass ein Debut (quatsch, bist ja schon länger hier - aber es ist unsere erste Begegnung, wenn ich das jetzt richtig im Kopf hab) nahezu schreibtechnisch fehlerfrei verläuft.

Forscher haben herausgefunden, dass es weniger darauf ankommtKomma was, sondern wie wir es unserem Gegenüber sagen.
(das Relativpronomen kann ja nix dafür, dass der ihm zugehörige Satz noch die Konjunktion „sondern“ folgt)

„Soll ich dir einen blasen, Kleiner?“, raunt ihm eine von ihnen zwischen zwei Musikstücken ins Ohr, und Horst starrte sie an wie ein Segelboot in der Wüste. Dass wir aber auch immer das verkehrte Publikum erwischten!
Warum der Gezeitenwechsel?

Wie auch hier

Ich traute meinen Ohren nicht, als Horst mir mit den Armen fuchtelnd entgegenkommt.

Wie dem auch sei, hat mich gefreut, ein bisschen von Dir kennengelernt zu haben!

Tschüss und schönen Sonntag (hier im Pott zieht dunkles Gewölk auf)

wünscht der

Friedel

 

Hallo @loom,

ich finde die Geschichte wirklich erfrischend und das Ende bringt eine mehr oder weniger lustige Überraschung mit sich, wobei mich die ein oder andere Stelle des Textes ein wenig stört.

Den Anfang finde ich klasse. Die ständigen Wiederholungen am Satzanfang zeigen zum einen sehr gut, wer Horst ist, zum anderen verdeutlichen sie, dass es sich um einen eher einfach gestrickten Menschen handelt. Jedoch folgen im zweiten Absatz erneut solche Satzkonstruktionen, wodurch die Stelle und der anfangs erfrischend wirkende Satzbau ein wenig einfallslos wirken.

Aber der Einzige, der kam, war Horst. Horst mit der Knollennase und der Hans Moser-Frisur. Horst, der im Hochsommer eine braune Cordhose und ein Baumwollkarohemd und im Winter eine lange Unterhose und zwei Baumwollkarohemden trägt.

Der Hauptteil verläuft dann irgendwie ziemlich abgehackt und die einzelnen Phasen ziemlich getrennt voneinander. Mich persönlich hat das ein wenig gestört und im Lesefluss gehindert, weil so schnell von einer Szene in die nächste gesprungen wurde, ohne jegliche Zusammenhänge. Dabei wurde sehr viel Inhalt auf eine sehr kurze Zeitspanne gedrückt und noch versucht, witzig zu sein. Alles in allem ein bisschen viel.

Was mich dann allerdings am meisten stört, ist das Ende. Die Idee finde ich an sich sehr gelungen und ansprechend, vielleicht sogar witzig. Aber die Umsetzung ist holprig. Zum einen taucht die Figur der Freundin Imgard im Hauptteil so gut wie gar nicht auf. Man erfährt nicht, ob sie für den Protagonisten wichtig ist oder nicht, in welchem Verhältnis sie wirklich stehen und so weiter. Nur zwischendurch wird sie einmal beiläufig erwähnt, was ohne jeglichen Grund geschieht und somit fehl am Platz wirkt.

„Wenn es mit Reden nicht klappt, dann eben mit Tanzen“, mutmaßte ich und drückte meine Freundin weg, die sich gerade über meine häufige Abwesenheit beschwert hatte.

Zum anderen baust du zu wenig Spannung im Hauptteil auf, um am Ende eine wirklich gelungene Überraschung für den Leser zu erzeugen. Auch hier hinkt die Logik wieder ein bisschen hinterher. Ist es nicht ein wenig seltsam, dass der Protagonist mit zum scheinbar zweiten Date von Horst und seiner neuen Flamme geht?

Tja, so konnte man’s natürlich auch machen. „Und? Jetzt bin ich aber gespannt, wie sie heißt.“

„Äh… Komm einfach mit!“


Dabei stören mich diese Sätze besonders. Weiß Horst, dass es sich bei Irmgard um die Freundin des Protagonisten handelt und sagt deswegen nicht erstmal den Namen, oder ist er einfach zu verwirrt, um einen Namen auszusprechen? Das ergibt für mich alles ziemlich wenig Sinn. Du hättest zum Beispiel, dadurch, dass Horst den Namen Irmgard erwähnt, mehr Spannung aufbauen können. So aber bleibt das alles auf der Strecke liegen.

„Da gibt’s kein Aber. Zwei Monate hab ich dich gebeten und gebettelt, aber du hast die Zeichen nicht erkennen wollen. Jetzt ist es zu spät. Jetzt musst du dir eine andere Tussi suchen.“

Seit zwei Monaten herrschen Probleme und diese werden nur beiläufig im Hauptteil in einem Satz erwähnt? Auch da fehlt mir wieder die Spannung.

Zusammenfassend finde ich die Idee sehr gut und die zugrunde liegende Geschichte einfallsreich, nur durch die weniger gelungene Umsetzung wirkt die komplette Kurzgeschichte ziemlich platt. Eine wirkliche Pointe kommt einfach nicht überzeugend genug rüber.

 

Ich habe mir eure Kritik zu Herzen genommen und den Text überarbeitet. Gefällt euch der Mittelteil jetzt besser?

@Friedrichard: Bissiger Satire ist es sicher keine, ich wusste einfach nicht, in welcher Kategorie ich den Text verorten sollte. Ich hab zwischen meinen Romanen einfach mal eine unterhaltsame Kurzgeschichte einschieben wollen.

LG,

loom

Hilfe für Horst

Horst ist mein Freund. Das heißt, Horst war mein Freund. Horst, der nicht fehlerfrei bis drei zählen kann und die Kassiererinnen im Supermarkt nach den Zutaten für eine Gemüsebrühe fragt. Horst, der die Samstage mit seiner Mutter und die Sonntage mit Stefanie Hertel verbringt. Horst, der meine Zeitungsannonce gelesen und drei Minuten später händeringend vor mir gestanden hat: „Bitte, hilf mir eine Frau zu finden!“

Meine Geschäftsidee war neu. Okay, vielleicht noch nicht ganz ausgereift, aber doch gut. Innovativ sein musste der Mensch, Marktlücken finden und gründen. „Traumpartnerin in drei Tagen- Die ultimative Dating-Schule für Singles. Ohne Verhaltens- und Rhetorikgedöns, Flirten und Kochseminar.“ Wenn das mal kein Werbeversprechen war! Meine Qualifikation: Eine Parship-Auszeichnung für lebenslange Mitgliedschaft, drei gescheiterte Ehen und ebenso viele Rosenkriege, geschätzte dreihundert Tinder-Dates und doppelt so viele Yoga-Kurse, dazu das souveräne Lächeln eines vom Leben Gezeichneten. Aber das hatte ich gar nicht in die Annonce geschrieben, ich musste ja nicht alles an die große Glocke hängen. Bei einem wissenschaftlich erwiesenen Anteil von 30% Singles in jeder größeren Stadt würde man mir auch so die Tür einrennen. Dachte ich zumindest. Aber der Einzige, der kam, war Horst mit seiner Knollennase und der Hans Moser-Frisur. Horst, der im Hochsommer eine braune Cordhose und ein Baumwollkarohemd und im Winter eine lange Unterhose und zwei Baumwollkarohemden trägt.

„Und?“

„Zuerst kümmern wir uns um dein Styling.“

„Um mein was?“

„Deine Kleidung“, übersetzte ich und schleifte ihn in eine renommierte Männerboutique. Na, was soll’s denn sein? Markenjeans oder Schlabberlook? Ich entschied mich für den goldenen Mittelweg und verpasste ihm ein Johnny Depp-Outfit.

„So, dann machen wir jetzt mal ein wenig Trockentraining!“

„Jetzt?“ Horst brach der Schweiß aus. „Aber ich muss doch eine neue Vorhangstange für Mutti montieren.“

„Willst du eine Frau oder eine Beförderung zum Montageleiter?“

Horst sah mich an, als hätte ich einen Golfball verschluckt.

***​

Zwei Weizen und drei Pfefferminzbonbons später standen wir am Eingang vom „Rockabilly“, dem heißesten Schuppen der Stadt. „Quatsch einfach einmal ein paar Frauen an! Danach folgt Schritt Nummer zwei.“

„Ich soll die ansprechen? Ja, aber womit denn?“

„Probier’s mal mit dem Mund!“

Horst sah hilfesuchend zu mir hoch. „Aber ich weiß dich nicht…“

„Sprich einfach mit ihnen! Dir wird schon was einfallen.“

Zerknirscht fügte er sich in sein Schicksal, parkte seinen Hintern auf einem der drei freien Hocker und begann damit, den Tresen zu studieren.

„Hat jemand eine Geheimbotschaft ins Holz geritzt?“, fragte ich ihn, erntete dafür aber nur ein hilfloses Schulterzucken. Vermutlich brauchte er nur ein wenig Zeit um aufzutauen.

„Dreh dich mal um!“, raunte ich ihm ins Ohr und wies mit dem Kopf auf die schlanke Blonde mit den roten Lippen, die sich neben ihn gesetzt hatte und gelangweilt in ihr Daiquiri-Glas starrte. Horst drehte sich zitternd zu ihr um, eifrig darum bemüht, die Schweißflecken unter seinen Achseln zu kaschieren. „Hallo!“, flüsterte er mit der Inbrunst eines Todgeweihten, dessen letzte Chance darin bestand, seine aufwallenden Gefühle zu unterdrücken, doch die Blondine reagierte nicht.

„Lauter!“, wisperte ich ihm ins Ohr, und er hob ein zweites Mal an, mit erhobenem Kopf diesmal.

Blondie sah von ihrem Cocktailglas auf. „Stimmband-OP?“

Horst blickte bedröppelt zu Boden.

„Dann geht’s dir wie meiner Mutter. Echt schlimm. Die Ärmste hatte Kehlkopfkrebs.“

Horst starrte noch immer tapfer auf das Holz, weshalb ihm der Kerl mit dem weißen Muskelshirt entging, der sich links neben Blondie aufbaute.

„Hey, Roli. Was machst du denn hier?“

„Perlentauchen. Und mir scheint, ich hab grad eine gefunden!“

Ich stieß Horst von der Seite an, worauf er so zusammenzuckte, dass ich schon fürchtete, er würde mitsamt dem Hocker nach hinten kippen. „Anschauungsunterricht“, raunte ich ihm zu, aber da hatte Roli sich schon mit ihr auf die Tanzfläche verdrückt. Wie es schien, würden wir unsere Strategie wohl ändern müssen.

***

Eine halbe Stunde später hatten wir die nächste Kneipe betreten, ein kubanisches Tanzlokal im Stil einer Havanna-Bar, in dem auf mehreren Ebenen zu Salsa- und Merengue-Rhythmen Cocktails und Snacks serviert wurden. Die Wandbilder zeigten einen repräsentativen Querschnitt zeitgenössischer kubanischer Kunst. „Das entspricht mehr deinem Stil“, mutmaßte ich, obwohl ich nicht sagen hätte können, ob Horst überhaupt den Unterschied zwischen Salsa und Merengue kannte. Egal, erstmal ging es nur darum, ihn auf Tuchfühlung mit den Frauen zu bringen. Ich wählte die größte Tanzfläche auf Ebene Nummer 2 für seinen Auftritt, weil dort Freestyle angesagt war, und nahm meine Beobachterposition am Tresen ein. „Immer schön locker bleiben“, gab ich ihm mit auf den Weg. „Du musst keine perfekten Moves hinlegen, einfach ein wenig mit der Hüfte wackeln, und die Hasen kommen. Erzähl ihnen, dass du einen Tanzkurs machen willst.“ Horsts Stirn war von tiefen Falten zerfurcht, sein Kopf glich einer überreifen Tomate. Im Licht der Disco-Scheinwerfer konnte ich erkennen, wie sich seine Nackenhaare aufstellten. Irgendwie bemitleidenswert. Aber da musste er jetzt durch.
Während sich die Leute um ihn herum im Takt der Musik bewegten, blieb Horst zunächst wie ein lebendes Werbeschild für Flyeralarm – sein T-Shirt-Aufdruck – stehen.

„Hast du immer so viel Stehvermögen?“ Die Brünette, die sich von hinten an ihn herangepirscht hatte, grinste kokett und zeigte mit dem lackierten Fingernagel nach unten.

„Ich tanze“, erwiderte Horst.

„Na, eben nicht“, stellte sie lachend fest und Horst sah ihr verdattert nach.

„Mach dich locker und beweg dich“, instruierte ich ihn und demonstrierte, was von ihm erwartet wurde. Als er endlich mit den Beinen zu wippen begann, wirkte er allerdings mehr wie ein hüftoperierter Opa auf Reha. Motiviert, aber mit motorischem Handicap.

„Nicht so steif!“, drängte ich, was ihn nervös zu machen schien, denn nun trat er hektisch auf einem Bein auf das andere.

„Zweiter Gang links“, sprach ihn ein Mittvierziger in Hawaii-Hose an, und fügte hinzu: „Das Klo.“

„Ich tanze“, beharrte Horst.

In die Hölle, fügte ich im Geist hinzu, im Bewusstsein, dass auch dieser Weg nicht zum Ziel führen würde.

***​

„Sag mal, hast du sie noch alle?“ Irmgard, meine vierte Frau und vierte Enttäuschung, wenn Harmonie ein maßgebliches Kriterium für eine glückliche Beziehung war, fiel aus allen Wolken, als ich über meine neuen beruflichen Pläne schwadronierte. „Wie willst du Vollpfosten Männern dabei helfen, eine Frau zu finden?“

„Indem ich sie dort abhole, wo sie sind.“ Im Single-Paradies, fügte ich für mich noch hinzu, hütete mich aber davor, den Gedanken laut auszusprechen.

„Zwei Wochenenden hast du mich wegen dieser dämlichen Geschichte jetzt schon versetzt“, tobte sie und überschüttete mich mit vorwurfsvollen Blicken. „Mit Beziehung hat das nichts mehr zu tun.“

Daher weht also der Wind, sagte ich mir und stieß die Luft hörbar aus. „Du weißt doch, Süße: Jeder Anfang ist schwer. Wenn das Ding erstmal läuft, gondeln wir zusammen in die Karibik.“

Irmgards Züge glätteten sich. Die Aussicht auf eine paradiesische Insel mit türkisem Meerwasser, Dienstboten im Livree und Dolce Farniente schien sie zu besänftigen.

„In drei Monaten sind wir dort. Versprochen.“ Warum musste ich meinen Mund auch immer so voll nehmen?

***​

Wenn der Prophet nicht zum Berg will, muss der Berg eben zum Propheten, erklärte ich Horst, und stürzte mich auf die Partnerschaftsanzeigen im Netz. „Wie wär‘s mit der?“

Rita, 50, vollbusig, sucht netten, häuslichen Mann für gemeinsame Unternehmungen. Ich koche gerne und verwöhne dich nach allen Regeln der Kunst.“

Horst nickte eifrig. Die Dame schien genau seiner Idealvorstellung zu entsprechen.

Tatsächlich ließ sich Ritas Geschlecht in bekleidetem Zustand nicht eruieren. Ihre Haut war ledergegerbt, ihr Haar blau gefärbt und ihre Stimme so rauchig, dass sie genauso gut von einem nikotinaffinen älteren Herrn stammen hätte können. Als sie Horst gegenüberstand, musterte sie ihn mit dem strengen Blick einer Domina. Augenscheinlich hatte sie mit vielem gerechnet, nur nicht mit einer männlichen Jungfrau. Während sich die Stille zwischen den beiden dehnte, suchte ich krampfhaft nach einem gemeinsamen Nenner, konnte bis auf den Brustansatz aber nichts erkennen „Wir haben vergessen, für das Abendessen einzukaufen“, sagte ich zu Horst und schleifte ihn aus der schummrigen Bude, bevor er sein erstes Mal in traumatischer Erinnerung behalten würde.

***

Schwiegertochter gesucht. Die neue RTL-Doku-Soap. Unsere letzte Chance. Horst konnte es kaum glauben, dass ausgerechnet er aus dem Berg an Einsendungen gewählt worden war. Nägel kauend fieberte er seine Treffen mit Sybille entgegen, die die Insel Rügen für ein Wochenende gegen die Drei-Zimmer-Wohnung von Horsts Mutter tauschte. Ich durfte beim Empfang dabei sein, das weitere Schicksal der beiden lag in den Händen von Mutter Annabella. Sybille entpuppte sich als das genaue Gegenteil von Rita. Die zierliche, schlanke Hobbyfotografin hatte Horst einen Bildband mit Aufnahmen aus der Heimat mitgebracht und fiel ihm geradezu überschwänglich um den Hals. „Gott, ist das schön hier! Und so viele Blumen überall.“ Als ob ganz Rügen versteppt wäre.

„Ja, wirklich viele“, stimmte Horst zu, und das Gespräch geriet ins Stocken.

„Wie alt bist du?“

„50.“

„Und du wohnst?“

„Bei meiner Mutter.“ Überraschung. Dort fuhren wir jetzt hin. Ich schwieg, um ihn nicht zu verunsichern. Irgendwann musste sich das wochenlange Rhetorik-Training, dem ich ihn unterzogen hatte, schließlich bezahlt machen.

„Ich freue mich schon so.“ Rita rang sich ein Lächeln ab.

„Und ich erst! Du musst wissen: Heute gibt es Kalbsrouladen. Die mochte ich schon als Junge so gern.“

Lieber Gott, lass sie keine Vegetarierin sein!

„Rouladen?“ Sie rümpfte die Nase.

„Mit Preiselbeer-Kompott. Wenn du schnell bist, bekommst du auch was ab.“

„Und wo übernachte ich?“

Horst machte große Augen. „Bei uns natürlich. Mama hat extra den Dachboden für dich hergerichtet.“

Autsch.

„Für uns?“, versuchte Rita die Situation zu retten.

„Für dich. Ich pass auf sie auf. Nachts muss sie nämlich manchmal für kleine…“ Er brach kurz ab und räusperte sich. „Ja, und da braucht sie jemanden, der achtgibt, dass sie nicht stolpert.“

„Verstehe.“ Ritas Kiefer wirkte angespannt, ihre Augen zuckten nervös von rechts nach links, als würden sie verzweifelt nach einem Fluchtweg suchen. Gott, lass es schnell vorübergehen! las ich in ihrem Blick. Wer konnte es ihr schon verübeln?

***​

Fünf Wochen später hatte ich mich mit Horst in der „Banana Bar“ verabredet, um Bilanz zu ziehen. In Anbetracht der kurzen Zeit hatte ich alle Register gezogen, aber bei dem Typen war einfach nichts zu machen. Nicht einmal mit dem besten Geschäftsmodell. Mit hängenden Schultern betrat ich den spärlich erleuchteten Raum, als Horst mir schon aufgeregt entgegenrannte.

„Es hat geklappt! Du bist der Beste!“, rief er mir mit ungewohnt lauter Stimme zu.

Ich stutzte, traute meinen Ohren nicht. „Rita hat sich für dich entschieden?“

„Nein. Aber ich hab eine andere Frau kennengelernt, die mich wiedersehen will.“ Nur mit Mühe konnte ich mich seiner Umarmung entziehen.

„Wie hast du das angestellt?

„Ich weiß nicht.“ Er zuckte die Achseln. „Ich bin einfach hingegangen und hab sie reden lassen. Sie meinte, so aufmerksam hat ihr schon lange keiner mehr zugehört.“

Tja, so konnte man’s natürlich auch machen. „Und? Jetzt bin ich aber gespannt, wie sie heißt.“

„Komm mit!“

Zwei Stunden später saßen wir im Augustiner, einem gemütlichen Biergarten im Herzen der Stadt, und warteten bei Bier und Wein auf Horsts neue Flamme. Wir hatten ausgemacht, dass ich ihr nur kurz die Hand schütteln und mich dann vom Acker machen würde. Aber daraus wurde nichts.

„Irmgard!“, rief ich mit offenem Mund. Meine Frau war offenbar ebenso überrascht, mich hier zu sehen. „Was machst du denn hier?“

„Dasselbe könnte ich dich fragen.“

Sie warf mir ihren Killerblick Marke Alice Parker zu und ließ ihre rot lackierten Fingernägel aufblitzen. „Mich nach einer Begleitung umsehen, die nicht dauernd irgendwelchen abstrusen Geschäftsideen nachhängt. Und du?“

„Aber“, protestierte ich, doch ihr Eisschrank-Blick brachte mich zum Schweigen.

„Da gibt’s kein Aber. Zwei Monate habe ich dich gebeten und gebettelt, aber du hast die Zeichen nicht erkennen wollen. Jetzt ist es zu spät. Jetzt musst du dir eine andere Tussi suchen.“

Entgeistert starrte ich abwechselnd den Tisch, Irmgard und Horst an. „Okay, okay. Vielleicht sollte ich mein Geschäftsmodell überdenken“, räumte ich ein.

„Zu spät“, entschied Irmgard. „Jetzt habe ich mich neu verliebt.“ Sie wuschelte Horst sanft durchs Haar.

„Oder meine Qualifikationsliste um eine vierte gescheiterte Ehe erweitern. Zeugt von Erfahrung. Darauf lässt sich doch aufbauen, oder etwa nicht?“ Eine Referenz hatte ich nun ja schon.

 
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Bissiger Satire ist es sicher keine, ich wusste einfach nicht, in welcher Kategorie ich den Text verorten sollte. Ich hab zwischen meinen Romanen einfach mal eine unterhaltsame Kurzgeschichte einschieben wollen.

“It's been a hard day's night
And Horst was working like a dog
It's been a hard day's night
He should be sweating like a log

...“
frei nach Lennon/McCartney

+++

»“Ach!” spricht er, “die größte Freud
Ist doch die Zufriedenheit!”
...«
Lehrer Lämpel, zitiert nach Wilhelm Busch​


Warum setz ich die leicht abgeänderten Zeilen der Beatles und Max und Moritz vorneweg, magst nicht nur Du dich fragen,

liebe*r (?) loom,

aber eine Satire ist Deine Humoreske immer noch nicht, obwohl doch Witz und Humor reichlich vorhanden sind. Aber meine grundsätzliche Frage ist eigentlich: Warum muss es ausgerechnet ein „Kleiner“ Mann sein, dem man die Tolpatschigkeit von der ersten Szene an anmerkt.

Horst, der nicht fehlerfrei bis drei zählen kann und die Kassiererinnen im Supermarkt nach den Zutaten für eine Gemüsebrühe fragt. …
der im Stummfilm die Rolle des Tollpatsches übernommen hätte und - Lacher auf seine Seite zöge ...

Der „kleine“ Mann wäre als selbstzufriedener Spießbürger (und das es zu Zeiten des Biedermeier, das Beispiel das mit sofort einfällt, ist der Lehrer Lämpel) Objekt der Begierde (Bundesminister Peter Altmaier hätte m. E. das Zeug, Objekt der satirischen Begierde zu werden – und selbst Mutti – schau mal ruhig durch die Satiren hierorts, da gibt's einiges, was gelungen ist), aber

Horst, der die Samstage mit seiner Mutter und die Sonntage mit Stefanie Hertel verbringt
eher nicht. Denn weder der, der schüchtern, zurückhaltend oder eben schwer von Begriff ist, noch dem, dem Missgeschicke widerfahren eignet sich bestenfalls zum Slapstick, nicht aber zur vollständigen Satire. Humoreske, ja, aber Satire ist es eher immer noch nicht – sie könnte sich gar als Flop gegen seinen Firmen-Gründer wenden.

Bissken Flusenlese

Innovativ sein musste der Mensch, Marktlücken finden und gründen.
Warum der Gezeitenwechsel im Satz?
Und hier

„Traumpartnerin in drei Tagen- Die ultimative Dating-Schule für Singles.
Ist mir die Bedeutung des Striches nach „Tagen“ nicht klar ...

 

Die Sache is ein bissl lang geraten, meine ich; die Idee finde ich aber gut und einige Stellen fand ich witzig!

Meine Qualifikation: Eine Parship-Auszeichnung für lebenslange Mitgliedschaft, drei gescheiterte Ehen und ebenso viele Rosenkriege, geschätzte dreihundert Tinder-Dates und doppelt so viele Yoga-Kurse, dazu das souveräne Lächeln eines vom Leben Gezeichneten
Ja, das muss reichen.
:gelb:

„Ich soll die ansprechen? Ja, aber womit denn?“ „Probier’s mal mit dem Mund!“
Klar, das muss er fragen. Die Antwort "mit dem Mund" war noch nicht optimal, da wär vieleicht was Lapidares besser? "Mit einem Spruch", womit der Kreis sich schließt.

„Sprich einfach mit ihnen! Dir wird schon was einfallen.“
Jeden Cent is er wert, der Ratgeber. Da kann man dem Ertrinkenden im Fluss auch zurufen: "Fange einfach an mit Schwimmbewegungen!"

„Hallo!“, flüsterte er mit der Inbrunst eines Todgeweihten
Schön!

fiel aus allen Wolken, als ich über meine neuen beruflichen Pläne schwadronierte. „Wie willst du Vollpfosten Männern dabei helfen, eine Frau zu finden?“
Sie ist Expertin?

„Ich weiß nicht.“ Er zuckte die Achseln. „Ich bin einfach hingegangen und hab sie reden lassen. Sie meinte, so aufmerksam hat ihr schon lange keiner mehr zugehört.“
Etwas, das jeder Mann wissen sollte.

Fazit: Ganz nett, oft witzig - etwas lang - die Situationskomik könnt man noch ausbauen :)

Bye

 

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