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Hilft es, wenn ich sage, dass es mir Leid tut?
Sie sieht nicht mal sonderlich gut aus, aber hat weiche Lippen.
Das Äußere wird doch ohnehin überschätzt. Ich meine: Vanessa könnte als Model arbeiten, aber sie ist leise, wird nie richtig feucht und macht immer das Licht aus. Was hat man davon, mit einem Engel zu schlafen, wenn man ihn nicht sehen kann? Und außerdem: Ich muss ewig an ihr rumlecken, und wenn sie eigentlich dran wäre, dann sagt sie nur, man müsse sich ja auch auf etwas freuen können. Für die Hochzeitsnacht.
Die hier ist anders. Sie saugt an meiner Zunge, als ob es kein Morgen gebe. Schmeckt irgendwie nach Baileys. Nicht der schlechteste Geschmack.
Die Nebelmaschine spuckt Trockeneis auf die Tanzfläche. Sie taucht ab, nestelt an meiner Hose rum, holt ihn raus und bläst mir einen - zum Rhythmus von „Ironic“.
Ich denke noch, dass es eine gute Idee war, herzukommen. Retro-Disco. Frost hatte Recht. Die sind wirklich verzweifelt. Noch verzweifelter sind nur die, die bei Hochzeiten den Brautstrauß fangen wollen.
Komische Geräusche, die mir richtig peinlich sind, fliehen aus meinem Mund, und ich kriege auch so ein dämliches Grinsen ins Gesicht.
Ich schiebe sie breitbeinig vor mir her. Zur Bühne hin. Ziemlich rücksichtsvoll von mir. Geht ja um ihre Sicherheit. Nicht, dass jemand auf sie drauf tritt. Aber ich mache immer noch diese Geräusche, und obwohl die Musik alles andere übertönt, kommt es mir vor, als sei ich unglaublich laut. Deshalb singe ich aus purer Verzweiflung diesen dummen, kleinen Song mit, was ja auch ziemlich peinlich ist.
Die Stelle mit „Hey-ey-ey“ kommt, und mir fliegt fast die Schädeldecke weg.
Weil ich nicht weiß, was ich mit meinen Händen anfangen soll, lege ich sie auf ihren Kopf, aber ich drücke sie nicht gegen mich oder so. Das tut man ja auch nicht. Würgereiz. Und außerdem ist das irgendwie billig.
Als ich schon merke, dass ich an diesem Punkt bin, wo es anfängt, aufzuhören, hört sie wirklich auf. Sie zwängt mein Glied zurück in die Hose, taucht auf und wischt sich mit dem Handrücken über den Mund. Hat irgendwas. Ordinär. Im guten Sinne billig. Juliette Lewis-billig.
Ich schaue sie mir noch mal genauer an.
Blonde Igel-Haare, ein kleiner Überbiss, schwarze Lippen, Stupsnase und Sommersprossen. Bisschen derb, vor allem um den Mund herum.
Nicht gerade was zum Vorzeigen, aber so schlecht sieht sie nun auch nicht aus.
Wahrscheinlich hab ich ihr Unrecht getan.
Sie öffnet die Tür zu ihrer Wohnung. Wir sind vorher ein paar Stufen nach oben gegangen und es ist nicht gerade Bellevue, aber ich hab wirklich nicht vor, hier einzuziehen. Ich will das Licht anmachen, aber finde den Schalter nicht und dann geht es auch schon los.
Draußen müsste es langsam hell werden und sie ist immer noch über mir. Ich habe nicht mitgezählt, aber mir reicht es schon lange. Sie quetscht ihre Brüste zusammen und reitet weiter auf mir rum.
Irgendwie ist sie struppig, auch ein bisschen bissig. Am Anfang, also vor ein paar Stunden, hatte das noch was. Einfach mal ’ne Abwechslung. Man hatte keine Angst, was kaputt zu machen. Aber so langsam könnte sie wirklich aufhören.
Man will aber auch nicht unhöflich sein.
Morgen werde ich Vanessa anrufen und sie fragen, ob ich wieder nach Hause kommen kann. Das ist vernünftig. Es wäre ja auch Wahnsinn, vier Jahre einfach den Bach runtergehen zu lassen wegen Nichtigkeiten. Außerdem hab ich’s satt bei Frost auf der Couch zu schlafen.
Apropos Vanessa. Wäre gut, wenn sie wüsste, wie hoch mein Marktwert so ist.
Bisher war die Kleine auf mir zwar bissig und struppig, aber noch vorsichtig.
Ich drücke ihr meine Knie in den Rücken, zwinge ihr Gesicht dicht vor meins und streiche mit einem Fingernagel über die Kuhle, wo bei ihr Rücken in Po übergeht. Sie macht ein paar Eichhörnchengeräusche und ich sage, dass sie mich beißen soll. Ihre Zähne schlagen in meinen Hals.
Sie macht immer noch weiter. Ich weiß gar nicht, auf was sie da rumturnt.
Dann roll ich sie einfach von mir runter und stehe auf.
„Hey, ich bin noch nicht fertig.“
Sogar ihre Stimme klingt struppig. Und irgendwie heiser.
Ich wische das Kondom von meinem Glied.
Sie muss das trotz der Dunkelheit gesehen haben, denn sie sagt:
„Der gläserne Pantoffel des einundzwanzigsten Jahrhundert.“
Ja, sage ich. Ziemlich tiefsinnig. Fight Club. Toller Film und so weiter. Sage noch, war wirklich schön. Sollten das mal wiederholen. Aber jetzt müsse ich wirklich langsam los. Arbeit. Sie wisse schon. Man sehe es nicht gerne, wenn man dort in abgetragenen Sachen erscheine. Ich mache einige eilige Gesten in Richtung Tür. Natürlich ziemlich dämlich, denn es ist ja immer noch dunkel.
„Heute ist Sonntag.“ Verdammt.
Ja, sage ich. Puh. Ähm. Bereitschaftsdienst?
„Du bist Arzt?“
Ja, genau. Arzt. Bundeswehr … Stabsarzt! Müsse unbedingt nach Hause. Uniform und so weiter.
„Soll ich uns noch Frühstück machen?“
Ach, sie solle sich da bloß keine Umstände, äh.
„Toast? Eier? Speck?“
Also das sei nun wirklich gegen meine Prinzipien. So ein Frühstück. Das brächte ja den ganzen Biorhythmus vollkommen-
Während ich rumstottere, taste ich weiter im Dunkeln, stoße auf eine Hose und ziehe sie an. Müsste meine sein.
„Bleib doch, wir haben uns so gut verstanden.“
Ja, sicher. Das wolle ich ja auch keinesfalls bestreiten oder in Abrede stellen oder gar, gar abwerten, aber sie müsse doch einfach verstehen: Die Arbeit. Aber, also, bestimmt würde ich sie anrufen. Ich schleiche rückwärts zur Tür.
„Du bleibst! Du wirst verdammt noch mal mit mir frühstücken!“
Ich blase meine Backen auf und schlucke zwei Mal. Sie hat diese Stimme, die Frauen haben, wenn sie gleich anfangen zu weinen.
Darauf bin ich nicht vorbereitet. Davon hat Frost nichts erzählt. Gibt es kein Handbuch oder einen Ratgeber, der sich mit solchen Dingen befasst? Irgendeinen Verhaltenskodex vielleicht? Soll ich sie jetzt weinen lassen?
Gut, sage ich. Aber nicht viel. Vielleicht einen Buttertoast mit etwas Kirschmarmelade. Wenn es keine Umstände mache.
Sie setzt mich wieder aufs Bett.
„Und ein Glas Milch.“
Sage, danke, aber danke nein. Seit der Grundschulzeit keine Milch mehr getrunken und so weiter.
„Aber du musst doch deinen Eiweiß-Haushalt auf Vordermann bringen. Sonst kriegst du noch Rückenmarksschwund und ich bin schuld.“
Sie steht auf und geht. Wohl in die Küche. Ich finde den letzten Satz ein bisschen absurd und mein Blick wandert zur Tür. Jedenfalls müsste dort die Tür sein. Es ist ja immer noch dunkel.
Ich spüre kaltes Glas an meinen Lippen und ihre Hand auf meinem Hinterkopf.
Handschellen. An beiden Armen. Auch der linke Fuß. Ein Zimmer. Ich liege im Bett. Und höre Wasser. Ich bin nackt. Vor mir ein Fernseher. Regale an den Wänden. Mit Porzellanpuppen. Offene Augen.
Gott.
Ich schreie.
Sie kommt aus dem Bad: Flache Schuhe, grauer Hosenrock, weiße Bluse. Ockerfarbene Handtasche. Perlenkette, Brille, blonder Prinz-Eisenherz-Pony.
„Psssst.“ Sie legt einen Finger auf bordeauxrote Lippen.
Ich schreie noch immer, brülle um Hilfe, schreie einfach. Sie hält mir eine Hand vor den Mund. Billiges Parfüm.
Ich versuche, sie zu beißen, aber sie formt mit ihrer Hand einen Halbkreis, und meine Zähne schnappen ins Leere.
„Morgen, mein kleiner Prinz. Du hast einen ganzen Tag geschlafen. War wahrscheinlich meine Schuld, ich wollte auf Nummer Sicher gehen. Du aber -jetzt muss ich zur Arbeit.“ Ihre Stimme ist ganz warm und auch ein bisschen rauchig.
Ich brülle gegen ihre Handfläche.
„Hilft es, wenn ich sage, dass es mir Leid tut?“
Ich schreie in ihre Hand, dass sie mich verdammt noch mal losbinden soll. Nenne sie eine dumme Schlampe und empfehle ihr, sich ins Knie zu ficken und sich verdammt noch mal irgendwo einliefern zu lassen.
„Wollen wir uns noch kurz unterhalten?“
Ich schreie.
„Gut, dann nicht.“
Sie hält mir weiter den Mund zu und beugt sich über mich. Ihre Perlenkette streicht über mein Gesicht und auf einmal höre ich laute Musik. Mein Blick wird frei und ich starre auf den Fernseher. Die Lautstärkenanzeige ist noch zu sehen. Voll aufgedreht.
Sie steht vom Bett auf. Die Musik ist wahnsinnig laut.
Sie fährt im Vorübergehen über mein Glied. Bleibt am Ende des Betts stehen, küsst den großen Zehn an meinem gefesselten Fuß, zwinkert mir unter ihren Brillengläsern zu, öffnet die Tür einen Spalt und huscht durch.
Meine Stimmbänder verweigern den Dienst. In den letzten drei Stunden habe ich gegen Sido angeschrieen und gegen Limp Bizkit, gegen Markus Kavka und Jamba-Klingeltöne, habe an meinen Handschellen gezerrt und mit dem freien Fuß gegen das Bettgestell getreten.
Bringt nichts.
Ich muss mich auf meine Stärken besinnen.
Latente Persönlichkeitsstörung. Angeblich bin ich ein wenig gefühlskalt. Wusste doch, dass mir das noch mal helfen wird.
So wie damals in der Ausbildung.
Ich murmle die Leitsätze vor mich hin, aber ich kann meine eigene Stimme nicht hören, also murmle ich in Gedanken: Emotionen verhindern nur, dass Probleme gelöst werden. Emotionen sind wie Drogen. Lösen die Probleme nicht, verhindern nur, dass man klar sieht und kosten Zeit.
Ursache und Wirkung. Das einzige, was zählt.
Man kann mich nicht hören, weil die Musik so laut ist. Also muss ich die Musik ausschalten. Die Fernbedienung liegt auf dem Nachttischschränkchen neben mir. Ich rolle meinen Kopf so weit zur Seite, wie es geht. Strecke sogar meine Zunge raus. Lächerlich. Ich komme nicht mal bis zum Rand des Betts. Und das Nachtschränkchen ist noch ein gutes Stück davon entfernt.
Das Bettgestell ist aus Eisen. Also die Handschellen. Ich lecke mein Handgelenk ab und schmecke das Metall. Vielleicht rutschen sie ja durch den Speichel runter, wenn … Oh, Mann.
Was will sie von mir? Was soll das alles?
Porzellanpuppen starren mich an. Aus gläsernen Äugelchen.
Sie müsste bald kommen. Hoffentlich kommt sie bald.
Die Musik ist so laut. Ich kann nicht weg. Zu laut zum Denken. Ich muss weg, aber ich kann nicht weg. Muss mich verkriechen, um zu denken. Abstand. Distanz. Gott, ich brauche einen Plan. Wie denkt man bei dem Lärm? Ich brauche ein Versteck. Eine Wiese. Eine Wiese nur für mich. Stille. Still muss es sein, um zu denken. Wenn sie mich jetzt vergisst? Die Wiese, denk an die Wiese. Es geht nicht. Ich bin nicht geübt im Denken. Muss den Rest ausblenden. Das muss doch gehen. Wenn man liest oder an etwas arbeitet, blendet man den Rest aus. Aber ich hab nichts zu lesen. Diese Musik. Ich muss mir vorstellen, dass ich lese oder an etwas arbeite. Die Wiese.
Verdammt.
Denken ist etwas Beiläufiges. Nichts, auf das man sich konzentriert.
Die Tür geht auf.
Die Musik ebbt ab. Ich brauche eine Weile, um mich daran zu gewöhnen.
Sie stellt zwei Plastiktaschen auf den Boden.
„Hilft es, wenn ich sage, dass es mir Leid tut? Ich hatte den ganzen Tag so ein schlechtes Gewissen, weil du ja nichts zu essen hast. Ich hab uns was mitgebracht.“
Ich sage der dummen Schlampe, sie solle mich sofort losbinden oder ich werde ihr meine Scheißfaust so lange in ihren dreimal verfickten Arsch rammen, bis ich ihr Herz zu fassen kriege und dann werde ich es rausreißen und drauf scheißen.
„Na, na, na. Da ist aber jemand ganz schön analfixiert. Hab ich gestern schon gemerkt.“ Sie seufzt. „Na ja, was tut man nicht alles für die Liebe?“
Sie setzt sich aufs Bett, fasst unter meinen Hintern und streichelt über die Po-Ritze. In mir zieht sich alles zusammen und will von der Hand weg. Ich kneife meinen Hintern zusammen. Sie bohrt nach. Ich bettle und wimmere, drücke mich mit dem freien Fuß so weit vom Bett ab, wie es geht. Sie …
Sie wischt mir Tränen aus den Augen und hält eine grün-weiße Pappschachtel vor meine Nase.
„Ich hoffe doch, du magst Fleisch. Doug und Jim lieben Fleisch. Obwohl es ja nicht gerade gesund ist.“ Sie zwinkert mir zu und streicht mit ihrer freien Hand über die Haare um meinen Bauchnabel.
„Aber über deinen Fleischkonsum werden wir reden, wenn wir uns besser kennen gelernt haben.“
Ich sage, bitte. Sie solle mich doch freilassen. Ich würde auch keinem davon erzählen. Sie hätte mein Wort. Niemandem.
„Nun iss erstmal was, dann sieht die Welt schon wieder ganz anders aus.“
Sie öffnet die Pappschachtel und ein Royal TS lächelt mich an. Er duftet himmlisch nach Fleisch und Fett und ich merke, welchen Hunger ich eigentlich habe.
Ich sage ihr, dass ich dafür allerdings eine Hand benötigen werde.
„Ach, Dummerchen.“
Sie hält mir den Burger vor den Mund und ich beiße ein Stück heraus. Ich spüre wie der Bissen meine Kehle hinunterwandert und in den leeren Magen fällt.
„Diese Schlampe Mellencamp hat heute wieder so ein Supernuttenoutfit angehabt. Natürlich mit Wonder-Bra. Als würde das keinem auffallen. Erst Surfbrett und dann Mount Everest. Und wie sie um den Chef rumschlawenzelt. Diese kleine Nutte. Kann kaum tippen und macht ständig Fehler, aber dann …“
Sie wischt mir Majonäse vom Mund. Und schiebt einen Strohhalm hinterher. Cola mit viel zu vielen Eiswürfeln.
„Ich kann’s kaum erwarten, wenn sie dich auf der Weihnachtsfeier sehen. Ein echter Arzt. Die werden Augen machen.“
Weihnachtsfeier? Was zum? Wir haben gerade mal März? Will die Schlampe mich etwa-
„Und zur Nachspeise noch ein paar Chicken Wings.“
Das, das, das bringt doch nix. Die Frau ist total verrückt.
Ich sage, langsam. Und frage, ob wir uns nicht wie zwei normale Menschen unterhalten könnten.
„Natürlich, Schatz. Was liegt dir denn auf dem Herzen?“
Ich frage sie in ruhigem Ton, ob sie eigentlich mal gelegentlich zu sich selbst sage, ach herrje, Mädchen, was bist du doch für ein kleines, perverses Ding. Oder vielleicht: Scheiße Schätzchen, bei dir sind aber doch ein paar Schräubchen locker.
Sie lacht und sagt: „Sieben. Du kennst dich ja richtig aus. Zur Belohnung gibt’s ein Leckerli.“
Sie steht vom Bett auf und greift zu einer ihrer Taschen. Eine neue Fußfessel. Sie befestigt eine Hälfte davon am letzten Bettpfosten.
„Sei doch froh, Schatz. Du könntest es viel schlimmer haben. Ich meine, ich bin nicht Kathy Bates, oder so.“
Ich versuche sie mit meinem freien Fuß zu treten, aber sie kriegt meine Ferse zu fassen und Metall legt sich um meinen Knöchel.
„Mein kleiner, wilder Stier will wohl geritten werden. Soll ich die Brille anlassen?“
Ich sage ihr, sie könne sich die Brille in den Ar… in ihre verdammte Fotze stecken.
Sie macht „Mmmmh“, sagt „unartiger, kleiner Junge, hm?“, stellt sich neben mich, greift zwischen ihre Beine, zieht ihren Slip bis zum Boden, steigt dann aus ihm heraus und legt ihn auf meine Augen. Er ist schwarz und aus Seide.
Ich merke, dass sie sich auf mich setzt und mit einer Hand mein Glied massiert.
Wenn sie bekommt, was sie will, dann lässt mich diese Irre doch nie frei.
Während sie auf mir rumjuckelt, denke ich an Tennis, Squash und Curling. Ich denke an meinen vier Zentner Geschichtslehrer aus der Neunten und an meine vierhundert Jahre alte Englischlehrerin. Ich denke an Ottfried Fischer, wie er Uschi Glas besteigt. Ich denke an Warzen, Hautlappen und Fettwülste. Denke an Maden, an Killerbienen und an Giraffen, an Eiter, Pusteln und an Lepra, denke an Milben, die Hautzellen auffressen, und an Kotze. Gott, wie ich an Kotze denke. Mein Glied richtet sich in ihr auf.
„Mmmh, kommt das vom Viagra in der, mmmh, Cola oder freust du dich mich zu sehen?“
Diese kleine, verfickte Schlampe.
Sie zieht mir den Slip von den Augen und ich sehe sie. In all ihrer Pracht.
Sie schaut ganz verkniffen, so als wäre sie es, die Schmerzen hätte. In sich gekehrt, die Augen geschlossen, als säße sie auf dem Klo.
Alles an ihr knochig. Die Wangenknochen so spitz, als wollten sie ihre Haut durchbohren. Die Schlüsselbeine wie Dolche. Röhren unter straff gespannter Haut.
Sommersprossen bis zum Hals hinuntergekleckst, bis zum Brustansatz, bis zu den Brüsten, die sie mit einer Hand knetet, während die andere zwischen ihren Beinen an meinem Glied rubbelt. Ihre Hand mit den abgenagten Fingernägeln.
Ich Idiot. Frost hatte es doch gesagt. Abgeknabberte Figernägel sind das Warnzeichen Nummer Eins: „Hallo, schön Sie kennen zu lernen, ich bin verrückt.“ Und ich Idiot habe nicht darauf geachtet.
Sie kommt auf Touren. Stöhnt kehlig und spricht abgehackt dabei: „Ich sage –doch. Wir sind das – perfekte - Paar. Du wirst – dich schon dran – gewöhnen. Sex ist eine – gute - Basis. Der Rest – wird schon – komm – komm- kommen.“
Ihre Muskeln pressen mein Glied aus, als wäre es eine Ketchup-Flasche. Im Vergleich dazu ist Sex mit Vanessa so, als würde man ihn in ein Glas lauwarmes Wasser halten. Sie feuert sich selbst an.
„Oh, ja. Du bist - so geil. Dein Schwanz ist - so hart. Komm schon, mach’s mir, Schätzchen. Spritz ab. Ich will’s - haben. Ich fühle es. Heute ist - es soweit. Deine kleinen Freunde - sind bereit und ich - auch. Orlando. Wir werden ihn - Orlando nennen. Du wirst mit ihm- zum Fußball gehen – und – ihm vorlesen und -“
Erst jetzt fällt mir auf, dass ich keinen gläsernen Pantoffel trage.
Na, warte. Du kleine Schlampe.
Ich sage ihr, Aids. Vor zwei Wochen erst diagnostiziert. Deshalb Freundin verlassen, deshalb nur mit Kondom, deshalb besser sofort abbrechen.
„Bluttest- Dummerchen. Als du - geschlafen hast. Dein Choles - Choles- Cholesterin ist – zu hoch. Ansonsten – alles bestens.“ Sie fällt wieder ins Eichhörnchenstadium. Hohes Japsen, Fiepsen, Grunzen und Schreien.
Ich sage, sie solle mich dabei anschauen. Sie fletscht ihre Zähne. Öffnet ihre Augen. Sie sind braun. Ich lecke über meine Lippen, strecke meine Zunge raus und wackele mit ihr herum.
Ich sage, bitte. Sie solle mich doch saugen lassen. An ihren wunderschönen, strammen, kleinen Titties.
Ihre Augen leuchten.
Sie nimmt die Hand aus ihrem Schritt. Wickelt eine Haarsträhne darum, so wie man Spaghettis um eine Gabel wickelt.
Dann lächelt ihr Mund. Und ihr ganzes Gesicht. Ja, ihr ganzer Körper. Alles an ihr lächelt. Es ist so natürlich, so unschuldig. So ehrlich und naiv. Nur kleine Mädchen habe ich je so lächeln sehen. Es ist nichts Derbes und Verruchtes mehr an ihr. Nur kindliche Freude.
Sie neigt sich nach vorne. Lässt ihre linke Brust über meinem Mund kreisen. Ich lecke über ihren Nippel. Sie beugt sich weiter zu mir runter. Und ich kann nun mit der Zunge kleine Kreise in ihrem Hof drehen. Sie kommt noch ein Stück näher. Meine Lippen schließen sich um ihren Nippel.
Sie stöhnt. Ich lutsche, sauge, nage, knabbere, kaue, beiße. Sie kreischt auf. Ich will fester beißen, will zubeißen, so fest ich kann, so wie man zähes Fleisch durchbeißt, so wie man den Strick durchbeißt, an dem man baumelt. Ich schmecke Blut. Aber ich könnte noch fester beißen. Sie schreit. Ich muss fester beißen, aber es geht einfach nicht. Beißangst, oder so etwas, denke ich noch. Dann drückt sie mir ihre Daumen in die Augen.
Sie liegt neben mir und pult Fleisch von einem Hähnchenflügel. Ihre gesunde Brust drückt kalt gegen meine Seite.
Mein Blick fällt auf meinen Ständer und ich würde sie gerne fragen, ob sie das Viagra genauso großzügig dosiert hat wie die K.-o.-Tropfen vorgestern. Aber ich kann nicht sprechen, weil sie mir einen Knebel in den Mund geschoben hat. Einen dieser Sex-Shop-Knebel. Meine Zähne beißen auf den roten, tennisballgroßen Hartgummiball in meinem Mund und mein Kiefer schmerzt.
Sie hebt einen kleinen Knochen und doziert: „Weißt du, ich versteh das schon. Dir kommt das bestimmt drastisch vor. Aber ich hab mir das genau überlegt. Ich bin nicht verrückt, oder so. Ich bin wirklich eine gute Frau. Ich bin hübsch, intelligent, witzig, nett, zuvorkommend und ich mache seit drei Jahren Unterleibsübungen.“
Sie kichert.
„Okay, ich kann nicht kochen. Aber hey, mit dem Telefon und mit Pizzabestelllisten macht mir so schnell keiner was vor! Ich bestelle schneller als mein Schatten.“
Jetzt lacht sie sogar, gluckst richtig und streichelt meine Haare.
„Glaub mir, wenn du dich erstmal an mich gewöhnt hast. Ich werde die Frau an deiner Seite sein. Ich werde immer für dich da sein. Ich werde für dich leben. Ich werde so sein, wie du mich haben willst. Natürlich werden wir uns auch ab und an streiten, aber auf lustige Weise und damit wir einen Grund haben, um uns zu versöhnen. Wir werden ein tolles Leben haben. Und du wirst dich an mich gewöhnen. Stockholmsyndrom. Du hast ja gar keine Wahl.“
Ich würde ja lachen. Aber der Ball zwischen meinen Zähnen verhindert das.
„Du musst mir einfach eine Chance geben. Bitte, gib mir doch einfach eine Chance. Hilft es denn, wenn ich sage, dass es mir leid tut?“
Ich rolle mit den Augen. Sie seufzt, wirft den Knochen über ihre Schulter und sagt: „So, dann wollen wir mal was für deine Hygiene tun.“
Sie steht auf und geht zu einer ihrer Taschen. Wo hat sie eingekauft? Gibt es einen Psychopathenshop zwischen Starbucks und C&A?
Meine Augen werden groß, als ein Rasiermesser in ihrer Hand auftaucht. Sie will mich doch nicht etwa? Die Juden machen das. Klar. Aber mit Säuglingen, verdammt. Ich wimmere in den Ball. Kalter Schweiß trieft aus meinen Poren.
Sie setzt sich verkehrt herum auf meine Brust. Ich sehe die Leiter ihres Rückgrads und muss an Dinosaurierskelette im Museum denken.
Dann spüre ich Metall an meinem Glied.
„Glaub mir, Schätzchen. Für dich wird es dann auch viel schöner. Du spürst es dann intensiver.“
Ich beiße auf den Gummiball und spüre ein Ziehen. Fühlt sich so eine Beschneidung an?
Sie dreht sich zu mir um, ein Büschel Haar in ihrer Hand. Und ich atme auf.
Sie schaltet den Fernseher an. Und wir schauen dem Fettsack aus Red Heat dabei zu, wie er versucht, komisch zu sein. In einer dieser Familien-Sitcoms. Jedes Mal, wenn er sich mit seiner Frau kabbelt, lacht diese Irre neben mir und sagt so Sachen wie „Das könnten wir sein“ oder „Was sich liebt, das neckt sich“.
Sie weist mich auf die Vorzüge der Hauptdarstellerin hin, die ihr mit viel gutem Willen ähnlich sieht: „Das ist Courtney Thorne-Smith, Schatz. Du kennst sie bestimmt aus Ally McBeal. Eine tolle Frau. Ich liebe diese Serie. Es ist so echt, so lebensnah. Die sind immer füreinander da. Die haben nicht nur Sex miteinander, die lieben sich richtig. Guck mal, die können über alles miteinander reden. Und ihre Kinder. Die sind so süß. Wo ich gerade von Kindern rede. Dieses Viagra wirkt ja viel länger, als ich gedacht habe.“
Ich schließe die Augen. Wieder dieses Schulmädchenkichern.
„Schau doch mal, Schatz. Ich hatte Recht. Ohne die Haare sieht er viel größer aus.“
Ich stelle mir vor, mein Sperma wäre Säure. Säure, die sich tief in sie brennt, sie von innen auffrisst, ihre Gedärme in Brei verwandelt.
Sie bäumt sich auf, fällt nach vorne über, rollt sich in meine Achsel und schnurrt dabei. Wie ein Kätzchen.
Es riecht nach Sperma, Schweiß und Gleitgel. Ich ekle mich vor mir selbst.
Meine Kiefer bringen mich um. Ich hatte gehofft, sie nimmt mir den Knebel ab, wenn ich mich anstrenge. Aber offensichtlich war das ein Irrtum und sie nimmt mir die Brustgeschichte doch übler, als sie behauptet.
Habe ich das hier verdient? Bin ich im Fegefeuer? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit für so etwas? Diene ich Gott als abschreckendes Beispiel? Als Exempel? Reiß einmal in einer Disco eine Tussi auf, schlaf mit ihr, obwohl sie dir nichts bedeutet, und dann blüht dir das?
Klicken.
Ihre Zähne schaben aufeinander. Sie malmt im Schlaf.
Natürlich.
Mein linker, oberer Schneidezahn ist schärfer als der rechte. Ansonsten sind meine Zähne ziemlich symmetrisch. Ich streiche mit der Zunge über meine Zahnreihen. Und es macht mich glücklich.
Relationen verschieben sich nach zwölf Stunden mit einem Knebel.
Ich trage eine Erwachsenenwindel und starre auf die Kurven der Sugarbabes. Aber wenigstens ist es ruhig. Sie hat mir Ohropax verpasst. Nach dem „Guten-Morgen-heute-ist-Dienstag“-Sex.
Endlich komme ich zum Nachdenken. Sie ist konsequent. Widerstand toleriert sie nicht. Und ihre Strafen sind grausam. Also Anpassung. Schilf im Wind mäßig. Auf die richtige Gelegenheit warten und dann zuschlagen. Für Vanessa. Für mein altes Leben. Aber das muss ich wegpacken, weit weg. Damit sie es nicht zerstören kann.
So schlimm ist sie ja auch nicht. Es hat auch ein bisschen was von Flitterwochen. Wahrscheinlich gibt es Freaks, die viel Geld für so was zahlen.
Vorsicht. Die richtig Verrückten erkennt man daran, dass ihr Wahnsinn andere ansteckt.
Die Porzellanpuppen grinsen mich an und ertappen mich bei der Frage, ob ich der erste bin, den sie mit Handschellen und einer Windel auf diesem Bett liegen sehen. Sie sagt, sie mache seit drei Jahren Übungen. Vielleicht gab es schon öfter einen Punkt, an dem sie merkte, dass ihr Traummann nicht der richtige ist.
Ich sollte mich anstrengen, um sie glücklich zu machen.
Seit Katjas fruchtbare Tage vorbei sind, schlafen wir nur noch drei Mal am Tag miteinander. Nach dem Aufstehen, sofort wenn sie von der Arbeit kommt und vorm Einschlafen. Jedenfalls an einem Wochentag. Aber heute ist unser Zweiwöchiges und wir lassen es krachen.
Erschöpft lässt sie sich auf mich fallen. Schiebt ihre Zunge in meinen Mund und wir küssen einander. Mein schlaffes Glied drückt gegen ihren Oberschenkel. Und ich denke, dass es wahrscheinlich nie wieder hart werden wird. Aber das habe ich schon oft gedacht.
Ich frage sie, was ihr eigentlich damals am besten an mir gefallen habe.
„Ach, Dummerchen. Du warst ausdauernd, du kanntest dich mit Filmen aus, du warst wild, du hast ordentlich was hergemacht und du warst Arzt.“
Ich lächle sie an. Natürlich weiß Katja mittlerweile, dass ich kein Arzt bin. Aber als sie erfahren hat, dass ich in der Flugsicherheit arbeite – so wie John Cusack und Billy Bob Thornton in Turbulenzen- hat sie das nur noch schärfer gemacht.
Wir haben uns Turbulenzen in der Zwischenzeit neun Mal angesehen. Und sie ist besessen von der Vorstellung, dass ich an einem einzigen Tag Verantwortung über mehr Menschenleben habe als ein Chefarzt in seiner ganzen Karriere. Überhaupt dieser Film. Manchmal kann Katja schon ziemlich süß sein. Sie fragt mich immer, ob ich Angelina Jolie oder Clate Blanchett attraktiver fände. Natürlich sage ich dann Cate Blanchett. Weil die auch blond und sehr schlank ist.
Sie füttert mich mit den restlichen Thai-Nudeln. Sie sind schon kalt und schmecken nach Glutamat. Aber wenigstens sind es Proteine.
„Ich bin so froh, dass wir uns gefunden haben.“
Sage, ich auch. Und küsse ihr Kinn. Sie schiebt sich langsam über mich. Und ich küsse ihren Hals, ihre arme, malträtierte Brust, ihren Bauchnabel und ihre Klitoris. Sie drückt sich fester auf mich und die kleinen Härchen stechen mein Gesicht.
„Hey, nu mach schon.“
Ich nuschle, nein. Sie müsse auch mal lernen, wann es genug sei. Sonst nutze es sich ab. Man brauche ja auch was, auf das man sich freuen könne. Für die Hochzeitsnacht.
Sie kichert.
„Mit der Hand?“
Das sei ein Grenzfall, sage ich.
Sie macht „Hmmm“, steht auf und geht. Ihr Po wackelt. Sie vergisst nie, damit zu wackeln. Dann kommt sie wieder und hält triumphierend einen Schlüssel zwischen Zeigefinger und Daumen.
Sie setzt sich auf mich, beugt sich nach vorne und küsst die Fingerspitzen meiner linken Hand. Saugt an jedem Finger. Es klickt und die Handschelle öffnet sich.
Ich bewege meinen Arm ein wenig und er kribbelt, als würden tausend Ameisen darüber spazieren. Sie beugt sich zu mir herunter.
Meine Hand streicht über ihren Bauchnabel, über ihre arme, malträtierte Brust und über ihre gesunde. Sie schnurrt.
Meine Hand streichelt über ihren Hals. Streicht über ihren Hals, über diesen dünnen, kleinen, widerlichen Hühnerhals.
Ich drücke zu. Meine Hand kribbelt noch immer. Ich muss nur genug Druck auf den Kehlkopf ausüben oder sie einfach erwürgen. Drei Minuten ohne Luft. Das reicht auch.
Sie schlägt mit den Händen auf meine Brust und versucht mich zu kratzen. Aber ihre Fingernägel sind immer noch zu kurz.
Die Luftröhre fühlt sich elastisch an.
Ich stelle mir vor, wie ihre braunen Augen aus dem Kopf springen. Wie sie bleich in meinen Armen liegt. Wie ich in ihr wächsernes Gesicht lachen werde. Wie ich aufstehen werde und …
Ich lasse sie los.
Sie springt von mir auf. Schnappt nach Luft. Ich höre Japsen.
Sie rennt aus dem Zimmer.
Ich brülle noch hinterher, dass es mir Leid tue. Wirklich. Wüsste nicht, was ich mir dabei gedacht hätte. Ob sie mir verzeihen könne. Ich liebte sie doch.
Sie hat sich angezogen, ihre Augen sind aufgequollen und sie trägt zwei Reisekoffer. Sie schluchzt und bringt unter Tränen raus: „Ich lasse mich nicht misshandeln! Ich hab dich zwar lieb, aber ich lasse mich nicht misshandeln! Es ist aus! Ich ziehe zu meiner Mutter!“
Katja öffnet die Tür, wirft einen theatralischen Blick über ihre Schulter, schluchzt zum Abschied und knallt die Tür zu.
Ich bin allein. Mit meiner freien, nutzlosen Hand.
Ich lache.
Die Dreier-Regel. Der Mensch überlebt drei Minuten ohne Luft, drei Tage ohne Wasser, drei Wochen ohne Essen.
Luft habe ich genug. Und das mit dem Essen wird nicht zum Problem werden.
Meine Lippen sind aufgesprungen.
Kann ich mir die Stirn aufritzen und mein eigenes Blut trinken?
Ich habe geschrieen. Gegen die Stille. Aber niemand hat mich gehört.
Mir ist kalt. Sie hat die Heizung nicht aufgedreht. Aber am meisten vermisse ich sie. Ich bin einsam. Sie war warm.
Porzellanpuppen rücken immer näher. Verspotten mich. Die Vertreibung aus dem Paradies.
Sie steht in der Tür. Wie ein Engel. Wie schon so oft. Aber nur in meinem Geist.
„Sag, dass es dir Leid tut.“
Die Stimme ist näher als sonst. Ich krächze.
„Das ist deine letzte Chance. Wir werden noch einmal ganz von vorne anfangen. Ich bin nicht bereit, mein Glück aufzugeben, nur weil du ein Idiot bist.“
Ich verliere das Bewusstsein und das letzte, was ich höre, bevor die Dunkelheit mich überschwappt, ist: „Ach, Dummerchen. Ich hab dich doch lieb.“
Ihr Chef ist ein Idiot. Die Arbeitsabläufe können leicht optimiert werden. Man muss nur die besonderen Fähigkeiten der Assistentinnen den Aufgabenbereichen ihrer direkten Vorgesetzten anpassen. Danach mit Seminaren die spezifischen Stärken weiter ausbauen und die Assistentinnen als Individuen wahrnehmen.
Ich gehe den Text noch einmal durch. Mein Kugelschreiber kratzt über einige Formulierungen. Werde ein paar Fehler einbauen, damit ihr Chef in seiner Arroganz die Eingabe nicht als Angriff auf sein Ego wahrnimmt.
Ich massiere meine immer noch ans Bett gefesselten Beine und schalte den Fernseher ein. Die Wiederholung von King of Queens hat gerade angefangen. Ich mag Holly. Sie sieht meiner Katja ziemlich ähnlich.
Sie kommt aus dem Bad und irgendwas ist anders. Sie hält einen weißen Stick hoch.
„Schatz!“
Hat es endlich geklappt?
„Schatz, Schatz, Schatz!“ Sie fällt in meine Arme und wir weinen vor Glück.
Ich streiche durch ihr langes Haar, das sie hat wachsen lassen. Nur für mich. Und sage, Schätzchen, wir müssen reden.
„Ja?“ Ihre Stimme ist warm und weich. Sie hat sich darauf gefreut.
Ich sage, dass ich nicht der Vater eines unehelich geborenen Kindes werden wolle.
Sie schluchzt und weint auf meine Schulter.
„Du machst mich so glücklich, aber da gibt es noch eins, das du nicht über mich weißt.“
Ich frage, was denn. Ich kennte sie doch besser als mich selbst.
„Hast du dich nie gefragt, warum so eine schöne Frau wie ich keinen Mann vor dir hatte?“
Ich sage, nun ja. Sie hätte doch damals viele Probleme gehabt mit One-Night-Stands, mangelndem Selbstbewusstsein, dem Glauben, dass sie Männer nur über Sex halten könne und so weiter. Ich umarme sie, weil ich weiß, dass sie nicht gerne über diese Zeit spricht.
„Ja, Dummerchen. Da waren ja auch schon alle guten Männer weg. Aber traust du deinem Schätzchen nicht zu, dass sie schon in der Schule den richtigen hatte? Er hieß Georg. Wir haben uns sehr geliebt. Aber er ist immer mit einem Zahnstocher im Mund herumgelaufen. Und eines Tages ist er gestolpert und der Zahnstocher ist in die Luftröhre gefallen.“
Ich schaue, während sie das sagt, über ihre Schulter. Und klopfe auf ihren Rücken. Aber so ein bisschen muss ich schon grinsen. Sie schluchzt ein paar Mal und ich weiß nicht, wie ich reagieren soll. Also schluchze ich auch und sage so etwas, dass sie viel durchgemacht haben muss.
Dann reißt sie sich von mir los, hält mir den Zeigefinger vor die Nase und sagt: „Erwischt!“ Ich schnappe mit meinen Zähnen nach ihrem Finger und wir lachen beide und lieben uns.
Ihre Püppchen sehen uns dabei zu.
Ich frage, ob sie sich das gut überlegt habe.
Sie sitzt verkehrt herum auf meinem linken Bein und nestelt an der letzten Fußfessel rum.
„Schatz, nun sei nicht albern. Ich liebe dich.“
Ich sage, dass ich sie mehr liebe und mich schon darauf freue, endlich mal ein paar andere Stellungen auszuprobieren.
„Na, na, na. Spricht man so mit einer schwangeren Frau?“
Ich lache und sie schließt die letzte Fußfessel auf.
Ich trete sie mit dem anderen Fuß in ihren knochigen Arsch. Sie fällt kopfüber vom Bett.
Ich schwinge mich auf die Beine und sie halten der Belastung stand. Durch die Massagen. Sie liegt auf dem Boden. Ich zerre sie an ihren Haaren hoch und schlage ihren Kopf zweimal gegen die Wand. Ein blutiger Fleck bleibt dort zurück. Wie eine Pizza.
Ich lasse sie zu Boden fallen.
Mann, diese Schlampe. Ich hätte gute Lust …
Sie dreht sich um. Und mich schwindelt es etwas. Kein Wunder. Kreislaufprobleme.
Ihr Gesicht ist eine blutige Masse. Sie spuckt einen Zahn aus und trieft auf den Teppich.
Für einen Moment tut mir ihr Anblick weh. Aber ich habe es mir geschworen. Wie Schilf im Wind. Ich bin nicht gebrochen.
„Hilft es, wenn ich sage, dass es mir Leid tut?“
Ich sage, dass sie verdammt noch mal ihre Scheiß Fresse halten soll. Sie könne sich glücklich schätzen, dass ich sie nicht auf der Stelle umnietete.
Schlüssel. Sie hat sie in der Küche. Sie hat sie immer in der Küche.
Ich gehe schwankend ein paar Schritte. Muss mich am Regal mit ihren bekackten Puppen abstützen. Der Kreislauf.
Sie lacht meckernd.
„Na, bekommt dir die Freiheit nicht?“
Ich dreh mich zu ihr um.
Sie schaut mich an.
Ich frage, K.o.-Tropfen?
„Du hast mich nie geliebt! Wir hätten es so schön haben können, aber du hast mich nie geliebt! Ich hab es gleich gewusst. Wenn Männer einmal ihre Frau schlagen, dann sind sie nie die richtigen. Orlando und ich. Wir werden auch ohne dich schön-“
Ich greife mir eine der Puppen, torkle ein paar Schritte auf sie zu. Ich muss mich auf den Beinen - wenn ich jetzt – dann …
Ich schlage zu. Wieder und wieder.
Porzellan zerspringt und auch Haut.
Ich wache auf. Draußen ist es hell. Ich liege auf ihr. Sie bewegt sich nicht. Ich stehe auf, gehe in die Küche, nehme den Schlüssel, gehe zurück, durchsuche die Schränke nach meinen alten Sachen, finde sie, zwänge mich in sie hinein, steige über ihren reglosen Körper, schließe die Tür auf, gehe hinaus und schließe hinter mir ab. Zweimal.
Ich laufe durch ein muffiges Treppenhaus. An keiner Tür Namensschilder. Kein Wunder, dass mich nie jemand gehört hat. Draußen regnet es. Ich spüre den Regen auf meiner Haut und atme die schwere Luft. Das muss ihr Wagen sein. Ein roter Käfer. Ich steige ein und fahre los. Es riecht nach ihr. Und ich mache ein Fenster auf.
Ich stelle den Wagen auf meinem alten Parkplatz ab. Er ist noch frei. Ich gehe zu meinem Apartment. Zu unserem Apartment. Mein Schlüssel passt nicht.
Vanessa sitzt hinter ihrem Schreibtisch, trinkt einen Kaffee und spricht mit einer Kollegin. Sie ist wunderschön. Ihr langes rotbraunes Haar fällt wie ein Wasserfall von ihrem Kopf. Ihre Augen sind wie zwei Saphire. Ihre Nase ist so spitz und lang wie Cleopatras Nase einmal gewesen sein muss.
Ich sage, hallo. Und frage, ob sie mich nicht umarmen wolle.
Sie schaut mich aus großen Augen an.
„Wer sind Sie?“
Ich bin es, sage ich. Ich hätte das alles nur durch gestanden wegen ihr, wegen uns.
Ihre Kollegin geht.
„Stefan?“
Ich nicke. Natürlich Stefan, wer sonst. Sie werde nie glauben, was ich alles durchgemacht hätte. Und jetzt sei ich mir sicher. Es gäbe nur sie. Für mich. Nur sie.
„Also, ich weiß ja nicht, was du dir denkst. Du verschwindest vor anderthalb Jahren und jetzt kommst du wieder. Schau dich mal an.“
Anderthalb Jahre? Das kann nicht sein. Ich wusste, dass es lang war, aber so lange?
Ich stammle, dass ich sie doch liebe. Und dass wir glücklich miteinander werden würden. Sie müsse mir doch nur eine Chance geben.
Sie hebt eine Hand und ein goldener Ring blitzt auf.
„Ich bin glücklich. Vielen Dank. Gehst du jetzt bitte?“
Ich, ich, ich mache einen Schritt auf sie zu, will sie nur berühren, nur streicheln, dann spüre ich, wie sich zwei kräftige Arme um meine Achseln schließen, wie ich angehoben und fort getragen werde.
Wachdienst.
Warmes Wasser plätschert auf meine Schultern und ich rieche das Pfirsichshampoo. Ich drehe den Hahn ab und verlasse tropfend die Dusche.
Im Spiegel sehe ich ein Gesicht. Kein Wunder, dass sie mich nicht wollte. Diese Irre hat mich ja komplett verändert, alleine dieser lächerliche Bart. Und wie blass ich auch bin. Und aufgedunsen. All dieser Fast-Food-Scheiß. Ich nehme den Trockenrasierer aus dem Alibert. Nicht meiner, aber er wird’s auch tun.
Als ich fertig bin, fühle ich mich schon viel besser. Fast sehe ich aus wie früher. Anderthalb Jahre gestohlen, aber dafür andere Perspektiven gefunden. Und ich habe auf Jahre hinaus eine Geschichte, die ich auf jeder Party erzählen kann.
Ich binde mir ein Handtuch um die Hüften und gehe ins Schlafzimmer.
Vanessa schreit mich an. Sie sieht süß aus, wie sie da liegt. Mit den Handschellen und den Fußfesseln.
Ich frage sie, ob es denn helfe, wenn ich sagte, dass es mir Leid täte.