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Home-Office

Monster-WG
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10.07.2020
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Home-Office

Daniel arbeitete seit drei Monaten im Home-Office, als sein Chef nachts in seinem Schlafzimmer auftauchte. Das Erste, was er wahrnahm, war Andreas’ Aftershave: Sandelholz und ein Hauch von Bergamotte. Er schlug die Augen auf und sah seinen Vorgesetzten im Korbsessel vor dem Fenster. Der Radiowecker zeigte 03:36.
„Daniel“, sagte Andreas. „Wir müssen über deine KPIs reden.“
“KPI - was?”, murmelte Daniel und tastete nach seiner Brille. Ein Traum, dachte er, ich träume.
“Key Performance Indicators. Wir haben im Team-Workshop darüber gesprochen, erinnerst du dich?”
Daniel fand die Brille, zog sie auf und knipste die Nachttischlampe an. Andreas sah makellos aus wie immer: dunkelblauer, eng geschnittener Anzug, weißes Hemd, schwarze Loafer und ein seidenes Einstecktuch. Sein krauses Haar war straff zurückgegelt. Die obersten Hemdknöpfe waren geöffnet, der Teint dunkel. Er trug eine Mund-Nase-Maske mit einem kleinen Filteraufsatz und Einweghandschuhe. Er nimmt es wirklich ernst mit dem Infektionsschutz, dachte Daniel.
“Was machst du hier?”, fragte er.
“Es gibt Situationen, in denen man als Führungskraft das direkte Gespräch suchen muss.”
Daniel versuchte, sich aufzusetzen, aber sein Körper fühlte sich bleiern an. Eigentlich, dachte er, war es überfällig, dass der Typ auch in meinen Träumen auftaucht.

Andreas führte die Abteilung seit einem halben Jahr. Der Geschäftsführer hatte ihn direkt von der Uni abgeworben. “Extrem fähiger Mann”, sagte der alte Beck immer wieder, wenn Daniel ihn beim Rauchen auf der Feuertreppe traf. “Ist schon weit herum gekommen und gerade einmal 25 Jahre alt. Mit solchen Leuten können wir das Ruder rumreißen.” Und Andreas hatte frischen Wind in die Abteilung gebracht: Er hatte Zwischenwände einreißen und eine neue Sitzecke einrichten lassen, ein Kanban-Board aufgestellt, das kollegiale “Du” fürs komplette Stockwerk verkündet und auf Unternehmenskosten Lego-Steine bestellt. Der alte Beck war begeistert: “New Work!”, sagte er zu Daniel, während sie an ihren Marlboros saugten. “Das ist die Zukunft. Flache Hierarchien, kurze Produktionszyklen, schnelle Anpassung. Dinosaurier wie Sie und ich haben ausgedient.”

In den nächsten Wochen stülpte Andreas die Abteilung von innen nach außen. Es gab keine festen Arbeitsplätze mehr, keine Stellenbezeichnungen, keine Kernarbeitszeiten. “Wir schaffen Raum für neue Formen der Zusammenarbeit”, erklärte er. Fortan war jeder Mitglied in mehreren kleinen Teams. Eines sollte sich neue Produkte ausdenken, ein anderes erarbeitete Vorschläge zur Optimierung der Workflows und wieder ein anderes beschäftigte sich mit der abteilungsinternen Kommunikation.

Niemand war ernsthaft überrascht, als Walter Schmitt aus der Buchhaltung kurz darauf von einem Herzinfarkt niedergestreckt wurde. Seine Tochter fand ihn nach zwei Tagen am Küchentisch. Schmitt war seit 24 Jahren in der Abteilung gewesen. “Ein tragischer Verlust”, sagte Andreas. Für die Beerdigung gab er der ganzen Abteilung einen Tag frei. “Das brauchen wir, um uns zu verabschieden.”

Daniel ging nicht zur Beerdigung. Stattdessen sah er sich Angriff der Körperfresser auf DVD an und trank Bier. Am nächsten Tag lud Andreas ihn zu einem Spaziergang ein. “Ich bin menschlich enttäuscht, Daniel”, sagte er. “Das Team hätte dich gestern gebraucht.” Daniel wusste nicht, was er antworten sollte. In den zwölf Jahren, in denen sie zusammen in der Abteilung gearbeitet hatten, hatte er kaum mehr als zehn Sätze mit Walter Schmitt gewechselt. Der Mann hatte ihn einfach nicht interessiert. Aber das konnte er Andreas nicht sagen. Deshalb log er und sagte, dass er es nicht fertig brächte. Dass Schmitts Tod ihn aus der Bahn geworfen hätte. Andreas hörte zu, nickte ein paar Mal und umarmte ihn schließlich. "Nimm dir den Rest der Woche frei", sagte er.

Dann war Corona gekommen. Seit Mitte März arbeitete die ganze Abteilung von zuhause. “Gesundheit geht vor Profit”, erklärte Andreas. Daniel räumte eine Ecke des Küchentischs für seinen klobigen Laptop frei. In den täglichen Videokonferenzen fragte Andreas sie, wie es ihnen ging. Ihren Familien. Ihren Haustieren. Er war so verdammt empathisch. Daniel wollte kotzen. Irgendwann beschloss er, dass ein Bier zu Mittag in Ordnung war. Dann zwei. Dann hörte er auf zu zählen.

Der Radiowecker zeigte jetzt 03:37.
„Daniel, ich will ganz offen sein“, sagte Andreas und beugte sich vor. „Deine Zahlen sind miserabel. Du weißt, dass ich dich als Mensch schätze. Du erinnerst mich an meinen Vater. Aber als Abteilungsleiter muss ich auf die Zahlen schauen.”
Er ist mitten in der Nacht in mein Schlafzimmer gekommen, um mich abzumahnen?, dachte Daniel. Hätte er das nicht morgen früh machen können, über Zoom?
“Keine Abmahnung”, sagte Andreas, als könnte er Daniels Gedanken lesen. “Ich weiß, was wir dir schuldig sind.”
Daniel wollte sich aufrichten, aber sein Körper gehorchte ihm nicht. Alles, was unterhalb seines Halses war, blieb wie festgenagelt auf dem Bett liegen.
“Warum bist du hier?”, krächzte er.
Andreas stand auf. “Ich glaube nicht an Abmahnungen und noch weniger an Kündigungen. Solche Maßnahmen sind ein Zeugnis mangelnder Wertschätzung.“ Er zog eine kleine, mit einer farblosen Flüssigkeit gefüllte Spritze aus seiner Aktentasche und entfernte den Sicherheitsverschluss. “Durch eine Kündigung würde ich dich aus unserem Unternehmen - aus unserem Team - ausschließen. Das hast du nicht verdient.”

Am folgenden Mittwoch hatten alle Kollegen frei.

 

Hey Christophe,

ich finde den Text gar nicht schlecht. Die neuen, hierachiefreien Arbeitsverhältnisse und ihre Tücken, das finde ich ein originelles und gutes Thema, über das ich schon länger nachgedacht habe.

Was mir besonders gefällt, ist, dass dein Text einfach Zug hat. Ich mag die Sprache, den Sound, ich finde es zwar recht einfach, aber doch gut gemacht.

Die Figuren stellst du mir so dar, dass ich sie für die Ausmaße der Geschichte kennenlerne - das passt hier, auch wenn mehr Tiefe der Figuren, mehr Einzigartigkeit oder Charakterstudie im Allgemeinen möglich wäre und auch hier im Text ausbaufähig und textbereichernd sein könnte - wenn ich die Messlatte hoch anlege. Aber - wie gesagt - für die Zwecke und den Umfang des Textes finde ich es in der Form passend.

Dass der Chef zum Schluss deinen Prot tötet, finde ich einen schönen Plottwist, der natürlich alles in Frage stellt. Wäre man spitzfindig, könnte man fragen: Ist das nicht zu einfach? Oder sogar Deus Ex Machina? um den Konflikt, von dem du erzählst - und zwar die neuen Schwierigkeiten und Anstrengungen in flachhierarchischen Unternehmen - aufzuzeigen? Um dir einen Anstoß zu geben: Ich finde die Geschichte gut, aber um diese Prämisse zu zeigen - Die neuen Arbeitsbedingungen töten - könntest du noch mehr zeigen, weswegen, was genau der neue Horror in diesen Firmen ist, wie sehr das Nettsein schlaucht, wie sehr freie Arbeitszeit zu überarbeit etc führt und schließlich einen sogar zerbrechen oder ins Burnout stürzen kann. So zeigst du mir deine Prämisse/Intention sehr metaphorisch personifiziert an der Figur des Chefs, dass er kommt und tötet. Ich halte diese Darstellung für die „für den Leser weniger intensive“, da mir letztendlich die Motivationslage des Chefs schleierhaft bleibt - also das ist eine Horrorgeschichte, und Satire, klar, aber wenn du noch eins drauf legen wolltest, würde ich es versuchen zu zeigen, wie New Work tötet, und nicht die Abkürzung über einen wildgewordenen, killenden Chef nehmen. Klingt jetzt harsch, ich mag den Text und wie du ihn gebaut hast, ich hoffe, du verstehst, wie ich das meine.

Christophe, schön dass du hier dabei bist, ich finde, ich sehe auf jeden Fall erzählerisches Talent bei dir, mir gefällt, wie man deinen Text runterlesen kann und ich mag dein Gefühl für Spannung und Figurenzeichnung, und bin gespannt, was noch von dir kommen mag.

Viele Grüße
zigga

 

Hallo @zigga! Vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar! Ich versuche mal, auf ein paar Anmerkungen einzugehen:

"Die neuen, hierachiefreien Arbeitsverhältnisse und ihre Tücken, das finde ich ein originelles und gutes Thema, über das ich schon länger nachgedacht habe."

Geht mir ähnlich. Ich beschäftige mich viel mit New Work und finde den Ansatz grundsätzlich vielversprechend. Nur habe ich im Hinterkopf immer die Stimme, die fragt: Was wäre das Schlimmste / Bizarrste, was passieren könnte? Das ist vermutlich so ein Horror-Nerd-Ding.

"Die Figuren stellst du mir so dar, dass ich sie für die Ausmaße der Geschichte kennenlerne - das passt hier, auch wenn mehr Tiefe der Figuren, mehr Einzigartigkeit oder Charakterstudie im Allgemeinen möglich wäre und auch hier im Text ausbaufähig und textbereichernd sein könnte - wenn ich die Messlatte hoch anlege. Aber - wie gesagt - für die Zwecke und den Umfang des Textes finde ich es in der Form passend."

Danke - das Wichtigste ist für mich, dass die Story in ihrer Mechanik funktioniert. Ich schaue mal, ob ich den Figuren darüber hinaus noch ein bisschen mehr Charakter spendiere.

Zum Plot-Twist: Ich bin mir gar nicht sicher, ob die Geschichte suggeriert, dass New Work im Allgemeinen tötet. Dieser Chef, Andreas, tut es. Weil er die Sache mit der Wertschätzung ein wenig ... unkonventionell auslegt.

Ich bin etwas hin- und hergerissen, ob ich deinen Vorschlag, die Geschichte auszubauen, verfolgen soll oder nicht. Ich will zu allererst unterhalten. Eine schnelle, bizarre, witzige Geschichte erzählen. Möchte ich damit etwas Grundsätzliches sagen, über die Arbeitswelt? Ehrlich gesagt: eher nicht. Für mich ist die Geschichte eher Fastfood als Feinkost, sozusagen. Aber .... ich denke drüber nach, deine Vorschläge sind spannend!

Vielen Dank nochmal - man liest sich! Christophe

 

Hey Christophe,

ein gutes Thema, finde ich, dass noch nicht in Gänze abgegrast wurde. Zeitgemäß natürlich, vermutlich wird uns das noch eine Weile beschäftigen, finden doch immense Umbrüche/ Veränderungen im Arbeitsleben statt. Das zieht sich durch alle Ebenen.
Mir reicht das auch im jetzigen Umfang so, der Text hat mich unterhalten, ist spannend und du hast einen schön leisen, schwarzen Humor zwischen die Zeilen gestreut. Zudem stößt du was an, dass über den Text hinausgeht, dass mich nach dem Lesen weiter beschäftigt, über dass es sich nachzudenken lohnt. Ja, hat mir gefallen.

Ich schließe mich aber auch gerne ziggas Vorschlag an. Mehr Tiefe könnte den Text auf ein höheres, Level katapultieren. Auch ich denke, dass das sehr lohnenswert sein könnte. Du schreibst ja in deinem Profil, dass du in Zukunft ambitionierte Projekte verfolgen willst. Vielleicht bildet deine Kurzgeschichte dafür mal eine interessante Grundlage.

Daniel fand die Brille und zog sie auf. Andreas sah makellos aus wie immer: dunkelblauer, eng geschnittener Anzug, weißes Hemd, schwarze Loafer und ein seidenes Einstecktuch. Sein krauses Haar war straff zurückgegelt. Die obersten Hemdknöpfe waren geöffnet, der Teint dunkel.
Ist jetzt wirklich 'ne Kleinigkeit, aber weil du das schon recht ausführlich mit der Brille erwähnst, dass er danach tastet und so, lass ihn doch das Licht anknipsen, so dass er all die hier beschriebenen Details auch sehen kann. Schließlich ist es 03:36 Uhr :).

Über Mund und Nase trug er eine Maske. Irritiert bemerkte Daniel, dass Andreas zusätzlich Einweghandschuhe trug.
Die Wortwiederholung ließe sich vermeiden.
Du könntest auch die Als-als-Konstruktionen in deinen Einstiegssätzen überdenken - hat mich jetzt zwar weniger gestört, aufgefallen sind sie mir trotzdem.

Niemand war ernsthaft überrascht, als Walter Schmitt kurz darauf von einem Herzinfarkt niedergestreckt wurde. Seine Tochter fand ihn nach zwei Tagen am Küchentisch. Schmitt war im 24. Jahr gewesen.
Tempus.

Daniel war nicht zur Beerdigung gegangen. Stattdessen hatte er sich Angriff der Körperfresser auf DVD angesehen und Bier getrunken. Am nächsten Tag hatte Andreas ihn zu einem Spaziergang eingeladen. “Ich bin menschlich enttäuscht, Daniel”, hatte er gesagt. “Das Team hätte dich gestern gebraucht.” Daniel hatte nicht gewusst, was er antworten sollte. In den zwölf Jahren, in denen sie zusammen in der Abteilung gearbeitet hatten, hatte er kaum mehr als zehn Sätze mit Walter Schmitt gewechselt. Der Mann hatte ihn einfach nicht interessiert. Aber das konnte er Andreas nicht sagen. Deshalb hatte er gelogen und erklärt, dass er es nicht fertiggebracht hätte. Dass Schmitts Tod ihn aus der Bahn geworfen hätte. Andreas hatte ihm zugehört, immer wieder genickt und ihn schließlich umarmt. Dann hatte er ihm den Rest der Woche freigegeben. An den folgenden Tagen hatte Daniel Das Ding aus einer anderen Welt, Das Dorf der Verdammten und Die Frauen von Stepford geschaut. Und noch mehr Bier getrunken. Seither hatte Andreas ihn in Ruhe gelassen.
Apropos Tempus. Hier mal exemplarisch. Du wirst das Problem mit dem PQP kennen, denke ich. Auch ich gehöre zu den Lesern, die es in der Häufung einfach unschön findet. Ich würde überdenken, ob du grammatikalisch etwas schummeln - Einleitung PQP, um zeitlich zu verorten, dann weiter im Präteritum - oder Rückblenden kursiv setzen möchtest.

Die Sache mit dem Trinken war dann ganz von allein gekommen: Irgendwann hatte er beschlossen, dass ein Bier zu Mittag in Ordnung war. Dann zwei. Inzwischen trank er einen Kasten am Tag.
Vermeidbar.

So viel mal von mir, Christophe.
Ein gelungenes Debüt hier auf der Seite, wie ich finde. Willkommen.

Vielen Dank fürs Hochladen

hell

 

Hallo @hell!

Vielen Dank für deine Korrekturvorschläge - sie machen alle Sinn, ich habe sie übernommen! Bis auf das PQP-Problem, da grüble ich noch. Ich kann das Problem nachvollziehen, sehe aber keine Lösung, die nicht selbst wieder ein Problem hervorbringt... Ich denke nach.

Vielen Dank & viele Grüße!

Christophe

 

Hey Christophe, gibt es einen Grund, weshalb Du den Kommentar von Joyce nicht beantwortet hast?

Gruß Achillus

 
  • Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:
Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:

Hi @Achillus. Danke für deine Nachricht! Ich sehe keinen Kommentar von Joyce. Sollte der hier in diesem Thread angezeigt werden?

Viele Grüße!

Hallo @AWM ! Vielen Dank für deinen Kommentar - die Idee, die Geschichte chronologisch zu erzählen, finde ich sehr interessant! Mein ursprünglicher Ansatz war: eine Mini-Mini-Mini-Handlung beschreiben. Es werden ja zwei Uhrzeiten genannt, 03:36 und 03:37, d.h. die Haupthandlung dauert gerade mal ein, zwei Minuten. Daher die Konstruktion. Aber ich sehe deine Argumente für die chronologische Erzählung. Ich guck noch mal rein!

Viele Grüße!

Christophe

 

Hallo @Christophe

bitte in deinen Antworten nicht den kompletten Kommentar zitieren, nur die Stellen, auf die du dich speziell beziehst. Bitte auch zeitnahe Antworten zusammenfassen. Ich habe das für dich nachgeholt.
Außerdem wäre es tatsächlich toll, du würdest erst alle Kommentare in deinem bisherigen Text beantworten, bevor du einen neuen postest.
Danke und Gruß, GoMusic

 

Hallo @GoMusic und @Achillus - Entschuldigung, jetzt habe ich erst gecheckt, wo der Kommentar steht! Ich hatte ihn echt noch nicht gesehen. Sehr cool und wird gleich beantwortet! Viele Grüße! (Und das korrekte Zitieren gehe ich auch an.) - Christophe

 

Moin @Christophe,
Ich hab den Text gerne gelesen, fand ihn schnell und witzig.
Zwei kleine Sachen sind mir aufgefallen:

Niemand war ernsthaft überrascht, als Walter Schmitt kurz darauf von einem Herzinfarkt niedergestreckt wurde.

Kurz hab ich mich gefragt, ob ich den jetzt kennen sollte, bis ich darauf gekommen bin, dass es bloß ein beliebiger Kollege von ihm ist. Du schreibst, er sei im 24. Jahr gewesen? Meist du Dienstjahr? Vielleicht könntest du das umformulieren?

Die Sache mit dem Trinken war ganz von allein gekommen:

Du schreibst das, als wäre ihm sein Problem bewusst. Das kann ich mir nicht vorstellen. Süchtige verdrängen ihr Problem sehr lange. Ich glaube nicht, dass ihm klar ist, dass er ein Trinker ist.

Aber davon abgesehen, fand ich die Geschichte schön kurzweilig und gut geschrieben. Das Ende musste ja irgendwie so kommen und war trotzdem nicht so richtig vorhersehbar.

Hat Spaß gemacht. Danke fürs reinstellen.

Liebe Grüße
Sijo

 

Hi @Sijo, vielen Dank für deinen Kommentar!

Walter Schmitt ist tatsächlich einfach ein älterer Kollege - einer, der sich schwertut mit den Veränderungen. Das mache ich nochmal deutlicher.

Was den Alkohol betrifft: Danke für den Hinweis! Ich werde auch das klarer machen; vermutlich hast du recht und Daniel hat kein echtes Bewusstsein dafür, dass er hier ein Problem entwickelt hat.

Nochmal vielen Dank!

Christophe

 

Gut und flüssig geschrieben. Gute Zeitgeistkritik eingebaut. Die Wendung zum Horror am Ende hätte man vielleicht noch etwas weniger abrupt gestalten können. I like.

 

@Lumax - Danke! Ja, ein bisschen Vorahnung wäre vielleicht interessant. Gleichzeitig will ich die Pointe natürlich nicht gefährden - bei so einem kurzen Text soll die Falle am Ende schon laut und deutlich knallen. ;-)

 
Zuletzt bearbeitet:

Der alte Beck war begeistert gewesen.

Bis auf das PQP-Problem, da grüble ich noch. Ich kann das Problem nachvollziehen, sehe aber keine Lösung, die nicht selbst wieder ein Problem hervorbringt... Ich denke nach.
Nur ganz kurz und hauptsächlich, um mich bei @hell einzuhaken bzgl. der Diktatur der Hilfsverben und der Partzipienreiterei,

lieber Christophe,

und da stellen wir uns zunächst mal ganz dumm, denn wenn es möglich und durchaus korrekt ist, ein „ich werde morgen kommen“ auf ein „ich komme morgen“ („historisches Futur“) zu verkürzen, dann sollte dergleichen Verkürzung auch „zurückblickend“ möglich sein und mal im Ernst, was bedeutet der oben zitierte Satz anderes, als dass die Begeisterung des alten Beck vorbei ist („war … gewesen“, wo beim Partizip empfindlichen Seelen schon der Verwesungsgeruch in die Nase steigt).

Und damit erst einmal ein herzlich willkommen hierorts!


Für das historischeFutur des Zitats steht als Schlüssel ein „morgen“ (Temporaladverb) und Ähnliches findet sich auch in Deiner hatte-Orgie

Andreas führte die Abteilung seit einem halben Jahr. Der Geschäftsführer hatte ihn direkt von der Uni abgeworben. “Extrem fähiger Mann”, hatte der alte Beck immer wieder gesagt, wenn sie sich beim Rauchen auf der Feuertreppe trafen.
hier bieten sich "immer wieder" zeitlich und vor allem ein "wenn" als Bedingung an
also warum nicht", sagte der alte Beck immer wieder, wenn ..."?

“Ist schon weit herumgekommen, und gerade einmal 25 Jahre alt.
(kurz außer derReihe: KOmma weg, das "und" vertritt es ganz ausgezeichnet!)

Wenn Du keine Bange vorm Kleist'schen Format hast, Sätze auch mal zusammenfasen (im Prinzip hastu ha hier schon angefangen), statt

Und Andreas hatte frischen Wind in die Abteilung gebracht: Er hatte Zwischenwände einreißen und eine neue Sitzecke einrichten lassen. Er hatte ein Kanban-Board aufgestellt, das kollegiale “Du” fürs komplette Stockwerk verkündet und auf Unternehmenskosten Lego-Steine bestellt.
"Und Andreas hatte frischen Wind in die Abteilung gebracht, Zwischenwände einreißen und eine neue Sitzecke einrichten lassen, ein Kanban-Board aufgestellt, das kollegiale “Du” fürs komplette Stockwerk verkündet und auf Unternehmenskosten Lego-Steine bestellt."

In den nächsten Wochen
hatte Andreas die Abteilung von innen nach außen gestülpt.
"In den nächsten Wochen stülpte... nach außen."

Hier funtkioniert sogar eine Substantivierung

“Wir schaffen Raum für neue Formen der Zusammenarbeit”, hatte er erklärt.
neben dem verbalen "erklärte er", nämlich "war die Erklärung".
Hoppela, seh gerad den nächsten Satz. Also besser doch keine Substantivierung

Hier - s. o. - Komma weg!

Eines sollte ... anderes erarbeitete Vorschläge zur Optimierung der Workflows, und wieder ein anderes beschäftigte sich mit der abteilungsinternen Kommunikation.
wie auch hier
“Ich glaube nicht an Abmahnungen, und noch weniger an Kündigungen.

So viel oder doch eher wenig als Anregung und noch der Hinweis, dass der Konjunktiv nix mit der Zeitenfolge zu tun hat, sondern als Konj. II vor allem eine Art grammatischer Wahrscheinlichkeitsrechnung zwischen wahr (1) und falsch (0) ist (0,5 wäre also gleichermaßen möglich wie unmöglich). In der indirekten Rede vewendet trägt er Zweifel vor (der Konj. I referiert schlicht und einfach ohn Wertung).


Bis bald

Friedel

 

Hallo @Christophe ,

dann mach ich mich mal gleich zum gegenbesuch auf.

Fazit: nette kleine Satire voll schwarzem Humor.

Daniel arbeitete seit drei Monaten im Home-Office, als sein Chef nachts in seinem Schlafzimmer auftauchte.
Serh schöner aussagekräftiger erster Satz. Top!

Leider ist mir ein kleiner Logikfehler aufgefallen, zumindest habe ich ihn als Logikfehler gelesen:

Der Radiowecker zeigte 03:36.
... und tastete nach seiner Brille.
...
Der Radiowecker zeigte jetzt 03:37.
...
Daniel wollte sich aufrichten, aber sein Körper gehorchte ihm nicht. Alles, was unterhalb seines Halses war, blieb wie festgenagelt auf dem Bett liegen.
^^das bedeutet, das Ganze spielt sich in 2 Minuten ab. Und vorn kann er nach der Brille tasten, und dann ist alles gelämt. Ist das nicht "zu knapp"? Er hat ja sicher ein Betäubungmittel vorher bekommen. Wirkt sowas von einer Minute auf die andere? (Ich kenn mich da nicht aus :susp: )

gern gelesen
Gruß
pantoholli

 

Hallo @Christophe! :-)

Herzlich Willkommen! Ich hoffe, du bleibst dem Forum erhalten. Mir hat dein Text gut gefallen - nicht unbedingt, weil er ein zeitgemäßes Thema anspricht, sondern einen Einblick in die Arbeitsrealität geben kann, könnte. Ich mag es, dass du eine Realität zeigen magst: Eine fast dokumentarische Chronik, die von einem Mord überstrahlt wird, der alles Handeln der Figuren in Zweifel zieht. Deine Geschichte lebt, glaube ich, vom Vorspielen einer empathisch-philanthropischen , selbstreflektierten und hierarchiefreien Arbeitswelt, die ganz nett ist, aber, nunja, eben doch töten muss, weil es ja doch um Zahlen oder Leistung oder Effizienz geht, Überraschung Betriebswirtschaft! Der Wert eines Menschen bleibt seine ökonomische Verwertbarkeit, nicht seine Existenz, egal wertschätzend umformuliert wird. Ist das vielleicht die "Prämisse" deiner Story?

Irgendwann hatte er beschlossen, dass ein Bier zu Mittag in Ordnung war. Dann zwei. Inzwischen trank er einen Kasten am Tag.

Hm, eskaliert sehr schnell, extrem schnell. In fünf Monaten vom Mittagsbier zum Tageskasten?

Er trug eine Mund-Nase-Maske und Einweghandschuhe. Er nimmt es wirklich ernst mit dem Infektionsschutz, dachte Daniel.

Mir wird hier nicht klar, warum der Satz in kursiver Schrift geschrieben ist. Über die Mund-Nase-Maske könntest du deinen Chef stärker charakterisieren. Der klassische OP-Einwegschutz oder gar die virenundurchlässige FFP3-Maske oder ein selbstgenähter Schutz zur Darstellung eigener Individualität? Zum Beispiel ein schöner, dunkelgrauer Stoff mit schwarzen Raben ... jetzt phantasiere ich ein bissche, 'tschuldige :-)

“New Work!”, hatte er Daniel gesagt. “Das ist die Zukunft. Flache Hierarchien, kurze Produktionszyklen, schnelle Anpassung. Dinosaurier wie Sie und ich haben ausgedient.”

Aber ist das wirklich die New Work? Zwischen dem Dinosaurier, den ein Herzinfarkt durchschüttelte (welch' klassischer Stressleistungstod!) und dem neuen Chef sehe ich einen riesigen Unterschied: Die Emotionalität. Der neue Chef redet von Team, von Wertschätzung, von Gefühlen, von Emotionen, der Alte redet von einer Firmen-Maschine, Teil A und Teil B und alle Mitarbeiter erhalten das erste Bier kostenlos bei der Firmenfeier im Hofbräuhaus und kein individuelles Geschenk, passend zur Stimmung, Gefühlslage und sozialer Rolle im Team. Vielleicht liegt hier ein Ansatzpunkt für eine tiefergehende Geschichte: Es ist nicht mehr die Tagesgestaltung, die der wirtschaftlichen Optimierung unterworfen wird, sondern es sind die eigenen Gefühle und Emotionen. Man will sich selbst etwas beweisen, selbst verwirklichen, immer superglücklich sein und gleichzeitig zu den Sternen aufsteigen. Man ist immer nett. Man hat Carl Rogers Selbstaktualisierungstendenz, sein Konzept der unbedingten positiven Wertschätzung, in seine eigene Identität eingebaut, man ist immer gut, nett, universal, weltoffen, sprachgewandt, tolerant und absolut ich-zentriert, ohne es zu merken und zu wollen. Aber in dieser tollen Arbeitswelt gibt es auch Neid, niedere Gefühle, sogar einen Mord, der aber so nett wie möglich gestaltet wird, schmerzfrei und philantropisch. Tja. Scheinen ja doch Leistung und Zahlen an Stelle Nummer Eins zu stehen. Ich klinge jetzt sehr zynisch und habe Klischee an Klischee gereiht.

Ich spinne jetzt etwas, aber mich hätte interessiert, ob Daniel den Mord akzeptiert. Ob er den Chef verstehen kann. Ob er glaubt, als Chef hätte er genauso gehandelt. Vielleicht ist Daniel auch enttäuscht von sich, dass er nur mit einem Tageskasten (mag das Wort :-D) Kontrolle über sein Leben erreichen kann. Vielleicht fühlt er sich als "Gescheiterter". Dein Text ist kurz, aber es lohnt sich, daran zu arbeiten. Da sind, meiner Ansicht nach, viele Fragen offen. Halt, eigentlich nur eine: Wie ist Daniels Verhältnis zur New Work?

Er war so verdammt empathisch.

- aber die Empathie wird durch den Mord ad absurdum gefühlt und so zeigt sich, dass diese offene Welt doch gar nicht so nett ist, wie es scheint. Jetzt habe ich viel interpretiert! Ökonomische Verwertung der eigenen Psyche. Merkwürdig, wie wenige Maniker es gibt, Manie und Leistungsstreben passen doch gut zueinander ... aber okay, anderes Thema.

“Ich bin menschlich enttäuscht, Daniel”, hatte er gesagt. “Das Team hätte dich gestern gebraucht.”

Hättest du den Text satirischer gestaltet, hätte ich ein: "Ich bin nicht sauer, ich bin nicht wütend, ich bin einfach nur enttäuscht" vorgesetzt.

***

Lieber @Christophe, das waren nur ein paar kleine Gedanken zu deiner Story, die ich sehr gerne gelesen habe. Ich hoffe, du kannst damit etwas anfangen und verbleibe mit einem angenehmen Wochendsgruß :-),
kiroly

 

Hallo @Friedrichard, @pantoholli und @kiroly! Vielen Dank für eure Kritik. Ich habe versucht, eure Vorschläge umzusetzen. Der Reihe nach:


(...) denn wenn es möglich und durchaus korrekt ist, ein „ich werde morgen kommen“ auf ein „ich komme morgen“ („historisches Futur“) zu verkürzen, dann sollte dergleichen Verkürzung auch „zurückblickend“ möglich sein (...)

Ich habe versucht, deine Vorschläge zum Tempus-Problem umzusetzen.

Ähnliches findet sich auch in Deiner hatte-Orgie
... touché. ;-)

hier bieten sich "immer wieder" zeitlich und vor allem ein "wenn" als Bedingung an, also warum nicht", sagte der alte Beck immer wieder, wenn ..."?
Hast recht, übernommen!

“Ist schon weit herumgekommen, und gerade einmal 25 Jahre alt.
(kurz außer derReihe: KOmma weg, das "und" vertritt es ganz ausgezeichnet!)
Check.

Wenn Du keine Bange vorm Kleist'schen Format hast, Sätze auch mal zusammenfassen (im Prinzip hastu ha hier schon angefangen), statt
Und Andreas hatte frischen Wind in die Abteilung gebracht: Er hatte Zwischenwände einreißen und eine neue Sitzecke einrichten lassen. Er hatte ein Kanban-Board aufgestellt, das kollegiale “Du” fürs komplette Stockwerk verkündet und auf Unternehmenskosten Lego-Steine bestellt.
"Und Andreas hatte frischen Wind in die Abteilung gebracht, Zwischenwände einreißen und eine neue Sitzecke einrichten lassen, ein Kanban-Board aufgestellt, das kollegiale “Du” fürs komplette Stockwerk verkündet und auf Unternehmenskosten Lego-Steine bestellt."
Kann ich mit leben - ich denke, ein-, zweimal in einem Text ist das okay. Danke!

In den nächsten Wochen
hatte Andreas die Abteilung von innen nach außen gestülpt.
"In den nächsten Wochen stülpte... nach außen."
Übernommen.

Hier - s. o. - Komma weg!
Eines sollte ... anderes erarbeitete Vorschläge zur Optimierung der Workflows, und wieder ein anderes beschäftigte sich mit der abteilungsinternen Kommunikation.
wie auch hier
“Ich glaube nicht an Abmahnungen, und noch weniger an Kündigungen.
Check und check.

Vielen Dank, @Friedrichard - deine Vorschläge bringen mich echt voran!


Fazit: nette kleine Satire voll schwarzem Humor.
Danke!

Daniel arbeitete seit drei Monaten im Home-Office, als sein Chef nachts in seinem Schlafzimmer auftauchte.
Serh schöner aussagekräftiger erster Satz. Top!
Nochmal danke. Die ersten Sätze / Absätze sind mir wichtig.

Leider ist mir ein kleiner Logikfehler aufgefallen, zumindest habe ich ihn als Logikfehler gelesen:
Der Radiowecker zeigte 03:36.
... und tastete nach seiner Brille.
...
Der Radiowecker zeigte jetzt 03:37.
...
Daniel wollte sich aufrichten, aber sein Körper gehorchte ihm nicht. Alles, was unterhalb seines Halses war, blieb wie festgenagelt auf dem Bett liegen.
^^das bedeutet, das Ganze spielt sich in 2 Minuten ab. Und vorn kann er nach der Brille tasten, und dann ist alles gelämt. Ist das nicht "zu knapp"? Er hat ja sicher ein Betäubungmittel vorher bekommen. Wirkt sowas von einer Minute auf die andere? (Ich kenn mich da nicht aus :susp: )
Guter Punkt! Ja, die Kernhandlung soll tatsächlich nur 1-2 Minuten dauern - das ist Absicht. Aber du hast recht - die Lähmung erfolgt dann extrem schnell. Da muss ich nochmal ran!

Vielen Dank, @pantoholli - präzise beobachtet!

Herzlich Willkommen! Ich hoffe, du bleibst dem Forum erhalten.
Ich auch!

Mir hat dein Text gut gefallen - nicht unbedingt, weil er ein zeitgemäßes Thema anspricht, sondern einen Einblick in die Arbeitsrealität geben kann, könnte. Ich mag es, dass du eine Realität zeigen magst: Eine fast dokumentarische Chronik, die von einem Mord überstrahlt wird, der alles Handeln der Figuren in Zweifel zieht. Deine Geschichte lebt, glaube ich, vom Vorspielen einer empathisch-philanthropischen , selbstreflektierten und hierarchiefreien Arbeitswelt, die ganz nett ist, aber, nunja, eben doch töten muss, weil es ja doch um Zahlen oder Leistung oder Effizienz geht, Überraschung Betriebswirtschaft! Der Wert eines Menschen bleibt seine ökonomische Verwertbarkeit, nicht seine Existenz, egal wertschätzend umformuliert wird. Ist das vielleicht die "Prämisse" deiner Story?
Mmh. Weiß ich gar nicht, ehrlich gesagt. Vielleicht meint Andreas, der Chef, es auch gut mit dem Mord? Vielleicht hält er es wirklich für "freundlicher", einen Mitarbeiter zu töten, als ihn aus dem Team auszuschließen? Das würde ich gerne offen lassen. Ich fände es schön, wenn der Leser selbst entscheiden kann, ob er diese Story als Satire begreift oder als Horror.

Irgendwann hatte er beschlossen, dass ein Bier zu Mittag in Ordnung war. Dann zwei. Inzwischen trank er einen Kasten am Tag.

Hm, eskaliert sehr schnell, extrem schnell. In fünf Monaten vom Mittagsbier zum Tageskasten?
Stimmt - ich hab den halben Kasten mal weggemacht. Bisschen heftig.

Er trug eine Mund-Nase-Maske und Einweghandschuhe. Er nimmt es wirklich ernst mit dem Infektionsschutz, dachte Daniel.
Mir wird hier nicht klar, warum der Satz in kursiver Schrift geschrieben ist.
Danke für den Hinweis - da war ein Fehler im Text. Eigentlich sollten alle Gedanken, die wörtlich wiedergegeben werden, kursiv stehen. Habe ich jetzt vereinheitlicht. Ich hoffe, so macht es mehr Sinn.

Über die Mund-Nase-Maske könntest du deinen Chef stärker charakterisieren. Der klassische OP-Einwegschutz oder gar die virenundurchlässige FFP3-Maske oder ein selbstgenähter Schutz zur Darstellung eigener Individualität? Zum Beispiel ein schöner, dunkelgrauer Stoff mit schwarzen Raben ... jetzt phantasiere ich ein bissche, 'tschuldige :-)
Cooler Gedanke, habe ich aufgenommen! Ich hab' es allerdings einfach gemacht, ich glaube nicht, dass Daniel sich mit Masken auskennt.

“New Work!”, hatte er Daniel gesagt. “Das ist die Zukunft. Flache Hierarchien, kurze Produktionszyklen, schnelle Anpassung. Dinosaurier wie Sie und ich haben ausgedient.”

Vielleicht liegt hier ein Ansatzpunkt für eine tiefergehende Geschichte: Es ist nicht mehr die Tagesgestaltung, die der wirtschaftlichen Optimierung unterworfen wird, sondern es sind die eigenen Gefühle und Emotionen. Man will sich selbst etwas beweisen, selbst verwirklichen, immer superglücklich sein und gleichzeitig zu den Sternen aufsteigen. Man ist immer nett. Man hat Carl Rogers Selbstaktualisierungstendenz, sein Konzept der unbedingten positiven Wertschätzung, in seine eigene Identität eingebaut, man ist immer gut, nett, universal, weltoffen, sprachgewandt, tolerant und absolut ich-zentriert, ohne es zu merken und zu wollen. Aber in dieser tollen Arbeitswelt gibt es auch Neid, niedere Gefühle, sogar einen Mord, der aber so nett wie möglich gestaltet wird, schmerzfrei und philantropisch. Tja. Scheinen ja doch Leistung und Zahlen an Stelle Nummer Eins zu stehen. Ich klinge jetzt sehr zynisch und habe Klischee an Klischee gereiht.
Interessanter Gedanke! Das wäre aber, glaube ich, eine zweite Geschichte - die hier soll schnell und kurz sein, finde ich. Aber spannend!

Ich spinne jetzt etwas, aber mich hätte interessiert, ob Daniel den Mord akzeptiert. Ob er den Chef verstehen kann. Ob er glaubt, als Chef hätte er genauso gehandelt. Vielleicht ist Daniel auch enttäuscht von sich, dass er nur mit einem Tageskasten (mag das Wort :-D) Kontrolle über sein Leben erreichen kann. Vielleicht fühlt er sich als "Gescheiterter".
Schöne Fragen - die ich aber unbeantwortet lassen möchte. Wie gesagt: Ich fände es super, wenn der Text sowohl als Satire als auch als Horror funktionieren könnte.

- aber die Empathie wird durch den Mord ad absurdum gefühlt
Ist das so? Aus Andreas' Sicht? Weiß ich nicht.

Ich hoffe, du kannst damit etwas anfangen
Lieber @kiroly, und ob ich das kann! Vielen, vielen Dank für deine ausführlichen Anmerkungen und dein Weiter-Denken!

Viele Grüße in die Runde!

Christophe

 

Der Mann hatte ihn einfach nicht interessiert. Aber das konnte er Andreas nicht sagen. Deshalb log er und sagte, dass er es nicht fertig gebracht hatte. Dass Schmitts Tod ihn aus der Bahn geworfen hatte.

Ich nochma', wenn ich darf,

lieber Christophe,

denn die zitierte Stelle eignet sich vorzüglich mit dem Sprachspiel Indikativ vs. Konjunktiv - aufgrund der Lüge und sieht/sähe etwa wie folgt aus

"Der Mann hatte ihn einfach nicht interessiert. Aber das konnte er Andreas nicht sagen. Deshalb log er und sagte, dass er es nicht fertig brächte. Dass Schmitts Tod ihn aus der Bahn geworfen hätte", denn was Autor, Prot und wir wissen, weiß Andreas nicht, der den Indikativ vernimmt. Ist schon nahe bei dem Rätsel, wo ein Kreter behauptet, alle Kreter lügen ...

Schönes Wochenende aus'm Pott vom

Friedel

 

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