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Hundert Jahre Hundstage

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Bas

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16.09.2018
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Hundert Jahre Hundstage

Ich wache auf und bin NACKT. NACKT im GEISTE, nicht am Leib; ich verstehe NICHT, WAS SIE antreibt und habe keinen ANtrieb, SIE zu verstehen. Ist das die TOLLWUT, von der SIE REden? Der GeDANKE an das ALL; dieses RASEN in der BRUST – weil MEIN

ENDE​
naht?​
Beiße ICH zu, weil ICH ANGST hab?
BEISSE ICH mir ins eiGENE Fleisch?
Bitte VERSCHONT mICH mit TRÄnen, wenn ES kommt, WIE ES muss.

Ich wache auf und bin NACKT; das LETZTE Hemd ist geSCHMOLzen; jetzt schreibe ICH die GeSCHICHTEN, für die die TinTE NICHT AUSreicht, puhle mit GLÜhend heißen NAdeln in den EITrig WEISSen WUNden; ziehe mit GLASigEN auGEN schwarze FETzen aus dem LEIB.
Ich seh das KIND, das ich WAR, und es erKENNT mich NICHT wieDER; ICH frage: weißt DU noch daMALS? Es sagt: Ich sprech NICHT mit FREMDEN. ICH trag das GeWAND eines HENkerS und die MordLUST in der BRUST; pack das KIND, das ICH WAR; schlag es BLAU, GRÜN und SCHWARZ.

Ich wache auf und bin nackt und der Wind streicht durch's Gras. Die Grille zirpt am Berghang. Ich habe vergessen, wie man sich hier zurechtfindet, ich brauche Chaos zur Orientierung: Wo sind die lärmenden Autos, wo die streitenden Eltern? Wo sind die Unterführungen mit den Obdachlosen, Seite an Seite auf dem kalten Boden ihrer Gruft? Soll ich wirklich kein Blatt von dem Baum da vorne pflücken, um mein Gemächt zu verdecken? Stört es wirklich niemanden, dass ich nackt bin? Eines für den Mund; vielleicht? Nein?
Warum seid IHR so GUT und ICH bin SO BÖSE?
ICH bin die FLEDERratte im MAUSoleum und bei NACHT ein VAMpir¿

҈

VÖ-GE-LEIN FLIEG-WEG
und
KOMM-NICHT-MEHR WIE-der
gibt ͶICHTS mehr zu-SEH'N hier
nur
ͶICHTS
ͶICHTS
und
MICH.

҉​


Ich wache auf und bin nicht mehr ICH, ich lese Sätze, die ICH geschrieben habe und wundere mich, schüttle den Kopf und wende mich ab aber wende mich nicht ab.
Und jetzt? Soll ich jetzt schreiben über … die Menschen?

»Hallo!«
»Hallo?«
»Netter Hut.«
»… ?«
»Ich bin Schriftsteller und habe vergessen, wie man schreibt.«
»… ?«
»Tut mir leid. Ich versuche … Ich versuche meinen Kopf auszuschalten.«
»Ja … Das merkt man.«
So funktioniert das nicht. Sie schaut mich an wie einen Triebtäter, sie hat Angst.
Aber mein Herz schlägt ja wie verrückt!
»Halt, warte mal!«
»Lassen Sie mich in Ruhe!«
Sie läuft weg. Schade.

Ich könnte tagelang hungern. Ich könnte haufenweise verschreibungspflichte Medikamente schlucken. Ich könnte rauchen rauchen rauchen, bis meine Lungenflügel schwarz sind. Ich könnte

»Hallo!«
»Hallo?«
»Nette Jacke.«
»Ich kenn dich.«
»Ach?«
»Ja. Du warst früher schon mal hier.«
»Stimmt nicht. Ich bin neu in der Stadt.«
»Warum lügst du?«
»Weil ich Angst hab.«
Ich laufe weg, aber er folgt mir, ich biege um die Ecke und er ist immer noch da, ich drehe mich um und er ist
verschwunden.
»Hallo?«

Mein GOTT! Was passiert hier?

Ich schleiche durch die Unterführung, das Echo meiner Schritte prallt von graffitibeschmierten Wänden ab; HIER GIBT ES KEINE KUNST; der Wind peitscht den Obdachlosen ins Gesicht.
Tak – tak, tak – tak.
Netter HUT.

NETTE Jacke.
HALLO?

ICH lass das ALL explodieren; es hat dem Mensch nicht geholfen; & vielleicht schätzt man das UNTEN; wenn es das OBEN nicht gibt. ICH sah die KNOCHIGE ALTE; SIE mischte TRÄNKE zur HEILUNG; SIE wurd BESPUCKT & GETRETEN & am BAUM AUFGEKNÜPFT.
Jetzt will ich rennen & WILL nicht, ICH muss hier RAUS & weiß NICHT WOHIN; ICH bleck die ZÄHNE STÜRZ mICH auf TOTE sauge BLUT WAS PASSIERT HIER ICH renn im Takt der Sirene TAUCHE unter die STADT und wache NIE WIEder AUF!

[...]

Ich wache auf und bin nackt. Mich plagen Fieberträume und ich weiß nicht, wo oben und unten ist.
Der Arzt betritt den Raum und ich liege im Sterben, er hört mein Herz ab und seufzt und verstaut das Stethoskop in seinem … Beutel?
Mein Arzt ist ein Känguru. Er löscht das Licht; humpelt/hüpft weinend/lachend aus dem Krankenzimmer.
Ich liege auf dem Sterbebett/Geburtsbett & meine Eltern streiten ich kann sie auch im Dunkeln hören Papa ist tot & Mama traurig & die Hebamme weint.
mein erster schrei auf der erde brachte einen wolkenkratzer zum einsturz mein letzter schrei auf der erde bringt einen vulkan zum ausbruch
Ich wache auf und liege im Sarg, ich klopfe klopfe klopfe, aber der Pfarrer ist zu laut.
Ich wache auf und es ist Nacht, ich grabe grabe grabe, bin zurück von den Toten.
Es liegt Schnee; aber ich hinterlasse keine Spuren.

[...]

 

Hallo @Bas,

der Text hinterlässt mich einigermaßen verstört und etwas ratlos ...

Da ich aber ungewöhnliche Schreibe mag, zieht er mich auch wieder hinein. Ich greife 'mal einige Hingucker heraus:

ICH trag das GeWAND eines HENkerS und die MordLUST in der BRUST

Ein schöner Satz, mit seinem Rhythmus fast schon poetisch.

»Warum lügst du?«
»Ich ... Weil ich Angst hab.«

Wieder so eine Stelle, die mich anpackt. Nur das erste "Ich" stört mich etwas.


Ich wache auf und liege im Sarg, ich klopfe klopfe klopfe, aber der Pfarrer ist zu laut.

Ein Bild zwischen Lachen und Weinen.

Daneben wirkt der Anlass, Schriftsteller mit Schreibblockade wird wahnsinnig, schon fast banal. Der Text erinnert mich ein wenig an ein Kaleidoskop, nur, dass die Teilchen nicht immer ein Muster bilden. Zum Beispiel ist mir die Funktion der Figuren, auf die dein Prot trifft, unklar geblieben.

Wo sind die lärmenden Autos, wo die streitenden Eltern? Wo sind die Drogendealer? Wo die graffitibeschmierte Unterführungen mit den Obdachlosen ... Eines für den Mund; vielleicht?

Auf mich wirkt das so, als wäre dies ein Personenkreis, der dem Schriftsteller einen Maulkorb umhängen will. Aber sind nicht die Menschen, die du da nennst, oft so mit ihren eigenen Problemen beschäftigt, dass sie sich um einen verrückten Autor gar nicht kümmern würden? Das sind beispielswiese zwei Teilchen, die für mich nicht so richtig zusammenpassen.

Der Schreibstil unterstützt die Aussage des Wahnsinns, kostet den Text aber auch einiges an Lesbarkeit. Ich weiß nicht, ob das in der Konsequenz nicht ein zu hoher Preis ist. Aber spannend.

Viele Grüße
Willi

 


Hola @Bas,

wenn der Kommentator die Neueinstellung eines Autors liest, der ihm bekannt ist, dann wird er oft eine positive Entwicklung feststellen können. Hier hast Du Dich selbst übertroffen.

Allein schon der Titel

Hundert Jahre Hundstage!
Das Ausrufezeichen ist von mir, aber so wird’s herauskommen: Wir werden alle verschmoren!
Erst drei, vier Grad mehr – die Korallen sterben, und immer so weiter, bis wir bei siebzig Grad an der Reihe sind.

Für diese Welt ist Dein Text genau richtig. Uh, jetzt wird mir selber heiß; muss eben das Thermostat bisschen runterstellen. Wo war ich stehengeblieben?

Ah ja. Na ja, und bei dieser Hitze geht Schreibpapier in seine Urform – die Papyrusrolle vom Nil – zurück: Es rollt sich ein und wird bräunlich. Da iss nix mehr mit Lesen!

Wozu dann noch Texte in alter Manier schreiben, wenn es jetzt, kurz vor Ladenschluss, doch eh nicht mehr so drauf ankommt?

Deswegen; am Inhalt bzw. an der Handlung habe ich nichts zu mäkeln. Nur einige Unschönheiten in der Formatierung sind mir aufgefallen – aber das soll nicht viel bedeuten:

Ich wache auf und bin NACKT. Nackt im GEISTE, ...

Hier würde ich das zweite ‚nackt’ ebenfalls in großen Lettern schreiben, denn das erste ‚nackt’ ist doch identisch mit dem zweiten, oder?

das ALL; dieses RASEN in der BRUST – weil MEIN

ENDE​

naht?​

Hier scheint mir das durch zwei Leerzeilen weltenentfernte ‚naht’ im Widerspruch zu stehen mit seiner ureigensten Aussage – also: näher ran! Auch, weil es ja im wahren Leben auch nicht mehr sooo fern ist.



- ICH blicke HINAB in die SCHLUCHT der HYÄnen
die SICH wie ICH nach UNENDLICHkeit SEHnen -

Hier und anderswo hätte ich konsequenterweise gelöscht statt durchzustreichen.



Ich schleiche durch die Unterführung, das Echo meiner Schritte prallt von graffitibeschmierten Wänden ab HIER GIBT ES KEINE KUNST


Hier ist es umgekehrt – bitte Durchgestrichenes nochmals durchstreichen, weil: Jeder Graffito ist Kunst!!

I

ch könnte tagelang hungern. Ich könnte haufenweise verschreibungspflichte Medikamente schlucken. Ich könnte rauchen rauchen rauchen, bis meine Lungenflügel schwarz sind. Ich könnte ...
... hier böte sich ‚saufen’ an, jeden Tag zehn Eimer.

Oh, ich muss Schluss machen, meine Frau kommt (Die hat mir eigentlich verboten, diesen Text zu kommentieren. Aber, werde ich sagen, ich kenne Bas schon länger:)).

Beste Grüße und weiterhin viel Schaffenskraft!

José

 

»Ich bin Schriftsteller und habe vergessen, wie man schreibt.«

Die Erde ist das Sackgäßchen in der großen Stadt Gottes – die dunkle Kammer voll umgekehrter und zusammengezogner Bilder aus einer schönern Welt – die Küste zur Schöpfung Gottes – ein dunstvoller Hof um eine bessere Sonne – der Zähler zu einem noch unsichtbaren Nenner – wahrhaftig, sie ist fast gar nichts“ aus der „Auswahl aus des Teufels Papieren“ hat Jean Paul als Motto vor die Lebensbeschreibung (man könnte auch Entwicklungsroman sagen, aber ich bleib mal in J. P.s Terminologie) „Hesperus* oder 45 Hundposttage“ gestellt, in dem vom Welterkenntnis und Fantastischem, vom Ernsten bis Komischen alles vorkommt, was in einem Leben vorkommen kann incl. dessen, was gerade Wortkrieger von der Konstellation her besonders beschäftigt, die Liebe des Protagonisten zur Braut seines besten Freundes, die im 18. Jh. fürs flache Land mehr Risiken bot als in der feinen Gesellschaft des Rokoko. Und obwohl er in gesellschaftlichen Dingen nahe bei Schiller war (nicht mehr allein der Adel beherrscht die Bühne seit der Luise Millerin, später Kabale und Liebe) bezeichnet dieser jenen als aus dem Mond gefallen, denn mit Jean Paul ist der britische Humor und vor allem die Satire in der deutschen Sprache angekommen und ein „bescheidener Vorschlag zur Beseitigung der Hungersnot“ (Swift) wird heute noch jedem wehtun, dass ihm das Lachen vergehe.

Bei den „Hundposttagen“ kommt man schnell auf „Hundstage“, die ja auch den letzten Sommer meinen können (sehr Aufmerksam @josefelipe, wobei das Durcgestrichene, nur so am Rande, bleiben sollte, weil es a) ein technischer Defekt sein kann im Menü - s. o. recht vom unterstrichenen großen U, b) den Aufwand aufzeigt, den man im fertigen Werk gar nicht erkennt)

lieber Bas,

und den „hundert Jahren“ schnell auf „Hundert Jahre Einsamkeit“ (Márquez), dass ich mal behaupte, da wird ein Teil der Weltliteratur zu einem ganz anderen Zusammengedampft, denn auch das Leben eines Hundes ist kurz und je größer der Hund, umso kürzer sein Leben, wie bei Rimbaud. Denn den spür ich in den poetischen Teilen. Als 17- oder 18jähriger (kaufm. Lehrling!) lernte ich durch Henry Millers „der große Aufstand“ den gleichaltrigen, halt eben 100 Jahre früheren Rimbaud kennen und trug ihn in der Jacken-/Parkainnentasch bei Demos, Belagerung des Hauses Springer (zu Essen), dem ersten Lehrlingsstreik unserer schönen Republik und die Besetzung des Rathauses meiner Heimatstadt wegen Fahrpreiserhöhungen im öffentlichen Nahverkehr (was bei Straßenbahnen relativ einfach ist ...

Rimbaud, der in die frz. Literatur wie ein Orkan einbrach und nach der Kommune von Paris mit 18 oder 19 Jahren die literarische Welt hinschmiss, um – ich verkürz da gerne hin aufs Wesentliche – Waffenhändler zu werden.

Aber auch glaub ich zu erkennen, dass ein Hauch von Gottfried Keller (verhinderter Maler und Dramatiker, Feuerbachschüler, Hungerleider und auf einmal Staatsbeamter und Nationaldichter der Schweiz, obwohl sehr beeinflusst vom eher anarchischen Jean Paul, womit sich auch jetzt der Kreis der Namen schließen soll. Linkshegelianer ist Keller immer geblieben.) Ich schließe mit einem Eigenzitat mit angedeuteter Formatierung „Ein Fremder trifft einen Fremden und fragt: / Entschuldigen Sie, bin ich hier richtig? // Wo möchten S’ denn hin? // Immer fort, immer dort, wo gerad’ ich nicht bin“, („Bin ich hier richtig?“) begann am 10.01.2008 mein hierorts schwerer Weg, den ich heute relativ leicht nehme, Selbstironie ist Schutz und Waffe zugleich, mein Erbe von Jean Paul.

So viel oder wenig für jetzt vom

Friedel,

der am Ball bleibt, nicht nur, weil Poeten zusammenhalten müssen!

* Hesperos ist übrigens der Abendstern, den viele mit der Venus gleichsetzen. Aber muss die Venus eigentlich beide Posten (morgens wie abends) besetzen? Ist nicht das Paar Venus und Hesperos angenehmer, als Venus und Mars?

 

Hallo @Bas,

Experimente stellt man wohl online, um zu sehen, wie Leser darauf reagieren. Das gilt natürlich für alle Texte hier, aber bei einem Experiment ist es dem Autor vermutlich besonders wichtig, eine Rückmeldung zu erhalten, denn was wäre das Experiment ohne Ergebnis, ohne Erkenntnis, ohne Reaktion?

Ich sehe in dem Text keinen Wahnsinn, auch kein Scheitern im eigentlichen Sinn, auch wenn der Protagonist meint, das Schreiben verlernt zu haben.

Für mich ist Dein Text eine Art wabernder Gefühlszustandsgedankenstrom, der mit der Frage des eigenen Seins und des eigenen Schaffens ringt.

Ich frage mich, was das Experimentelle daran ist. Die Großschreibung, das Durchstreichen, die Formatierung? Das Stromartige als solches? Die Kombination aus all diesen Komponenten?

Der Inhalt ist es aus meiner Sicht jedenfalls nicht, denn mir kommen solche assoziativen Gedankengänge bekannt vor, wie sie wohl jeder mal hat, wenn er in einer Ausnahmesituation steckt (Alkohol, Krankheit, Migräne, emotionaler Ausnahmezustand, etc.). Man könnte es natürlich als Experiment ansehen, einen solchen Zustand zu verschriftlichen.

Spannend finde ich den letzten Satz:

Es liegt Schnee; aber ich hinterlasse keine Spuren.

Denn das beschäftigt wohl jeden, der schreibt und wahrscheinlich jeden Menschen im Laufe seines Lebens, ob er Spuren hinterlässt. Im Rahmen des Experiments ist es natürlich besonders doppeldeutig: Hinterlässt ein Schriftsteller mit diesem Experiment Spuren?

Ist das ein Hinweis auf den Autor hinter dem Experiment? Ich stelle das bewusst als Frage in den Raum, denn ich glaube, dass in einem solchen Text immer sehr viel vom Autor steckt, aber das mag auch alles konstruiert sein.

Dann wäre das Experiment, die Konstruktion eines Gedankenstroms, der mit dem ICH des Autors nichts gemein haben soll, der nicht einmal von ihm beeinflusst wird (weder bewusst noch unbewusst), sondern von einer geschaffenen, fiktiven Persönlichkeit stammt. Ist das dann aber nicht Schizophrenie? Kann sich der Autor völlig aus seinem Schreiben bis zur nicht-Existenz herausnehmen?

Das wäre in der Tat ein Experiment, bei dem ich mich dann aber frage: Wozu sollte der Autor das tun? Als Autor hat man ja immer auch eine Botschaft, sodass die Vernichtung der Autorenexistenz im eigenen Text auch die Vernichtung der eigenen Botschaft zur Folge hätte, was dann sicherlich keine Spuren hinterlässt.

Eigentlich schicke ich meine Kommentare seit geraumer Zeit nicht mehr ab, sondern entlasse sie in die Leere des Alls, doch hier die Ausnahme, denn mich reizt die Beantwortung der Frage, wie viel vom Autor in diesem Experiment steckt.

Gruß
Geschichtenwerker

 

Hi Bas
Ich stimme @Geschichtenwerker zu, doch vorerst noch meine Gedanken zum Inhalt: Es könnte sich um die Darstellung des Lebenswegs (Geburt/Leben/Tod) eines Individuums (Selbstreflektion), sei's vielleicht die Erde(?) Oder doch ein Lebewesen (Tier/Mensch?) handeln.
Die Dialoge schliessen ersteres aus, die Selbstbezeichnung als Schriftsteller legt mir nahe, hier setzt sich ein Autor mit seinem Gedankenstrom auseinander und versucht ihm durch geeignete Form Ausdruck zu verleihen.
So wie hier, wo ein Kalauer, kaum geboren, bereits zerknüllt das Ctrl-A Del nicht überlebt.
- ICH blicke HINAB in die SCHLUCHT der HYÄnen
die SICH wie ICH nach UNENDLICHkeit SEHnen -

[Edit: ... und inzwischen tatsächlich nicht überlebt hat. :D]

Vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen ...
Gemäss Einleitung zur Rubrik sollte ein Experiment nicht nur vom Inhalt her experimentell sein, sondern mit Form und Stil spielen. Das sieht im ersten Moment auch ganz danach aus: Spiel mit gROSS und kleinSCHREIbweise, dazu durchgestrichene (Teil-)Abschnitte, lauter unterschiedliche Bäume, auch exotische (ͶICHTS, VAMpir¿), die da rumstehen.

Fazit: Ich wandere staunend durch Wortspielereien, Kopfkino rollt an, doch am Ende werde ich das Gefühl nicht los, dass hinter der Formatierung bloss ein Potemkinsches Dorf steht. Bitte überrasche mich und erkläre mir das Experiment, vielleicht erkenne ich dann auch den Wald, sprich das Gesamtkunstwerk.

Gruss dot

 

»Ich bin Schriftsteller und habe vergessen, wie man schreibt.«

Moin Bas,

bei diesem Text ist fraglich, ob es überhaupt ein Experiment sei, wie zuvor in meinen ersten Texten auch (ich vermute mal, dass sich das Personal geändert hat, nein, ich weiß es jetzt sogar wieder) und sehn wir mal von ab, dass das größte Experiment überhaupt gleich einem Labor die belebte Erde ist, die durch die Krone der Schöpfung gefährdet wird, so ist ein Experiment zunächst und buchstäblich ein Versuch, der auch in die Hose gehen kann.

Aber,

lieber dot,

der Text ist aufgrund seiner Form schon Experiment, wie Du selbst ja vermutest, und die Attrappen potemkischer Dörfer (eigentlich der frischgebackenen Zarin Wohlstand vorzugaukeln) finden sich in jedem Theater oder jeder Lesung mit der Bühne oder dem Lesepult als Labor und was fürs „Experiment“ gilt, trifft auch für andere Kategorien zu. So wurde mir seinerzeit empfohlen, meine „Einsatzgeschichte“ (Eigenwerbung stinkt an sich, aber ein Beispiel sollte genannt werden) – ein Kürzestkrimi – in die Kategorie „Experiment“ verschieben zu lassen. Und da wär dann gefragt worden, wo denn da das Experiment wäre. So weit und kurz zum Schubladendenken: Jeder Text ist zunächst Experiment und ob es gelingt, entscheiden andere, gleichgültig in welcher Kategorie.
- Der text – es ist ja nur ein winziger, aber meine Finger zwingen mich immer wieder – trotz besseren Wissens – zur Kleinschreibung des „t“extes – hat sicherlich auch Aussagen, die Leute wie ich z. B. „hinein-interpretieren“. Aber eine Aussage ist sicherlich, dass immer Selbstzweifel bestehen, ob die aufgestellten Thesen auch richtig sind.

War ich überhaupt so früh schon mal hier? Auch ein Versuch.

Tschüss

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hei lieber Bas,

der Text ist wunderschön und tut schon körperlich weh, was für ein Parforceritt durch ein tragisches Leben (nicht ohne Witz dabei) – da dachte ich, die Hundstage seien heiß, und dein Erzähler läuft durch den Schnee …

Mir würden zwei Dutzend Interpretationen einfallen, zu dem, was ich gelesen habe, und die ändern sich teils von Zeile zu Zeile, aber das tut der Sache keinen Abbruch, ich muss nicht wissen, wer das ist oder wo genau wir sind, um dem Text folgen zu können, und den Eindruck haben, dass fast (*) alles so zusammenpasst und ein in sich ganz folgerichtiges Bild ergibt, eine in ihrer Zerrissenheit vollkommen (literarisch und psychologisch) stimmige Persönlichkeit. Durch diese Zerrissenheit des Prots bringst du eben auch eine extrem weitgefächerte emotionale Bandbreite rein, das ist wirklich gut gemacht.

Der Tonfall hat einen verrückten Drive, der genau zum Erzählten passt, und der es auch unmöglich macht, das Ganze aus der sicheren Distanz zu erleben.

Meine Lieblingsstellen:

Ich wache auf und bin NACKT; das LETZTE Hemd ist geSCHMOLzen; jetzt schreibe ICH die GeSCHICHTEN, für die die TinTE NICHT AUSreicht, puhle mit GLÜhend heißen NAdeln in den EITrig WEISSen WUNden; ziehe mit GLASigEN auGEN schwarze FETzen aus dem LEIB.
Ich seh das KIND, das ich WAR und es erKENNT mich NICHT wieDER; ICH frage: weißt DU noch daMALS? Es sagt: Ich sprech NICHT mit FREMDEN. ICH trag das GeWAND eines HENkerS und die MordLUST in der BRUST; pack das KIND, das ICH WAR; schlag es GRÜN, BLAU und SCHWARZ.
Das allein ist schon eine irrsinnig tolle Geschichte in sich.
»Ich bin Schriftsteller und habe vergessen, wie man schreibt.« / »… ?« / »Tut mir leid. Ich versuche … Ich versuche meinen Kopf auszuschalten.« / »Ja … Das merkt man.« / So funktioniert das nicht. Sie schaut mich an wie einen Triebtäter, sie hat Angst.

Ich könnte tagelang hungern. Ich könnte haufenweise verschreibungspflichte Medikamente schlucken. Ich könnte rauchen rauchen rauchen, bis meine Lungenflügel schwarz sind. Ich könnte
Irgendwie möchte ich anfangen, zu schreien ...
Der Arzt betritt den Raum und ich liege im Sterben, er hört mein Herz ab und seufzt und verstaut das Stethoskop in seinem … Beutel? / Mein Arzt ist ein Känguru. Er löscht das Licht; humpelt/hüpft weinend/lachend aus dem Krankenzimmer.
Schöner Surrealismus, und wie dort hat man trotz der Schrägheit eine echte Charakterisierung mitbekommen (nicht nur die wahnhafte des Erzählers).
Mama ist traurig & die Hebamme der Teufel.
Klasse Rhythmus, sehr hart, und - trotz dieser Eskalation in den Behauptungen - ganz unironisch.
Ich wache auf und liege im Sarg, ich klopfe klopfe klopfe, aber der Pfarrer ist zu laut.
Oh mann, ich weiß nicht, ob ich da lachen oder weinen soll ...

Eine wirklich tolle Geschichte, die das Schreiben an ihre Grenzen bringt, genau sowas würde ich gern mehr lesen und eben das findet man so selten.


Ein paar Sachen zu bedenken:

Ich wache auf und bin nackt. Mich plagen Fieberträume und ich weiß nicht, wo vorne und hinten ist.
Keine Ahnung warum, aber ‚vorne und hinten‘ finde ich ungelenk und hier unpassend plump oder kindisch – vllt ‚oben und unten‘? Das ist meine ich auch die Redensart. (Oder etwas ganz eigenes, das nicht oft verwendet wird?)

Wo sind die graffitibeschmierten Unterführungen mit
Ich schleiche durch die Unterführung, das Echo meiner Schritte prallt von graffitibeschmierten Wänden ab.
Das ist ein echt auffälliges Wort auf so kleinem Raum. Beim ersten Mal fände ich es entbehrenswert.

(*) Damit komme ich zu dem einzigen Problem, das ich mit dem Text habe: Die ganze Geschichte lebt davon, dass man nicht genau weiß, wo und wann das stattfindet, und eben das gibt dem Erzähler so etwas Allgemeingültiges, allgemein Menschliches, was alles von einem einzelnen persönlichen Schicksal abhebt und eben so besonders tragisch macht. Die ‚Graffiti‘ bringen das in eine Zeit zwischen den 80ern und der näheren Zukunft, und man denkt an eine Großstadt mit ihren ‚Ghettos‘.
Das allein ist noch okay (für mich ein bissl schade, weil ich ein dezent anderes Bild im Kopf hatte, dem sonst nix widersprach); aber dann kommt der ganze Absatz mit den christlichen Referenzen. Plötzlich wird damit die Stimme extrem eingeschränkt in eine Geisteshaltung, Historie und in eine ganze Menge von – für mich extrem negativer, politisch hochaktueller – Zusammenhänge im Hier & Jetzt, in meiner Welt, die ich gerade auf einer wilden Jagd verlassen hatte. Ich fand es recht schwer, im Setting zu bleiben, und auch, danach wieder reinzukommen. Auch kann ich da emotional nicht mitgehen, weil das so vielgenutzte Bilder sind, die schon so starke Eigenbedeutungen haben, damit verliert dein Text die individuelle Stimme, durch die er sonst so stark ist. Für dich hat das sicher eine Logik (oder emotionale Logik oder einfach nur einen guten Symbolcharakter), aber wie gesagt nagelt es den wunderschön freien Text an die soziokulturelle Wand.

Mir ist allerdings auch völlig klar, dass mein Einwand nicht taugt, den Text zu ändern – solche eng konzipierten Geschichten funktionieren meist nur, wie sie sind, da kann man nichts groß umstellen, streichen oder ändern, sonst verliert alles seine eigenwillige Stimme. Das ist also mehr eine Anmerkung, als tatsächlich die Anregung, damit etwas anzufangen.

Ich lese deinen Text bestimmt noch ein paar Mal (oder ein paar Dutzend Mal), und freue mich, sowas hier zu finden!

Liebste Grüße (und: Mennö, du hast mich überholt mit dem Schreiben! :lol: Ich war aber auch fleissig.),
Katla

 

Hallo @Willi,

ich danke dir vielmals für deine Rückmeldung! War für mich nicht selbstverständlich, dass jemand etwas zu dem Text sagt, ich glaube nämlich, mir wäre es selbst schwer gefallen, da die "richtigen" Worte zu finden, denn das

der Text hinterlässt mich einigermaßen verstört und etwas ratlos ...

war zu erwarten.

Ich habe gemerkt, dass es hier viel schwerer ist, auf die aufkommenden "Kritikpunkte" einzugehen als bei einer "normalen" Geschichte, und wenn jemand mit der Art und Weise, wie ich mich mit den Kommentaren auseinandersetze, nicht einverstanden ist, tut's mir leid.

Du hast den Text offenbar hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt "Schriftsteller mit Schreibblockade wird wahnsinnig" gelesen. Das ist eine naheliegende Interpretation, wie ich finde, aber ja, es gibt dem Ganzen, wie du ja auch selbst sagst, einen Hauch von Banalität.
Keine Ahnung, ob das nachvollziehbar ist, aber in meinen Augen ist der Erzähler nur zufällig Schriftsteller, er könnte ebenso gut ... Bäcker sein. Aber eben einer, dessen Wahrnehmung gefährlich ins Wanken gerät. Wahnsinn wäre es also in dem Sinne, dass er zu tief in die Innenwelt abtaucht und ihm dabei die Außenwelt wegbröckelt, mitsamt der Rettungsringe, an die er sich klammern kann. Die kommen dabei dann halt zwangsläufig auch dem Leser abhanden, weil er ja im Erzählerkopf sitzt, und im besten Falle taucht er einfach mit ab, im blödsten Falle hält er alles für Wirrwarr und Humbug, auch das könnte ich nachvollziehen.

Der Text erinnert mich ein wenig an ein Kaleidoskop

Das Bild hat mir übrigens wahnsinnig :schiel: gut gefallen.

Der Schreibstil unterstützt die Aussage des Wahnsinns, kostet den Text aber auch einiges an Lesbarkeit. Ich weiß nicht, ob das in der Konsequenz nicht ein zu hoher Preis ist.

Meinst du damit die Formatierung, also das Großgeschreibe? Ja, darüber ließe sich bestimmt streiten, und dass dabei der Eindruck potemkischer Dörfer, wie @dotslash sagt, entstehen kann, ist auch klar. Ich hatte beim Schreiben das Gefühl, dass diese Großschreibstellen einen kraftvolleren Rhythmus haben, der dann den anderen, ruhigeren Stellen gegenübersteht. Als würde das Herz des Erzählers dort besonders stark pochen. Weiß nicht, ob ich mir das nur zurechtgesponnen habe und das außer mir niemand sonst so auffasst.

Zu der Funktion der Figuren, die du ja nicht richtig erkennen konntest: Ich hatte die Hoffnung, dass das die Entfremdung noch ein wenig untermalt, also dass die so ... quasi sinnleer dastehen und eben keiner Funktion nachgehen, außer den Erzähler noch weiter auf's Meer hinauszutreiben.

Wie gesagt, vielen, vielen Dank für deine Rückmeldung, hat mich auf jeden Fall weitergebracht.

Hallo @josefelipe,

wie schön, dass du dich über das Verbot deiner Frau hinweggesetzt hast :D Was sie wohl dazu veranlasst hat?

Ich hab mich sehr über deine "Unschönheitenkorrekturen" gefreut, weil die fast allesamt den Nagel auf den Kopf getroffen haben, hab sie gleich übernommen, merci.

Und natürlich hab ich mich auch über deine Interpretation gefreut, die meiner eigenen glaube ich ziemlich nahe kommt. Ganz so weit wie von dir beschrieben ist es ja aber zum Glück noch nicht und wenn man die Augen aufmacht, ist auch nicht mehr alles schwarz.

Vielen Dank für deinen Besuch! Und liebe Grüße an deine Frau :shy:

 

Hallo @Friedrichard,

Als 17- oder 18jähriger (kaufm. Lehrling!) lernte ich durch Henry Millers „der große Aufstand“ den gleichaltrigen, halt eben 100 Jahre früheren Rimbaud kennen und trug ihn in der Jacken-/Parkainnentasch bei Demos, Belagerung des Hauses Springer (zu Essen), dem ersten Lehrlingsstreik unserer schönen Republik und die Besetzung des Rathauses meiner Heimatstadt wegen Fahrpreiserhöhungen im öffentlichen Nahverkehr (was bei Straßenbahnen relativ einfach ist ...

Lustig, dass du erwähnst, dass du in frühen Jahren Henry Miller gelesen hast, das sah bei mir nämlich ähnlich aus. Ich war begeistert nach seinem Wendekreis und habe mich dann durch das gesamte Werk gekämpf, und Mensch, gegen Ende wurde es dann tatsächlich ein Kampf, der Kerl hatte einfach zu viel im Kopf und hat sich nicht mal die Mühe gegeben, seine Gedanken irgendwie zu ordnen, die purzelten einfach so raus! (Ganz zu schweigen vom Opus Pistorum, sofern das denn überhaupt wirklich von ihm war.) Das kann nach dem zwanzigsten Buch dann auch mal ermüdend sein, so einem Laberkopf zuzuhören ... Aber: Für den "Jüngling" ohne Ansprechpartner gibt es kaum eine bessere Lektüre, um in die Welt der Literatur eingeführt zu werden, und außerdem finden sich immer wieder wunderbare Perlen zwischen seinen teils trockenen Ausschweifungen.

Bei den „Hundposttagen“ kommt man schnell auf „Hundstage“, die ja auch den letzten Sommer meinen können

Die heißen Hundstage waren für mich hier ein Hinweis auf die Hölle (auf Erden), womit sich der Kreis dann wieder schließt, habe ich ja kürzlich erst Rimbauds "Une saison en Enfer" gelesen.

Ja, von daher finde ich es schön und interessant, dass der Text bei dir diese Assoziationen weckt, auf irgendeiner Ebene haben die hier nämlich sicher ihren Teil beigetragen.

Womit ich dann auch gleich den Bogen zum Kommentar vom @Geschichtenwerker spannen kann:

Eigentlich schicke ich meine Kommentare seit geraumer Zeit nicht mehr ab, sondern entlasse sie in die Leere des Alls, doch hier die Ausnahme, denn mich reizt die Beantwortung der Frage, wie viel vom Autor in diesem Experiment steckt.

Freut mich, dass der Text dich aus der Versenkung locken konnte :shy:

So, wie ich das lese, stellen sich dir zwei Fragen: Was ist da jetzt das Experiment?, und die eben zitierte. Die erste hast du dir glaube ich schon ganz gut selbst beantwortet:

Für mich ist Dein Text eine Art wabernder Gefühlszustandsgedankenstrom, der mit der Frage des eigenen Seins und des eigenen Schaffens ringt.

Ja, so was in der Art wohl, wobei das dich ja offenbar nicht zufriedenstellt, denn du sagst:

Ich frage mich, was das Experimentelle daran ist. [...] Der Inhalt ist es aus meiner Sicht jedenfalls nicht, denn mir kommen solche assoziativen Gedankengänge bekannt vor, wie sie wohl jeder mal hat, wenn er in einer Ausnahmesituation steckt (Alkohol, Krankheit, Migräne, emotionaler Ausnahmezustand, etc.).

Ich habe weiter oben schon gesagt, was da meine ungefähre Intention war: Die Welt(sicht) des Erzählers so sehr ins Wanken geraten zu lassen, dass das Fundament bröckelt, dass das weitestgehend bewusstseinsgesteuerte, rationale Denken dem ungefilterten (nackten) Unterbewusstseins-"Gefühlszustandsgedankenstrom" weicht, und das dann eben zu verschriftlichen. Die anderen von dir angesprochenen Sachen, Formatierung etc. waren dann halt Begleiterscheinungen des "Freimachens".

Auf die Frage, wie viel Autor da drin steckt, weiß ich nicht so recht, was ich antworten soll bzw. was deine Intention hinter der Frage ist.
Ich glaube ja, grundsätzlich den "Trend" zu erkennen, dass der Autor sich weitestgehend aus seinem Geschreibsel herauszunehmen hat, verstehe auch den Sinn bzw. die Absicht dahinter, was aber nicht bedeutet, dass ich es gutheiße. Kommt natürlich immer auf den Kontext an.
Hier würde ich jedenfalls sagen, dass überdurchschnittlich viel Autor im Geschriebenen steckt, falls das deine Frage beantwortet, ich habe also nicht versucht, die "Autorenexistenz" zu zerstören, im Gegenteil. Macht es das weniger experimentell? Ich fand es sehr spannend und interessant.

Vielen Dank euch beiden für die Auseinandersetzung mit dem Text!

Bis bald,

Bas

 

Hallo @dotslash,

erst Mal vielen Dank für deine Rückmeldung :)

(Kennst du das, wenn du keine Struktur in deine Gedanken bekommst und sich das dann auf deinen Kommentar niederschlägt? Es fühlt sich gerade ein bisschen so an, als müsste ich ein Haus aus Legosteinen und Playmobilbauteilen zusammenschustern, also bitte nicht wundern.)

Bitte überrasche mich und erkläre mir das Experiment, vielleicht erkenne ich dann auch den Wald, sprich das Gesamtkunstwerk.

Bezüglich Inhalt und Form und was daran in meinen Augen das Experiment darstellen soll, bin ich bereits ausführlich eingegangen, deshalb bin ich jetzt einfach mal so frech und verweise dich auf meine beiden vorangehenden Kommentare :schiel: Ob dir das genügt, ob es dich den Wald erkennen lässt? Ich hoffe es, könnte aber genauso gut nachvollziehen, wenn das nicht der Fall ist. Das hier:

Ich wandere staunend durch Wortspielereien, Kopfkino rollt an

empfinde ich aber schon als "Erfolg". Klar, möglicherweise ließe sich da an irgendwelchen Reglern drehen, um das Ganze ... strukturierter zu gestalten, oder, um bei deiner Metapher zu bleiben, um die Bäume fein säuberlich in einen Wald einzupflanzen.
Ich habe zwischenzeitlich mit dem Gedanken gespielt, es in eine deutlich abgegrenzte Rahmengeschichte einzubetten, aber das würde dann wieder den ursprünglichen Plan des Freimachens über den Haufen werfen.

Ich könnte dich an dieser Stelle auch auf den Kommentar von Katla verweisen, und damit komme ich jetzt zu dir,

liebe @Katla -

dein Kommentar war natürlich eine wahre Wohltat, weil er mir gezeigt hat, wie man den Text lesen kann und dass er auf diese Weise dann auch "befriedigt".

Vielen Dank für das Aufzeigen der Stellen, die dir gefallen haben :schiel:, danke auch für das Aufzeigen der kleinen Schwachstellen - die habe ich gleich ausgebessert -, das größte Dankeschön bekommst du aber für das Offenlegen der größten Schwäche des Textes. Wenn das, was du in deinem Schlusssatz sagst - Ich lese deinen Text bestimmt noch ein paar Mal (oder ein paar Dutzend Mal) - stimmt, dann hast du bestimmt schon bemerkt, dass die Stelle mit den religiösen Bezügen wieder verschwunden ist. Ja, ich stimme dir da nämlich vollkommen zu. Diesen Abschnitt hatte ich erst nachträglich eingefügt, und zwar hauptsächlich nur deshalb, weil ich den Rhythmus des Textes noch im Kopf hatte und er sich so spaßig schreiben ließ :shy: Aber inhaltlich passte er einfach gar nicht. Allgemeingültig, allgemein menschlich hat sich der Rest für dich angefühlt, und das ist wichtig, glaube ich, dass diese teils wirren Bilder, die im Text beschrieben werden, so oder so ähnlich jeder irgendwie schon mal "gesehen" und gefühlt hat. Der @Geschichtenwerker nannte das einen "Gefühlszustandsgedankenstrom" und sagte

mir kommen solche assoziativen Gedankengänge bekannt vor, wie sie wohl jeder mal hat, wenn er in einer Ausnahmesituation steckt (Alkohol, Krankheit, Migräne, emotionaler Ausnahmezustand, etc.)

Es muss also allgemeingültig bleiben, damit es funktioniert, wie ich es gerne hätte. Was es bei dir ja glücklicherweise getan hat - was mich wiederum sehr gefreut hat :)

Bis bald,

Bas

 

Hallo @Bas,

nachdem ich ein zweites mal genannt wurde, möchte ich wenigstens noch kurz auf Deine Frage eingehen, ob der Text weniger experimentell ist, weil Du Dich als Autor gerade nicht zurückgenommen hast.

Das ist eine schwierige Frage.

Friedrichard hat dazu weiter oben schon ausgeführt:

Jeder Text ist zunächst Experiment und ob es gelingt, entscheiden andere, gleichgültig in welcher Kategorie.

Für mich gibt es, neben vielleicht weiteren, zwei Blickrichtungen, die auf den Autor und die auf den Text selbst, sprich: Ist es für den Autor ein Experiment? Und ist der Text selbst ein Experiment?

Für Dich als Autor war er natürlich ein Experiment, denn Du hast selbst ausgeführt:

Ich habe weiter oben schon gesagt, was da meine ungefähre Intention war: Die Welt(sicht) des Erzählers so sehr ins Wanken geraten zu lassen, dass das Fundament bröckelt, dass das weitestgehend bewusstseinsgesteuerte, rationale Denken dem ungefilterten (nackten) Unterbewusstseins-"Gefühlszustandsgedankenstrom" weicht, und das dann eben zu verschriftlichen. Die anderen von dir angesprochenen Sachen, Formatierung etc. waren dann halt Begleiterscheinungen des "Freimachens".

Die andere Frage ist, ob der Text auch aus Sicht des Lesers experimentell ist, in dem Sinne, wie es dotslash ausgeführt hat:

Gemäss Einleitung zur Rubrik sollte ein Experiment nicht nur vom Inhalt her experimentell sein, sondern mit Form und Stil spielen.

Hier habe ich eher Schwierigkeiten, das Experimentelle zu erkennen, denn wie Du auch selbst sagst, resultieren die Formatierungen aus Deinem Experiment, den Gefühlszustandsgedankenstrom zu verschriftlichen. Aber am Ende ist das auch eher eine Formalfrage, auf die es aus meiner Sicht nicht so sehr ankommt.

Damit bleibt aber noch die Frage, ob der sichtbare Anteil des Autors im Text Einfluss darauf hat, wie experimentell er ist.

Zunächst hat mich das interessiert, weil man den Text auch als Hilferuf eines Autors lesen kann, was mich übrigens überrascht hätte, wenn wie dies zugetroffen hätte.
Ferner stellt sich die Frage, ob man einen Gefühlszustandsgedankenstrom schreiben kann, der quasi nicht der eigenen (Autoren-)Person entspringt. Das halte ich für fast ausgeschlossen, weil man eben nur sich selbst kennt und nicht wirklich weiß, wie andere Menschen denken und fühlen. Insofern ist ja auch alles, was wir hier tun, ein Kunstprodukt. Als Autor kann man sich eine Figur und ihre Gefühle nur vorstellen, ausdenken, modellieren, aber das heißt nicht, dass man tatsächlich wüsste, was in anderen Menschen vor sich geht. Wahrscheinlich funktioniert deswegen auch das "Zeigen" so gut in Texten, weil wir Menschen darauf programmiert sind, aus Gesten und Verhaltensweisen auf die Gefühlslage andere Menschen zu schließen und gerade nicht ihre Gedanken lesen können (darüber hinaus widerspricht ja die geäußerte Gefühlslage oftmals der tatsächlichen, wobei sich die tatsächliche eben im Verhalten widerspiegelt).

Damit kann also aus meiner Sicht der Gefühlszustandsgedankenstrom nur zum großen Teil von dem Autoren selbst stammen, woraus resultiert, dass eben sehr viel vom Autoren darin stecken muss.

Dies hast Du jetzt quasi für mich bestätigt.

Dadurch wird aber der Text als solcher durch den Autoreneinfluss aus meiner Sicht tatsächlich weniger experimentell, auch wenn er meine These bestätigt, weil Du gar nicht anders kannst, als Deinen eigenen Gefühlszustandsgedankenstrom zu verschriftlichen (natürlich künstlich hervorgerufen).

Ich glaube nicht, dass die Antwort in irgendeiner Weise hilfreich für Dich ist, aber was soll's. Schließlich hast Du mich mit dem Text schon aus der Versenkung geholt, jetzt musst Du auch mit ihr leben. :D

Gruß Geschichtenwerker

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Bas

Ich seh das KIND, das ich WAR und es erKENNT mich NICHT wieDER; ICH frage: weißt DU noch daMALS? Es sagt: Ich sprech NICHT mit FREMDEN.

Das ist gross. Ich könnte heulen, wenn ich diese Sätze lese. Meine ich ernst.

Mein Arzt ist ein Känguru. Er löscht das Licht; humpelt/hüpft weinend/lachend aus dem Krankenzimmer.
Ich liege auf dem Sterbebett/Geburtsbett & meine Eltern streiten ich kann sie auch im Dunkeln hören Papa ist besoffen & Mama ist traurig & die Hebamme der Teufel.

Ebenfalls eine tolle Passsage. Ich glaube, das "Mama ist traurig" ist mir dann aber doch zu viel, obwohl es natürlich in den kindlichen Duktus passt, den du hier hast. Ich kann nicht so recht sagen, was mich stört, vielleicht, weil die Verbindung "Vater besoffen - Mutter weint" doch etwas zu abgegriffen ist.

An einigen Stellen gibst du ordentlich Gas, das braucht grossen Mut, sowas. Da hast du so viel Schiffbruch-Potential, ein solcher Text kann ganz leicht mal kippen, denke ich mir, wegen Leib und Fetzen und Mordlust und glühenden Augen. Aber du bleibst da einfach am Limit, sodass der Text, wenn man sich auf ihn einlässt, nicht nur berührt, sondern auf der Haut brennt.

Eine einzige Stelle war mir diesbezüglich dann doch too much:

nur
MORD
HASS
und
KRIEG.

Ja, lieber Bas. Das hat mir sehr gut gefallen. Ich finde, dass die gelegentlich Grossschreibung zusätzliche Assoziationen ermöglicht, das lesende Gehirn gewissermassen in einen erhitzten Zustand versetzt. Auch die durgestrichenen Passagen erscheinen mir geglückt, du hast die "experimentellen" Hilfsmittel der formalen Gestaltung konsistent und begründet verwendet und dich damit vor der Gefahr bewahrt, diese bloss um ihrer selbst Willen einzusetzen.

Ein Wunder, dass ich bei diesem Text noch auf ein fehlendes Komma geachtet habe:

Ich seh das KIND, das ich WAR [KOMMA] und es erKENNT mich NICHT wieDER

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hallo @Geschichtenwerker,

freut mich, dass du deinen Gedankengang noch mal ausführst, ich hab dich ja nicht umsonst ein zweites Mal erwähnt :Pfeif: Ich fand es nämlich sehr interessant, was du diesbezüglich gesagt hast, wusste nur nicht, ob es vollkommen verstehe ... Aber ja, tu ich jetzt, und die Frage, die du da stellst - könnte man so etwas auch aus Nicht-Autoren-Sicht schreiben - finde ich auch sehr spannend. Das wäre tatsächlich mal ein Experiment, so etwas zu versuchen; sich, so weit, wie es geht, selbst auszublenden und in eine andere Person hineinzuversetzen und dann ihre nackten Gedanken zu verschriftlichen. Aber wie du ja sagst - einfach ist das nicht, wenn nicht sogar unmöglich. Aber würde man sich das zumindest mal als Ziel setzen, käme man dieser "anderen Person" wohl sehr, sehr nah - oder halt dem, was man denkt, was die andere Person ist, oder so :shy:

Ich glaube nicht, dass die Antwort in irgendeiner Weise hilfreich für Dich ist, aber was soll's. Schließlich hast Du mich mit dem Text schon aus der Versenkung geholt, jetzt musst Du auch mit ihr leben.

"In irgendeiner Weise" ist sie sicher hilfreich, vielleicht sensibilisiert sie mich ja beim nächsten Mal hinsichtlich des Eintauchens in einen "fremden" Charakter. Zumindest habe ich seit der Auseinandersetzung mit dieser Frage große Lust, einen von mir, dem Autor, komplett losgelösten Charakter zu "erschaffen" - mal gucken, was dabei rumkommt. Bin jedenfalls immer noch froh, dass du nicht mehr in deinem Loch sitzt und mich an deinen Gedanken teilhaben lassen hast :thumbsup: Danke dafür und bis bald.

Hallo @Peeperkorn,

Das ist gross. Ich könnte heulen, wenn ich diese Sätze lese. Meine ich ernst.

Ja, das liest man, lese ich, natürlich unglaublich gerne. Jeder Autor will mit seinem Geschreibsel im besten Fall berühren, denke ich, und immer mal wieder habe ich den Eindruck, dass mir das nicht gelingt. Da tut so 'ne Aussage natürlich sehr gut. Im besten Fall sollte der Text

wenn man sich auf ihn einlässt, nicht nur berührt, sondern auf der Haut brennt.

(stimmt jetzt halt grammatikalisch nicht, so what), er sollte wehtun und verstören, indem er an genau den Stellen juckt, wo man beim Kratzen nicht drankommt. Super, dass das bei dir stellenweise geklappt hat.

Bezüglich der zwei Passagen, wo das Schiff für dein Empfinden zu nahe an den Felsen schrammt, überlege ich mir mal noch was. Die Mord-Hass-Krieg-Stelle ist wohl wieder größtenteils dem Rhythmus geschuldet, der mir da einfach sehr gefiel, dass ich dabei inhaltlich über die Stränge schlagen könnte, habe ich einfach ausgeblendet. Einfacher wird es wohl, die Stelle mit der traurigen Mama ein wenig aus der "Beliebigkeit" zu holen, schaue ich mir dann in Ruhe noch mal an.

Ein Wunder, dass ich bei diesem Text noch auf ein fehlendes Komma geachtet habe

Ich glaube, da gibt es sogar noch mehr fehlende Kommas, die fehlen aber größtenteils bewusst, aus ... ästhetischen Gründen, oder so. Hier werde ich es aber ergänzen, merci.

Ich finde, dass die gelegentlich Grossschreibung zusätzliche Assoziationen ermöglicht, das lesende Gehirn gewissermassen in einen erhitzten Zustand versetzt.

Keine Ahnung, ob du vorher schon meine Beweggründe dazu gelesen hast, da sage ich im Grunde dasselbe. Vor 'ner Weile bin ich in irgendeiner Literaturzeitschrift auf Gedichte gestoßen, die die Großschreibung auf ähnliche Weise als Stilmittel benutzt haben (da wurde auch 1 statt ein geschrieben). Ich fand es schrecklich, wie das Textbild da verhunzt wurde, ist doch wunderschön, so ein Textblock mit sauber aneinandergereihten Wörtern, wie eine Melodie. Ich kann also gut verstehen, wenn man hier gar nicht erst Bock drauf hat, sich auf den Inhalt einzulassen, einfach, weil das Textbild nicht ästhetisch aussieht - umso mehr freut es mich, dass das bei dir nicht der Fall war und sogar funktioniert hat.

Danke für deine Rückmeldung, Peeperkorn, und bis bald,

Bas

 
Zuletzt bearbeitet:

Wenn das, was du in deinem Schlusssatz sagst - Ich lese deinen Text bestimmt noch ein paar Mal (oder ein paar Dutzend Mal) - stimmt, dann hast du bestimmt schon bemerkt, dass die Stelle mit den religiösen Bezügen wieder verschwunden ist. Ja, ich stimme dir da nämlich vollkommen zu. Diesen Abschnitt hatte ich erst nachträglich eingefügt, und zwar hauptsächlich nur deshalb, weil ich den Rhythmus des Textes noch im Kopf hatte und er sich so spaßig schreiben ließ :shy:

Lieber Bas,
ja, das stimmt, und ja, habe ich bemerkt - Hammer, das klingt so viel besser!!! Irgendwie bin ich froh, dass du den Teil aus Spaß geschrieben hattest, und wie schräg, dass der tatsächlich nicht von Anfang an dazu gehörte! Ich hatte mich schon gefragt, ob ich dir mit dem Streichvorschlag irgendwie zu nahe treten könnte (aber dann wieder dachte ich, "Nee, der Bas ist kein religiöser Fanatiker, mach mal".) ;)

wo oben unten unten ist.
Freut mich, dass du das geändert hast, klingt viel schöner - nur guck mal, da ist ein 'unten' statt dem 'und' eingerutscht.


Ich fand das mit der 'traurigen Mutter' übrigens gut, das hat bei mir funktioniert - weil der Tonfall hier eher kindlich-naiv ist, und weil die Phrase durch die Hebamme/Teufel-Sache so schön gebrochen wird. Wenn das mit der Mutter wesentlich mehr sophisticated käme (also so, wie man das in einem Text mit mehr fortlaufender, geordneter Erzählweise besser schreiben würde, das sehe ich auch so), dann würde der zweite Satzteil mit dem Teufel nicht mehr so stark sein, denn der Kontrast könnte verloren gehen. Just saying ...

Liebe Grüße nach N.
:kaffee: Katla

 

Hey @Katla,

Hammer, das klingt so viel besser!!!

Drei Ausrufezeichen!!! :eek: Dann hab ich wohl alles richtig gemacht :schiel:

nur guck mal, da ist ein 'unten' statt dem 'und' eingerutscht.

:Pfeif:, merci.

Ich fand das mit der 'traurigen Mutter' übrigens gut, das hat bei mir funktioniert - weil der Tonfall hier eher kindlich-naiv ist, und weil die Phrase durch die Hebamme/Teufel-Sache so schön gebrochen wird.

@Peeperkorn hatte angemerkt, dass es womöglich an der abgegriffenen Verbindung von "Papa besoffen - Mama traurig" liegen könnte, dass ihm das nicht gefällt. Ich überlege, es zu ändern in "Papa ist weg & Mama ist traurig & die Hebamme der Teufel", aber mal sehen. Einerseits gefiele mir das von der Wortwahl besser, besoffen ist so ... weiß nicht, andererseits finde ich das Bild vom Besoffski stärker, möglicherweise auch nur, weil es sich jetzt schon so bei mir festgesetzt hat. Mal schauen.

Danke jedenfalls für deine erneute Rückmeldung, ist immer schön, wenn ein Text jemanden dazu anregt, sich länger mit ihm zu beschäftigen.

Liebe Grüße und bis bald,

Bas

 

ʃaːt‘ drʊm,

ba:s,

das kat‘la: ʃon ɑ̃ˈpfoːlən hat,
ˈandɐnfalz hɛt ɪç ɛs jɛt͡st ɡə‘ta:n.
Zoː blaɪ̯pt miːɐ̯ nuːɐ̯ -
zoː laʊ̯t ʃrift ɛs kan,
t͡suː lo:bn ʊnt ɡʁaːtuli:ʁən!

Het dantə ‘fri:txən
ɪm ha'ni:bal'fi:bʁən

 

Hallo Friedel,

jetzt hab ich's gesehen und im zweiten Anlauf hab ich's dann auch verstanden :schiel: Danke vielmals! Auch dafür, dass du die Veröffentlichung hier überhaupt erst vorgeschlagen hast. Hat sich ja gelohnt, wie du siehst. Deinen Empfehlungstext hätte ich natürlich auch gerne gelesen, aber dann hätte ich vielleicht den von @Katla verpasst - man kann nicht alles haben.

Viele Grüße an einen hoffentlich nicht allzu niedergeschlagenen @Friedrichard, nachdem die ha'ni:bal'er jetzt ja ausgeschieden sind.

Bas

 

Hallo @Bas,

Ich wache auf und bin nicht mehr ICH, ich lese Sätze, die ICH geschrieben habe und wundere mich, schüttle den Kopf und wende mich ab aber wende mich nicht ab.
Merkwürdig, wie mir dieser durchgestrichene und geänderteTeilsatz immer wieder im Alltag in den Kopf gekommen ist. Ich habe das Gefühl, mich hautnah am Protagonisten/Schreibenden zu befinden, der mich hier direkt an seinem Denkprozess teilnehmen läßt. Dieses Durchstreichen gibt es ja eigentlich gar nicht mehr, man würde es löschen. Dadurch, dass es da durchgestrichen steht, wirkt es so intim auf mich, macht den Schreibenden nackt und verletzlich.

Ich wache auf und bin NACKT. NACKT im GEISTE, nicht am Leib; ich verstehe NICHT, WAS SIE antreibt und habe keinen ANtrieb, SIE zu verstehen. Ist das die TOLLWUT, von der SIE REden? Der GeDANKE an das ALL; dieses RASEN in der BRUST – weil MEIN
ENDE​
naht?​
Hier meine ich eine Stimme zu hören, sehr eindringlich, die flackert wie eine Kerze.


Es sagt: Ich sprech NICHT mit FREMDEN. ICH trag das GeWAND eines HENkerS und die MordLUST in der BRUST; pack das KIND, das ICH WAR; schlag es BLAU, GRÜN und SCHWARZ.

Ich wache auf und bin nackt und der Wind streicht durch's Gras. Die Grille zirpt am Berghang. Ich habe vergessen, wie man sich hier zurechtfindet, ich brauche Chaos zur Orientierung: Wo sind die lärmenden Autos, wo die streitenden Eltern?

Hier fasziniert mich der Wechsel zur "normalen" Schrift. Paßt perfekt zum Inhalt, der Bewußtseinszustand hat sich geändert. Es wäre auch interessant, diesen Text als Lesung zu hören, wie verschieden man das sprechen müßte.

CH lass das ALL explodieren; es hat dem Mensch nicht geholfen; & vielleicht schätzt man das UNTEN; wenn es das OBEN nicht gibt. ICH sah die KNOCHIGE ALTE; SIE mischte TRÄNKE zur HEILUNG; SIE wurd BESPUCKT & GETRETEN & am BAUM AUFGEKNÜPFT.
Mythische Bilder, wie in Trance. Vom Menschen zur Menschheit. Ich bewundere die Freiheit, die du dir nimmst, sowohl inhaltlich, als auch formal.


Mein Arzt ist ein Känguru. Er löscht das Licht; humpelt/hüpft weinend/lachend aus dem Krankenzimmer.
Großartig.

Mich würde ja schon sehr interessieren, wie dieser Text entstanden ist, ich habe wilde Ideen dazu. Und die Empfehlung von @Katla finde ich absolut berechtigt. Herzlichen Glückwunsch, lieber Bas

von Chutney

 
Zuletzt bearbeitet:

Привeт Bas Majakowski,

hast du schön gemacht, wollt ich nur mal zwischendurch sagen.

Kritik gibt's diesmal keine. Nur eine Idee, die mir spontan gekommen ist:

Wie wär das wohl, statt:
-- "Mein GOTT! Was passiert hier?"
so:
- "Mein GOTT! Was passiert hier?"

Eine Idee, wie gesagt, kein Vorschlag. Ich find es nur reizvoll, zu überlegen, ob das (zu) schwülstig wäre. Wahrscheinlich. Oder? Na, lass es besser so, wie es ist. :)

Besten Gruß
erdbeerschorsch

P.S.: Ach, ich hab was Wichtiges vergessen: :huldig:
So, jetzt aber genug geschwafelt.

 

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