Hallo, @LeaSchmuck und herzlich Willkommen im Club.
Wie @josefelipe schon schreibt, ist deine Geschichte gut zu lesen, Stil und Ausdruck sind angenehm, und der narrative Bogen stimmig. Und wie er auch schreibt: Mach dich auf durchaus kritisches Feedback gefasst, und nimm es als Anregung, Motivation, Unterstützung wahr, deine Texte und dein Schreiben zu verbessern un dazuzulernen.
Das Schöne ist, dass im Forum alle erdenklichen Geschichtenschreiber auf allen erdenklichen Niveaus vertreten sind, man von vielen lernen kann, aber auch als Neuling bereits mit seinem Feedback anderen helfen kann.
Zu deinem Text:
Wenn alles still ist und du nur die leise Luft hörst, die du hektisch ein und aus atmest. Wenn sich dein Brustkorb auf und ab bewegt und deine Lunge schmerzt. Wenn deine Wangen nass von den Tränen sind, die nicht aufhören wollen zu laufen.
Ich würde die von dir gesetzten "Klammern" herausnehmen. Dadurch wird es deutlich lesbarer. Ich bin schon beim Lesen des ersten Satzes kurz gestolpert, und das muss ja nicht sein. Mir fehtl hier - anders als josefelipe aber kein "Dann" ... das "dann" ist der letzte Absatz der Geschichte, und gleichzeitig der Titel. Und diese Klammer wiederum darfst du gerne behalten.
Ich saß nichtsahnend am Küchentisch und aß mein Müsli, als meine Mutter mit einem strahlenden Lächeln die Küche betrat.
Hier irritiert mich hier das "nichtsahnend". Das ist an dieser Stelle verzichtbar, weil das Versprechen, dass etwas püberaschendes (jetzt) passiert, nicht eingelöst wird. Außerdem ist das doppelte "Küche" verzichtbar, vielleicht sogar das Sitzen am Küchentisch. Da die Mutter sich dazusetzt (an den Tisch, der in der Küche steht) kannst du diesen Teil einfach rausstreichen und deine Ich-Protagonistin nur Müsli essen lassen.
oller Enthusiasmus erzählte sie mir, wie sehr sie sich doch auf den Urlaub freute.
Klein, aber überflüssig.
Noch nie hatten ihre Augen so sehr geglitzert, als gerade.
"
wie in diesem Augenblick." Und das Komma kann weg.
Sie setzte zum Trinken an, brach es dann aber ab und sprang mit einem Satz auf. Ich erschrak für einen Moment. Nach einigen Sekunden konnte ich ich wieder entspannen.
Auch dieser Absatz erzeugte bei mir Irritation. Nicht, weil deine Protagonistin erschrickt, sondern weil ich den Grund dafür nicht erkennen kann. Anfangs ist sie noch nichtsahnend, jetzt erschrickt sie das nervöse Aufspringen der Mutter. Man kann sich darüber wundern, aber erschrecken ... da fehlt etwas der Kontext.
Sie rannte seit heute früh
"rannte" finde ich persönlich etwas salopp. "Lief", auch wenn langweiliger, funktioniert genauso gut, und klingt nicht nach Leistungssport.
Im Gegenteil, es bereitete mir immer wieder ein Lächeln sie glücklich zu sehen.
Entweder "brachte mich immer wieder zum Lächeln" oder "bereitete mir immer wieder Freude", aber nicht "bereitete mit ein Lächeln".
Eigentlich war sie bescheiden und zufrieden mit dem Leben, unserem Leben, aber ich wusste, dass es heute anders war.
Ist mir unklar. Ist sie heute nicht bescheiden? Oder was möchtest du mit diesem Satz sagen? Und "Eigentlich" ist ein Wort, das ich vermeiden würde.
Meine Lippen wahrscheinlich blau angelaufen vor lauter Kälte.
"lauter" brauchen wir nicht.
Ich war noch nie ein Fan von Urlaub. Strand, Hitze und Sand, der dir in die Augen weht. Nein, das brauchte ich nicht. Und zum Glück brauchte ich es wirklich nicht.
Einmal: Woher weiß sie (oder glaubt sie zu wissen), wie "Urlaub" so ist (und scheinbar geht es für die Mutter auf eine Urluabsreise ans Meer), und dass sie Urlaub und Strand nicht mag. Und dann: Willst du mit dem zweiten Satz sagen, dass sie "zum Glück" nicht mitkommen muss? Dann würde ich das "brauchen" im zweiten Satz weglassen. Und z.B. etwas schreiben wie "Zum Glück hattte ich die Wahl."
Ich war achtzehn, als wir genug Geld hatten, also durfte ich allein entscheiden, was ich mache.
Das ist aber doch "jetzt". Dann klingt das mit dem "als wir das Geld hatten" irgendwie schief. Dass das Geld jetzt da ist, wissen wir schon. Was wir noch nicht wussten, dass deine Protagonistin - achtzehn oder nicht - die Wahl hat, ob sie mit den Eltern in den Urlaub fährt oder nicht. Ich würde das Geld hier ganz rauslassen, und die Wahl in den Mittelpunkt stellen.
Ich werde sie zwar vermissen, aber zwei Wochen sind nicht die Welt, waren meine Gedanken.
Das klingt etwas krumm. Und hier darfst du gerne etwas salopp sein. Eventuell mit einem "Außerdem: Zwei Wochen waren nicht die Welt, und die Wohnung für sich alleine zu haben, war XYZ." "waren meine Gedanken" kannst du lassen, lass deine Protagiopnistin einfach direkt im Text denken.
Meine Mutter stürmte erneut in die Küche. Sie behauptete jetzt endlich alles gepackt zu haben, aber das sagte sie schon seit den letzten drei Stunden.
"Behauptete" würde ich rauswerfen, "informierte mich" oder "teilte mir mit" funktioniert besser, außerdem kannst du den Nachsatz nach vorne ziehen, nach dem Motto: "Zum wiederholten Mal innerhalb der letzten drei Stunden informierte sie mich darüber, alles gepackt zu haben." Frage aber: Deine Protagonistin ist seit drei Stunden wach und isst jetzt erst ihr Frühstück (als das ich das Müsli mal deute)? Finde ich merkwürdig.
Die Kälte macht mir nichts aus und auch der Fakt, dass meine Nachbarn mich beobachten könnten ist mir gerade gleichgültig.
Das ist ein bisschen sehr "tellig" (Regel: Show, don't tell - Zeigen, nicht behaupten). Zeig, dass ihr die Kälte und die Nachbarn nichts ausmachen. Der kalte Regen rinnt ihr in den Kragen, aber sie bleibt einfach stehen. Die erleuchteten Fenster der Nachbarwohnnungen nimmt sie nicht wahr. Stell den Leser zu ihr auf die Wiese, und überlege, wie sich zeigen lässt, was du behauptest. Und "gerade gleichgültig" ist wieder zu salopp. So nach dem Motto "gerade mal eben, in fünf Minuten geht's wieder". Nee, in fünf Minuten gfeht es nicht wieder, also: nicht gerade mal. Und das eingehende "Gerade fängt es an zu regnen." kannst du gleich mal mit entgeradigen: "Es beginnt zu regnen."
Pfeifend schlenderte ich in mein Zimmer und suchte nach meinem Handy. Zuerst schaute ich auf meinen Schreibtisch. Fehlanzeige. Dann auf die Fensterbank. Ebenfalls Fehlanzeige. Meine Hand wanderte unter meine Bettdecke. Ja, da war es.
Hat das Suchen nach dem Handy irgendeine Funktion in der Geschichte? Ich habe keine erkannt, daher kann das eigentlich raus.
Ich schrieb meiner besten Freundin eine Nachricht, vielleicht hatte sie Lust auf einen Mädelsabend. Es dauerte nicht lange, bis ihre Zustimmung eintraf. Ich sprang vor Freude in die Luft und machte mich rasch wieder in die Küche, um nach Snacks zu schauen.
"Mädelsabend", okay, ich habe davon gehört. Heißen die so? Von wegen "salopp". Oder hat Luna vielleicht einfach Lust, heute bei ihr zu übernachten. "bis Ihre Zustimmung eintraf" klingt wie auf dem Amt, und beißt sich mit dem etwas überzogenen Freudentaumel im Anschluss. Oder ist das so der Modus: Mädelsabend? Okay! Yeah! (hüpf)? Ich kenne mich damit nicht aus, i bims, 1 alter Sack. Kam mir aber trotzdem seltsam vor.
Endlich war mein Bruder auch nochmal aus seinem Zimmer gekrochen gekommen und saß am Esszimmertisch.
Ist das ein anderer Tisch als der Küchentisch? Und was macht er da am Tisch? Nur sitzen?
Tommy, schreit eine Stimme in meinem Kopf.
Wessen Stimme? Ich verstehe, was du hier versuchst, aber vielleicht wäre es besser, hier eine Erinnerung an den Bruder einzustreuen, anstatt "eine Stimme" seinen Namen rufen zu lassen.
Jetzt kam der unangenehme Teil des Tages. Die Verabschiedung.
Unangenehm warum? Das könntest du besser zeigen. Gibt es vielleicht soch bislang unausgesprochene Sorgen um die Mutter, oder ist uraub nicht nur wegen dem Sand, der einem ins Gesicht geweht wird, nicht nach dem Geschmack deiner Protagonistin. Was ist der Grund dafür, dass der Abschied unangenehm ist (natürlich ist es ein "erstes Mal", wenn bislang nie Urlaub drin gewesen war).
Ich nahm zunächst meinen Vater in den Arm, gefolgt von meiner Mutter und letztendlich meinem kleinen Bruder in den Arm. Bevor sie das Haus verließen, schaute meine Mutter nochmal in meine Richtung und zwinkerte mir zu. Dann war es still. Meine Mundwinkel bewegten sich nach oben.
Erster Satz siehe oben. Das "in meine Richtung schauen" ist halbgar. Es geht hier um eine wortlose Kommunikation zwischen Mutter und Tochter, das kannst du stärker zeigen. Und das mit den Mundwinkeln ... die bewegen sich von alleine? Klingt ebenfalls schief. Eigentlich kannst du den Satz wegmachen - einfach Musik an und tanzen.
Jetzt spüre ich, wie mein Herz schmerzt.
Hier fände ich es gut, wenn du den Abschkied hier noch einmal einflechten würdest, wie du es vorher mit dem Bruder getan hast. Und dass das Herz schmerzt, ist bissi Schlager. Das darf gerne rasen, aber schmerzende Herzen sind schnulzig.
Luna und ich wischten unsere letzten Tränen weg und schauten uns danach in die Augen. Ein, zwei Sekunden dauerte es, bis wir gleichzeitig anfingen zu lachen.
Was lief denn? Nicht, dass du es reinschreiben solltest, aber die Reaktion - Tränen, dann Lachen - ist mir unklar. Aber da ist ein Band zwischen den beiden, das du stärker einflechten solltest. Sie haben einen offensichtlich ja traurigen / tragischen Film gesehen, der sie beide bewegt hat, und sie schämen sich nicht, voreinander Tränen zu vergießen, und lachen sich gemeinsam aus dem "Trauertal" heraus. Und diese Verbindung ist es ja auch, die Luna am Ende dazu bringt, da zu sein. Mach da was draus.
Es hätte noch Stunden so weiter gehen können, wenn Luna nicht ruckartig ihre Hand vor meinen Mund gehalten hätte. Es war das Klingeln des Telefons, das sie zum Schweigen brachte.
Das funktioniert nicht so gut. Dass Luna ihre Hand vor den Mund deiner Prota hält, ist ja nicht die Ursache für die Kehrtwende des Abends. Und dass das telefon beide "zum Schweigen bringt", klingt ein wenig hart. Das Telefon macht doch nichts, außer zu klingeln. Lass die Mädels gemeinsam merken, dass das Telefon geht, dann ist es außerdem vielleicht schon spät, und normalerweise bekommt man um die Uhrzeit keine Anrufe mehr ... du kannst ja hier auch ein wenig Beklemmung aufbauen. Nicht einfach nur durch "Klingeln zum Schweigen bringen."
Wer ruft um die Zeit noch an, fragte ich mich. Ich nahm ab und lauschte der Stimme am anderen Ende.
Das "fragte ich mich" kann weg. Direkt im Text denken. Und den kompletten Teil nach "Ich nahm ab" kannst du streichen. Das erhöht die Spannung, und dass schlechte Nachrichten kommen, ahnt man inzwischen, plus du thematisierst es im übernächsten Absatz.
Verkrampft liege ich auf dem Boden und starre auf das Gras vor meiner Nase. Der Regen prasselt weiterhin auf meinen Körper. Das ist nicht real, denke ich in Dauerschleife. Ich träume. Wenn ich aufwache ist alles normal. Ich schließe meine Augen und öffne sie wieder, in Hoffnung, dass ich in meinem warmen, gemütlichen Bett liege. Aber nein, vor mir ragen einzelne Grashalme aus dem Boden. Mein Körper beginnt zu zittern.
Das oben Gestrichene würde ich weglassen. "Verkrampft" ist auch kein schönes Wort, weil ich mir nicht vorstellen kann, wie man "verkrampft" liegt. Beschreibe, wie sie da liegt, behaupte nicht, dass es verkrampft ist. Das Schließen der Augen in der Hoffnung aufzuwachen passt außerdem nicht, etwas naiv, klischeehaft, banal, der Gipfel ist das warme, gemütliche Bett. Dass sie aufwachen will, aber nicht aufwacht, ist etwas, das du "nüchterner" beschreiben kannst. Und du könntest hier das Alleinsein thematisieren, einmal um den Inhalt des Telefonats im nächsten Absatz zu foreshadowen, und um das Erscheinen von Luna als "Erlöserin" im letzten Absatz stärker wirken zu lassen.
Die Stimme sprach weiter und weiter, aber die Wörter erreichten mich nicht mehr. Mein Mund stand offen und meine Augen waren geweitet. Ich biss meine Zähne zusammen und spürte wie meine Nase kribbelte. Dann ließ ich den Hörer fallen und lief aus dem Haus.
Hier fehlt mir das "Echo" auf die Nachricht. Deine Protagonistin wird von den Wörtern nicht mehr erreicht, aber die ersten Worte haben dazu geführt. Du beschreibst nur die körperliche Reaktion - spannend ist aber gerade, was die Botschaft in ihr für eine Resonanz auslöst. Hier sperrst du den Leser aus. Und auch, wenn ich ahne, was die Nachricht zum Inhalt hat, weiß ich es nicht genau.
Von einen auf den anderen Moment war alles anders. Ich war anders. Allein. Einsam. Verloren, waren Wörter, die mir durch den Kopf schossen.
Dieser Absatz müsste in den Anruf-Absatz eingebaut werden.
Das kann nicht war sein. Es kann einfach nicht sein, rede
te ich mir ein. Aber je länger ich das mache, desto weniger glaube ich mir selbst. Ich richte mich auf und schaue gezielt in den Lichtkegel der Straßenlaterne. Es ist wa
hr, sind die einzigen Worte, die mein
en Mund verlassen
verlässt. Dann fange ich an zu schreien, meine Tränen fließen ununterbrochen. Meine Hände greifen nach dem Gras und mein Kopf richtet sich nach oben.
Ich weiß nicht, wie lange ich hier schon so da sitze, aber es fühlt sich an wie eine Ewigkeit. Wann ist diese Ewigkeit vorbei? Wann ist das alles hier vorbei? Am liebsten jetzt, ist mein Gedanke. Mein rechtes Auge zuckt und eine kalte Schauer läuft über meinen Rücken. Dann spüre ich eine Hand auf meiner linken Schulter. Ohne mich umzudrehen weiß ich, dass es Luna ist. Ich höre ich ihre sanfte Stimme. „Ich bin noch hier, ich bleib bei dir.“
Und diese beiden hier würde ich zusammenfassen. Nicht einfach zusammenpacken, weil der Absatz dann zu lang wird, sondern einkürzen, weg von den körperlichen Tics, den Fokus auf das Alleingelassen(worden)sein, auf das Unabänderliche, das Endgültige legen, und wenn diese innere Dunkelheit auf ihrem Höhepunkt ist, kommt Luna als Licht dazu.
Trotz der langen Liste aber eine Geschichte, die ich gerne gelesen habe, insbesondere die Alteration zwischen Jetzt (Präsens) und Zuvor (Präteritum) ist dir gut gelungen. Und ich bin sicher, dass mit ein bisschen Arbeit die Geschichte noch besser wirken wird.
Gruß,
bvw