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Ich sehe was, was du nicht siehst!

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31.08.2008
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Ich sehe was, was du nicht siehst!

„… die Bürger demokratischer Gesellschaften sollten Kurse für geistige Selbstverteidigung besuchen, um sich gegen Manipulation und Kontrolle wehren zu können…“
Noam Chomsky

„Verstehen Sie mich doch, Herr Doktor! Es kämpft in mir, nicht ICH kämpfe, ES kämpft, was kann ich dafür, ich bin es doch nicht…“
„Natürlich, Sie können nichts dafür…“
„Ja, Sie sitzen da zufrieden in Ihrem Kittel, warum haben Sie hier eigentlich Kittel, können Sie sich in der Psychiatrie infizieren? Sicher, natürlich können Sie das, wenn Sie mir nur zuhören würden, würden Sie auch krank, unheilbar, das verspreche ich Ihnen, aber dagegen hilft doch der gebleichte Kittel nicht!“
„Ich mache mit Ihnen noch einmal eine Anamnese. Uns sind Dinge aufgefallen, denen ich nachgehen möchte. Ich möchte Ihnen helfen.“
„Möchten Sie mir helfen oder promovieren?“
„Sagen wir, beides. Wenn ich Ihnen helfen kann, das heißt, wenn ich die Lösung finde, die Ihnen hilft, dann fördert das natürlich auch die wissenschaftlichen Resultate…“
„Und worüber promovieren Sie? Über die Störungen von Leuten, die beten? Da gehen Sie doch besser nach Bayern…“
„Ich promoviere über kognitive Dissonanzen…“
„Ja, davon habe ich gelesen, widersprüchliche Wahrnehmungen erzeugen innere Spannungen, das ist wohl unser Thema…“
„Ich sehe, Sie haben etwas über Psychologie gelesen. Viele Patienten tun das; Sie bilden sich ein, dadurch bessere Kontrolle zu erlangen.“
„Und bei Ihnen ist das anders?“
„Ja. Festingers These ist alt, aus den Fünfzigern, ja, aber noch nicht erschöpfend bearbeitet. Wir sehen uns in den vergangenen Jahren mit einer völlig neuen Form der kognitiven Dissonanz konfrontiert: die Erkrankten … stellen Sie es nur dorthin, danke schön, und schließen Sie die Tür…danke schön … müssen hier immer die Schwestern reinplatzen? …die Erkrankten haben gemeinsam, daß sie regelmäßig die Tagesschau sehen. Stellt man ihnen den Fernseher ab, werden sie symptomfrei.“
„Und ich bin nun Ihr Fall, Ihr Kaninchen, auf dessen Rücken Sie zu akademischen Weihen galoppieren.“
„Nun ja, Sie sind ein besonderer Fall. Kein anderer hat bisher diese Symptome so deutlich gezeigt wie Sie. Dabei sind Sie intelligent, Sie haben einen IQ von 154, haben wir gemessen, was Fragen aufwirft…“
„Das kennen Sie doch auch von anderen Störungen. Wer dumm ist, merkt nichts, wer nichts merkt, bleibt gesund, denn ´Du sollst nicht merken´, titelte doch schon…“
„Ja, sehr richtig. Wie ich schon bemerkte, Sie haben Ihre Kenntnisse in Amateurpsychologie. Aber wir gehen das alles natürlich wissenschaftlich an…“
„Und schalten ganz wissenschaftlich den Fernseher aus, der fehlt mir regelrecht, schon wegen der Krimis. Da gibt es auch immer Dissonanzen, aber zum Schluß werden die aufgelöst und ich kann gut schlafen. Das ist der Unterschied zur Tagesschau.“
„Aber jetzt geht es Ihnen doch gut? Ohne Tagesschau? Wann haben Sie das letzte Mal Ihre Spannungszustände erlebt?“
„Na ja, hier noch nicht. Also vor vier Wochen. Kann auch an den Tabletten liegen.“
„Sicher. Aber Fernsehen haben wir Ihnen auch untersagt.“
„Ja, nun fehlt es mir. Ich kann nicht mit, ich kann nicht ohne…“
„Und wann haben Sie es zum ersten Mal be…“
„Was ES? Was habe ich bemerkt?“
„Na, daß Sie anders sind. Das etwas mit Ihnen nicht stimmt.“
„Mit mir ist alles in Ordnung. In der Welt stimmt etwas nicht, und ich habe Augen, es zu sehen. Sie dagegen sind blind.“
„Also gut: seit wann ist Ihnen aufgefallen, daß mit Ihrer Welt etwas nicht stimmt?“
„Ich lebe nicht in einer anderen Welt als Sie. Es ist auch Ihre Welt, in der nichts stimmt.“
„Also: seit wann?“
„Seit immer.“
„Die Unterlagen sagen, daß Sie vor etwa vier Wochen morgens früh auf einem Feld aufgegriffen worden sind. Eine Polizeistreife hat Sie in dieses Krankenhaus eingeliefert.“
„Das heißt doch nicht, daß mit mir etwas nicht stimmt.“
„Was haben Sie dort auf dem Feld gemacht?“
„Ich habe in die aufgehende Sonne geschaut und gebetet.“
„Was haben Sie gebetet? Hat Sie etwas bedrückt?“
„Ich wollte die Welt wieder zusammenfügen. Sie fiel auseinander.“
„Wann ist Ihnen das aufgefallen? Und wie?“
„Ich wußte es immer schon.“
„Gut, aber wie kommen Sie darauf? Woraus schließen Sie es?“
„Ich sehe einfach hin. Ich sehe. Verstehen Sie: ich sehe, so wie ich höre. Ich tue etwas, was Sie nicht können. Sie sind blind, jedenfalls für das, was ich sehe. Richtig zuhören können Sie auch nicht.“
„Welches Gefühl haben Sie, wenn Sie sehen, daß die Welt nicht stimmt? Wie leiden Sie darunter?“
„Es ist immer wieder anders. Manchmal ist mir, als würde ich auf Watte gehen. Der Boden gibt nach, und doch wieder nicht. Er trägt nicht, aber ich falle trotzdem nicht. Wie auf Watte; ich sagte es ja schon.“
„Und? Gibt es weitere Symptome?“
„Nein, es gibt überhaupt keine Symptome. Es gibt nur Wahrnehmungen. Ich bin nicht krank.“
„Welche Wahrnehmungen haben Sie noch, wenn etwas nicht stimmt?“
„Manchmal dröhnt es in der Luft. Der ganze Raum, aber auch alle Gegenstände, einschließlich meines Körpers, sind von Vibrationen erfüllt. Ein unaufhörliches, langsam anschwellendes Dröhnen. Wie diese Dungchen.“
„Diese was?“
„Diese Trompeten, die man in buddhistischen Klöstern spielt. In Tibet.“
„Was, denken Sie, haben die mit Ihrer Wahrnehmung zu tun?“
„Sie ahmen ja den Laut der Schöpfung nach.“
„Und Sie erleben die Schöpfung, wenn die Welt nicht stimmt?“
„Wenn ich die wirkliche Welt wahrnehme. Sie entsteht für einen Augenblick vor meinen Augen, die Wirklichkeit. Dann ist sie wieder weg. Der Rest sind nur die Schatten auf der Höhlenwand, die von diesem … na, Sie wissen schon.“
„Platon.“
„Ja, so einen Kram kennt Ihr Mediziner. Obwohl er euch nichts nützt.“
„Wieso nicht?“
„Das erleben Sie doch gerade. Ich sage Ihnen, daß Sie nur Schatten auf der Höhlenwand sehen, und Sie erzählen mir, ich hätte ein Problem mit der Wirklichkeit. ICH HÄTTE EIN PROBLEM MIT DER WIRKLICHKEIT!“
„Haben Sie doch, oder nicht?“
„Ich habe ein Problem damit, daß Sie mich hier eingesperrt halten. Mit der Wirklichkeit haben SIE ein Problem.“
„Gibt es weitere Wahrnehmungen, die Ihnen sagen, daß etwas nicht stimmt?“
„Ja, die häufigste Wahrnehmung ist, daß die Bilder und die Sätze immer wieder hervorkommen. Die Bilder tragen eine tiefe Unruhe in sich. Sie beängstigen. Sie kämpfen gegen die Stimmen, die die Bilder erklären wollen. Oder die sie kommentieren…“
„Geben Sie ein Beispiel?“
„Ist das wichtig? Sie können alles heranziehen. Es stimmt nichts.“
„Geben Sie mir nun ein Beispiel?“
„Vor ein paar Jahren, dieser Zugunfall zwischen Hannover und Hamburg. Hundert Tote, so ungefähr. Der Zug ist entgleist und hat eine Brücke eingerissen. Ein Chaos, die Wagen stapelten sich in Trümmern übereinander.“
„Ja, ich entsinne mich. Aber was stimmt nicht?“
„Die Bilder lassen mich nicht los. Ich trage sie in mir, wie alles. Plausible Nachricht, das mit dem entgleisten Zug, der die Brücke eingerissen hat. Ist ja viel Wucht dahinter, bei über 200 Sachen. Aber die Bilder. Wenn ein Zug entgleist und eine Brücke einreißt, dann doch, indem ein Wagen frontal auf den Pfeiler prallt. Er kickt den weg, der Waggon wird zertrümmert und die folgenden Waggons fliegen durcheinander. Auf die fällt dann die Brücke drauf.“
„Ja, ich entsinne mich…“
„Nein, Sie entsinnen sich nicht. Sie haben ja gar nicht hingeguckt. Der Wagen, der von der fallenden Brücke getroffen wurde, stand schräg abgeflacht wie ein ICE-Coupé-Modell auf den Gleisen. Nicht entgleist.“
„Und?“
„Das geht nicht. Wenn ein Wagen ausschert und gegen den Brückenpfeiler prallt, steht nicht der folgende Wagen heil auf den Gleisen. Haben Sie als Kind mit der Eisenbahn gespielt? Hatten Sie eine elektrische Eisenbahn?“
„Ja, eine Märklin. Aber ich habe sie nie zusammenstoßen lassen. Viel zu kostbar.“
„Und darum sitzen Sie hier und verstehen nicht. Sie haben nichts gelernt bei Ihrem Spiel. Die Schrammen an den Waggons hätten sich gelohnt.“
„Worauf wollen Sie eigentlich hinaus? Was stimmt nicht?“
„Der Gegensatz zwischen Bild und Text, wie so oft. Die Stimme des Sprechers erzählt, der Zug sei entgleist und hätte die Brücke eingerissen. Die Bilder erzählen, die Brücke sei eingestürzt und hätte den Zug zertrümmert.“
„Aber deswegen beten Sie nicht morgens auf der Wiese. Haben Sie mehr solche Beispiele?“
„Was meinen Sie, wie viele Menschen bei Sonnenaufgang beten. Wollen Sie die alle stationär aufnehmen? Zum Glück können Sie es nicht; die meisten leben in anderen Erdteilen.“
„Na, da sind sie ja sicher. In unserem Kulturkreis bedeutet es etwas anderes, morgens auf einem Feld zu beten, als in den Plains oder in der mongolischen Steppe. Es ist nicht dasselbe.“
„Weil es hier Leute wie Sie gibt. Leute, die meinen, da bedürfe jemand einer Therapie. Für mich ist es dasselbe.“
„Sie benötigen eine Therapie. So kommen Sie in dieser Gesellschaft nicht zurecht…“
„Und die Gesellschaft steht oben, die bestimmt, was zu tun ist, was wirklich ist. Und die ist so mächtig, daß sie ihre Wirklichkeit auch in die Plains ausgebreitet hat, bis in den letzten Grashalm. Nur die Büffel sind jetzt weg. Die waren wohl zu unwirklich.“
„In den Plains gab es ja früher keine Zugunglücke. Es war eine einfachere Welt.“
„Ja, aber heute gibt es dort alle möglichen Unglücke. Indianer werden in Notwehr erschossen und haben dann eine Kugel im Rücken.“
„Ich bitte Sie, Sie schweifen ab. Kommen wir wieder zu Ihren Unglücken…“
„Ja, kommen wir zu Ihren Unglücken. Neulich, dieser österreichische Landeshauptmann. Fährt mit hoher Geschwindigkeit durch einen Ort, kommt von der Fahrbahn ab, sein Wagen streift mit der rechten Seite eine Betonmauer, überschlägt sich…“
„Ja, mit Alkohol kann viel passieren.“
„Dann lag es wohl auch am Alkohol, daß der Wagen an der linken Seite zertrümmert war; die rechte war heil. Nicht einmal die Reifen auf der rechten Seite waren kaputt. Alkohol mag die Ursache sein, aber wer hat da getrunken?“
„Der Ablauf von Unfällen ist sehr kompliziert. Das zu untersuchen, dafür gibt es Fachleute…“
„Die warm in staatlichen Behörden sitzen und die Welt zusammenfügen, so wie wir sie sehen sollen. Dummerweise haben die Bilder immer Risse…“
„Man kann nicht alles klären…“
„Ja, so wie der Chefinspektor Putin im Wald, dort, wo die gesamte polnische Führungsel…“
„Was stört Sie an den Bildern? Auf welche Weise stören die Bilder?“
„Es gibt drei Möglichkeiten: etwas ist anders, etwas ist zuviel, oder etwas fehlt. Im Wald von Smolensk stört das letztere. Keine herumliegenden Gepäckstücke, keine Leichen, kein Blut, kein Feuer. Keine Sitze, so, als wäre dort eine alte Mühle ohne Bestuhlung heruntergekommen … nur Blechteile im Wald…“
„Nun hören Sie mal auf. Ist das Ihr Problem? Deswegen sind Sie nicht hier…“
„Ich hasse es, wenn die Welt in widersprüchliche Teile zerfällt. Es tut mir körperlich weh. Ich muß arbeiten, um sie wieder zusammen zu fügen. Dann geht es mir besser.“
„Und dabei helfen wir Ihnen ja. Wie ich in Ihrer Akte gelesen habe, haben Sie schon einige Stunden Gesprächstherapie hinter sich...“
„Völlig wirkungslos, völlig wirkungslos. Solange Sie mich bequatschen wollen, was ich wahrzunehmen habe, kommen wir nicht weiter. Als erstes müssen Sie meine Welt akzeptieren, dann haben wir einen gemeinsamen Ausgangspunkt und können arbeiten. Solange ich nur das Kaninchen bin, das mitleidige Blicke erntet…“
„… Sie haben auch schon eine Sitzung mit EMDR hinter sich…“
„Dieser faule Zauber mit dem Fingerschwenken? Ja, kann mich entsinnen. Hat nichts gebracht.“
„Warum nicht, was meinen Sie?“
„Sie möchten einen Widerpruch herausarbeiten, der nicht da ist. ´Ich vertraue meinem Vater´, sollte ich mir immer wieder denken, und dazu beschreiben, welche Bilder kommen. Dabei immer schön mit den Augen dem Finger folgen, links, rechts, links, rechts, damit der neurologische Zustand der Traumphase herbeigeholt wird … klar, jetzt sollte sich Widerstand regen, die frühkindlichen Traumatisierungen sollten herauspurzeln, aber da waren keine…“
„Sind Sie sicher? Vielleicht liegen sie zu tief, oder sie wiegen zu schwer…“
„Das hätten Sie gerne, so paßt es in Ihr Schema. Vielleicht liegt die Ursache ja draußen, und ich reagiere gesund, bin einer der wenigen, die gesund auf diesen kranken Scheiß antworten…“
„Aber Sie haben das Problem mit Ihrer gesunden Antwort, nicht der Nachrichtensprecher, nicht wir. Deswegen sind Sie hier und ich helfe Ihnen. Nicht umgekehrt.“
„Eine Frage der Macht, nicht der Nähe zur Realität.“
„Gibt es auch Widersprüche, die nicht mit Bildern transportiert werden? Sie könnten ja einfach Radio hören, dann wäre das Problem gelöst.“
„Ja, toll. Dann fahren Sie auf der Autobahn, wollen den Verkehrsfunk hören und erstmal kommen wieder Nachrichten. Dichter Verkehr, man muß sich konzentrieren. Und wieder so ein Mist: da verfolgt ein Verrückter die schwedische Außenministerin, wie sie ihr Ministerium verläßt, durch die Fußgängerzone in ein Kaufhaus geht, um sich eine Bluse zu kaufen, und oben auf der Rolltreppe wartet der Täter auf sie und sticht sie nieder, wo sie nicht fliehen kann, denn die Rolltreppe schiebt sie immer wieder an den Messerstecher heran…“
„Und?“
„Wenn ein Einzeltäter sein Opfer verfolgt, ohne einen zweiten, ohne Funkgerät oder Handy, wie kann er dann oben an der Rolltreppe auf sein Opfer warten?“
„Da sehen Sie einen Widerspruch? Es ist doch nicht schwer zu erraten, wo eine Frau hingeht.“
„Da hätte er sie aber schnell überholen müssen, und sicher wäre er nicht gewesen.“
„Und?“
„Der Schüler neulich. Dieser blasse Milchbubi, der Amok gelaufen sein soll. Ich sehe noch die Aufnahme vom Ende. ´Zum Schluß richtete er die Waffe gegen sich selbst´, sagte der Nachrichtensprecher. Und das Video zeigt, wie er da herumstand, die Waffe nach unten hielt, und plötzlich zusammensackte. War wohl ein Scharfschütze im Spiel.“
„Bei der Gefahr. Das ist doch gerechtfertigt…“
„Wollen wir uns über Recht und Unrecht unterhalten? Wir sind doch nicht im juristischen Seminar. Merken Sie, daß Sie sofort zur Rechtfertigung greifen, um Ihre spontane Verunsicherung aufzuheben und sich wieder zu stabilisieren? Aber darum geht es doch gar nicht. Es geht doch nur darum, daß da wieder die Welt auseinanderfällt, in eine Welt des Bildes und eine der Sprache, und beide passen nicht zusammen. Da höre ich dann wieder das Dröhnen, das anzeigt, daß ich einen kurzen Blick auf die Wirklichkeit erhascht habe.“
„Daß Sie sich eine Wirklichkeit erschaffen haben, Sie Schöpfer. Mit dem Dröhnen Ihrer Dingchens…“
„Dungchen.“
„Okay. Dungchen. Sie sind der Schöpfer der Welt und ich bin Ihr Arzt.“
„Der mir beibringen will, daß ich keine Welt erschaffe, sondern eine Illusion. Ich erschaffe beides nicht. Ich sehe nur, was ist und was nicht ist. Und diese Bilder stimmen nicht. Doch, sie stimmen, aber sie erzählen etwas anderes.“
„Die Bilder erzählen etwas anderes. Wie geht es Ihnen damit? Was fühlen Sie? Oder sollen wir besser zuerst das Fenster schließen? Sonst kippt uns noch diese trockene Yucca auf den Boden … der Wind hat sehr zugenommen…“
„Ja, selbst hier läßt sich die Wirklichkeit nicht ganz aussperren. Hören Sie die Schreie hinter der Wand? Hören Sie das? Ich höre sie, und ich bin okay. Wenn ich dafür Pillen schlucken soll, die nicht zu hören … vielleicht sollten Sie besser die anderen Patienten nicht so weit bringen, daß sie nur noch schreien … ja, was fühle ich. Es ist eine große Spannung. Eine lähmende Spannung. Die Gegensätze sind so bindend, daß ich nichts mehr denken oder tun kann. Eine lähmende Inkonti… eine lähmende Inkonsistenz.“
„Eine kognitive Dissonanz nennen wir das.“
„Ja, das sagten Sie schon, das Thema Ihrer Dissertation. Dissonanzen tun weh. Machen Sie Musik? Spielen Sie ein Instrument? Ich sage Ihnen, Dissonanzen sind schmerzhaft. Deswegen spiele ich auch keine Komponisten des 20. Jahrhunderts.“
„Vielleicht sollten Sie das tun. Dann würde Ihre Musik mit der Zeit harmonieren, in der Sie leben.“
„Will ich in dieser Zeit leben? Ist das erstrebenswert? Ich will in meiner Zeit leben, zumindest, wenn ich musiziere…“
„Sie haben recht. Wenn Sie musizieren, erschaffen Sie eine Welt. Ihre Welt. Eine heile Welt. Es hat keinen Wert, eine kaputte Welt zu simulieren, die gibt es ja schon, absolut keinen Wert, jedenfalls nicht für einen Menschen wie Sie…“
„Womit wir uns immerhin über einen Punkt einigen können. Nun der nächste: ich bin nicht krank, aber ich bin anders. Ich leide an diesen Wahrnehmungen, empfinde heftigste Spannungen, wenn auch nur vorübergehend; was ist an mir anders? Sie müssen es doch erkennen.“
„Jeder ist durch seinen Vater traumatisiert, durch Lügen, Unzuverlässigkeit, nicht tragen, nicht annehmen … das Patriarchat, unsere vaterlose Gesellschaft … auf diesen Verdrängungen baut alles auf. Deswegen funktioniert die Tagesschau, weil die Menschen nicht damit leben können, daß die Nachrichten nicht stimmen, daß ihre Vaterfiguren, der Kanzler, der Präsident, der Nachrichtensprecher meinetwegen auch, sie belügen. Die Menschen drücken das weg, fast alle. Sie aber, vielleicht ist es so, daß Sie als Kind einfach zu wenig Verdrängung aufgebaut haben…“
„Und die soll ich nun nachholen? Das wird nicht gehen. Dafür hat die Chemie ja andere Mittel entwickelt, Mittel, die fehlende Verdrängungsleistungen substituieren…will ich aber nicht, will ich nicht schlucken. Da schlucke ich lieber, was die Stimmen sagen…“
„Es gibt doch nur wenige Möglichkeiten. Entweder Sie schalten die Wahrnehmungen ab oder schwächen Sie … Sie greifen kräftig zur Flasche, steht hier in Ihrer Akte… diese Lösung haben Sie also schon entdeckt. Da sage ich Ihnen, das können wir mit den modernen Neuroleptika besser, da gefährden Sie nicht Ihren Job…“
„Scheiß auf den Job…“
„oder Sie lernen, daß es nicht wichtig ist, wenn nicht alles stimmt. Vergessen Sie nicht, daß Ihre Welt, die greifbare, ja noch stimmt, alles, was Sie hören, sehen, anfassen, riechen, schmecken … alles stimmt noch, nur was im Fernseher erscheint, macht Probleme…“
„Probleme einer Welt, die auch existiert, und in der alle meine Zeitgenossen sich zurecht finden müssen, auch ich…“
„Nehmen Sie es, wie es ist; Sie ändern es nicht. Sie leben besser, wenn Sie sich nicht darum scheren. Die Physiker leben doch auch mit Dingen, die sie nicht verstehen.“
„Mir kommen gleich die Tränen. Ein Blick in das Unfaßbare, zum Lohn den Nobelpreis. Was ich erblicke, ist zu verstehen, es wurde ja von Menschen ausgedacht. Es gibt Erklärungen.“
„Die sind aber nicht für Sie. Sie benötigen Sie nicht, um zu leben. Ganz im Gegenteil. Sie können sich natürlich Erklärungen erarbeiten für das, was Ihrer Meinung nach nicht stimmt, sehr anstrengend, sage ich Ihnen, und sehr gefährlich … ich habe einen anderen Vorschlag: sie teilen den Konsum von Nachrichtensendungen auf: die eine Woche sehen Sie nur die Bilder, ohne Ton. Die folgende Woche hören Sie nur den Ton, ohne Bilder. Und so fort, abwechselnd. Das dürfte die meisten Ihrer Wahrnehmungen wieder konsistent machen. Wollen wir es mal so versuchen?“
„Vorübergehend, eine kleine Chance. Ich versuche es. Und die Pillen? Ich meine, solange ich die nehme, ist der Versuch doch nicht echt.“
„Die werfen Sie weg. Sie brauchen sie nicht mehr. Wir sprechen uns nächste Woche wieder, dann sehen wir weiter. Wir brauchen nur für wenige Jahre einen Weg für Sie. Das Problem wird gelöst, Sie wissen doch, die Techniken der synthetischen Bildgenerierung werden immer besser … bald werden Sie im Fernsehen traditionell aufgenommene Fotos und Videos überhaupt nicht mehr sehen, zumindest nicht in einer Nachrichtensendung … Ihr Problem ist in Arbeit, das versichere ich Ihnen…da gibt es andere Patienten, deren Dissonanzen sich weniger leicht lösen lassen…zu so einem muß ich jetzt … bis nächste Woche.“
„Bis nächste Woche.“

 

hi,

hat mir großen Spass gemacht, zwei intelligenten Menschen zuzuhören!
Viel braucht man da nicht sagen, ich finde den Text sehr rund, stilistisch bleibt er sich treu, vielleicht das wort "kicken" nicht ganz so, aber ansonsten erfreulich fehlerfrei und rhythmisch gut!

Als Laie kann ich mir anhand des Gespräches doch alles zusammenreimen.

Nur:
den Vorgesetzten und sein Hineinplatzen mochte ich nicht. ich wusste auch nicht, ob der patient das mitbekommt, ist es ein Anruf, betritt er Behandlungszimmer...

das könnte ans Ende rutschen, wenn es den Punkt überhaupt braucht.

sehr gerne gelesen, auf jeden Fall!

liebe Grüße,
tierwater

 

Salü Setnemides,

ich lese den Text über weite Strecken schmunzelnd, besonders die köstlichen Antworten des Herrn Dr. und die pointierten Reaktionen des Herrn Patienten. Das ist eine richtige Ouroborus-Geschichte. Sie hat mich aber auch beklemmt zurück gelassen. Jesses, was der alles sieht, das ist ja der Hammer. Du beschreibst das derart flüssig und echt, dass ich mit Sicherheit ab jetzt genauer hinschauen werde. Obwohl, ich will mich ja nicht infizieren ...

Einzig hier blieb ich einen Moment hängen:

„Das kennen Sie doch auch von anderen Störungen. Wer dumm ist, merkt nichts, wer nichts merkt, bleibt gesund, denn ´Du sollst nicht merken´, titelte doch schon…“
Ich kenne das Buch von Alice Miller, es schlug damals ja wie eine Bombe ein. In diesem Kontext befremdet es mich ein bisschen. Es ist ein gutes Bonmot, trotzdem bleibt da ein stolpern ...
„Und worüber promovieren Sie? Über die Störungen von Leuten, die beten? Da gehen Sie doch besser nach Bayern…“ :D
„… Sie haben auch schon eine Sitzung mit EMDR hinter sich…“
„Dieser faule Zauber mit dem Fingerschwenken? Ja, kann mich entsinnen. Hat nichts gebracht.“ :lol:

Der Teil mit dem Chef, der tierwater schon angemerkt hat, störte mich nicht soo sehr, aber ich finde auch, dass die Stelle sehr unvermittelt kommt - wobei Chefs ja oft so reinpatzen - genauso wie Assistentinnen.

Eine runde Sache, echt gut!

Lieben Gruss,
Gisanne

 

Hallo Set

Ich habe Deine Geschichte gelesen, eigentlich war es mir schon ein durchkämpfen in der Fülle von Informationen. Die bedrohlichen Ereignisse welche den Prot Beschäftigten, waren mir alle bekannt und auch die klinischen Informationen soweit stimmig. An Plausibilität fehlt es mir in zwei Dingen: 1. Allein aufgrund von Beten auf einem Acker, auch in aller Herrgottsfrühe, kommt heutzutage niemand in eine psychiatrische Klinik. Es braucht da mehr, etwa ein extrem renitentes Verhalten gegenüber der ihn aufgreifenden Polizeistreife oder sichtbare völlige Verwirrung. Ein längerer Klinikaufenthalt ist i. d. R. auch nur angezeigt, wenn ein Patient eine Eigen- oder Fremdgefährdung aufweist oder auf eigenen Wunsch hin. 2. Ein Psychiater würde sich kaum auf einen solch ausufernden Dialog einlassen, auch wenn er noch nicht promoviert hat. Natürlich bringt es die Ausbildung mit sich, dass er in praxi erst lernen muss, und dabei nur allzu sehr auf sich allein gestellt ist, trotzdem.

Die Idee der Geschichte ist gut, doch um den Inhalt zu einem Höhenflug zu führen, müsste sie meines Erachtens auf allerhöchstens zwei drei Ereignisse komprimiert sein, und die Pointe am Schluss stärker hervorgehoben. Da Dir die Dialoge das A und O sind, könntest Du vielleicht das Geschehen dadurch auflockern, indem auch die Körpersprache oder Ähnliches die Dialoge zwischendurch auflockert.

Ich mag eigentlich nicht den advocatus diaboli spielen, aber ich denke, die Geschichte wäre es wert, ihren Stellenwert noch besser zu positionieren.

Gruss

Anakreon

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo tierwater,
danke, die Störung mit dem Chef sollte eine weitere Ebene reinbringen und die Polarität zum behandelnden angehenden Arzt herausstellen. Die schwierige Einordnung kommt von dem Versuch, konsequent ausschließlich wörtliche Rede ohne verbindende Texte zu gebrauchen. Ich denke, dabei sollte ich bleiben und mir lieber überlegen, ob die Szene entbehrlich ist. Daß Ärzte hemmungslos in Anwesenheit eines Patienten über ihn reden, als wäre er nicht da, habe ich öfter erlebt. Aber das soll es nicht rechtfertigen, es kommt ja darauf an, ob die Stelle funktioniert.

hallo Gisanne,
Dir auch vielen Dank, freut mich, daß der Text Dich erreicht hat. Mir ist bewußt, daß ich hier Alice Miller Unrecht tu, aber ich bin ja nicht der Protagonist. Das Zitat wird ja auch falsch verwendet, denn bei Miller ist es ja keineswegs so, daß der gesund bleibt, der nicht "merkt".
Dem "Fingerschwenken" stehe ich übrigens auch nicht ganz so ablehnend gegenüber wie der Protagonist.

Hallo Anakreon,

Deine Kritik ist mir willkommen. Zum ersten Teil: die Geschichte soll nicht nur realistisch sein; sie tendiert zur Satire. Daß man in der Psychiatrie landet, wenn man morgens auf dem Acker sitzt, kann auch heute noch passieren, denke ich, aber wohl nicht gleich für vier Wochen. Ich denke mir, daß der Patient ja deutliche Symptome eines psychotischen Schubes zeigt und nur hier im Gespräch sich darstellt, als stünde er souverän über den Dingen. Dadurch kann ich dem Thema die Schwere nehmen, die es sonst hätte. Demselben Ziel dient auch das sehr unrealistische Verhältnis zwischen Arzt und Patient.

Dein zweiter Absatz rät zu noch mehr Verdichtung und überrascht mich zunächst, da ich mir lange überlegt habe, wie gewohnt eine Erzählung mit Etappen zu schreiben, die dann formal natürlich keine Kurzgeschichte mehr wäre. Es war also ein kleiner Sprung für mich, sie soweit zu verdichten, daß es überhaupt eine Kg wird. Wenn Du jetzt sagst, die Dialoge seien zu lang, der Beispiele seien es zu viele: okay, damit sagst Du ja nur: weiter so in der Richtung.- Ich versuche es mal.

Erstmal vielen Dank

Set

 

Auf sieben Seiten Manuskript DIN A 4 unter TNR pt. 12, einzeilig, entwickelstu,

lieber Set,

einen Dialog zwischen Patient und Arzt, welcher zugleich Geschichten über Manipulierbarkeit von Wirklichkeit und Wahrnehmung erzählt – ein Thema, dass Dich nicht erst seit Schlesien im Herbst beschäftigt. Was ich vordem noch mutmaßend schrieb, ist m. E. eingetroffen: Du hast Dich zum Archivar der jüngeren Geschichte entwickelt und die Sprache ist so präzise, wie sie eben in Dialogen nur sein kann – worauf auch schon Are zu Zeiten von Georgs Geburtstag hingewiesen hatte.

Konsequent beginnstu mit der kürzestmöglichen Definition der kognitiven Dissonanz, mit der seinerzeit die Manipulierbarkeit des Konsumenten durch Marketinginstrumente zum Wohle der Profitmaximierung perfektioniert wurde – und niemand, selbst ein Produzent nicht, kann sich der Konsumsphäre entziehen, dass heute jeder als Litfaßsäule herumläuft, hieße er auch Thoreau und lebte in den Wäldern als Selbstversorger und gäbe sich ungehorsam gegenüber Staat und seine Ratgeber, hierzulande Bertelsmann und Springer geheißen.

Aber das Problem der Manipulierbarkeit ist so alt wie die Geschichte selbst: als die Stiefmutter, die für ihren unmündigen Sohn regiert hatte, endlich tot war, hieß Pharao sein Volk, die Erinnerung an Hatschepsut zu tilgen, doch blieb westlich von Theben Dêr Al Bahari bis heute erhalten und mit ihm der Name der Königin – doch wer wüsste heute den Namen des Pharao* auf Anhieb zu nennen, wenngleich er kein unbedeutender war? Oder erinnern wir ans uns der Kunst der Retusche, die spätestens mit dem Zeitalter Echnatons und des Monotheismus begann, und zugleich die Fälschung zu einem ehrwürdigen Handwerk erhob und mit der Filmkunst eines Woody Allen – Zelig etwa - oder Robert L. Zemeckis – zB Forrest Gump - einen Höhepunkt in der Kombination aller Künste findet. So könnte man meinen, unsere Nachrichtenmedien hätten sich zum Kunsthandwerk gemausert und arbeiteten daran, das Dietmarsische Lügenmärchen der Brüder Grimm zu verwirklichen.

Doch selbst hier vor Ort kann es einem widerfahren, dass die eine oder der andere das Wort für bare Münze nimmt und das Niedergeschriebene für wahr und die Wirklichkeit nimmt. Auch die wahrhaftigsten Geschichten sind bestenfalls Annäherungen an die Wirklichkeit, die sie bestenfalls abbilden.

Allein die Kleinkrämerseele in mir bleibt unbefriedigt, dass sie nun die Notwehr ergreift, um doch noch was sagen zu können: zu Anfang glaubt sie nämlich in der Großschreibung die (von Freud geschaffenen) psychologischen Instanzen Ich und Es zu erkennen (ohne dass dem Seelchen auffällt, dass keine Rede von der gesellschaftlichen Instanz im Freudschen psychischen Apparat sei, einem gewissen Über-Ich), und erkennt nicht oder wills wenigstens nicht erkennen, dass die scheinbare Regression ins kindlich/kindische Comic-hafte durch die gelegentlich Großschreibung Regieanweisungen zur Betonung ersetzt.

Schließlich will ich beim Chomsky-Zitat – ich weiß gar nicht, an welcher Stelle ers anführt – darauf hinweisen, dass es m. E. hinter die Feuerbachthesen zurückfällt, insbesondere wenn man an Erziehung & Manipulierbarkeit der Erzieher/Lehrer selber denkt. Aber ich denke, dass der These, dass die Philosophen die Welt nur anders interpretiert hätten, als einleitendes Zitat auf Unverständnis gestoßen wäre, hätte mancher nur das Subjekt durch den Autor ersetzt, denn ein erster Schritt zum richtigen Weg wäre es, skeptisch gegenüber dem zu sein, welche Gerüchte einem als Gericht zubereitet werden.

Gruß

Friedel

* Dass niemand sich einer Mühe unterziehen muss, der Hinweis: ’s ist Thutmosis III., der die Grenzen Ägyptens bis zum Euphrat ausdehnte.

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Friedel,

danke für die ausführlichen Anregungen und Ergänzungen,

der kognitiven Dissonanz, mit der seinerzeit die Manipulierbarkeit des Konsumenten durch Marketinginstrumente zum Wohle der Profitmaximierung perfektioniert wurde – und niemand, selbst ein Produzent nicht, kann sich der Konsumsphäre entziehen, dass heute jeder als Litfaßsäule herumläuft, hieße er auch Thoreau und lebte in den Wäldern als Selbstversorger und gäbe sich ungehorsam gegenüber Staat und seine Ratgeber, hierzulande Bertelsmann und Springer geheißen.

“Independent, aggressive and critical media are essential to an informed democracy. But mainstream media are increasingly cozy with the economic and political powers they should be watchdogging.” So stellt sich “Fairness & Accuracy In Reporting (FAIR)” vor. Was hat das mit der “Cognitive Dissonance” zu tun? FAIR ist eine Gründung der Ford Foundation und wird von der Rockefeller Foundation kofinanziert, Festingers Forschung über kognitive Dissonanz wurde von der Ford Foundation finanziert. Denen war die gesellschaftliche Relevanz wohl klar.

Problem der Manipulierbarkeit ist so alt wie die Geschichte selbst. …
Wahrscheinlich älter. Mircea Eliade führt in seinem Buch „Kosmos und Geschichte. Der Mythos der ewigen Wiederkehr“ aus, „das Gedächtnis des Volkes funktioniert … mithilfe von Kategorien anstelle von Ereignissen, Archtypen anstelle von historischen Gestalten.“ Er gibt Beispiele dafür, daß historische Ereignisse innerhalb weniger Jahre in der Überlieferung an die Abläufe und die Symbolik der Mythen angeglichen werden. Anders als mythisch können sie nicht verstanden und nicht weitergegeben werden. Die Erfindung der Manipulation ist dementsprechend archaisch, ihre Nutzung für politische Ziele fällt in die historische Zeit.- Heute lebt die mythische Handlung klarer und stärker als je zuvor in den Medien: ein wirkliches Ereignis mag wahr sein, aber seine Modifizierung und Reduzierung auf die elementaren mythischen Elemente, die in ihm liegen, bergen seine eigentliche, tiefe Wahrheit. Bin Laden in der Gestalt des apokalyptischen Reiters, der politische Gegner als das archaische Böse schlechthin – das enthält eine Wahrheit, die stärker ist als alle historische Analyse. In diesem Sinne ist die Schlagzeile in der Bildzeitung „wahrer“ als das tatsächliche Ereignis.

und erkennt nicht oder wills wenigstens nicht erkennen, dass die scheinbare Regression ins kindlich/kindische Comic-hafte durch die gelegentlich Großschreibung Regieanweisungen zur Betonung ersetzt.
Kapier´ich nicht.

Chomsky-Zitat – ich weiß gar nicht, an welcher Stelle ers anführt –
Es ist aus „Media Control“, einer Sammlung von Vorlesungen von 1988.

dass es m. E. hinter die Feuerbachthesen zurückfällt

es geht nicht immer darum, eine möglichst alte Quelle im Prolog voranzustellen, um die Kontinuität des Themas zu zeigen oder das Genie der Altvorderen. Ich bin sicher, mit entsprechenden Kenntnissen könnte man mühelos passende Zitate in Latein oder altgriechisch finden. Die Manipulation in dem hier benannten Sinne gehört ja zur Demokratie, die den Übergang von der Beherrschung mit physikalischen Waffen zur Beherrschung mit psychologischen Waffen darstellt (keine Sorge, darin sehe ich nur einen Teilaspekt). Der Text hat jedoch mit einer modernen Technik des Lügens zu tun, die früher so nicht möglich war. Er baut dementsprechend auch auf modernen Quellen auf, Welt am Draht, Einer flog über das Kuckucksnest, Wag the Dog, um nur die wichtigsten zu nennen.

hätte mancher nur das Subjekt durch den Autor ersetzt, denn ein erster Schritt zum richtigen Weg wäre es, skeptisch gegenüber dem zu sein, welche Gerüchte einem als Gericht zubereitet werden.

Die Geheimdienste verbreiten täglich tausende falscher Geschichten, um dich irrezuführen. Diese kann eine davon sein.

Gruß Set

 

Nix zu danken,

Set,

>die Geheimdienste verbreiten täglich tausende falscher Geschichten, um dich irrezuführen. Diese kann eine davon sein.< So isset!, und oft genug quakt aus einer Nachricht die Ente heraus und niemand merkt's so recht oder gilt als wunderlich.

>>und erkennt nicht oder wills wenigstens nicht erkennen, dass die scheinbare Regression ins kindlich/kindische Comic-hafte durch die gelegentlich Großschreibung Regieanweisungen zur Betonung ersetzt.<
Kapier´ich nicht.<

Versteh ich wieder nicht so recht. Einfache Lösung: den Satz hat ich schon geschrieben, als ich noch nicht weit übers ICH & ES hinaus war. Tatsächlich hätte die Schreibung in Kapitälchen auch noch einen symbolischen Wert und nicht nur, um besondere Betonungen anzuzeigen.

Bis bald

Friedel

 

Hallo Set

Ich habe die zweite Version der Geschichte heute früh gelesen (musste dann notfallmässig weg). Ich las sie leichter, flüssiger und es sei hervorgehoben, humorvoll. :lol:

Gruss

Anakreon

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Anakreon,

dann haben wir hier den seltenen Fall, daß Kritik tatsächlich genützt hat...

Gruß Set

 

Hallo Set,

mir hat die Geschichte gefallen. Da ist unheimlich viel Stoff drin. Die Dissoannzen, die Sache mit den synthetischen Bidern als Lösung hat mir gefallen, oder die Nachrichten mal mit Ton mal ohne als möglicher Lösungsansatz. Auch dass der Arzt doch auf sein Patient eingehen kann, finde ich gut.

mfg,

JuJu

 

hallo set,

ich habe jetzt mal deine beiden geschichten - diese und "neues leben" verglichen. es liegen welten dazwischen. aber welcher stil ist besser?

ich mzuss ehrlich sagen, das "neue leben" (ich kenne nur deine letzte fassung) ist für mich besser. warum? es ist flüssiger zu lesen und klarer im aufbau. sicher wäre die story noch lebendiger, wenn mehr dialoge drin wären. aber zuviel dialoge (wie in DIESER geschichte) machen alles sehr mühsam. man muss sich regelrecht durch den text kämpfen - kein genuss also. und das finde ich schade. für mich bedeutet lesen in der freizeit "genuss, erholung, ruhe".

die lösung könnte eine gute mischung aus deinen beiden stilrichtungen sein.


herzliche grüße
ernst

 

hallo Ernst,
für mich bedeutet lesen in der freizeit "genuss, erholung, ruhe".

Das nehme ich Dir nicht ab, dazu schreibst Du zu intensiv. Aber in der Tendenz kann ich Dir folgen. Diese Geschichte dröhnt; sie soll wie der Zustand des Menschen wirken, der hier in der Klinik sitzt. Angestrengt und anstrengend.

Danke, Gruß Set

 

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