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"Ich weiß, ich weiß..."
Er hatte nun schon die zehnte Zigarette verraucht und warf den Stummel ins nasse Gras. Da lag er nun, im strömenden Regen und wenn auch im Unterholz, klitschnass bis auf die Haut. Eine Wasserflut floss den Hügel herab, auf dem er sich befand und das kalte Nass strömte unter seinen Regenmantel und erfror seine Beine und seinen Bauch, die buchstäblich im Schlamm begraben waren. "Tolles Wetter!", dachte er ironisch und versuchte seine Gleider aus dem Schlammloch zu befreinen, welches ihn gefangen zu halten versuchte, als ob er wie einen Mücke in ein Spinnennetz geflogen wäre. Sein ganzer Körper war steifgefroren.
Als er plötzlich das Geräusch eines Autos hörte, spannten sich sein Musklen und auf seiner Strin perlte der Schweiß. Er konnte nicht verhindern, dass seine Hand zitterte, als er einen Zweig zu Seite bog, um auf die Straße blicken zu können.
"Das is sie nicht", stellte er fest. Er verkroch sich mit gemischten Gefühlen wieder in den Schatten seiner Bätterhöhle. "Das ist aber seltsam heut'! Sie war noch nie so spät...!", dachte er ungeduldig. Jedoch auf der anderen Seite war er recht froh, dass es sie nicht gewesen ist und sein Herz, welches beim Geräusch das Autos aufgesprungen ist und angefangen hatte, wild zu klopfen, beruhigte sich nun wieder vor Erleichterung. Aber er wusste, dass es seine Pflicht war, die er irgendwann mal ausführen musste, sei es früher oder später. "Ach, blöd!", murmelte er, "warum musste ich auch von vornherein dazu einwilligen?"
Er konnte aber jetzt nicht mehr zurück - es war schon längst zu spät. Er riss sich also zusammen, setzte einen entschllossenen Gesichtsausdruck auf und zog sein Gewehr hervor.
Der mit Schlamm bedeckte Mann ließ seine Hand über sein triefendes Gesicht fahren und spähte hinunter in Richtung Westen. Fünfzig Meter weiter stand ein heruntergekommenes Holzhaus. Das Grundstück war eingehüllt in grauem Nebel und das dunkle Haus in der Mitte erschien unheimlich und gespenstisch.
Der Regen ließ langsam nach und ein starker Wind fing an zu wehen. Er fuhr durch die schweren und nassen Äste der großen Eichen und bog sie gen Osten. Feuchte Blätter wurden von ihren Zweigen gerissen und flogen über die Straße hinweg.
Plötzlich schlug einer der Fensterläden an die Hauswand und erschreckte den wartenden Mann dermaßen, dass ihm einen Moment lang war, als würde das Blut in seinen Adern gefrieren. Es lief ihm eiskalt den Rücken herunter und die Pupillen in seinen Augen erweiteten sich verängstigt, als sie auf das kleine Haus starrten, wessen Bretter sich keuchend und ächzend versuchten zusammenzuhalten. Schatten huschten über die Veranda, rannten durch den Vorgarten und verschwanden hinterm Haus. Jenes gespenstische Gefühl nahm den Beobachter noch mehr in Besitz sobald der heulende Wind, zusammen mit den ächzenden Bäumen über ihm und das Trommeln der Regentropfen auf die Fensterscheiben, ihm zuzuflüstern schienen: "Ich weiß, ich weiß..." Sein Magen krampfte sich zusammen und ihm war zugleich heiß und kalt.
Plötzlich hörte er den Motor eines Autos. Zwei trübe Lichter wurden auf der Straße unter ihm sichtbar. Das Auto platschte in die große Pfütze am Anfang der matschigen und glitschigen Einfahrt zum Haus.
Der Mann vergaß seine Ängste und unwohlen Gefühle und beobachtete jetzt nur noch das ankommende Fahrzeug, welches den unebenen Pfad entlang holperte. Das Auto war bestimmt schon zehn Jahre alt und der Fahrer war sehr ungeduldig, was der Mann vermuten konnte des heulenden Motors wegen und des gelegentlich kratzenden Geräusches beim Gang-Wechsel.
"Das ist sie, da muss man echt nicht lang raten...", dachte er. Vor dem Haus angekommen wurde der Motor abgeschaltet. Die Scheibenwischer, die bisher in einem ungeheuren Tempo über die Windschutzscheibe geglitten waren, blieben nun sofort mittendrauf stehen. Die Scheinwerfer waren noch an.
Die Fahrerin zog die Handbremse und öffnete die Autotür. Es wurde dem Beobachter erst zu dieser Zeit bewusst, welch ein kaltes, tödliches Stück Eisen er in seiner rechten Hand hielt.
"Jetzt bist du dran", sagte er zu sich selber, während er versuchte nicht an sein Gewissen zu denken.
Er beobachtete die schwarz angezogene Frau als sie aus ihrem Auto stieg. Anscheinend genervt zog sie ernergisch ihre Tasche heraus, sodass ein Buch und mehrere Bätter in den Schlamm segelten. Sie fluchte heftig und sammelte ihre Unterlagen wieder auf.
Der Beobachter konnte sie zwar schimpfen hören, konnte aber nicht verstehen, was sie sagte. Seine Glieder fühlten sich an wie aus Blei und seine Hand zitterte als er sich positionierte.
"Ich muss es tun!", überredete er sich selbst und richtete sein Gewehr nach dem schimpfenden Opfer aus. Dieses hatte bereits die Verand erreicht und suchte nach seinem Schlüssel.
Plötzlich zeriss ein Schuss die nächtliche Stille. Voller Angst, dass er womöglich nicht getroffen hatte zielte er mehrmals nervös auf sein Opfer. Jedoch der erste Schuss war schon genug um jede From des Lebens in ihr auszulöschen.
Mit einem dumpfen Geräusch fiel der Körper zu Boden, nicht ohne Zeichen des Todes überall um die Tür herum zu hinterlassen. Auf den Holzbrettern lagen die matschigen Papiere, vorher in die kalte, sclammige Pfütze fallen gelassen und nun auch befleckt von dem warmen Blut der Hand des Opfers.
Der Mörder war wie gelähmt. Sein Gesicht war kreidebleich geworden. Während er immer noch sein Gewehr nach dem Opfer ausgerichtet hielt, starrte er regungslos auf die vom Blut getränkten Papiere. Der Wind war immer noch stark und hatte einige Blätter von den Unterlagen der Frau erfasst, die aus deren Tasche gerutscht waren. Papier tanzte um das Haus herum flog hinunter auf die Straße und hinauf in den dunklen Abendhimmel. Nur die blutbefleckten Papiere blieben an ihrem Platz - unter der leblosen Hand.
Der Mörder wünschte sich so sehr sie würden davonfliegen, aus seinem Bickfeld verschwinden, denn nun holte ihn sein Gewissen ein und ihn überkam große Angst.
Mit einem Mal lösten sich seine Muskeln aus der Erstarrung. Er sprang auf, drehte sich um und kämpfte sich seinen Weg durch das Unterholz. Er rannte, stolperte, rutschte aus, zeriss seinen Mantel- egal! Sein einziger Gedanke war nur: "Weg, weg, nur weg hier!"
Er versuchte, das unaufhörenden Geräusch des heulenden Windes und das Rascheln der Papiere, welches in seinen Ohren rauschte, loszuwerden - es half jedoch nichts. Die Stimme des Windes verfolgte ihn überall hin: "Ich weiß, ich weiß..."
bin neu hier und wollte nur mal wissen was ihr so von der Geschichte haltet... Vorschläge werden gerne angenommen!