Hallo sarpenta,
ich fange erst einmal mit deiner Schlussbemerkung an:
„Ich hoffe, die Kritik klingt nicht zu hart und sie bringt Dich weiter“
Deine Kritik empfinde ich nicht „hart“ (auch wenn ich nicht mit allem übereinstimme), sondern als fair und konstruktiv. Da ich nun mal nicht ganz so offensichtliche Geschichten schreiben will, muss ich schließlich wissen, wie es ein Leser versteht, der halt nicht, wie ein Autor, `dick´ in einem Text `steckt´.
„setzt Du vorraus, dass der Leser a) weiss, wie die demographische Entwicklung in den meisten Europaeischen Laendern und der uebrigen Welt aussehen wird“
- Dieser Hinweis wundert mich, seit vielen Jahren wird das Problem doch europaweit diskutiert. Da es ein gesellschaftlich viel schwerwiegenderes Problem ist, als manch anderes, ist es eher erstaunlich, dass nicht öfter darüber geschrieben wird (wenn, wie gesagt, dies auch nur mein `Aufhänger´ ist).
„dass er den Terminus "Mindestalter" richtig interpretiert“
- „Mindestalter“-Diskussionen gab es z.B. beim Turnen, Eiskunstlauf, dürften bekannt sein.
„dass er aus diesen Worten folgert, dass die Geschichte in der Zukunft spielt“
- weniger aus dem Mindestalter, als aus der Demographie, weiterhin weil die Spiele in Indonesien stattfinden.
„in fuenfzig Jahren gibt es Zeitungen nur noch online“
- eigentlich hatte ich nicht an fünfzig Jahre gedacht, überhaupt nicht an eine ab jetzt ableitbare Zeitspanne (die Geschichte sollte, wie es streng genommen für Kurzgeschichten typisch ist, in einer fiktiven Realität spielen, einer unspezifizierten Zukunft). Wie lange es noch Zeitungen gibt, ist schwer feststellbar, vor zwanzig Jahren prophezeite man wegen der E-Medien das papierlose Büro, selbst Computerzeitschriften erscheinen auf Papier.
Aber dein Argument ist trotzdem schwerwiegend, ich habe da etwas geändert, hoffentlich genügt es dir (hatte auch an andere Lösungsmöglichkeiten gedacht, dann wurde der Zukunftsaspekt aber zu kompliziert).
„was Du mit diesem Satz aussagen willst, da nicht bekannt ist, wie sie mit ihrem Kind spricht und ich immer noch von einer normalen Familie in der Gegenwart ausgegangen bin. Einer meiner Gedanken war, dass sie womoeglich staendig von ihm spricht“
„man hat aber immer noch keine Erklaerung dafuer, wieso es eigenartig ist, dass die Mutter noch immer mit ihrem Kind spricht“
- Ja, da muss ich etwas machen. Hier schreibe ich offensichtlich zu sehr in Andeutungen. Ich ändere das so, dass man rückwirkend die Stellen besser versteht.
„da das Interieur aus der Gegenwart stammt“
- Es gibt nur: Einen Plastiktisch, die Zeitung, eine Uhr. Bei Zeitung und Uhr ergänze ich etwas, es wäre nicht gut, wenn man da stolpert. Die beiden Alten sind verarmt (z.B. reicht ihr Fernseh-Budget nur für einen Fernsehtag pro Woche), da muss man nicht damit rechnen, dass sie topmodern eingerichtet sind, aber dein Hinweis ist wichtig, es kann wohl Missverständnisse geben.
„Einzelpersonen handeln anders als eine Gesellschaft“
„Aus der Entgleisung einer einzelnen Person kann man nicht auf die Haltung einer Gesellschaft schliessen“
- Das ist wahr, doch wenn kein Einziger so handelt, tut es auch nicht die Gesellschaft. Außerdem ist es in der Literatur nicht neu (leider) einzelne Personen stellvertretend für die Gesellschaft handeln zu lassen.
„Selbst mit Bezug zur Gesellschaft ist nicht klar, wieso Georg umgekehrt als private Person in seinen vier Waenden wegen etwas voellig ausrastet, was keinen direkten Bezug zu ihm oder der Handlung der Geschichte besitzt“
- Vielleicht (hoffentlich) ist das jetzt nach der Änderung leichter ersichtlich: Georg leidet zweimal a) aufgrund einer Gesellschaft ohne Zukunft durch Kinderlosigkeit (die auch Armut mit sich bringt) und b) weil seine Ehe durch den frühen Tod seines Kindes und der daraus folgenden psychischen Krankheit seiner Frau belastet ist. Also gibt es einen direkten Bezug. Er muss noch nicht mal Choleriker sein, ausrastende Leute erlebt man aus nichtigeren Gründen…
Jedenfalls fand ich die Diskussion mit dir sehr anregend, ich hoffe, dass es für dich auch interessant war und du dich nach den Ergänzungen etwas mehr mit dem Text anfreunden kannst.
L G,
tschüß Woltochinon
PS. Hatte deine Antwort schon vor einigen Tagen geladen, gehe natürlich noch auf die neuen Anmerkungen ein.