If tomorrow never comes
If tomorrow never comes
Guten Tag, mein Name ist Sebastian. Ich bin 20 Jahre alt und komme aus einer kleinen Stadt namens Bünde. Lasst mich euch eine Geschichte erzählen, die 100%ig wahr ist, denn ich war dabei.
Alles begann damit, dass meine Mutter mit mir und meiner kleinen Schwester nach Südtirol gefahren ist. Wir wohnten in einem Ferienhaus und jeden Morgen fuhren wir dann auf die Piste. Meine Mutter begleitete meine kleine Schwester immer zur Skischule und ich fuhr immer alleine Snowboard.
Am 3. Tag fuhr ich mal wieder in Ruhe Snowboard. Die Piste, die ich benutze, war menschenleer und rechts und links von Bäumen eingezäunt, doch dann geschah es:
Plötzlich kam aus dem Gebüsch eine andere Skifahrerin hervor und wir knallten zusammen. Ich konnte mich noch geradeso auf den Beinen halten, die unbekannte Skifahrerin jedoch verlor einen ihrer Ski, fiel zu Boden, rutschte den Hang hinunter und blieb liegen. Ohne zu zögern, schnappte ich mir ihren Ski, fuhr zu ihr und ließ mich neben ihr fallen. „Alles OK?“, fragte ich besorgt.
„Ich denke schon“, antwortete sie und wischte sich den Schnee von ihrer Skibrille.
„Sicher?“, hakte ich nach. „Ja“, sie setzte sich langsam auf. „Mit dir denn auch?“
„Mir geht’s gut, aber was war denn eben los?“, antwortete ich. „Ich weiß auch nicht genau, ich hab wohl irgendwie die Kontrolle über meine Skier verloren. Tut mir leid. Ich wollte dich nicht rammen“
„Ach ist schon OK. Ist ja nichts weiter passiert. Kannst du denn weiterfahren?“
„Ja, ich denke schon. Du, ich hab eine Idee. Wir fahren jetzt zusammen weiter und wenn wir unten sind, lade ich dich zur Entschuldigung auf einen Kaffee ein“, schlug sie vor. Ich nickte und grinste. Gesagt getan. Also fanden wir uns hinterher in einem netten kleinen Cafe wieder, das in der Nähe von der Pistenausfahrt war. Auch sah ich im Cafe zum 1. Mal ihre wunderschönen braunen Augen.
Wir unterhielten uns sehr lange und sehr intensiv. Ich fand heraus dass sie gar nicht so weit weg von mir wohnte, denn sie wohnte in Bielefeld, das ist ungefähr eine halbe Stunde entfernt und dass sie Liza hieß. Also verabredeten wir uns für den nächsten Tag wieder an der Piste und so kam es dann auch. In der Ferienwoche fuhren wir jeden Tag zusammen Ski, doch jede schöne Zeit hat auch ein Ende und plötzlich war der letzte Abend da. Sie wohnte ebenfalls in einem Ferienhaus und da besuchte ich sie dann. Wir tauschten also Handynummern aus und am nächsten Morgen fuhr ich mit meiner Mutter und meiner kleinen Schwester wieder nach Hause. Dort prallte gleich am 1. Schultag der ganze Schulstress auf mich herein. Ich traute mich nicht sie anzurufen und sie meldete sich auch nicht.
Nachdem ich schließlich meinen Abschluss hatte, fasste ich etwas Mut. Ich fand ihre genaue Adresse heraus und fuhr dorthin. Die Adresse hatte mich in ein Hochhaus geführt und schließlich stand ich dann vor Tür Nr. 14- Lizas Wohnung. Ich klingelte an. Kurz darnach wurde die Tür geöffnet und ein blonder Typ in Boxershorts stand im Türrahmen.
„Hey, wohnt hier eine Liza?“, fragte ich und versuchte so lässig wie möglich rüber zukommen.
„Ne Liza? Die einzige Liza die hier mal gewohnt hat ist schon seit Jahren tot“, antwortete er kalt. Das saß. Das saß wirklich.
„Wie sie ist tot?“, ich begann zu stottern.
„Mike, was machst du denn?“, eine vertraute Stimme aus dem hinteren Teil der Wohnung und dann sah ich sie. Sie hatte sich kaum verändert. Sie hatte ihre braunen Haare zu einem Zopf zusammen gebunden.
„Mike, was machst du denn wieder?“, fragte sie noch mal und gab dem Jungen einen spaßigen Klaps. Dann lenkte sie ihre Augen auf mich und erstarrte. „Basti?“, fragte sie erstaunt. „Ja“, antwortete ich grinsend. „Was machst du denn hier?“, sie strahlte und umarmte mich stürmisch. „Ich wollt dich mal besuchen“, antwortete ich.
„Das ist ja toll“, strahlte sie.
„Ich bin übrigens Mike, ihr Bruder. Wollt dich nur mal nen bisschen auf den Arm nehmen“, erklärte er lachend. Ich nickte verstehend.
In den folgenden Wochen verbrachten wir viel Zeit miteinander. Wir gingen ins Kino und in den Zoo. Ich fuhr ungefähr alle 2-3 Tage zu ihr und ein paar Mal war sie auch bei uns zu Besuch. Doch nichts hält ewig, denn Liza war gezwungen aus schulischen Gründen in eine andere Stadt zu ziehen, nämlich nach Berlin und dass liegt etwas weiter weg als Bielefeld. Am letzen Abend saßen wir zusammen in einem Restaurant an einem Tisch. Sie hatte ihre braunen lockigen Haare mit den roten Strähnen offen und ihre braunen rötlich betont. Ich verlor mich in der tiefen Ewigkeit ihrer Augen…
„Basti?“, sie riss mich aus meinen Träumen und ich schreckte hoch. „Ja tut mir leid, ich war in Gedanken“, antwortete ich verlegen und nahm einen Schluck von dem Rosé Wein, den wir uns bestellt hatten. An diesem Abend redeten wir noch sehr viel.
Als es dann schließlich zum Abschied kam, fühlte sich keiner von uns beiden besonders wohl. Wir standen vor ihrer Haustür.
„Also, wir werden telefonieren und in den Ferien komme ich wahrscheinlich auch mal vorbei“, munterte sie mich auf. „Aber Berlin ist so weit weg“, antwortete ich traurig und starrte auf den Boden. „Hey, wir werden telefonieren“, sie gab mir einen Kuss auf die Wange und ging in ihre Wohnung. Deprimiert setzte ich mich ins Auto und fuhr los. Als ich an einer Ampel stand, fuhr ich langsam mit der Hand über die Stelle auf die sie mich geküsst hatte. Es hatte in mir ein leichtes Kribbeln ausgelöst. Mir wurde klar dass ich mich verliebt hatte. Die Ampel zeigte grün und ich fuhr weiter. Nach kurzer Zeit beschloss ich etwas Radio zu hören. Sender 55, eine Talkshow, nein, das wollte ich mir nicht antun, Sender 118, EinstLive -besser.
„Und jetzt stelle ich ihnen die neue Single von Ronan Keating vor, „If tomorrow never comes“- die Stimme des Moderators.
If tomorrow never comes
Will she know how much I loved her
Did I try in every way to show her every day
That she's my only one
And if my time on earth were through
And she must face the world without me
Is the love I gave her in the past
Gonna be enough to last
If tomorrow never comes
Wenn es keinen neuen Morgen mehr geben würde
wird sie dann wissen wie sehr ich sie geliebt habe
zeige ich ihr auch oft genug
das sie meine einzige große Liebe ist
Wenn meine Zeit auf Erden vorbei ist
und sie in Zukunft alleine durchs Leben gehen muss
ist die Liebe die ich ihr bis zu meinem Abschied gegeben habe
hoffentlich genug gewesen
wenn es keinen neuen Morgen geben würde.
Wenn es keinen neuen Morgen mehr geben würde, wird sie dann wissen wie sehr ich sie geliebt habe? Zeige ich ihr auch oft genug dass sie meine einzige große Liebe ist?
Wenn es keinen Morgen mehr gibt….
Mir wurde klar dass ich sie liebte. Ich schöpfte neuen Mut. Ohne noch eine Minute länger zu zögern, riss ich das Lenkrad herum und fuhr in die Entgegengesetzte Richtung. Was ich dann noch sah waren zwei helle Lichter, was ich dann noch hörte war ein Ohrenbetaübender Knall und was ich dann noch spürte war ein unmenschlicher Schmerz.
An diesem Abend war ich gestorben. Klar, jetzt fragt man sich warum ich dann diese Geschichte erzählen kann. Darauf gibt es eine ganz einfache Antwort, denn ich bin ein Geist. Eine unruhige Seele, die auf dem Weg in die nächste Dimension aufgehalten wurde und dazu verdammt wurde in der Realenwelt zu bleiben.
Festgestellt dass ich tot war, habe ich als ich in meine Wohnung kam. Sie war völlig leer und die Möbel waren mit weißen Tüchern zugedeckt und auf dem staubigen Boden lag eine aufgeschlagene Zeitung mit dem Artikel „Junge (20) wird von LKW mitgerissen“.
Ich war bei meiner eigenen Beerdigung dabei. Fast meine ganze Verwandtschaft war anwesend, meine Freunde und sogar Liza. Sie stand an meinem Grab und weinte fürchterlich. Auch meine Eltern weinten. Am Tag darauf kam Liza an mein Grab. Wir Geister haben den Vorteil, dass wir es hören wenn jemand an unserem Grab ist und mit uns redet, egal wo wir sind doch in Lizas Fall war ich dort. Ich stand direkt neben ihr, sie sah mich nur nicht.
„Oh mein Gott Basti“, weinte sie und ging vor dem Grab auf die Knie.
„Basti, kannst du mich hören?“ - ich konnte es.
„Basti, ich habe mich in dich verliebt“- mir stockte der Atem.
„Ich wollte dich an dem Tag noch anrufen, als…als es passierte…“, stammelte sie und begann hysterisch zu heulen. „Doch da war es schon zu spät. Weißt du was mich dazu brachte dich anzurufen Basti? Ich hab ihm Radio das Lied „If tomorrow never comes“ von Ronan Keating gehört und da wurde es mir klar. Ich liebe dich Basti, hörst du? Ich liebe dich“