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Ihr erster Instinkt

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24.07.2004
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Ihr erster Instinkt

Ihr erster Instinkt war, wegzusehen.
Er starrte sie direkt an.
„Nein,“ dachte sie „bitte nicht schon wieder“.
Doch dann straffte sie ihre Schultern und gab sich alle Mühe, dem Blick zu begegnen.
„Gut. Hier bin ich.“
Ihr Herz war am Zerspringen.
Sie versuchte in seinem Blick zu lesen und sah in Augen wie zwei blinde Spiegel, ohne Wut, ohne Vorwurf, ohne Leben.
Ein leiser Luftstoß wirbelte die trockenen Blätter auf dem bereits gelben Rasen hoch, dann war es so, als würde ein Teleskop alles scharf einstellen.
Die lachenden Stimmen der spielenden Kinder, das Bellen der Hunde und das verzweifelte Zurufen deren Besitzer dämpfe ab, trat in den Hintergrund.
Sie fühlte die glatten Holzsplitter der verwitterten Parkbank und die Luft an der Stelle, wo ihre Bluse sich bauschte, ohne die Haut zu berühren.
Die ganze Welt schrumpfte zusammen, es gab nur ihn und sie.
Er sagte noch immer nichts und sah sie nur unverwandt an.
Nach einer halben Ewigkeit räusperte sie sich mühsam.
Das Begrüßungs-Hallo kam heiser geflüstert träge aus ihrem Brustkorb.
Als habe er nur darauf gewartet, war er mit drei langen Schritten an der Bank, ließ sich niederfallen und streckte seine Beine aus.
„Geht es dir gut?“
Ihr Lungen krampften sich zu einem einzigen harten Klumpen zusammen und das Atmen fiel ihr schwer.
„Ja,“ sie sprach jetzt lauter. “Ja, es geht mir gut“.
„Hmm...“
Der Laut aus seinem Mund ließ sich nicht deuten.
„Ich werde dich nicht fragen“.
„Mich was nicht fragen?“
„Warum“.
„Warum was?“
„Warum du nicht zurück kommst“.
„Bitte...“
Die schmerzhafte Enge in ihrem Hals nahm zu, sie fühlte sich mit einem mal müde, leer, zerbrochen.
Den Mund qualvoll verzogen, sah sie ihn an.
„Bitte...es ist vorbei“.
„Ich weiß...ich weiß“, seine Stimme, rau und ungleichmäßig, als sei sie lange nicht mehr gebraucht worden, traf sie unerwartet tief, bis ins Mark.
Hastig sprang sie auf und stürmte ohne Abschied davon.
Während sie lief, konzentrierte sich der Schmerz in ihrer Magengrube. Lag wie ein Kloß im Hals.
Wenn sie es zuließ, würde er in ihr detonieren wie eine Bombe. Nur solange sie in Bewegung blieb, konnte sie ihn in Schach halten.
Er blieb einfach sitzen.
Eine heiße Träne quoll durch seine geschlossenen Lieder und ein harter, trockener Schluchzer aus den Tiefen seiner Brust kämpfte sich nach oben.
Erst dann kam das Weinen, würgend, haltlos, bis er beinahe in Tränen ertrank.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo immerfernweh,

da hast du sie ja wieder erwischt, die Art von Texten bei denen ich nie sachlich bleibe, da ich sie nun mal persönlich absolut nicht ausstehen kann. Ein Beziehungtrennungsbetroffenheitstext, der nur den Moment einfangen will. Und auch dir schreibe ich ganz unkonstruktiv. Um einen Moment einzufangen, schieße ein Foto. ;)

Ok, trotzdem gibts ein paar konstruktive Anmerkungen zu Details, denn ob ich nun solche Texte mag oder nicht, Sie haben ja offensichtlich Konjunktur und da sie meist nach der Regel verfasst werden, je romantischer formuliert, um so lieber, je allgemeingültiger gehalten um so besser (darum gibt es in solchen Texten auch nie Namen), gibt es eben auch Fallstricke, in denen man sich verheddern kann.

Ihr Herz war am Zerspringen.
finde ich persönlich sehr umgangssprachlich, ohne dass es hierher passt. Vor allem, wenn du dich an anderen Stellen in lyrischer Prosa übst.
Ihr Herz zersprang genügt vollkommen und sagt auch nichts anderes aus.
Sie versuchte in seinem Blick zu lesen und sah in Augen wie zwei blinde Spiegel, ohne Wut, ohne Vorwurf, ohne Leben.
Wenn sie in seinen Augen sieht, dass sie ohne Wut sind, ohne Vorwurf und ohne Leben, dann versucht sie nicht nur in seinem Blick zu lesen, dann tut sie es. Auch in der Grammatik stimmt dieser Satz aber leider nicht.
Ein leiser Luftstoß wirbelte die trockenen Blätter auf dem bereits gelben Rasen hoch, dann war es so, als würde ein Teleskop alles scharf einstellen.
Die Blätter sind also trocken, während der Rasen schon gelb ist? Was ist das für ein Rasen? Rasen wird braun wenn er zu durch lange Hitze austrocknet, gelb wird er nie. Das Gras eines Rasens ist eine immergrüne Pflanze.
Die lachenden Stimmen der spielenden Kinder, das Bellen der Hunde und das verzweifelte Zurufen deren Besitzer dämpfe ab, trat in den Hintergrund.
Hier kündigst du im Satz vorher ein scharf eingestelltes Teleskop an und kommst dann nur mit Geräuschen, deren Grammatik du dir vor allem im letzten Teil noch mal anschauen solltest. Da wirds irgendwie ganz verquer. ;)
Sie fühlte die glatten Holzsplitter der verwitterten Parkbank
Hast du dir das mal vorgestellt? Für mich ist Holz ja glatt, wenn es keine Splitter hat. Auch verwittert und glatt schließen sich bei allen Hölzern, die ich kenne aus.
Die ganze Welt schrumpfte zusammen, es gab nur ihn und sie.
Da verliert das Umfeld dann die Bedeutung, aber wenn ich mir eine zusammenschrumpfende Welt vorstelle, dann habe ich so ein Bild von einer Weintraube vor Augen, aus der eine Rosine wird. Ich weiß nicht, ob du das Bild erzeugen wolltest.

Dann der Dialog, bei dem man zwar mitbekommen kann, wer was sagt, und dass sie offensichtlich ihn verlassen hat, nur fragt man sich, warum quälen sie sich so, wenn sie doch beide so sehr leiden. Klar, es tut weh, weh zu tun, aber vor allem ihr überstürzter Aufbruch lässt zweifeln, ob sie sich wirklich trennen will. Also wieder die Geschichte zweier Menschen, die darunter leiden, dass zumindest eine Unglück verlockender findet als Glück? Und warum musste sie ihn in Schach halten? Oder musste sie das nicht eher mit ihren Bedürfnissen?

Eine heiße Träne quoll durch seine geschlossenen Lieder
Ach hätte er doch offene Lider gesungen, vielleicht zur Gitarre, vielleicht hätten sie dann zusammenbleiben können? ;)

Zum Schluss weinen also zwei, Ist das das Ziel?

Für mich sind diese Texte leider keine Geschichten. Sie fangen eine triste Stimmung ein, ohne etwas zu erzählen. Zwanghaft bestehen sie darauf, so beliebig zu bleiben wie ein Tageshoroskop. Jeder soll sich drin wieder finden können. Darum habe ich mit dieser Gattung an Text Schwierigkeiten. Der Hang, die bemühte Traurigkeit zu romantisieren macht sie überdies für mich kitschig. Vor allem aber macht er sie riskant, denn daraus entstehen oft unstimmige Bilder. Manchmal habe ich ja den bösen Verdacht, diese Form lyrischer Prosa ist geeignet, für alle, die gerne Gedichte schreiben können würden.

Aber letztes ist nur meine persönliche Meinung und trifft auf keinen Fall nur deine Geschichte.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo sim,
mann, du gehst aber auch hart ran! *grins*
So beim ersten Durchlesen deiner Kritik ist mir noch nicht alles so ganz klar, was du meinst, aber ich werde es mir in Ruhe nochmal durchlesen und versuchen, daraus Schlüsse zu ziehen.
Aber nichts desto Trotz: danke, dass du dir zeit genommen und dich so ausführlich dazu geäußerst hast.
Nata

 

hmm, eine intensive Momentaufnahme. Diese Szene könnte ich mir gut im Rahmen einer längeren Kurzgeschichte / Story, whatever vorstellen, ja, ich denke, sie würde dort viel besser wirken. Insofern kann ich auch die Kritik von Sim nachvollziehen, denen solch kurze Momentaufnahmen "zuwenig" sind. Ich jedenfalls mag auch so kurze Momentaufnahmen, v.a. wenn sie schöne "Bilder" fürs Kopfkino liefern...
Jedenfalls sprachlich: Also ich kann die Szene mir wunderbar imaginieren, mir bildlich vorstellen - und wenn ich das tue, wirkt diese Szene sehr intensiv, trotz ihrer Kürze! Du hast m.E. die richtigen Details herausgegriffen, um die Rahmenbedingungen und auch die mentale Situation des Ex-Paares abzustecken. Leider hin und wieder, und da muss ich mich zum Teil der Kritik von Sim anschließen, einige Formulierungen, über die man stolpert (der gelbe Rasen, die herren der Hunde), einige sind etwas zu "schwülstig" (die "heissen Tränen").
Allerdings: Du endest die Stroy mit der Beschreibung des männlichen Parts. Und so fühlt sich die story für mich zu "offen", zu unabgeschlossen an. Ich glaub, es wär stimmiger, wenn Du noch ein oder ein paar Sätze zu IHR schreiben würdest und die Stroy mir IHR abschliessen, ya know, vielleicht sogar mit Bezug zum Anfang, also einen Bezug auf die Instinkt-Sache, womit sich der "Kreis schliessen" würde. Das wär zwar stilistisch nicht wirklich orginell im Sinne von noch-nie-dagewesen :-) aber irgendwie ein abschließenderer Schluß.
Grüßle,
marmota

 

Grüß Gottle, marmota...*grins*
ich weiß, du liebst die Schwaben...*noch mehr grins*
Danke auch dir für die Kritik, ich werde mit Sicherheit noch darüber nachdenken.
Nata

 

Da hast du ja ganz schöne Hiebe bekommen *in den Arm nehm*...
Gut, dass das schon ein Jahr her ist !
Für mich ist deine Geschichte die Beschreibung menschlicher Gefühle in einer noch nicht abgeschlossenen Beziehung. Für mich ist das Ende offen !
Was ist aus den beiden geworden ?

GLG :)

 

O.? Danke...*lieb grins*
Für das "in den arm nimm"...
Was aus denen geworden ist?
Das darfst du dir selbst wünschen...*grins*

 

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