Im Grunde geht's um die Frage, wie setzen wir die Verben ein, die in den deutschen Bezeichnungen als Tu-, Tätigkeits-und Zeitwort alles umfasst, was hier von Interesse ist, in dem es eine Tätigkeit, einen Vorgang oder gar einen Zustand benennt, der sich subsumusieren lässt unterm Geschehen als schon Geschehenes, gerade Geschehendem oder schon Geschehenem und in seinem umgelauteten substantivierten Verb zur Geschichte gerinnt, deren Erzählungen selbst zur Geschichte/zu Geschichten werden,
ihr Lieben.
Da geht es jedem, wie dem Historiker, selbst unter fiktiven Verhältnissen (da dann aber auch extrem).
Für alle Formen Erzählens – für das fiktive wie die (auto-)biografische gilt, dass es bloße Annäherung bleibt, ein Bild, dass sich der Autor von der/den Person/en, dem/den Ereignis/sen macht. Selbst wenn ich eins auf die Nase krieg, der (hoffentlich "authetische") Polizeibericht wie meine Erzählungen übers persönliche Heldentum sind nicht die krumme Nase. Alles bleibt pure Annhäherung (da kann sogar der "Versuch" als Attribut wegfallen).
Zwei (eigentlich drei, wird gleich klar, warum) Beispiele will ich nennen: Den grünen Heinrich und die Selberlebensbeschreibung, die schon benennt, was ein Autobiografie sei und nirgendwo ist man befangener, als wenn man sieben Jahre vor seinem Tod seine Kindheit und Jugend aufzeichnen will.
Wir hätten Fotoalben, Filme und die Geschichten, die uns über uns von anderen erzählt werden. Jean Paul hatte 1818 nur noch das, was er selbst notiert hatte - wer täte das heute als sechsjäriger Bengel schon?, wusste und ihm erzählt wurde. Es blieb der Versuch einer Biografie, wie der ganze Mensch "wie aus dem Mond gefallen" (Schiller) wirkte.
Gottfried Keller hingegen hat den Grünen Heinrich in der älteren Fassung negativ ausgehen lassen und die jüngere, die zwote, "überabreitete" positiv und beides ist Weltliteratur (weitere Änderungen wie Wechsel zum Icherzähler braucht uns da nicht interessieren.)
Nun haben wir zwo einstellige Zeitformen, die 90 % oder mehr - meine Dudengrammatik ist zwar nicht so alt, wie die gebundene Rechtschreibung (2006), aber vom Prinzip her hat sich da nix geändert gegenüber den Angaben im Duden Bd. 4 von 1995, dass ich - als Meister der angewandten Mathematik - von einer (wenn auch nur näherungsweisen) Konstanten der letzten Jahrzehnte ausgeh (ich weiß, dass es keine Ewigkeit gibt - außer tödlicher Langeweile, die aber - wie das Attribut beweist - alles andere als unendlich dauert ...)
Präsens hat den Vorteil, dass die andern Zeitformen in ihm ausgedrückt werden können (wodurch vor allem das Futur I zur bedrohten Art wird). Ich werde Morgen kommen. Ich komm Morgen, wird jeder als das erkennen, was es meint. Das Problem, etwas im Präteritum zu schreiben, ist die Gegenwart, die als Futur dargestellt werden muss - wofür inzwischen die blödsinnigen denglisierenden Formulierung, "er würde kommen", wobei "wird kommen" schon einen Buchstaben einsparte und zudem nicht unbedingt nach einer Begründung suchen lässt, denn beim "würde" warte ich rundsätzlich auf die Begründung, warum nicht? Dabei ist das "would" ja von einem viel größeren Bedeutungsumfang als unser läppisches "würde". Der Konjunktiv ist keine Zeitform, er sagt was über Wahrheit und Lüge und den vielen Wahrscheinlichkeiten dazwischen aus. Und ist eine Zukunft, die eh nicht präzise vorhersehbar ist, nicht prickelnd genug, dass man unbedingt eine Konjunktiv-Konstruktion braucht? Glauben denn die Denglisierten, "God save te Queen" sei falsches English?
Kurz:
Ich bevorzug Präsens. Schön brav zwischen Anfang und Ende. Das eine vorbei und das andere offen und mit Wünschen belastet.
Allemal bleibt es eine Annäherung, ein Bild, dass sich der Autor von der/den Person/en, dem/den Ereignis/sen macht. Und sei's die eigene Nase.
Tschüss, und schöne Tage zwischen den Jahren, an alle!
fw