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Im Tram

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11.11.2001
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Im Tram

Die Leute fingen aufgeregt an zu tuscheln, alle waren angespannt.
Eigentlich war die Stimmung zu Beginn wie immer im Tram: die Leute diskutierten, lasen Zeitung, hörten Musik. Doch nun hatte sich die Atmosphäre schlagartig verändert. Es war, als hätten sich schwarze Wolken vor die Sonne geschoben, denn es war ein älterer Mann, nicht allzu gut gekleidet, eingestiegen. Er trug einen alten Rucksack auf dem Rücken aus dem zur Hälfte eine massive Eisenstange herausragte.
Die Anwesenden schauten um sich, warfen sich ängstliche Blicke zu. War dieser Mann gefährlich? Sie waren verunsichert nach allem, was in den vergangenen Wochen auf der Welt geschehen war. Man starrte ihn an. Er griff in die Jackentasche. Einigen blieb beinahe das Herz stehen. Was machte er nur? Nach längerem Grübeln hatte er endlich gefunden, was er suchte, und zog ein weisses, frischgebügeltes Taschentuch heraus. Die Passagiere entspannten sich ein wenig.
Das Tram hielt erneut. Leute drückten sich hinein und hinaus, wie immer zu Stosszeiten. Unter ihnen war ein junger Mann. Er quetschte sich gekonnt zwischen den Leuten hindurch und ging zielstrebig auf den Mann zu.
"Guten Tag, Herr Professor. Wie geht es Ihnen? Was haben Sie bei diesem wunderschönen Wetter unternommen?" - "Hallo! Ich war im Steinbruch und habe für?s Museum spezielle Versteinerungen gesucht."

 

Ich möchte mal was anmerken: Bei uns im fernen, exotischen Ösi-Land sagt man mitunter auch "Tram" zur Straßenbahn. Vermutlich eine Abkürzung von Tramway, nehme ich mal an.
Der Artikel lautet "die", jedenfalls bei uns.

Ach so, da war ja noch ne Geschichte um diese interessante Streitfrage herum ... Dazu fehlen jedoch selbst mir die geeigneten Worte, deshalb lass ich´s lieber.

 

@Rainer

Es ging ja auch nicht um das Wort 'Tram', sondern um den Artikel. Tram ist durchaus ein geläufiger Begriff in Deutschland.

Der Artikel kann jedoch wechseln, je nach Dialektregion.

Heiko

 

Also das ist doch so: Die Sprache hält sich doch gar nicht an Grenzen.
Auch in Deutschland sprechen ja nicht alle den selben Dialekt. Das Schwäbische etwa hat schon einen gewissen schweizerischen Einschlag. Die Bayern reden fast wie die Wiener und im Norden von Deutschland sagen alle statt "G" "CH" - wie Tach oder genuch.

Bei "Im Tram" - da dachte ich erst "Oh, was Wienerisches?", denn wenn bei uns einer "im Tram" sagt, im Dialekt, dann meint er "im Traum". Aber nach einigen Zeilen hab´ich es dann auch geschnallt, daß es kein Traum ist.

Habe ich auch beobachtet, kurz nach den Terrorattentaten, daß die Leute eher mißtrauisch wurden und so ein Rohr kann da schon Fantasien wecken - auch wenn´s ein alter Mann ist und er so gar nicht dem Klischee entspricht, das man Terroristen zugedenkt. Aber das ist es ja gerade, daß man es nicht weiß, wer vielleicht...
Bin kurz nach dem Attentat von Wien nach Stuttgart geflogen. Am Flughafen immer die Ansage: "Lassen sie ihr Gepäck nicht unbeaufsichtigt stehen..." - dachte erst wegen Diebstahl, eine Warnung, aber er sprach weiter: "...Nichtbeaufsichtigtes Gepäck wird aus Sicherheitsgründen sofort entfernt". Das stimmte mich dann sehr nachdenklich, ich hatte plötzlich ein sehr mulmiges Gefühl im Magen.
Leider kann man gar nicht sagen, daß es Panikmache ist, es ist tatsächlich Ernst. Man kann nicht nach dem Äußeren beurteilen, ob jemand etwas böses im Schilde führt oder nicht. Im Gegensatz dazu steht der Wunsch, daß es schön wäre, wenn sich die Menschen ein wenig näher kommen würden. Sowohl, was das gegenseitige Vertrauen betrifft, als auch die Akzeptanz kleiner Unterschiede, wie dem regionalen Dialekt.

Bevor ich mir das Internet bestellte, dachte ich immer, da sitzt jeder nur mehr vor einem Kastl, alleine. Aber tatsächlich bringt es die Menschen einander näher, es können Menschen miteinander kommunizieren, die sich sonst nie begegnen würden. Bauen wir nicht künstliche Grenzen durch winzige sprachliche Unterschiede.

Den Vorschlag, dazuzuschreiben, was es heißt, wenn einem bewußt ist, daß es sich um eine regionale Sonderheit handelt, finde ich gut. Allerdings ist Voraussetzung, daß es einem auffällt. Was manchmal schwer ist, wenn man den Ausdruck so gewöhnt ist, wie man ihn geschrieben hat.

Ich finde, die Geschichte regt trotz ihrer Kürze zum Nachdenken an. Statt dem Hinweis auf das Weltgeschehen hätte ich vielleicht eine Zeitungsschlagzeile erwähnt oder so.

Alles liebe
Häferl

 

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