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Immer mit der Ruhe

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12.01.2002
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Immer mit der Ruhe

In meiner Mittagspause hatte ich plötzlich Lust auf ein Stück Kuchen. So ging ich schnell zu der kleinen Bäckerei an der Ecke.
Erfreut stellte ich fest, dass es sicher nicht lange dauern würde, bis ich meine Lust auf eines der wohlduftenden Köstlichkeiten stillen konnte, da sich nur eine Kundin vor mir befand. Mit wachsender Unruhe musste ich dann jedoch beobachteten, wie die Dame vor mir ihren Zeigefinger unentschlossen über die Auslage kreisen ließ und die Verkäufern jedes ausgewählte Stück graziös auf einer Pappunterlage dekorierte. Bald zeigte sich, dass die Wünsche der Kundin das Maß des Papptablettes überstiegen.
Die Kundin lächelte, die Verkäuferin lud gemächlich die Tortenstücke auf Tablettgröße XXL um, und ich warf einen verstohlenem Blick auf meine Armbanduhr. In fünf Minuten würde mein Meeting beginnen.
Endlich, dachte ich als ich sah, dass die ausgewählte Tortenpracht unter einem Papier verschwand.
Zeit für mich ein Stück Kuchen zu wählen. Ich entschied mich spontan für ein Stückchen Altländer Apfelkuchen, da ich beim Griff in meine Jackentasche feststellen musste das meine Brieftasche noch im Büro lag. Ich besaß gerade noch 1,50 Euro.
Um jegliche Verzögerung vorzugreifen, sortierte ich das Kleingeld gut überschaubar auf die Glastheke. Ich war mir sicher die Verkäuferin würde so mit einem Blick den Wert der Münzen erkennen und mir unnötiges Warten zwecks Nachzählung ersparen. Kaum das ich mein Werk beendet hatte, öffnete sich die Ladentür und eine alte Frau wurde von ihrem Terrier in die Bäckerei gezerrt.
Die Kundin vor mir zahlte.
Energisch trat ich einen Schritt nach vorne, zeitgleich jaulte etwas zu meinen Füßen auf. Betroffen beugte ich mich dem zur Seite springenden Hund entgegen und bemerkte aus den Augenwinkeln wie sich der Schatten der Besitzern vor mich schob.
Den Mund bereits geöffnet zum Protest blickte ich in ein mich strafendes Augenpaar. Meine Lippen stammelte verlegen eine Entschuldigung, während die Aufmerksamkeit der alten Frau auf die ausliegenden Probierstücke der Verkaufstheke gezogen wurde.
"Ist hier Zimt enthalten?"
"Nein", erwiderte die Verkäuferin und hielt der Alten den Teller entgegen.
"Ach, sind die Stücke groß", geziert wanderten krumme Finger über dem Kuchen hin und her.
Die Verkäuferin ergriff ein Brotmesser, setze den Teller auf den Tresen und zerteilte einige der Happen zum Briefmarken Format.
Schmatzend schob sich die alte Frau ein Stück zwischen die Zähne.
Und die Uhr tickte und tickte.
"Das schmeckt mir, davon hätte ich gerne ein Stück, junge Frau", sagte die Alte und zog ein Stofftaschentuch aus ihrem Jackenärmel, um sich mit diesem über dem Mund zu tupfen.
Die Verkäufer nickte und schob ein Stück des Kuchens auf den Heber.
"Halt", der Kehlkopf der alten hüpfte entrüste auf.
Ich verdrehte genervt die Augen.
"Sie wollen mir doch kein Kantenstück unterjubeln?"
Die Verkäuferin errötete und schüttelte den Kopf.
Meine Finger klopften eine Melodie. Die Alte schaute missbilligend. "Immer mit der Ruhe, junger Mann"! Ich verzog das Gesicht. Das war wohl der Moment, in dem mein Meeting begann.
"Na endlich", rutschte mir heraus, als ich sah, wie die Alte den sorgsam verpackten Kuchen in ihrer Tasche verstaute.
Die Alte schüttelte entrüstet ihr graues Haupt. "Kein Benehmen diese Jugend von heute."
Um sie eines Besseren zu belehren eilte ich zur Tür und hielt ihr diese demonstrativ auf. Ohne mich noch mit einem Blick oder Wort zu würdigen, tippelte sie an mir vorbei. Die Tür fiel ins Schloss und ich drehte mich auf dem Absatz um und sah: Wie mein Geld vom Tresen in die Kasse der Verkäuferin verschwand. Sie lächelte mir entgegen: "Was darf es sein?"

[Beitrag editiert von: merlin am 20.01.2002 um 12:33]

 

Ich dachte mal, "heute hast du mal wieder richtig Zeit und Muse um ein paar gute Geschichten auf KG.de zu lesen!"
Gelesen habe ich die Geschichte, aber gut kann ich sie nicht finden.
Der Erzählstil rast direkt dahin ohne auch nur eine kleine Pause einzulegen. Das Thema ist meiner Meinung nach nicht schlecht, aber nicht gut genug herübergebracht. Ausserdem fehlt die Pointe.
Nein, ich finde, dass man die Geschichte nicht im Hinterkopf behalten wird, wie ich es zum Beispiel mit Ponchs Bödewig tu!

Luja sog i

 

@Hennaboindl,

Schade, dass die Pointe nicht rüberkommt. :(

Sie liegt in den Sätzen:

Wie mein Geld vom Tresen in die Kasse der Verkäuferin verschwand. Sie lächelte mir entgegen: "Was darf es sein?"

Ich finde der Erzählstil entspricht der Ungeduld des Protagonisten.


Gruß
CST

 

@ Hennaboindl,

ich habe über die Pointe nachgedacht und in der Geschichte eine kleine Änderung vorgenommen. Ich hoffe dadurch wird das Ende klarer.

Gruß,
Carmen

 

Hallo!

Och, ist doch ne ganz niedliche Geschichte... Solche Geschichten sollte man sammeln und in einen Band mit dem Titel "Mein Leben und ich" zusammenfassen und dann kann sie lesen, wer will. Ist halt keine Geschichte, die die Welt verändert. Und das war kein Sarkasmus!

Mfg,
kc

 

Diese Geschichte passt haargenau in diese Rubrik. Eine dieser kleinen Anekdoten, die jedem täglich passieren, ein großer Schmunzel-Faktor.

Der Kritik von Hennaboindl kann ich mich nicht anschließen. Die Zeit der Geschichte "rast", da der Protagonist eben wenig Zeit hat. Grade dadurch bekommt man das Gefühl, es dauert ewig, bis er nun endlich an der Reihe ist.

Vermutlich wird diese Geschichte nicht im Gedächtnis bleiben, aber wenn Du,@ Hennaboindl, das nächste Mal in der Bäckerei stehst, wirst du vielleicht daran erinnert.

Weiter so,
Lola

 

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