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Immer wieder
Runter mit dem Kumpel Hund, bei Wind und Wetter. Auch nachts.
Die Pizzeria an der Ecke ist jetzt auch schon ein Jahr alt. Nach 24.00 Uhr war nie so viel los wie heute. Offenbar alles Landsleute, die sich ausgiebig streiten. Was die mich plötzlich anstarren.
Tage später...
Jedesmal wenn ich an dieser italienischen Fressbude vorbei spaziere, glotzt mich das Personal an. Mein Hund hat bei dieser Kälte und Dunkelheit keine Lust eifrig die Pfoten zu schwingen. Ich gehe zurück, ein Quieken, mein Hund! Ich renne, mein Hund liegt auf dem Gehsteig vor der Pizzeria. Ein Zettel. „Las uns in Ruh auch gleiche mit dir schnüffler“.
Das Personal geht seiner Arbeit nach, keiner schaut hinaus, auf mich und meinen sterbenden Hund.
Tage später...
Die hintere Tür war von außen leicht zu blockieren.
Der Tellerwäscher hatte mich gestört. Er war alt.
Nach Mitternacht waren alle Landsleute und das Personal zusammen. Wieder stritten sie. Das letzte mal. Die fünf Literkanister waren leicht zu werfen, leichter als ich es mir vorgestellt hatte. Einer nach rechts, einer nach links, Zippo und alles floh in die Küche. Ich hätte niemanden an mir vorbei gelassen. Nach draußen zur Straße, nach Sizilien.
In die Hölle gehört das Sauvolk, daß mir mein Leben ruiniert hat.
Der erste brannte am Arm und war voller Panik, ein Leichtes den mit meinem Campingmesser wegzuschicken. Der Kanister aus der Küche hat spät funktioniert. Der zweite der herausstürzt, hat Verbrennungen im Gesicht. Die Küchentür muß zu. Dann passiert alles in einem Raum. Ich sau mich hier mit dem Drecksblut ein. Das Wimmern aus der Küche erinnert mich an läufige Katzen...
Das Tor ist offen, die Hölle brennt!
Der nächste Morgen
Tageszeitungen schreiben immer in Großbuchstaben.
SIEBZEHN BERLINBESUCHER IN EINEM ITALIENISCHEN RESTAURANT DURCH VERPUFFUNG, QUALVOLL VERBRANNT...
Gegen Mittag war die Polizei da. Nachbarschaft funktioniert immer. Ich wurde abgeführt. Das ganze Drumherum, bevor man in Untersuchungshaft kommt, ist seltsam. Alles was die untersuchen müssen und wo die überall reingucken müssen. Sonderbar. Die Tür zur Zelle fiel ins Schloß, nicht laut, aber der Riegel, dieses zischen, Metall auf Metall. Nach der einsamen, leisen Nacht mit meinem Kumpel, ein kreischendes Geräusch.
Seit zehn Jahren bin ich Tag und Nacht mit meinem Kumpel Hund unterwegs gewesen. Wir hatten immer viel zu erzählen und wenn es auch die alten Geschichten waren. Niemals langweilig, niemals. Letzte Nacht haben wir von Hübschen gesprochen, denen er immer nachgestiegen ist. Er hat wie immer aus dem Maul gestunken, etwas mehr als sonst, die Umstände eben.
Als die mich abgeführt haben, waren auch welche mit blauen Tüten dabei, sie haben ihn einfach in die Tüte gepackt und die Treppe hinunter geschleift. Nicht mal angehoben haben sie die, diese blöde, blaue Tüte. Dieses Pack nehme ich mir auch noch vor, wenn alles vorbei ist...
Nach zwei Wochen
Blind, ja blind werde ich hier. Ich kann kaum noch sehen. Mein Kumpel Hund liegt immer, wenn es dunkel ist, neben mir und wir erzählen Geschichten. Ich mach die Augen einfach nicht mehr auf. Die anderen sind mir fremd und ich kenne die auch nicht. Gestern hat mich einer gepackt und in einen Saal gebracht, Gerichtstermin.
Der Richter war erst nach einigen Minuten gut zu verstehen. Er war rot im Gesicht und seine Fragen waren immer gleich, langweilig.
Wie ich denn so sicher sein konnte, das es diese Leute waren, die den Hund...
Ich bin erschrocken, als sich neben mir ein Mann erhob und auf den Zettel hinwies, der neben meinem Kumpel lag, in dieser scheiß kalten Nacht. Der Richter nahm den Zettel, fingerte mit dem Ding herum, schaute über seine blöde Brille und zuckte mit den Achseln. Durch einfaches wenden des Papiers, erkannte er endlich die Rechnung der Pizzeria.
Der Tod des Hundes wäre ja tragisch, aber deshalb, solch eine Irrsinnstat?
Wenn man ihnen das Letzte was für sie wichtig ist wegnimmt..., er hörte mir nicht zu. Wie all die anderen, die in den nächsten Tagen auf mich einredeten.
Die meisten hatten Kittel an, weiße Kittel.
Sieben Jahre, anschließend Verwahrung und psychologische Betreuung.
Die Zeit hat uns nicht verändert. Kumpel Hund wurde aber immer öfter müde und nach einer langen Zeit ist er einfach nicht mehr gekommen.
Die Geschichten sind nicht mehr so interessant, weil es jetzt nur noch meine sind. Und die sind langweilig ohne meinen Kumpel.
Heute hatte ich einen Termin, mit einem Kittel. Die Fragen sind immer gleich. Wie es dazu kam, ob ich bereue usw.
Morgen wird der Richter kommen und fragen stellen. Meine Augen sind geschlossen und doch ist es nicht mehr dunkel.
„Nach so viel Zeit“, so begann der Richter die Frage, „nach so langer Zeit, würden sie diese Tat noch einmal begehen?“
Immer wieder, immer wieder.
Er hatte das gleiche rote, verschwitze Gesicht, wie beim ersten Mal.
Im Herbst fallen die Blätter immer anders, weiter, leiser. Die Farben habe sich verändert. Es sind weniger geworden. Seltsam, meine Haare sind auch anders.
Wärter hat erzählt, ich wäre jetzt 52 Jahre alt. Donnerwetter, die Zeit vergeht, wie?
Die weißen Wände und das Quitschebett sehen immer gleich aus. Die Scheiben in den Fenstern auch. Nicht die Scheibe an der Wand, die nicht. Kann man nicht durch gucken. Aber, da bewegt sich was, wie im Herbst, nur weniger Farben.
Wärter hat auch gesagt, ich muß den Richter überzeugen um hier jemals herauszukommen.
Der zweite Termin ist im Frühjahr.
Ich habe den Richter nicht erkannt.
Immer wieder, immer wieder. Daß werden sie auch noch einsehen.
Da war es wieder! Das rote, verschwitzte Gesicht. Doch, ist der Selbe, dachte ich.
Die Wände nehmen dir die letzten Farben.
Die Fenster zeigen mir nur noch Winter, aber einige Vögel, die vorbei flattern kenne ich!
Die sind nicht grau.
Der Richter ist im Ruhestand. Ich werde entlassen. Zeit zur Einsicht.
Einen Monat später...
Das schöne Haus beobachte ich schon einige Tage.
Großer Garten, gut für meinen Kumpel Hund. Der Richter lebt allein.
Seine Frau wäre bei der Geburt der Tochter verstorben. Die wiederum durch kurze, aber tödliche Krankheit. So kann es gehen. Nachbarschaft hat Schaum vorm Mund.
Seit einigen Tagen kommt eine ältere Dame mit einem Kind zum Besuch.
Der alte Richter tobt, wie ein junger Troll, mit ihm durch den Garten.
Sein Enkelkind? Richtig!
Einmal soll er noch spielen, dann wird er einsehen...
Irgendein Montag
Das Kind ist schnell von Gruselgschrei zum laufen gebracht. Dumme alte Frau läßt ihn nicht los, läßt es nicht los. Jetzt, ihre Hand, mein Messer ist scharf. Sie hätte nicht mehr lange gelebt. Ich schlage einen Hacken um das Kind in die Richtung zu dirigieren.
Hier ist Radio-Aktuell
Unsere neusten Meldungen:
Ein schrecklicher Unfall ereignete sich gegen 13.:40Uhr
im U-Bahnhof Spichernstraße.
Als die A9, Richtung Zoologischer Garten in den Bahnhof einfuhr,
stürzte ein etwa sechsjähriger Junge vor den einfahrenden Zug.
Er erlag seinen schweren Verletzungen noch am Unfallort.
Augenzeugen berichten, daß kurz vor dem Unglück eine ältere Frau
von einem Mann mit einem Messer bedroht wurde.
Er trennte die rechte Hand der Frau mit dem großen Messer ab,
stach anschließend weiter auf sie ein, bis der kleine Junge,
der offensichtlich zu ihr gehörte, weglief.
Der, offenbar geistesgestörte, Mann verfolgte anschließend den Jungen
und zwang ihn, durch eine Drohgebärde, sich vor den Zug zu werfen.
Wie wir gerade erfahren, ist die alte Dame ihren Verletzungen
auf der Fahrt ins Krankenhaus erlegen.
Die Leute waren sehr aufgebracht. Ich hatte sie durch mein Geschrei und den hoch gerissenen Armen verschreckt. Mit meinem Messer konnte ich mich befreien und eilte zum Haus, daß ich lieb‘ gewonnen hatte. In dieser Zeit, mit Farben, wie sie wirklich sind.
Eine Stunde habe ich vor der Tür gewartet.
Endlich kam das; mit der Polizei.
Der Richter hatte plötzlich weiße Haare, wie im Herbst.
Er krampfte seinen Körper zusammen, sah wirklich aus wie ein kleiner, böser Troll.
Ich lehnte an einer großen, schönen, farbigen Linde.
Hob die Hand zum Gruß, als er mich sah.
Sein Gesicht wurde rot, blutrot, so ein lebendiges, kräftiges rot, wie es nur selten zu sehen ist.
Nicht bei Menschen, jedenfalls.
Er griff einen Gegenstand, was eben im Garten herum liegt.
Lief durch die Gruppe Polizeileute.
Trat die tiefschwarze, gußeiserne Gartentür mit einem kräftigen Tritt auf,
lief auf mich zu.
Er hatte eine kleine Harke in der Hand, mit drei Zacken.
Mein linkes Auge schmerzte, als der erste Hieb durch meinen Kopf gebremst wurde.
Ich schrie:
Immer wieder, immer wieder
Er schlug auf mich ein:
Immer wieder, immer wieder.
Bis er zusammenbrach.
Es ist dunkel!
He, alter Kumpel Hund, was haben wir uns lange nicht gesehen.
Komm, lehn dich an, ich habe eine feine Geschichte zu erzählen ...