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in Abwesenheit (i.A.)
Der Autor schreibt wieder eine Geschichte. So oder so ählich könnte man die Tätigkeit beschreiben, der er hier nachging. Er war um 6 Uhr aufgestanden, 1 ¼ Stunde früher als sonst, hatte den Laptop im Arbeitszimmer hochgefahren, kurz den Hund gestreichelt und sich in der Küche einen Kaffee gemacht.
Dann hatte er sich an den Laptop gesetzt. Der Hund war ihm aus der Küche gefolgt und hatte sich zu seinen Füßen gelegt. Er hatte Word gestartet, sich gestreckt und nun saß er hier. Zweimal die Woche musste er eine solche Geschichte abliefern an eine große Deutsche Tageszeitung. Er schaffte es normalerweise immer in einer Stunde. Eine Geschichte schreiben, leicht zynische Pointe einbauen und dann zur Arbeit.
Aber im Moment nervte das mit der zynischen Pointe. Irgendwie kriegte er das in den letzten Wochen nicht mehr hin. Die Geschichten wurden so, so positiv. Immer siegte am Ende das Gute. Fast schon Disney. Enervierend war das.
Dabei war alles wie immer: seine Kinder waren schon lange auf der Welt und hatten sich nicht groß verändert, seine Frau liebte ihn wie eh und je, sein Job lief. Kurz und gut, nichts war so positiv geworden, dass er den Zynismus auf einmal hätte vergessen müssen.
Vielleicht war es der Sommer, der in diesen Momenten draußen vor dem Fenster erwachte. Aber es war bereits Mitte Juli und das Klima erfreute ihn schon seit Mai. Da hatten die zynischen Kracher aber noch gesessen. Typischer Fall von Blockade dachte er. Hat jeder gute Schriftsteller mal! Und begann drauflos zu schreiben, wie er es immer tat. Die Geschichte wuchs dann während er sie schrieb. Und als am Ende ein opportunistischer Abteilungsleiter, der auf einen Posten im Vorstand schielte, einen Untergegebenen auf furchtbare Weise hinterging, da lächelte der Autor. Der Zynismus war zurückgekehrt.