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In aller Öffentlichkeit
In aller Öffentlichkeit
Sie schließt die Tür hinter sich zu, zieht ihre Schuhe aus, wechselt von ungemütlicher zu gemütlicher Kleidung. Sie bezieht das Bett neben ihrem. Sie macht es sich bequem. Einige Stunden Ruhe, bevor Clara sie abholen kommt, werden ihr gut tun. Sie sitzt auf dem Sofa, genießt die Stille. Sie betrachtet ihre Wohnung und denkt sich, wie schön es doch ist, zuhause zu sein. Sie verliert sich in Gedanken.
Gleich wird Clara kommen. Duschen, schminken, anziehen – bereit. Sie öffnet für Clara die Tür. Die zwei Frauen steigen in das Auto. Clara erzählt von Herr Petersen und wie er sie mit Arbeit überhäuft hat. Clara spricht viel.
Der Parkplatz beim Eingang scheint der richtige zu sein. Das Café ist voll. Der übliche Tisch wurde reserviert. Paul und Andre sind noch nicht da. Sie ist angespannt, doch Clara bemerkt es nicht. Clara nimmt Wasser, und sie nimmt einen Rotwein. Die beiden schweigen. Endlich kommen sie. Andre setzt sich ihr gegenüber. Sie suchen Blickkontakt, um diesem wieder auszuweichen. Paul beginnt von seiner Arbeit zu erzählen. Sie gibt sich große Mühe, ihre Anspannung zu verbergen. Andre scheint das weniger auszumachen. Er beteiligt sich amüsiert am Gespräch. Paul fragt sie nach ihrer Meinung. Sie stimmt Paul zu.
Andre möchte an die frische Luft gehen, und sie sagt, dass sie ihn begleiten wolle. Andre bleibt an der Bar stehen und fragt sie, wie es ihr geht. Sie einigen sich darauf, dass es beiden gut geht. Sie sagt ihm, dass sie alles weiß. Andre schweigt. Er ist nicht überrascht. Schließlich fragt er, was sie wüsste.
Sie erzählt, dass sie ihn vor einigen Wochen gesehen hat. Sie hat sich darüber gewundert, dass er in dieser Gegend unterwegs war. Als sie ihm nachlief, stellte sich heraus, dass Andre zur Armenspeisung ging. Er sah sie angespannt an. Sie erzählt, dass sie in den nachfolgenden Tagen überprüft hat, ob Andre wiederkommen würde. Er kam zwei Mal am Tag zur Speisung. Daraufhin rief sie bei Andre auf der Arbeit an, um ihn an das Telefon bitten zu lassen. Sie fragt Andre, warum er entlassen wurde. Er erklärt, dass es Kürzungen in seiner Firma gebe und seine Stelle nicht mehr gebraucht werde. Es habe keine Anzeichen gegeben. Er ist jetzt schon ein halbes Jahr arbeitslos. Sie fragt ihn, wo er jetzt wohnt, und Andre erklärt, dass er noch in seiner Wohnung ist, aber die letzten drei Mieten nicht bezahlen konnte. Zu beschämend sei es gewesen, es jemandem zu erzählen. Deshalb tat er so, als ob alles noch beim Alten wäre. Andre fragt, wem sie es schon erzählt habe. Sie hat es noch keinem anderen Menschen erzählt. Er fragt, was sie nun von ihm möchte und warum sie ihn nicht schon früher darauf angesprochen hat. Sie schluckt. Sie fragt ihn, ob er noch weiß, dass sie ihn liebt. Er bestätigt,sich daran zu erinnern, als sie ihm ihre Gefühle offenbart hat. Er sieht sie fragend an. Sie fährt fort; sie kann jetzt für ihn da sein. Wie sie das meint, möchte er wissen. Sie haben nun ein gemeinsames Geheimnis, sagt sie, von welchem keiner erfahren muss. Er kann zu ihr ziehen und sie würden zusammen sehr glücklich sein. Andre versteht nicht ganz. Sie möchte, dass die beiden zusammen sind, das hat sie sich schon immer gewünscht. Andre schweigt. Sie fragt ihn,ob er etwas trinken möchte. Sie bestellt Rotwein und einen Martini. Er trinkt sein Getränk in einem Schluck hinunter. Sie bittet ihn sich vorzustellen, wie schön es sein könnte. Sie würde ihm jeden Tag Frühstück machen und für ihn sorgen können. Er müsste nichts machen; nur da sein. Sie fragt ihn, ob sie ihn küssen darf. Er willigt ein. Sie küsst ihn. Er erwidert den Kuss vorsichtig. Sie fragt, ob er nachher anstatt zu sich lieber zu ihr mitkommen will. Nach einer kurzen Pause sagt er Ja. Sie lächelt. Sie wirkt glücklich.
Sie kehren zum Tisch zurück. Clara erzählt gerade von Herr Petersen und wie stressig es zur Zeit ist. Sie fragt Andre, ob bei ihm derzeit auch so viel los sei. Andre überlegt, was er sagen soll. Doch dann sagt sie, ob es denn nicht noch andere Gesprächsthemen außer der Arbeit gäbe. Sie lächelt Andre zu. Er lächelt nach einer kleinen Verzögerung zurück. Die Stimmung wird besser. Alle unterhalten sich vergnügt. Es werden alte Anekdoten erzählt. Paul erzählt davon,wie er und Andre bei einem Urlaub in Frankreich sich während einer Weinverkostungstour verlaufen und die Nacht im Freien geschlafen haben. Paul erinnert sich, dass sie den Trip wiederholen wollten. Er fragt Andre, ob sie das nicht in die Tat umsetzen wollen. Andre schweigt. Sie sagt, dass Andre zurzeit wichtige Dinge erledigen muss und nicht über Urlaub nachdenken kann. Paul und Clara sehen sich verwundert an. Clara fragt, was sie meint. Sie erklärt, dass sie nichts meint, aber dass Andre ihr etwas erzählt hätte und dass sie weiß, dass er zurzeit viele Sorgen hat.
Andre schlägt mit der Faust auf den Tisch. Er sagt, dass es ihm reicht. Er spricht laut. Jeder im Café kann ihn hören. Andre sagt, dass er arbeitslos ist. Er hat Schulden und weiß nicht mehr weiter. Sie sieht ihn entsetzt an. Paul fragt, warum er denn nichts gesagt habe, er hätte ihm ja helfen können. Andre nennt Paul einen arroganten Idioten. Er fragt, warum er glaubt, jedem helfen zu müssen. Clara sagt, dass Andre nicht übertreiben soll. Er entgegnet, dass sie die Klappe halten soll und ob sie nicht einmal in ihrem Leben mal nichts sagen könne. Sie streiten sich in aller Öffentlichkeit. Paul steht auf. Andre steht auf. Beide gehen, ohne ein Wort zu sagen. Die beiden Frauen verlassen schweigend das Café. Sie steigen in das Auto. Clara erzählt diesmal nichts.
Sie schließt die Tür hinter sich zu, zieht ihre Schuhe aus, wechselt ungemütliche in Schlafkleidung. Sie legt sich in ihr Bett. Neben ihr das für Andre bezogene Bett. Sie schläft ein.