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In der Maschine
Hinter den Schaufenstern stehen sie und beobachten uns.
Sie tragen Abendkleider, Sportsachen, Rollkragenpullover, Badehosen, Uniformen, Smokings, Unterwäsche, Businessanzüge, Seidenblusen, Bademäntel, Jeanshosen, Fußballtrikots, Overalls, Tanktops, Jogginganzüge, Regenmäntel und beobachten uns. Natürlich bewegen sie sich nicht, das können sie nicht. Aber ihre Köpfe drehen sich, mir bekannte Gesichter. Immer in unsere Richtung. Ich sehe künstliche Augen - braune, blaue, grüne, Millionen von ihnen. In Millionen Puppenköpfen auf Millionen Puppenkörpern hinter Millionen Schaufenstern.
Sonst nichts.
"Hier, das wird dir gefallen." Mein Begleiter nimmt einen Stein und wirft eine der Scheiben ein. Der Knall ist ohrenbetäubend, das Glas zerspringt. Doch die Scherben fallen nicht zu Boden, sie bleiben in der Luft, als hätte jemand die Zeit für sie angehalten.
"Sieht toll aus, oder? Ich weiß vorher nie genau, was passiert, aber es ist immer großartig", ruft mein Begleiter begeistert. "Guck dir nur mal an, wie sich das Licht in den Scherben bricht." Wir gehen ein paar Schritte weiter, die Blicke unserer künstlichen Beobachter folgen uns.
Es sieht aus, wie eine dieser Einkaufsstraßen, links und rechts gesäumt von Modeboutiquen, wo ebenmäßig geformte Puppen die neusten Kollektionen irgendwelcher Designer vorführen. Aber es stimmt nicht, nichts an diesem Ort stimmt. Die Fensterfronten reichen in die Ewigkeit, endlose Reihen Schaufenster in allen Richtungen: vor uns, hinter uns, über uns. Die Puppen tragen Sommer- sowie Wintermode. Und sie beobachten uns.
"Mann, du musst ein ziemlich gutes Gedächtnis haben." Mein Begleiter lacht und führt mich weiter die Passage hinab. Ich spüre, dass es langsam Zeit wird für die drei Fragen, die man in einer solchen Situation stellt. Die magischen Fragen, um sie zu verstehen, ihr Herr zu werden. Die Fragen.
"Wo bin ich?" Nummer eins.
"In der Maschine."
"Wer sind Sie?" Nummer zwei.
"Nenn mich Orm. Ich bin dein Führer."
"Wie bin ich hierher gekommen?" Nummer drei.
"Durch den Eingang."
Die Fragen haben nicht geholfen, aber für eine weitere bleibt keine Zeit. Ein Knall, dann ein weiterer. Dann noch einer und schließlich versinkt unsere Welt im Chaos. Ausgehend von der Scheibe, die mein Begleiter eingeworfen hat, zerspringen der Reihe nach die Fenster. Scherben fliegen durch die Luft, zerfetzen die Kleider der Puppen, regnen von weit oben auf uns herab. Alles fällt in sich zusammen. Zerstörung. Flucht.
Orm drückt seine Finger in eine Spalte zwischen zwei Schaufenstern und schiebt eine Scheibe beiseite. Sie gleitet wie auf Schienen und bietet einen Durchgang in den Raum dahinter. An der Rückwand hinter den Puppen ist eine Tür. Orm öffnet sie, zieht mich hinter sich her, wir treten hindurch und
...
werden beinahe von einem Panzer aus Glas überfahren. Er rattert wenige Zentimeter an uns vorbei. Geschützturm, Ketten, Getriebe, Motor, alles ist transparent. Nur durch seine Bewegung sind die Umrisse zu erkennen und es fällt schwer, das Gefährt nicht aus den Augen zu verlieren.
"Das war knapp, oder?"
"Wo..."
"In der Maschine. Hab ich doch gesagt. Komm, wir sollten weitergehen, bevor er zurückkommt."
Ich drehe mich um, hinter mir nur endlose Wüste. Keine Anzeichen von einer Tür. Der Panzer wendet und hält direkt auf uns zu. Ich möchte ausweichen, aber Orm hält mich zurück.
"Das muss ich sehen, es wird sicher toll! Keine Angst, dir kann nichts passieren. Hoffe ich."
Ein paar Meter von uns entfernt hält der Panzer, der Geschützturm senkt sich, zielt mir direkt auf die Brust. Feuer. Ein transparentes Geschoss trudelt langsam auf mich zu, bleibt in der Luft stehen. Rotiert um die eigene Achse und verwandelt sich in...
"Nun, das ist wirklich seltsam." Orm unterdrückt ein Kichern. "Mit Meerschweinchen hätte ich jetzt nicht gerechnet. Du bist ein kreativer Kopf."
"Aber ich habe doch gar..." Das Tier springt mir in die Arme, beginnt selig zu quieken und schläft in meiner Armbeuge ein. Instinktiv streichle ich seinen Nacken, es fühlt sich vertraut an. Der Panzer hat inzwischen seine Angriffsbemühungen eingestellt und qualmt bewegungslos vor sich hin.
"Natürlich hast du nicht. Dort entlang."
Die Soldaten überrennen uns beinahe. Ohne uns wahrzunehmen, kreuzen sie unseren Weg und stürmen von links nach rechts vorbei. Tausende. Alle aus Glas. Glasgewehre geschultert auf Glasschultern. Einem unbestimmten Ziel entgegen, bereit, dem Feind in die Augen zu sehen.
"Schade, wir werden den Kampf wohl verpassen." Orm hält auf einmal eine Sanduhr in der Hand. "Das wäre sicher lustig geworden, aber wir haben wenig Zeit."
"Kampf?"
"Ja. Ein Krieg. Frag nicht, wer gegen wen. Das spielt keine Rolle. Es ist ein Krieg und diese Soldaten sind dabei, ihn zu gewinnen. Für die gute Sache, welche auch immer das sein mag."
"Ich verstehe kein Wort."
"Natürlich nicht, junger Freund. Natürlich nicht. Deshalb bin ich ja da."
"Als mein Führer..."
"Als dein Führer durch die Maschine. Richtig. Ich würde gerne weiter mit dir plaudern, aber die Zeit..." Er tippt mit dem Zeigefinger auf seine Sanduhr. Aus der Ferne dringt Kampflärm zu uns herüber. Das Meerschweinchen schreckt auf, springt aus meiner Armbeuge, wetzt über den heißen Wüstensand und krabbelt in eine Luke in den liegen gebliebenen Panzer. Ein kurzes Aufheulen des gläsernen Motors und das Gefährt setzt sich ratternd in Bewegung. Auf in die Schlacht.
"Ich will nach Hause."
"Alles zu seiner Zeit." Orm kniet sich auf den Boden und beginnt an einer scheinbar beliebigen Stelle Sand beiseite zu schieben. Eine Luke erscheint, er springt hinein, packt mich im letzten Moment an den Knöcheln und zieht mich mit hindurch. Es ist ein kurzer Sturz bis
...
sich die Richtungen umdrehen, Dimensionen sich um neunzig Grad kehren und das Unten zu einem Vorne wird. Wir fallen seitwärts, durch eine Glasscheibe, landen auf einem grellgelben Teppichboden, torkeln dank des Restschwungs quer durch das Zimmer und fallen der Länge nach hin, der Boden gibt unter uns nach und schwingt wie durch eine Sprungfeder angetrieben zurück, Orm und ich fliegen orientierungslos durch die Luft und kommen schließlich auf einer grünen Couch zu sitzen.
"Was für ein Spaß! Das müssen wir bei Gelegenheit wiederholen."
"...", beginne ich, meine Gedanken in eine verbale Form zu pressen.
"Oh, ja. Immer noch in der Maschine. Sie ist innen viel größer, als sie von außen zu sein scheint. Interessanter Effekt, lässt mich jedes Mal wieder staunen."
"Jedes Mal?"
"Bisher drei. Du bist der Vierte."
"Der vierte was?"
"Gast. Der vierte Gast. Mein vierter Gast. Kaffee?" Vor der Couch steht ein kleiner Tisch, darauf zwei Tassen und eine Kanne. Er muss dort auch stehen, sonst würde er fehlen. Orm schenkt uns ein und reicht mir eine Tasse. Ich nehme sie in die Hand, sie ist kalt. Kurz bevor meine Lippen das Porzellan berühren, fließt der Kaffe hinaus. Fließt nach oben, ein satter brauner Strahl, der sich an die Decke ergießt und einen abscheulichen Fleck hinterlässt. Ich hasse Flecken.
"Das war zu erwarten, sowas passiert hier ständig, manchmal geht alles durcheinander", sagt Orm und nippt an seinem Kaffee. "Aber das ist nicht weiter schlimm. Der Kaffee ist gut."
Die Kacheln kommen ebenso unvermittelt, wie das Sofa verschwindet. Wir fallen nach hinten über und beobachten den endlosen Strom reinweißer Badezimmerfliesen, der durch das Fenster sprudelt und an die gegenüberliegende Wand trifft. Er teilt sich und die weißen Quadrate beginnen, die Mauer zu bedecken. Binnen kürzester Zeit breitet sich die geflieste Fläche immer weiter aus, bis die Wände komplett bedeckt sind. Gleichzeitig schwappt flüssige Masse hinein und überzieht die Decke mit einer grauen Schicht. Linoleum.
Zuletzt verschwindet das Fenster hinter den Kacheln und es wird dunkel. Schwache rote Notbeleuchtung glimmt auf. In ihrem Schein wirken die beiden Stäbe beinahe surreal, wie sie sich aus dem Boden schälen und senkrecht nach oben wachsen. Die Enden verdicken sich, werden runder, größer, transparent. Beinahe wie Blumen wirken die Glühbirnen, und als sie aufflammen, erkennen Orm und ich, dass unser Boden in Wirklichkeit die Decke ist.
Doch wir stürzen nicht, auch dann nicht, als durch ein Loch im Boden Wasser nach oben tröpfelt. Zuerst langsam, dann immer schneller, dann immer mehr und schließlich sturzbachartig leckt die Flüssigkeit an uns vorbei und der Wasserpegel sinkt uns immer mehr entgegen.
"Hat deine Mutter dich als Kind mal in der Wanne vergessen?" Diesmal lacht Orm nicht, scheinbar ist er wirklich besorgt. "Lass dir was einfallen."
"Ich weiß ja nicht mal, wo wir hier sind."
"In der Maschine." Das Wasser erreicht den Haarschopf meines Begleiters. Er ist gut einen Kopf größer als ich und muss ein wenig in die Knie gehen um seine Frisur zu retten. Ich strecke meine Hand aus und berühre die Wasseroberfläche. Es fühlt sich rau an. Irgendwie... falsch. Einem plötzlichen Impuls folgend halte ich die Luft an und springe senkrecht nach oben. Die Schwerkraft dreht sich, ich falle nach unten, Perspektiven verzerren sich, das Wasser ist auf einmal unendlich weit entfernt. Ich falle sehr weit, einen endlos scheinenden gefliesten Gang hinab. Orm über mir wird kleiner, immer kleiner.
Das kühle Nass umspült meinen Körper, ich sinke hinein, mache ein paar Tauchbewegungen und lasse mich an die Oberfläche tragen. Drehe mich herum, lasse mich auf dem Rücken treiben, blicke nach oben und sehe
...
nichts. Überhaupt nichts.
Alles um mich ist weiß, leerer Raum. Ich stehe auf festem Grund, aber es existieren keine Richtungen. Unten ist unten, weil es das Wort für alles unterhalb meiner Füße ist. Eine andere Bedeutung hat es nicht. Jede Richtung ist unten, wenn ich mich drehe. Mir wird schwindlig. Höhenangst.
"Orm!", brülle ich in das Nichts. "Wo zum Teufel bin ich?"
"Du bist in der Maschine." Er steht auf einmal hinter mir, seinen Kaffee schlürfend als wäre nichts geschehen. "Wie oft soll ich dir das noch sagen?"
"Was denn für eine Maschine?"
"Meine Erfindung. Ich zeige sie dir." Er zieht einen kleinen schwarzen Kasten aus seiner Tasche.
"Das sieht aus wie eine Fernbedienung."
"Das ist auch eine Fernbedienung", erwidert er stolz und streichelt sanft über das Plastik. "Kaum zu glauben, dass etwas derart Komplexes sich mit nur sieben Knöpfen steuern lässt. Willst du was Tolles sehen?" Orm drückt einen der Knöpfe und die weiße Welt bevölkert sich mit... mir. Überall um uns herum erscheinen Menschen, die alle aussehen wie ich. Ich drehe mich herum, drehe meinen Kopf und sehe, dass sie es mir gleichtun. Jede Bewegung, jedes Muskelzucken machen sie mir nach.
"Gut, oder?" Orm strahlt von einem Ohr zum anderen. "Darauf bin ich besonders stolz. Ich nenne es mentales Abbild des Probanden im astralen Projektionsraum. Am Namen arbeite ich noch, aber das Resultat ist ziemlich beeindruckend, oder?"
"Erklär mir endlich, wo ich bin!", sage ich aus unzähligen Mündern. "Was ist das für eine Maschine?"
"Sie extrahiert die unterbewussten Frequenzen deiner synaptischen Signale und bildet sie nach." Mein Begleiter spricht von diesen Dingen und wirkt dabei auf mich wie ein kleines Kind, das seinem Onkel stolz seine neuen Bauklötze erklärt.
"Eine Illusion?"
"Nein, keine Software. Es ist Hardware, eine Maschine. Das hier ist alles echt." Zum Beweis klopft er mit dem Knöchel seines Zeigefingers gegen einen Stahlträger, der vermutlich extra zu diesem Zweck erschienen war. "Komm, gehen wir weiter. Diesen Raum kenne ich schon, der ist langweilig."
"Dieser Raum..."
"Meine Werkstatt. Der einzige Ort in der Maschine, in dem ich alleine bestimmen kann, was geschieht." Er deutet auf seine Fernbedienung. "Du warst plötzlich verschwunden, also habe ich dich hergeholt. Lass uns gehen. Die Zeit, du weißt..."
Orm drückt zwei Tasten, vor uns entsteht ein schwarzes Portal, er schubst mich hindurch und wir
...
fallen.
Über uns ein klarer Himmel, neben uns ein graues Felsmassiv, unter uns nichts. Ziemlich viel nichts. Ich möchte schreien, aber der Luftzug hindert mich, den Mund zu öffnen. Meine Augen brennen, in meinen Ohren pfeift es. Wir bewegen uns verdammt schnell. Ich drehe meinen Kopf zur Seite und werfe einen kurzen Blick auf Orm. Er treibt gemütlich neben mir in einer unter diesen Umständen grotesk zu nennenden Sitzhaltung durch die Luft. Wie in alten Comics, wenn der Coyote sich mit dem Fall abgefunden hat und ihn zu genießen beginnt.
Orm hat offensichtlich Spaß. Ich nicht. Er winkt mir freundlich zu und deutet nach unten. Mit Mühen folge ich mit meinem Blick seiner Aufforderung. Der Boden kommt näher und mit ihm die Säulen. Kilometer hoch, rund, dünn und oben zugespitzt - bereit, mich und alles was da sonst noch kommen mag aufzuspießen. An den ersten falle ich vorbei, doch es werden mehr. Links und rechts von mir ragen die Türme empor, verdecken immer mehr von der Umwelt und schließlich wird es dunkel. Irgendwo dort unten ist der Boden. Er muss dort sein, das weiß ich. Ich falle durch den schwarzen Tunnel und lande
...
auf der Straße. Ein schwarzes Band aus Asphalt, das sich gerade und breit durch die Welt schneidet. An den Seiten stehen keine Häuser, lediglich mit abstrakten Grafittis bemalte Mauern. Volker ist doof steht dort. Macht ja nichts.
"Hui, das war knapp. Sieh mal, die eine hätte mich fast erwischt." Orm hebt seine Hand und spreizt Daumen und Zeigefinger um einen Zentimeter. "So viel hat gefehlt."
"Glückwunsch", sage ich tonlos. "Ich will hier weg. Zurück in die Zivilisation."
"Oh, keine Angst. Ich bin sicher, dass wir bald irgendwo eine Tür finden werden. So war es bisher immer."
"Ich will nicht weg von dieser Straße. Ich will weg aus der Maschine."
"Alles zu seiner Zeit. Es gibt noch viel zu sehen."
"Ich will aber nichts mehr sehen, verdammt!"
"Aggression... das könnte interessant werden."
Sie sind plötzlich da, hinter mir. Ich höre ihre Schritte, drehe mich um und sehe sie. Menschen, tausende Menschen. Sie kommen auf uns zu, schnell, immer schneller. Einige tragen Rucksäge auf ihren Rücken, andere Aktentaschen oder Einkaufstüten, die Frauen Handtaschen. Und niemand hat ein Gesicht.
Auch von der anderen Seite kommen sie jetzt und bevor ich richtig verstehe, was passiert ist, sind Orm und ich umringt von gesichtslosen Menschenmassen. Die einen wollen von A nach C, die anderen von C nach A. Wir sind B, werden rücksichtslos angerempelt, zur Seite gestoßen, getrennt, mit dem Strom mitgerissen.
Ich blicke über die Schulter und sehe, dass Orm nicht so viel Glück hat wie ich. Er wird von den Horden gegen eine Mauer gedrückt, ich höre ihn schreien, unfähig, sich zu befreien. Selbst wenn ich wollte, könnte ich ihm nicht helfen, denn ich werde in die andere Richtung getrieben, bin gefangen. Das Letzte, was ich von meinem Begleiter sehe, ist seine Hand, empor gestreckt, nach Hilfe winkend, dann stürzt er. Die Massen drücken auf mich ein, ich verliere erst das Gleichgewicht, dann das Bewusstsein. Als ich wieder aufwache
...
liege ich auf nacktem Stein.
Drei Wände um mich herum, die vierte Seite ist offen, aber vergittert. Nur durch ein kleines Loch in der Wand dringt ein wenig Licht in den Raum. Es ist ebenfalls vergittert, das Licht wirft Schattenmuster auf den Boden. Ein Kerker.
Trotz Kopfschmerzen stehe ich auf und sehe mich um. Die Zelle ist leer, lediglich aus einer dunklen Ecke dringt ein Zischen zu mir. Es dauert eine Weile, bis meine Augen sich komplett an die Lichtverhältnisse gewöhnt haben, vielleicht wird es auch tatsächlich ein wenig heller, dann erkenne ich die Schlange. Ich weiß nicht, welche Art Schlange, ich hasse diese Tiere. Sie mustert mich aus kalten Augen und nimmt ihre Drohhaltung an. Aufgerichtet, hektisch züngelnd.
"Meine anderen Gäste wussten mein Geschenk mehr zu schätzen." Orms Stimme. Im ersten Moment denke ich noch, er wäre die Schlange, doch dann sehe ich ihn auf der anderen Seite der Gitterstäbe. Wäre auch ziemlich seltsam gewesen.
"Geschenk?"
"Ein Blick in meine Maschine. Ein Blick in ihren eigenen Geist. Die Maschine formt diese Welt aus deinen Gedanken. Sie formt Dinge aus Träumen. Großartig, oder?"
"Ich habe nicht an Schlangen gedacht."
"Du denkst ständig an sie. Genauso, wie du an deine Höhenangst denkst."
"Meine Gedanken also..." Ich konzentriere mich auf die Schlange. Sie fokussiert mich mit ihrem Blick, hypnotisch. Ich verliere mich in ihren Augen und
...
stehe auf der anderen Seite des Gitters. Orm sitzt im Kerker, neben der Schlange, die ihn aggressiv mustert.
"Netter Trick. Aber du vergisst, dass ich die Maschine gebaut habe." Er zeigt mir seine Fernbedienung, drückt den roten Knopf und alles
...
ist weiß. Orms Werkstatt. Der Raum, in dem er allein bestimmen kann.
"Möchtest du denn gar nicht wissen, wie sie funktioniert, meine Maschine? Wie ich sie gebaut habe? Warum? Und für wen?"
"Ich will nur raus."
"Oh ja, das sagtest du. Naja, ich will ehrlich zu dir sein. Nach allem, was wir zusammen durchgemacht haben, bin ich dir das wohl schuldig. Es gibt keinen Ausgang", sagt Orm und lacht. "Zumindest nicht für dich."
Er drückt einen Knopf seiner Fernbedienung. Direkt neben mir erscheint ein schwarzes Portal nach... irgendwo. Aus irgendeiner Richtung höre ich Schritte. Aus allen Richtungen höre ich Schritte. Und dann sind sie da. Gläserne Gewehre auf gläsernen Schultern.
"Ich denke", fährt Orm fort, "die Testphase der Maschine ist abgeschlossen. Sie ist großartig geworden. Einfach großartig. Um nicht zu sagen, perfekt. Sieh dich ruhig um, du wirst jetzt eine Menge Zeit haben. Im Gegensatz zu mir, denn ich habe wichtige Termine." Auf einen weiteren Knopfdruck schält sich eine Holztür aus dem leeren Raum, Orm tritt hindurch und verschwindet.
Die Soldaten nähern sich. Ihre Waffen ruhen nicht mehr auf ihren Schultern, sie zeigen auf mich. Meine Optionen sind an einem Finger abzählbar. Also springe ich durch das Portal und