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In Rückenlage

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06.09.2006
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In Rückenlage

zur überarbeitung entfernt. sorry.

 

Hallo Sundance,

diese Geschichte hat mich schon ein paar Mal eingeladen, doch die Dünne des Scrollbalkens als Indikator für die Länge haben mich bisher abgeschreckt.
Zu unrecht, wie ich nun, da ich mir die Zeit genommen habe zu lesen, feststellen kann.

Du baust eine sehr konkrete, dichte Athmosphäre auf, führst die Prots gut ein, gibst ihnen mit kleinen Details Leben, nicht nur in der Ebene der "Jetzt-Story", sondern auch, indem Du die Rückblicke, die Ebene der früheren Beziehungen eindrehst. Und beide Ebenen gut, also gekonnt und elegant-glaubwürdig miteinander verbindest.

Ich gebe zu, daß ich relativ schnell gefesselt war und dieses gefesselt-sein hat sich beim finalen Monolog auf dem Boot von Udo zur atemlosigkeit gesteigert. Da macht sich die Mühe, die Du augenscheinlich und erlesbar in die Storyline gesteckt hast, in die Charaktere und deren Integrität bezahlt.
Ausser vielleicht, daß die Beschreibung, warum Udo seine Doktortasche dabei hat etwas sehr konstruiert wirkt. Sehr auf den Klimax zuarbeitend, das sollte doch eleganter, unauffälliger gehen ?

Doch das ist die einzige Hakeligkeit in der Logik die mir auffiel, sonst habe ich gerne mitgelesen, bin versunken, habe mitgefühlt und mich ebenfalls erinnert an frühere Klassengemeinschaften und deren soziale Gefüge und an Klassentreffen. Und wie gesagt, der Höhepunkt ist gut rausgearbeitet, das Ende stark, die Moral des Verzeihens nach all den Jahren gefällt mir ebenfalls sehr gut, kurz: ich bin beeindruckt und angetan.

Daumen hoch,
C. Seltsem

Textkram :

Auch ich sah ich einer neuerlichen Begegnung mit dem Anwalt entgegen wie einem Zahnarzttermin mit Wurzelbehandlung
wies mit seinem linken Arm in die Richtung, in der ich den See vermutete und verschwand ohne ein weiteres Wort wieder hinter der Brüstung. Ich hatte keine überschwengliche Begrüßung erwartet und ging, ohne meinerseits einen Gruß zu entbieten, in die bezeichnete Richtung.
grinsend und mit weit ausgebreiteten Ar*men auf mich zuwankte.
Vielleicht hätten seine Tränen uns mehr beschämt als ihn, so wie mich der Anblick dieses gealterten, ängstlichen Schuljungen jetzt beschämte.
Aber die eigentliche Attraktion waren ihre ihre langen schwarzbraunen Haare,
Sie trug eine ge*blümte Bikinihose,
Udo schenkte Julia etwas Wein nach und Joachim keine Beachtung.
Schön !
Ich schreckte aus dieser Erinnerung hoch, die ich plötzlich fast greifbar vor Augen hatte, als Julia plötzlich scharf durch die Zähne Luft einzog und sich an die Stirn schlug.
Es war nur ein sachtes Senken ihres Kopfes, und eine Millimeterbewegung dieser tief*dunkelbraunen Pupillen,

 
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Hallo Sundance

Fangen wir mal mit dem Positiven an: Sehr gut find ich die Idee der Rahmenhandlung, in welche der Hauptteil eingebettet ist, auch wenn ich zuerst irritiert war und nicht so recht wusste wo ich den ersten Teil einordnen sollte (Vielleicht der Schulunfall, von dem kurz darauf die Rede ist?). Das klärt sich halt erst am Schluss. Find ich aber Ok. Auch liest sich dein Text über weite Strecken recht flüssig und hat kaum logische Fehler. Den Schluss find ich auch gelungen: Die Dramatik kommt gut rüber und ist psychologisch nicht unfundiert.

Ok, jetzt die Sachen die ich problematisch finde.
Das Hauptdefizit sehe ich im zentralen Abschnitt. Hier passiert einfach nichts, du ergehst dich in ellenlangen detailierten Beschreibungen welche auf nichts hinausführen. Hier ist weniger mehr würde ich sagen. Die Art, wie du beschreibst ist nicht schlecht, aber ich habe mich einfach gelangweilt. Etwas anderes wäre es, wenn die Details metaphorischer wären, oder stärkere Bezüge zu der Gefühlswelt bzw. den Erinnerungen der Personen geknüpft würden. Gelegentlich gelingt dir das auch, aber dann wider, über weite Strecken, nicht. Das nächste Problem: Ich finde den Erzähler nicht genug charakterisiert. Der Leser fühlt nicht mit ihm mit (Also Ich, als Leser; Will nicht veralgemeinern, also bitte nicht missverstehen.). Ok, er ist ein zurückgezogener Typ und gibt nicht gern etwas von sich preis. Das bedeutet aber nicht, dass er sich auch dem Leser gegenüber so verhalten muss. Erst am Schluss bekommt man einen Eindruck von seiner Gefühlswelt, was übrigens gut gelungen ist, aber ansonsten erlebt man quasi gar nichts. Eben dadurch wirkt dann der zentrale Teil auch so langweilig. Ich schätze mal du hattest beim schreiben ziemlich konkrete Vorstellungen davon, was der Protagonist fühlt. Du musst diese Eindrücke dem Leser aber stärker mitteilen, sonst bleibt ständig eine Distanz, welche verhindert das man mit der Geschichte mitgehen kann.
Aus dem selben Grund kommt die Dramatik am Ende auch ziemlich plötzlich. Eigentlich war die ganze Zeit alles klar (oberflächlich zwar, aber tiefer konnte ich, wie gesagt, nicht blicken), dann fällt er ins Wasser und auf einmal sieht man sich einem emotionsgeladenen Klimax gegenüber von dem man nicht recht weis woher er kommt. Vielleicht wäre es eine Idee, mehr Dialoge oder Beobachtungen des Erzählers im Hauptteil anzubringen, die dem Leser Udos Gefühlswelt deutlicher erahnen lassen bzw. eine steigende Spannung erzeugen, welche sich dann am Schluss entlädt. Na ja, sind letztlich alles verschiedene Seiten des selben Problems und auch nur Empfehlungen meinerseits.

So, jetzt noch ein paar konkrete Sachen die mir aufgefallen sind:


in einer dunklen Bar mit viel Betrieb und gedämpfter Musik abseits der Zeil
Zeil? Schlichter Flüchtigkeitsfehler schätz ich mal

Julia, ihr Anwalt und ich.
Im späteren Verlauf find ich es gut das du ihren Verlobten nur als „der Anwalt" bezeichnest aber hier ist es verwirrend.

schimmerte nur ab und an die mir angekündigte gelbe Fassade durch dicht getupftes Grün hindurch.
Vielleicht ist das nur Geschmackssache, aber ich finde „getupftes" Grün eine sehr merkwürdige Beschreibung für etwas, dass kein Gemälde oder dergleichen ist.

Auch ich sah ich einer neuerlichen Begegnung mit dem Anwalt entgegen wie einem Zahnarzttermin mit Wurzelbehandlung
Hoppla, ein Ich zuviel :)

Außerdem freute ich mich auf Julia und „die anderen Mitschüler",

Ich hatte eigentlich kein überwältigendes Interesse gehabt, Julia wiederzusehen oder alte Schulgeschichten aufzuwärmen.
Das ist ein Widerspruch. Will er sie nun wiedersehen oder nicht?

Wir saßen so fast eine Stunde lang allein und aßen und tranken Weißwein.

Klingt einfach komisch. Sie aßen Weiswein? Schon klar das, dass nicht so gemeint ist, aber ersetz doch einfach das erste „und" durch ein Komma oder Semikolon.

Das wars soweit von mir.
Gruß, Skalde

 

Erstmal vielen Dank Euch beiden!

Ich dachte schon, da macht sich bestimmt keiner die Mühe, diesen langen Riemen zu lesen. Euer Lob freut mich sehr!

Ihr habt beide ziemlich genau den Finger auf die Stellen und erzählerischen Aspekte gelegt, von denen ich bisher nur geahnt habe, daß sie nicht hundertprozentig funktionieren könnten. (Mal ganz abgesehen von den blöden Dopplungen, Ungereimtheiten und sonstigen Flüchtigkeitsfehlern, tausend Dank für's Rausschreiben, das erleichtert einem die Arbeit ja doch sehr.) Aber man erkennt das halt selber nicht so gut, wenn man einige Zeit an so einer Geschichte schreibt, Betriebsblindheit und Verliebtheit in gelungene Sätze und Formulierungen sind wohl die Hauptgründe. Für eine erste Geschichte ist sie auch sicher zu lang. Man hat als Anfänger schon noch Schwierigkeiten, so einen relativ langen Text im Griff zu behalten.

Ich hab mich auch gefragt, ob ich die Ausführungen im Mittelteil nicht knapper halten sollte. Es passiert tatsächlich nicht viel, und ich kann nicht mal behaupten, daß das Absicht wäre. Da gerate ich wohl etwas ins Fabulieren und da fehlt etwas Disziplin, Ausgewogenheit zwischen Beschreibungen und Handlung einzuhalten.

Skalde bemerkt zu Recht, daß der Ich-Erzähler zu dünn charakterisiert ist. Die Ich-Perspektive habe ich gewählt, weil sie mir am naürlichsten erschien, das geht wohl vielen Anfängern so. Dann sieht man sich, während man schreibt, mit den üblichen Problemen konfrontiert: Wie viel von mir steckt im Erzähler? Wieviel von mir will ich preisgeben? Bin das überhaupt ich? Will ich das sein? Und so weiter.

Der Erzähler soll durchaus auch etwas flach und gelangweilt erscheinen, als jemand, der sich in seiner kleinen Welt mit allen seinen Defiziten eingerichtet hat, aber plötzlich massiv mit Dingen konfrontiert wird, die er eigentlich lieber vergessen hätte.

Ich dachte, vielleicht komm ich mit dem etwas flachen Erzähler durch, und es stört nicht weiter. Denkste. Ganz so einfach geht es wohl nicht. Daß Gleiche gilt für die Charakterisierung von Udo: wie stell ich das an, ohne schon zuviel vorwegzunehmen? Ohne in schablonenhafte Streber-Klischees zu verfallen?

Eine gewisse Nachlässigkeit in bestimmten Belangen muß ich mir da vorwerfen. Viele Dinge, über die noch nachzudenken ist. Eure Kritik hat mir immens geholfen.

Zum "Textkram":

Die "Zeil" ist die Haupteinkaufsstraße in Frankfurt, so wie die Kö in D'dorf.

Mit allem anderen habt ihr natürlich Recht. (Leider.) Nochmal, diese Textarbeit, die ihr da leistet, ist schon beeindruckend.
Danke.
SD

 

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