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Jahrgangstreffen

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15.06.2010
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Jahrgangstreffen

Früher, als ich noch Humor hatte, konnte ich Peter ertragen. Zugegeben, ich sah ihn nur selten. Und das war gut so. Ich bin kein Mensch, der für Männerfreundschaften schwärmt. Aber ich mag auch keine Hochzeiten in Weiß. Vielleicht erklärt das so manches...
Kurz, schon als Kind versuchte mir Peter Briefmarken anzudrehen, die irgendwo einen Defekt hatten. Selbst dann, wenn der Defekt auch noch so klein war…
Peter war schon immer einer von diesen Tüchtigen, die nur etwas gerissener waren, als die anderen Das hatte er von seinem Vater geerbt. Wenn der aus seinem Mercedes stieg, schob er seinen Hut in den Nacken wie Bankräuber, der niemals vergaß, wo er seine Beute versteckt hatte. Dieser Mann, Peters Vater, lebte nach dem Motto:
Was ist schon ein Vertrag?
Dann lächelte er vierschrötig, hob sein Bier und raunte vertrauensvoll: „Ein Vertrag ist das, was meine Hintergedanken daraus machen…“
Nun, warum sollte Peter bei diesem Erbe Steuern zahlen, für das, was er nie in Anspruch nahm? Sollte er etwa als Nichtschwimmer für das Hallenbad aufkommen? Und was hatten die Kosten der Universität mit ihm zu tun? Sein Sohn würde sowieso nicht über die Hauptschule hinauskommen. Und Peter hatte seine Schulzeit ohnehin schon lange hinter sich.
Als ich Peter das letzte Mal sah, erkannte ich ihn kaum. In seinen Mundwinkel hatten sich tiefe Furchen eingegraben. Und seine Lippen waren blutlos verkniffen wie eine vertrocknete Frucht. Seine Stirn aber durchzogen faltenartige Reliefe, die sich bis in seine grauen Schläfen fortsetzten. Und dann war da noch dieser unstete Blick. Irgendwie erinnerte Peter an ein listiges Tier, das genau weiß, wann es zubeißen musste.
Eigentlich hatte ihn keiner zu diesem Jahrgangstreffen eingeladen. Aber da hatte Peter schon ein paar Flaschen Wein bestellt. Und man sah ihm an, dass er diese Überraschung genoss.
„Was macht denn eigentlich deine Briefmarkensammlung?!“ lachte Peter jovial und versuchte mich zu umarmen.
„Die habe ich deinem Sohn verkauft, “ antwortete ich gelassen und bestellte mein Bier.

 

Hallo Knoll!

Herzlich willkommen hier!

Dein Text ist flüssig zu lesen, weiß stilistisch nicht immer zu überzeugen. Der Inhalt allerdings ist letztlich nicht mehr als der Versuch einer Personenbeschreibung. Die Pointe, die vllt noch alles hätte retten können, weiß leider nicht zu überzeugen.
Im Einzelnen:
"Früher, als ich noch Humor hatte, konnte ich Peter ertragen."

Dein erster Satz ist ok, enthält ein Versprechen, das du einlösen musst.

"Aber ich mag auch keine Hochzeiten in Weiß. Vielleicht erklärt das so manches... "

Mir hat der Zusammenhang mit Hochzeiten in Weiß und Peter jetzt und auch später nichts erklärt.

"Briefmarken anzudrehen, die irgendwo einen Defekt"

Defekt im Zusammenhang mit Briefmarken ist mein ich nicht passend. Das heißt fachtechnisch anders. Andererseits sind ja gerade diese Briefmarken mit Fehler eine gesuchte Sache. Insofern wird hier nicht deutlich, was du meinst. Gut oder Schlecht für deinen ich-prot.


"Wenn der aus seinem Mercedes stieg, schob er seinen Hut in den Nacken wie Bankräuber, der niemals vergaß, wo er seine Beute versteckt hatte. "

Hut im Auto tragen find ich persönlich ja abartig, nun gut. Aber dein Bild ist reichlich konstruiert. Ich schätze, die meisten Bankräuber vergessen nicht, wo sie ihre Beute versteckt haben. Also ich würds nicht.

"Dann lächelte er vierschrötig"

Vierschrötig ist mMn eher eine Beschreibung für eine Gestalt/Figur. Was soll sie hier aussagen?

"raunte vertrauensvoll"

Bisher wurde er uns als wenig vertrauenswürdig beschrieben und wem vertraut er hier?

Es folgt die Passage mit den Steuern. Der einzige Zusammenhang ergab sich für mich mit der Vermutung, ob dein Prot-ich vllt Steuerfahnder ist. Sonst fand ich es nicht wirklich aussagekräftig.

"Als ich Peter das letzte Mal sah, erkannte ich ihn kaum. In seinen Mundwinkel hatten sich tiefe Furchen eingegraben. Und seine Lippen waren blutlos verkniffen wie eine vertrocknete Frucht. Seine Stirn aber durchzogen faltenartige Reliefe, die sich bis in seine grauen Schläfen fortsetzten. Und dann war da noch dieser unstete Blick. Irgendwie erinnerte Peter an ein listiges Tier, das genau weiß, wann es zubeißen musste."

In welchem Mundwinkel haben sich Falten eingegraben und wie konnte er das sehen, ein Mundwinkel ist nun wirklich nicht besonders groß. Der Vergleich mit den Lippen find ich gewagt, vllt kannst du was retten, wenn du die Frucht konkretisierst, war es ne Dattel, Pflaume, Birne? Reliefs, also Erhebungen, auf der Stirn find ich krankhaft. Aber dass dich das alles an ein listiges Tier erinnert, glaub ich dir jetzt nicht. Listig sieht für mich anders aus.

"Eigentlich hatte ihn keiner zu diesem Jahrgangstreffen eingeladen"

Eigentlich ist ein Wort auf meiner Liste verbotener Wörter, denn eigentlich sagt nichts aus. Entweder hat man ihn eingeladen oder nicht.

"Aber da hatte Peter schon ein paar Flaschen Wein bestellt. "

Also, eingeladen war er wohl nicht, aber das macht er wett, indem er ein paar Flaschen Wein bestellt. Das nenn ich mal korrupt.

„Die habe ich deinem Sohn verkauft, “ antwortete ich gelassen und bestellte mein Bier."

Die Pointe weiß nicht zu überzeugen, siehe auch meine Anmerkung zu den Briefmarken. Ich denke, du wolltest ihm damit sagen, dass du seinen Sohn damit übertölpelt hast, wenn ja, kommt das so nicht rüber.

Du hast versucht, mit den richtigen sprachlichen und stilistischen Mitteln zu arbeiten, damit Peter uns plastisch erscheint. Dabei hast du nicht immer das richtige Wort, Bild, Vergleich getroffen. Lässt sich aber korrigieren.

LG

Adem

 

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