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Jane Fonda

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10.05.2005
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Jane Fonda

Mein Name tut nichts zur Sache, aber die meisten Leute nennen mich Merge. Ja, Merge, genau wie diese unsägliche Romanfigur aus...ach, jetzt komme ich gerade nicht darauf. Ist aber eigentlich auch egal. Bevor ich jetzt beginne, noch ein kurzer Hinweis: In der nun folgenden Geschichten sind Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen natürlich und wie immer rein zufällig, die Handlung ist frei erfunden und trotzdem: Warum sollte es nicht doch genauso passiert sein?

Wovon will ich nun erzählen? Also, vor ein paar Monaten kam ein Freund zu mir. Sein Name war Spoon. Ja, klar, er heißt mit Sicherheit auch heute noch so. Danke für den Hinweis! Wie auch immer, Spoon hatte einen dieser kleinen, miesen Läden direkt unten an einem der stinkenden Seitenarme des Flusses. So einen Laden, in dem geschlachtete Hühner und Enten von der Decke baumeln und in den niemand auch nur freiwillig einen Fuß setzen würde. Ich glaube bis heute, dass er den meisten Scheiß immer selbst fressen musste.

Spoon und ich kannten uns die berühmte halbe Ewigkeit. Mit der Scheiße, die wir schon zusammen ausgefressen hatten, hätte man vermutlich eine mittlere Kleinstadt kniehoch überfluten können. Vor ein paar Jahren wurden wir dann aber merklich ruhiger, der Kontakt riss jedoch nie völlig ab. Wir hatten sogar richtige Jobs. Ich selbst war erst Türsteher, dann Barkeeper und zum Schluss dann eine Art Mädchen für Alles im „Tom“, einem der miesesten Clubs dieser Stadt. Spoon eröffnete diesen unsäglichen Geflügel-Laden, der gerade mal genug abwarf um ihn und seine hässliche Alte nicht verhungern zu lassen.

Eines schönen Tages kam also Spoon zu mir. Eigentlich war es ein Freitag Abend und ich musste erst um zehn in den Club. Wir hatten schon ein paar Wochen nichts voneinander gehört, was aber völlig normal war. Spoon betrat mein kleines, schäbiges Apartment und setzte sich unaufgefordert in einen meiner beiden Sessel. „Setz dich ruhig“, sagte ich, „was trinken?“ Ohne die Antwort abzuwarten drückte ihm meine halb ausgetrunkene Bierflasche in die Hand, die er zu meinem Erstaunen in einem Zug leerte.

Ich ging zum Kühlschrank und nahm zwei neue Flaschen heraus. „Spoonie,“ nur ich nannte ihn so, „was ist los? Will Deine ekelhafte Alte jetzt auf einmal wieder Sex oder warum bist du so aufgeregt?“

„Ich...ichichich...“ Dieses verdammte Stottern! „Man, Spoonie, kotz dich aus oder komm morgen wieder“, sagte ich und gab ihm das geöffnete Bier. Ich drehte mich weg, ging zu meinem plärrenden Radio und schaltete es ab. Das komprimierte Elend dieser Welt saß in diesem Augenblick hier in meinem Sessel und es war nicht nötig, diesen Zustand noch durch das mieseste Radioprogramm aller Zeiten zu verstärken.

„Ich...ich hab' ne neue!“ kam es aus der anderen Ecke des Zimmers. Ich blieb wie ersteinert stehen. „Ne Neue was?“, fragte ich ungläubig und fuhr herum. Ich hoffte inständig, dass er mir von seiner neuen Kühltheke erzählen wollte, aber seine Antwort war eindeutig: „Ich...ichich...hab' ne andere!“

Nun muss ich kurz was über Spoon erzählen. Man denke an den hässlichsten Menschen, den man kennt. Das Ergebnis multipliziere man mindestens mit Zehn. Davon zieht man 18 Zähne ab und stelle sich die restlichen in unterschiedlichen Farbtönen von dunkelgelb über braun bis hin zu schwarz vor. Nun noch schnell eine natürliche Abneigung gegen Deodorants dazu addiert und dem ganzen Ergebnis-Elend noch ein dicke Hornbrille mit mindestens neun Dioptrien übergestülpt. Schon hat man eine Ahnung – jedenfalls in etwa - wie Spoon aussieht.

„Spoonie, du siehst aus wie 'ne Karre Mist! Wer um Himmels willen lässt sich denn außer deiner widerlichen Alten mit Dir ein?“, fauchte ich ihn an. Spoon zog ein Foto aus der Innentasche seiner abgewetzten Jacke hervor und hielt es mir mit zitternden Fingern entgegen.

Ich kam nicht umhin einen Blick darauf zu werfen. „Spoonie,“ ich sah ihn mitleidsvoll an, „ das da auf dem Bild – das ist Jane Fonda! Verstehst Du? Jane Fonda! Du willst mir doch um Himmels nicht erzählen, dass sich Jane Fonda in deinen kleinen Drecksladen verirrt hat und sich inmitten deiner verfaulten Hühner und Gänse in Dich verliebt hat?“ Ich fing herzhaft an zu lachen.

Spoon sah mich an und nickte einfach nur stumm.

Ich sah ihn an, als hätte er mir gerade erzählt, dass sich Jane Fonda in ihn... Ich schüttelte den Kopf und brüllte ihn fast an: „Spoonie, hast du wieder eine von deinen verfaulten Enten gefressen, oder was? Man! Sowas Bescheuertes!“

Spoon sah mich an und schüttelte stumm den Kopf.

Er drehte langsam das Foto um. Ich riss es ihm aus der Hand und warf einen flüchtigen Blick auf die Rückseite. „Spoonie, du...“, ich schaute ein zweites Mal hin. Ein Nummer im Westen der Stadt, darunter stand in schwungvollen Buchstaben „Für meinen wunderbaren Spoon. Ruf mich an. Jane“. Für einen kurzen Moment gestattete ich mir die Annahme, dass mir gestern jemand im Club irgendeinen Scheiß in meinen Drink geworfen hatte. Vor meinem geistigen Auge hüpften Zeitschriften auf und ab, von dessen Titelseiten Jane Fonda und Spoonie herabgrinsten und irgendwo in der Ferne schienen wie zum Hohn Hochzeitsglocken zu bimmeln.

Ich schüttelte energisch den Kopf, nahm eine kräftigen Schluck aus meiner Flasche und schmiss das Foto zornig auf den ausgetretenen Teppich. „So, mein Freund, hier bitte!“ Spoon fiel auf die Knie und und angelte mit zitternden Fingern nach dem Foto. Behutsam hob er es wieder auf. Vorsichtig wischte er mit dem Jackenärmel ein wenig Staub vom Bild und steckte es langsam wieder ein. „Ich...ich...will zu ihr, Merge!“, seine Stimme klang brüchig. „Ja, Spoonie, alles klar, wir fahren gleich los!“, ich sah ihn vollkommen entgeistert an und rollte mit den Augen. „Wer hat Dir den Scheiß verkauft? Was hast du um Gottes Willen genommen?“, fragte ich ihn. „W...w...welchen Scheiß? Ich...ich...hab nix...genommen!“, Spoonie sah mich fragend an.

„Spoonie," ich setzte mich auf die Sessellehne und legte meinen Arm um seine Schultern, „ schau mal da hinten in den Spiegel! Wen siehst du? Richtig... Dich! Was würdest du denken, wenn so ein Typ wie du, zu dir käme, um dir zu erzählen, dass er Jane Fonda flachgelegt hätte? Hm?“

Die nun folgende Reaktion überraschte mich. Spoonie fing hemmungslos an zu weinen. Noch nie hatte ich einen Mann, geschweige denn meinen alten Kumpel Spoonie, weinen sehen. Er weinte hemmungslos. Er weinte lange. Er hörte überhaupt nicht mehr auf.

Ich tat, was ein Freund tun musste: Ich wählte die Nummer der Ambulanz.

Diese war mit drei Mann nach wenigen Minuten vor Ort. „Was ist mit ihrem Freund?“, fragte der Sanitäter, als er meine Wohnung betrat. „Liebeskummer...Jane Fonda hat sich in ihn verliebt, wissen Sie“, sagte ich und bemühte mich, dieses so unbekümmert wie nur irgendwie möglich mitzuteilen. Gleichzeitig machte mich bereit, in das wiehernde Gelächter des Sanis mit einzufallen.

Der Sanitäter verzog zu meiner Überraschung jedoch keine Miene und begann routiniert mit seiner Arbeit. „Wenn Sie uns kurz alleine lassen würden, Sir?“

Ich zündete mir eine Zigarette an und verpisste mich in den Flur. „Scheiße, der hat sie doch nicht mehr alle.“, dachte ich bei mir und zog wie wild an der Kippe. Die Tür vom Wohnzimmer ging auf und der Sanitäter kam heraus. „Mr.Spoon bittet Sie, diese Nummer für ihn anzurufen“, er reichte mir Jane Fondas Foto. „Das werde ich nicht tun, verdammt!“, brüllte ich ihn an. „Das ist doch alles krank hier!“, ich wurde langsam böse. Der Sanitäter musterte mich kurz und fragte: „Darf ich dann ihr Telefon benutzen, Sir ?“

„Um Jane Fonda anzurufen oder was?“, ein Stier hätte nicht schöner brüllen können. „Ja, Sir“, kam die Antwort. „Bitte, bitte, hier, wenn Sie wollen, von mir aus...“, meine Stimme überschlug sich. Der Sani nahm mein Telefon und wählte die auf dem Foto angegebene Nummer.

Ich zündete eine neue Zigarette an. Im gleichen Moment meldete sich jemand am anderen Ende der Leitung. Ich riss dem Sanitäter den Hörer aus der Hand und brüllte „Hallo? Hallo? Jane Fonda? Sind Sie es??? Hahaha...“ in die Muschel. Mein Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung antwortete sachlich: „Sekretariat von Miss Fonda. Was kann ich für Sie tun?“ Ich blickte irritiert den vor mir stehenden Sanitäter an. Die ganze Welt um mich herum sah auf einmal so verdammt bunt und irgendwie auch ein wenig verschwommen aus. Eine Stimme schien mir aus der Ferne zuzurufen „...und sie dreht sich doch !“ und der Sani sah auf einmal aus wie, ich war mir nicht ganz sicher, wie Josef Stalin. Ich ließ den Hörer aus der Hand gleiten und stützte mich benommen am Türrahmen ab. Dann bekam einen hysterischen Lachkrampf nach dem anderen und brüllte anschließend in ohrenbetäubender Lautstärke, mit jeweils wechselnden Tonhöhen und ohne Luft zu holen knapp drei Dutzend Kraftausdrücke durch den Flur. Das erste Wort war jedenfalls "Scheiße" und an das letzte kann ich mich nicht wirklich mehr erinnern. Dann sah ich kurz auf.

In diesem Moment nickte mir der interessiert zuhörende Stalin aus unerfindlichen Gründen kurz zu. Ich begriff zu spät, dass er nicht mich, sondern seine Kollegen hinter mir meinte...

In der Anstalt war es dann gar nicht so schlecht. Es gab nur kein Bier und mein Job im „Tom“ war natürlich weg. Nachdem ich das Krankenhaus einige Monate später verlassen durfte, habe ich mich dann ein paar Mal mit Spoons Frau getroffen. So hässlich war sie eigentlich gar nicht. Jedenfalls gab ich nach einigen Wochen meine Wohnung auf und zog zu ihr. Den Geflügelladen betreiben wir seitdem gemeinsam.

Von Spoon habe ich nie wieder etwas gehört. Wenn Jane Fonda im Fernsehen kommt, schalte ich ab...

 

Hallo ThePath! :)

Deine Geschichte hält den Stil gut durch, und der passt mE gut zum Inhalt, zu den Charakteren. Auch die Dialoge hast Du lebendig hinbekommen. Am Anfang hat mir das viele "Sie wissen schon", "stellen Sie sich vor", "Sie können mich soundso nennen" gestört, ich habe eine gewisse Abneigung gegen die direkte Anrede des Lesers und komme mir leicht bevormundet vor. Allerdings wird das im Laufe der Geschichte besser. Inhaltlich sind mir zwei Stellen aufgefallen. Zum einen bleibst Du ein bisschen den Erklärungsansatz schuldig, wie die beiden denn tatsächlich ein Paar geworden sind, zum Anderen wird man wegen sowas doch normal nicht gleich in eine Klinik eingewiesen... außer, er ist nach dem Telefonat noch weiter durchgedreht, hat um sich geschlagen was-weiß-ich.
Stilistisch kannst Du nochmal auf Wortwiderholungen durchsehen, die wirken holperig. Beispiele:

Vor ein paar Jahren wurden wir dann aber merklich ruhiger, der Kontakt riss aber nie völlig ab.
aber aber
Ich drehte mich weg und ging zu meinem plärrenden Radio und schaltete es ab.
und und
Vorsichtig wischte er mit dem Jackenärmel ein wenig Staub vom Bild und steckte es vorsichtig wieder ein.
vorsichtig vorsichtig

Auch Rechtschreibung ist noch teilweise fehlerhaft, bitte vor Fragezeichen und Ausrufezeichen keine Leerstelle lassen! Die Zeichen kleben wie Punkte direkt am letzten Wort!

schöne Grüße
Anne

 

Hi Anne. Jetzt, wo Du es sagst... ist mir in der Tat noch nie aufgefallen, dass ich diese Leerzeichen lasse. Die Wdh. habe ich auch schon bemerkt, wollte es aber nach dem Posting nicht mehr ändern. Hinsichtlich des Erklärungsbedarfs weiß ich nicht, welches Paar Du meinst ? Spoon und Jane oder Merge und die "hässliche Alte" ?

Ansonsten vielen Dank für Deine Kritik.

Karsten :-)

 

hallo karsten,

klasse geschichte. ich musste lachen. wahnsinnig witziges ende. ich habe mich köstlich amüsiert bei deiner geschichte. der sprachstil des erzählers ist wunderbar getroffen und angemessen.
ich habe nichts an deiner geschichte auszusetzen bis auf das, dass ich maus meinung teile. den leser persönlich ansprechen fällt nicht bei jedem leser auf fruchtbaren boden, und ist auch nicht mein fall. es mag geschichten geben, bei denen ist es angebracht, dann aber wird der leser mit diesem stil durch die ganze geschichte geleitet, und nicht, wie bei dir, nur für einen moment. ich würde das ändern! anstatt den leser persönlich anreden, könnte man es auch allgemein halten: "man muss sich Spoon vorstellen..."

fazit: sehr lesenswerte nicht ernst zu nehmende geschichte mit belebenden sprach und erzählstil. prima!

Sowas bescheuertes !“
"bescheuertes" gross

Spoon fiel auf die Knie und und angelte mit zitternden Findern nach dem Foto.

ein "und" ist zu viel
"Findern" >> "Fingern"

Behutsam hob es auf.
hinter "hob" fehlt ein "er"

„Mr.Spoon hat mich gebeten, dass Sie diese Nummer für ihn anrufen“

besser und richtiger: "Mister Spoon bittet sie, diese Nummer für ihn anzurufen."

 

Hallo Barde, vielen Dank! Freut mich sehr, dass Dir die Geschichte gefallen hat! Deine (und auch die anderen Hinweise) hab ich schon für meine nächste story berücksichtigt.

VG
Karsten

 

Habe die vielen Anregungen und Hinweise eingearbeitet. Nochmals vielen Dank dafür.

:-)

 

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