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John Patchs Leiche

Seniors
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31.10.2003
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John Patchs Leiche

Es war jener Tag, an dem Robert Thicke zu uns hinaus auf die Farm gerannt kam.
Wir, das waren Ben Walker, Terri Shaver und meine Wenigkeit, hockten vor der Veranda und gaben uns dem unvermeidlichen Zwiespalt halbpubertierender Jugendlicher hin, was sie wohl mit dem scheinbar endlosen Rest des Tages anfangen sollten. So schön Sommerferien auch immer sein mochten, es erforderte doch an manchen Tagen einen hirnzermarternden Aufwand, sich diese halbwegs sinnvoll zu gestalten.
Und so saßen wir hier im trockenen Staub, Ben einen langen Grashalm im Mundwinkel, und blickten über das flirrende Maisfeld meines Vaters in eine unbestimmte Zukunft, die dieser Tag wohl noch bringen würde.

Wenn ich heute in meinem Schaukelstuhl auf der Veranda sitze und meinen dicken Zinken in den Wind halte, dann kann ich immer noch die warme Luft riechen, so, wie sie seinerzeit immer kurz vor der Maisernte gerochen hatte. Und wenn ich dann meine alten Augen schließe, dann sehe ich uns immer noch dort draußen sitzen, sehe sogar unsere gelangweilten Gesichter.
Heute weiß ich, dass es die schönste Zeit meines Lebens war. Ja, heute kann ich das sagen. Doch damals hätten wir jeden gottverdammten Cent hergegeben, um einmal etwas wirklich Spannendes zu erleben. Wir ahnten nicht, dass unser Wunsch schneller erfüllt werden würde, als uns lieb war.

Wir hockten also dort im Staub, die Luft roch nach Mais, die Langeweile hatte sich wie ein dichter Pelz auf unseren Gesichtern ausgebreitet, als Terri auf einmal rief: „Seht mal, da kommt Rob!“ und uns damit aus unseren trüben Gedanken heraus katapultierte.
Ich sah auf und erblickte in einiger Entfernung eine verschwommene Silhouette, eine beinahe gigantische Wolke aufgewirbelten Staubs hinter sich lassend.
Als Rob wenige Sekunden später unser Domizil erreicht hatte, ließ er seine Hände in den ausgebeulten Taschen seiner Jeans verschwinden. Er schnaufte einmal kurz durch, dann stand er da; so ruhig, als hätte er sich seit Stunden nicht bewegt.

„Hey Rob“, sagte Terri. Ich erkannte in ihren Augen diesen seltsamen Glanz, den sie immer bekamen, wenn sie Rob anblickte. Aber vielleicht lag es auch nur an der hochstehenden Mittagssonne.
„Hey Rob“, kam es auch über meine Lippen, fast zeitgleich mit Ben, der immer noch auf seinem Grashalm herumkaute wie ein fettes Kamel auf einer ausgedorrten Feige.
„Ich hab ihn gefunden.“ Die trockenen Worte von Rob hingen in der mindestens genauso trockenen Luft über unseren Köpfen.
Ich sah, wie sich Bens Mund öffnete. Der lange Halm zwischen seinen Zähnen kippte vornüber, verweilte einen Moment auf seiner Unterlippe und landete kurz darauf auf seinen dicken Schenkeln.
Ich habe ihn gefunden.
Und obwohl Rob nicht mit einer Silbe erwähnte, wen er gefunden hatte, so wussten wir doch alle, von wem hier die Rede war.

Seit Tagen – genauer gesagt seit vierzehn Tagen – gab es im Ort nur noch ein Gesprächsthema: Das Verschwinden des alten John Patch.
John war unser Ortspenner. Er tingelte ständig durch die Straßen, übernachtete im Park und half manchmal auf irgendeiner Farm außerhalb aus. Auch Dad stellte ihn jedes Jahr für die Maisernte ein, und John war immer froh, sich ein paar Dollar verdienen zu können.
Niemand wollte Näheres mit John Patch zu tun haben – dafür waren seine Körperausdünstungen für uns Normalsterblichen doch zu extravagant – aber irgendwie gehörte er dazu. Keiner wusste, woher er einmal gekommen war; und ich glaube, es konnte auch niemand wirklich behaupten, dass er nicht schon immer da gewesen ist. Der alte John Patch war eben ein Teil der Stadt, so wie irgendein alter Baum ein Teil unseres Parks war.

Und vor genau zwei Wochen war dieser alte Baum verschwunden. Vermutlich wäre es noch nicht einmal jemanden aufgefallen – zumindest zunächst nicht – wäre da nicht Pete Mailinger gewesen, der Buck Cassinger fragte, ob er wisse, wo John sei. Er habe ihn für das Einräumen seines Schuppens angeheuert, und John sei am nächsten Morgen nicht erschienen. Na ja, und so ging es Reihum, bis Sheriff Hawks dann noch am selben Abend einen Suchtrupp zusammenstellte, der den Ort und die nähere Umgebung ein wenig genauer durchkämmen sollte.
Da dieser Suchtrupp allerdings nur aus drei Männern und Sheriff Hawks selbst bestand, war die Wahrscheinlichkeit nicht besonders groß, dass die Suche von hohem Erfolg gekrönt sein würde. Und das war sie dann auch nicht.
So blieb John Patch verschwunden, und genauso wie sein Verschwinden kam für die meisten Bewohner das Vergessen. Er war halt nicht mehr da. So geschehen und so hingenommen. Schluss!

Jetzt, wo Robert Thicke hier mit in den Jeans vergrabenen Händen vor uns stand, und sagte, er habe ihn gefunden, da wussten wir sofort, dass er nur John Patch meinen konnte.
„Du … du hast ihn … gefunden?“ Ben stotterte und suchte hektisch nach seinem Grashalm.
„Du meinst den alten John?“, glänzten Terris Augen.
Rob ging in die Hocke. Sein Atem war so ruhig wie der Hauch eines schwülen Sommerlüftchens über die hohen Maisfelder unserer Farm. Und genau das fand ich immer so faszinierend an Rob; er konnte sich noch so sehr verausgaben – sei es, dass er zwanzig Runden um unseren Sportplatz rannte, oder dass er seinem Dad half, einen mannsdicken Baumstamm zu fällen – sobald er sich umdrehte, war es so, als käme er frisch ausgeschlafen aus einem zweiwöchigen Erholungsurlaub zurück.

„Ich meine genau den.“ Jetzt blickte er zu mir und verzog seine Augen zu geheimnisvollen Schlitzen. „Ich habe den stinkenden, alten Sack gefunden. Aber jetzt stinkt er nicht mehr. Zumindest im Moment nicht.“ Dann lachte er schallend auf.
Wir anderen starrten ihn nur an. Starrten auf Robert Thicke, unseren Anführer – und das war er nicht nur, weil er schon vierzehn war, sondern weil er jede Situation überblickte – und niemand lachte mit. Nach einer Weile verwandelte sich Robs Lachen in ein abgehacktes Husten, das wenig später verstummte. „T´schuldigt. Ich wollt euren lieben John nicht beleidigen.“
„Du meinst, er ist tot?“, fragte Terri leise.
„Wenn du nen halben Meter unter der Wasseroberfläche im Loch hängen würdest, wärst du´s mit Sicherheit auch.“
„Im Loch?“ Bens Stimme brach sich. Er befand sich gerade im Stimmbruch, und manchmal hörte es sich lustig an, besonders wenn er aufgeregt war.
„Ja, im Loch.“

Das Loch war ein See inmitten der Humbold-Wälder. Wir Kinder nannten ihn so, weil er in seiner Mitte so tief sein sollte, dass man eine ganze Stadt darin hätte versenken können.
„Im Loch.“ Ben hatte seinen Grashalm wieder zwischen den Zähnen und kaute hektisch darauf herum. Ein Speicheltropfen hing an seinem Kinn, und für einen kurzen Augenblick glänzte er.
Ich spürte, wie mir heiß wurde und bezweifelte, dass es nur an der Sonne lag.
„Los kommt. Ich zeig´s euch.“ Rob sprang auf.
„Sollten wir nicht lieber Sheriff Hawks Bescheid sagen?“ Meine Stimme klang irgendwie nicht wie meine.
„Ach, scheiß auf den Sheriff, den können wir immer noch holen. Ich hab auf den Weg hier hin Bud Jenkins und seine Jungs gesehen. Und ich hab keinen Bock, dass sie ihn auch noch entdecken und den ganzen Ruhm für sich einhamstern.“
Ich verstand Robs Logik zwar nicht so ganz, aber er war nun einmal unser Anführer; was er sagte, war schon irgendwie richtig. Außerdem war der Tag eh langweilig, und dies schien eine nette Abwechslung zu sein. Also erhoben wir unsere plattgesessenen Hintern aus dem heißen Staub und machten uns auf, um John Patchs Leiche einen halben Meter tief unter der Wasseroberfläche des Lochs zu sehen.

* * *

Mein altes Fahrrad ächzte, als ich mit Rob auf dem Gepäckträger über den holprigen Weg, der zu den Ausläufern des East Humbold führte, balancierte. Rob war der einzige in unserer Clique, der kein eigenes Fahrrad besaß. Niemand von uns sprach ihn darauf an, denn alle wussten, dass es bei seinen Eltern finanziell nicht zum Besten stand, denn nachdem man seinen Dad trotz Prohibitation mit ein paar Flaschen Whiskey erwischt hatte – nur Gott allein weiß, wie Mr. Thicke sie in seinen Besitz gebracht hatte – war er aus der Firma gefeuert worden und nur knapp an einer langjährigen Gefängnisstrafe vorbei gerutscht. Aber von da an ging es mit der Familie Thicke bergab.
„Los Paul“, rief er hinter mir und schlug mir auf den heißen Rücken. „Tritt in die Pedale. Da kann meine Oma ja schneller.“
Ich grinste vor mich hin und bereute es sofort darauf, als ein fliegendes Insekt sich in meiner Mundhöhle verfing. Angewidert spuckte ich aus.
„Hey Leute. Paul frisst die ganzen Viecher weg.“ Wieder dieses schallende Gelächter und diesmal stimmten auch die Anderen mit ein.

Wir hatten die ersten Bäume des Waldes fast erreicht, als unsere Fahrt durch eine plötzlich auftauchende Barriere aus drei Fahrrädern abrupt gestoppt wurde. Sie kamen seitlich aus den hohen Sträuchern geschossen, als hätten sie förmlich den ganzen Tag nur auf unser Erscheinen gewartet.
Ich spürte schmerzhaft, wie Robs Oberkörper gegen meinen schlug als ich die Bremse so feste zog, wie es ging. Das Rad kreischte und ich hatte Mühe, nicht das Gleichgewicht zu verlieren, und als ich kurz darauf keuchend und leise vor mich hinfluchend wieder nach vorne blickte, erkannte ich das grinsende Gesicht von Bud Jenkins und seinem Gefolge.
„Scheiße, Paul, was soll der M...“ Robs Satz brach ab als er über meine Schulter blickte und den Grund entdeckte.
„Na ihr kleinen Wichser? Warum denn so eilig?“ Buds Stimme wurde begleitet von dem Gegacker seiner beiden Anhängsel, Matt Frazier und Criss Walker, dem Bruder von unserem Ben.
„Hey, Criss, lasst uns einfach durch.“ Ben versuchte, auf seinen Bruder einzureden, und wieder brach seine Stimme.
„Dein fetter Bruder möchte hier durch. Was sagst du dazu, Criss? Sollen wir deinen fetten Bruder durchlassen?“ Irgendetwas an Bud klang bedrohlich, doch wenn ich genauer darüber nachdachte, dann klangen seine Äußerungen immer bedrohlich. Bud Jenkins war einfach ein Schlägertyp und jederzeit bereit, seine Fäuste entsprechend einzusetzen.
Bens Bruder hingegen war noch der Harmloseste, und wenn man ihn einmal alleine traf – was recht selten vorkam – dann konnte man sogar halbwegs vernünftig mit ihm reden. Ich kann mich sogar daran erinnern, dass er mir mal den platten Vorderreifen meines Rads repariert hatte.
Doch jetzt war er nicht allein, und ich bezweifelte, dass die Anwesenheit von Bud Jenkins ihn dazu bewegen würde, uns glimpflich aus dieser Situation herauskommen zu lassen.
„Criss, ich werd´s Dad erzählen.“
Wieder brach Bud in ein schallendes Gelächter aus. „Oh, Criss, er wird es eurem Dad erzählen. Ich scheiß mir gleich vor Angst in die Hosen. Denke, du auch, oder?“
Criss Walker setzte ein gequältes Lächeln auf. „V... vielleicht sollten wir sie wirklich einfach durch lassen, Bud.“
Buds Lachen verstummte abrupt. Ich sah, wie seine Fäuste nervös zuckten.
Dann blickte er wieder zu mir. „Erst wenn sie uns erzählen, wohin sie wollen.“
„Ich wüsste nicht, was dich das angeht, Jenkins.“ Die Stimme hinter meinem Rücken ließ mich zusammen zucken. Ich drehte mich um und sah auf Rob, dessen Augen zu engen Schlitzen zusammengezogen waren. War er verrückt geworden? Manchmal hatte ich das Gefühl, er war einfach nur darauf aus, die Leute so zu provozieren, dass sie gar nicht mehr anders konnten, als ihm an die Wäsche zu gehen.

Nur zu gut konnte ich mich an eine Situation vor etwa zwei Monaten erinnern, als Rob und ich in Dunkans Bar standen und gerade erfuhren, dass Robs Dad, den wir abholen sollten, schon den Heimweg angetreten hatte. Als wir die Bar daraufhin verlassen wollten, rief irgendein Typ, der mit dem Oberkörper auf einem der Tische lag: „Ey Jungs, habt ihr mal ein paar Cent?“
Ich blickte in ein grinsendes Gesicht mit faulen Zähnen, als ich Rob hinter meinem Rücken hörte: „Du kannst für ein paar Cent Schläge vorm Kopp haben.“
Mir blieb keine Zeit, über diesen dummen Spruch nachzudenken, da stieß der Typ schon den Tisch beiseite, dass er polternd zu Boden fiel. „So?“, brüllte er dabei und stürmte auf uns zu. Und Rob schlug mir auf die Schulter und rannte lachend zur Tür hinaus. Ich hatte gut daran getan, ihm auf dem schnellsten Wege zu folgen. So war Rob.

Jetzt hier, auf dem staubigen Weg in der Nähe des Waldes, hingen seine Worte noch immer in der Luft. Ich wüsste nicht, was dich das angeht, Jenkins.
Sie schienen einen Moment über uns zu schweben, lauerten einer knisternden Gewitterwolke gleich über unseren Köpfen.
Bud Jenkins ließ sein Rad fallen, stürmte auf uns zu, wie vor drei Monaten dieser Kneipentyp mit den faulen Zähnen, und riss Rob von meinem Gepäckträger. Augenblicklich verlor ich den Halt und landete auf dem harten Lehmboden.
„Was hast du da gerade gesagt, du kleiner Wichser?“
Ich blickte hoch und sah Bud Jenkins auf der Brust von Rob knien. Er hatte ihn am Kragen gepackt, und seine rechte Faust schwebte drohend über dem Gesicht unseres Anführers.
„Was hast du da gerade gesagt?“
Ich blickte in die entsetzten Gesichter von Ben und Terri, und auch Matt Frazier und Criss Walker starrten wie bewegungslose Mumien auf diese Situation. So durfte man wirklich nicht mit Bud Jenkins reden. Was in Gottes Namen hatte Rob da geritten?
Und dann flog die Faust nach unten. Ich konnte nicht sehen, wo sie Rob traf, aber ich hörte es.
„Was hast du da gerade gesagt?“ Buds Schrei glich mehr einem Kreischen. Wieder fuhr die Faust nach oben – für einen kurzen Moment sah ich das glänzende Blut an den Knöcheln – bevor sie erneut aus meinem Blickfeld verschwand.
„Bud, was soll denn das?“ Das war Criss Walker. Er stand hinter seinem Fahrrad und tänzelte nervös von einem Bein auf das andere.
Der mächtige Körper von Bud fuhr herum. Jetzt konnte ich auch das blutige Gesicht von Rob erkennen.
„Ihr alten Waschweiber!“, kreischte Bud. „Verpisst euch, sonst schlag ich euch auch auf die Fresse!“
Criss zuckte zusammen. Er und Matt blickten noch einmal zu uns herüber – mitleidig, wie mir schien – dann schwangen sie sich auf ihre Räder und trampelten davon, als wäre der Leibhaftige hinter ihnen her. Das durfte doch nicht wahr sein. Was passierte hier eigentlich?
„So, und jetzt wieder zu dir, du Scheißloch.“
Ich hörte Robs Keuchen, wusste in diesem Augenblick, dass Bud ihn tot schlagen würde.
Irgendwie hoffte ich, dass ein Wunder geschehen würde; dass etwa Gott einen Blitz vom Himmel schickte, der genau in den weißen Stiernacken von Bud Jenkins einschlagen würde.
Gott, warum tust du nicht was?

Wieder vernahm ich das Auftreffen harter Knochen auf blutigem Fleisch. Der Kerl ist irre.
Mein Blick flog hinüber zu Ben und Terri, doch die standen da, wie frisch gebrannte Tonskulpturen.
Ich hob mein Rad hoch. Da war das schweißnasse Hemd auf dem bebenden Rücken von Bud Jenkins. Ich hielt das Fahrrad über meinem Kopf, spürte, wie meine Arme nach unten schleuderten. Es waren in diesem Moment nicht meine Arme, sonst hätten sie so etwas nicht getan.
Ein hartes Krachen, wie das Schlagen eines trockenen Baumstammes mit einer Axt, platzte in meine Ohren. Ich sah Bud Jenkins zur Seite kippen. Mein Fuß holte aus und schlug zwischen seine Oberschenkel ein. Auch das war nicht mein Fuß, aber es war Buds Sack, in den er sich bohrte.

„Los, Rob! Steh auf!“ Ich fasste seine Hand und riss ihn nach oben. Ein dicker Blutschwall schoss aus seinem aufgeplatzten Nasenloch, doch er stand.
Er blickte auf seinen gekrümmten Peiniger, holte tief Luft und spie dunkelroten Rotz auf dessen schmerzverzerrtes Gesicht.
„Lasst uns abhauen“, krächzte er. Mehr nicht.

Wir schwangen uns auf unsere Räder, nicht den Blick von Bud Jenkins lassend, der da im trockenen Staub lag und beide Hände fest auf seine Eier gepresst hatte.
„Ich wünschte, er wäre tot“, hörte ich Rob hinter meinem Rücken flüstern.
Ich sagte nichts und trat in die Pedale, Ben und Terri hinterher, die bereits den Waldrand erreicht hatten.

* * *

BADEN STRENGSTENS VERBOTEN! LEBENSGEFAHR!
Die verwitterten Buchstaben auf dem nicht minder alt aussehenden Holzschild grinsten uns an. Ich ließ mein Fahrrad auf das Gras der Lichtung sinken und blickte auf das schillernde Wasser vor unseren Füßen.
Der See breitete sich in seiner gefährlichen Schönheit vor uns aus und nichts auf der Welt hätte in diesem Moment diese Herrlichkeit der Schöpfung in ein trügerisches Licht setzen können. Abgesehen natürlich von dem alten Warnschild und der Tatsache, dass sich unter der Wasseroberfläche die Leiche von John Patch befinden sollte.

Rob ging zum Ufer, streifte seinen rechten Schuh ab und tauchte die Zehen ins Wasser. Er hatte während er Fahrt noch ein paar Mal ausgespuckt, doch jetzt erinnerte bis auf ein paar Reste getrockneten Blutes in seinem Gesicht nichts mehr an die brenzliche Situation vor gut einer halben Stunde. Winzige, glitzernde Wellen breiteten sich um seinen Fuß herum aus.
„Rob, bist du verrückt?“ Terris Stimme zitterte.
Auch in mir bereitete sich ein seltsamer Kloß in der Magengegend aus, wenn ich an die Gerüchte dachte, die über das Loch erzählt wurden.
„Denk an die Nigger“, sagte ich deshalb an Rob gewandt.
Rob zog seinen Fuß aus dem Nass und blickte mich an.
„Das letzte Mal liegt zwanzig Jahre zurück. Und wer weiß, ob es wahr ist.“
„Na klar ist es wahr“, schaltete sich jetzt Ben ein. Er rupfte einen langen Grashalm ab und steckte ihn zwischen die Zähne. Ich glaube, er machte es mittlerweile schon unbewusst. „Sie haben die Nigger hier reingeschmissen, und die mussten dann versuchen, bis zum anderen Ende zu schwimmen. Die meisten haben es nicht geschafft.“
„Na klar, wegen der unterschiedlichen Temperaturen“, sagte ich ruhig. Am Anfang des Sees war das Wasser ähnlich einem eingelassenen Bad, und zwischendurch sank die Temperatur so extrem, dass es einem wahrlich das Herz zerriss.
„Ich weiß nicht“, erwiderte Ben kauend. „Einige sollen es ja geschafft haben. Und die hat man dann verbrannt, weil nur der Leibhaftige ihnen dabei geholfen haben konnte.“
„Das ist Hexenwahn aus Europa“, sagte Terri.
„Na ja, auf jeden Fall glaube ich nicht, dass es nur an den Temperaturen lag. Irgendwas ist da im See ...“ Bens Worte schwebten in der Luft und hinterließen einen bedrohlichen Beigeschmack.

„Ist doch auch egal. Wollt ihr jetzt die Leiche sehen oder nicht?“ Rob hatte sich den Schuh wieder angezogen und blickte uns erwartungsvoll an.
„Ich weiß nicht, Rob. Sieht es ekelig aus?“
Rob grinste Terri an. „Na, wie eine Leiche nach Tagen im Wasser halt aussieht. Aber sie ist ja noch unter der Oberfläche.“
„Und wo ist er?“ Ich blickte auf die schillernde Fläche, doch das einzige, was ich sah, waren die in den Augen schmerzenden Reflexionen der hochstehenden Sonne.
„Wir müssen da hinten hin.“ Rob deutete auf eine von dichtem Gestrüpp umwucherte Stelle in unmittelbarer Nähe. „Von da kann man ihn sehen.“
Ein drückendes Gefühl in meiner Magengegend breitete sich auf meinen gesamten Körper aus, und mir war, als umklammerte ein eiskalter Arm meinen Brustkorb. Vergessen war die Sache mit Bud Jenkins. Vor uns lag das Loch und das, was sich in ihm befand.
Und so folgten wir unserem Anführer, denn schließlich waren wir ja hierher gekommen, um John Patchs Leiche zu sehen.

Nach wenigen Schritten hatten wir die Stelle erreicht, und wieder konnte ich lediglich die spiegelnde Oberfläche erkennen.
„Ihr müsst in die Hocke gehen.“ Rob streckte den Finger aus. „Seht ihr? Da vorne ist er.“
Wir taten es Rob gleich; ich hielt die Hand vor die Stirn, so dass die Sonne mir nicht mehr wie ein leuchtender Feuerball ins Gesicht schien. Seichte Wellen bewegten die Wasseroberfläche, und das Glitzern der Sonnenstrahlen funkelte in den Augen wie eine dünne Schicht Edelsteine.
„Also ich seh nichts“, sagte Terri. Sie hockte recht weit vom Ufer weg und machte auch keineswegs den Anschein, als wolle sie dem Mysterium auch nur im Entferntesten näher rücken.
„Seid ihr blind? Da vorne ist er doch. Da! Genau unter der Oberfläche.“ Rob gestikulierte hektisch mit seinen Fingern.

Mein Blick wanderte und allmählich setzte sich ein Brennen auf der Netzhaut fest, das mich blinzeln ließ. Und dann sah ich es!
Etwa fünf bis sechs Meter von der Uferböschung entfernt, erkannte ich inmitten der schillernden Schicht von Edelsteinen ein Gesicht.
Das Wasser des Sees war nicht sonderlich klar, aber, bei Gott, es war wahrhaftig John Patchs Kopf, der da einen halben Meter unter der Wasseroberfläche zu schweben schien.
„Scheiße ... ich sehe ihn.“ Meine Worte klangen irgendwie fremd; weit weg, wie aus einer anderen Welt. Einer anderen, heilen Welt. Einer Welt, die nicht von unheimlichen Seen mit noch unheimlicheren Leichen geprägt war.
„Habt ihr gehört? Paul sieht ihn auch. Was ist mit euch?“ Rob klang aufgeregt wie ein kleines Kind am Weihnachtsmorgen.
Ich konnte meinen Blick nicht von dieser Erscheinung lösen, starrte in das bleich schillernde Gesicht dort unter der Wasseroberfläche; sah die weit aufgerissenen Augen, den geöffneten Mund, zu einem unhörbaren, in alle Ewigkeiten erstarrten Schrei verzerrt.
„Ist es wirklich der alte John?“ Bens Stimme war leise, beinahe weinerlich.
„Na klar ist er´s“, hörte ich mich flüstern. „Siehst du nicht den Bart?“
„A… aber warum sieht man nur den Kopf?“
Ich erkannte aus den Augenwinkeln heraus, wie sich Rob erhob. „Das kommt, weil ihr in der Hocke seid. Von oben würd man mehr sehen, aber da spiegelt das Wasser zu sehr.“
John Patch starrte mich an, und für einen winzigen Augenblick meinte ich, er würde mir zuzwinkern. Ich zuckte zurück und mein Herz raste. Schnell schob ich es auf die Reflexion durch die Sonne.

„W… warum taucht er denn nicht auf?“ Wieder diese weinerliche Stimme von Ben.
„Na, er wird irgendwo festhängen. Ist doch logisch.“ Rob hatte wie immer Recht.
Da war ein Keuchen hinter meinem Rücken. Ich drehte mich herum und sah für einen kurzen Moment nur die dunkle Silhouette einer hockenden Gestalt. Blitze zuckten vor meinen Lidern und wenig später tauchte Terri in mein Blickfeld ein.
„Hey Terri, alles okay?“ Ich kroch auf sie zu und berührte ihr zitterndes Knie.
Sie blickte auf und sah mir direkt in die Augen. Augenblicklich zog ich meine Hand zurück.
„Also los, wer geht rein?“ Robs Stimme ließ mich hochfahren.
Er stand am Ufer und schlug die Hände erwartungsvoll ineinander. „Ich finde, wir sollten auslosen. Terri ist natürlich ausgenommen.“
„D… du willst da rein?“, stotterte Ben.
„Ja“, sagte ich, „was soll der Quatsch. Warum soll da einer rein?“

Rob trat auf uns zu. „Na wir müssen doch wissen, was ihn da unten festhält.“
Ich schluckte. Rob schien es tatsächlich ernst zu meinen. Ich sah für einen kurzen Moment wieder die Augen von John Patch, hörte den lautlosen Schrei.
„Wir sollten so schnell wie möglich von hier verschwinden und den Sheriff holen“, sagte ich bestimmt.
„Na klar, das machen wir auch. Aber ich will erst wissen, was ihn da festhält. Oder glaubt ihr vielleicht, der Sheriff wird es uns hinterher sagen? Glaubt ihr, er wird sagen: ´Hey Jungs. Der alte Patch hatte eine Kette um seine Füße geschlungen, die in einem Betonklotz endete. Ziemlich grausamer Tod, Jungs. Gesegnete Albträume!´ Glaubt ihr, das wird er uns sagen, wenn es so ist? Ne! Nix wird er sagen. Wir sind schließlich Kinder. Die geht so was doch gar nichts an.“
„Er wird sich in irgendeinem Seegras verfangen haben.“
„Klar, Paul, das wird´s wahrscheinlich auch sein. Aber ich will es genau wissen. Also, wer geht rein?“

Ich blickte hinüber zu Ben, dessen Gesichtsfarbe dem eines frisch gewaschenen Bettlaken glich. Terris Mund stand offen, unfähig eines Lautes aufgrund dieser perfiden Situation.
„Es ist doch egal, was ihn dort festhält“, schrie ich Rob an. Auf einmal kam es mir nicht mehr richtig vor, dass wir uns auf diese ganze Sache eingelassen hatten.
„Es ist nicht egal“, brüllte Rob zurück. „Ich habe ihn entdeckt, und ich will auch wissen, was mit ihm passiert ist.“
„Meine Güte, Rob, er ist ertrunken. Reicht das denn nicht?“ Terri weinte.
Rob stand auf und griff in seine Hosentasche. „Wir werfen eine Münze.“ Dann an mich und Ben gewandt: „Bin ich jetzt der Anführer oder nicht?“
Irgendwie hatte Rob ja Recht. Wenn ich darüber nachdachte, war es schon interessant zu wissen, warum der alte John dort hing. Vielleicht war es ja tatsächlich ein Mord.
„Also gut, lass uns auslosen“, sagte ich resigniert und gleichzeitig erwartungsvoll.
Rob grinste und spuckte etwas Blut neben sich. „Die zwei gleichen bleiben übrig und werfen noch mal. Ich sag Zahl.“

Ich stand vor dem Wasser, nur noch mit einer Unterhose bekleidet und spürte, wie sich mein Sack trotz der Hitze zusammenzog. Klar, dass es mich erwischt hatte; bei so was hatte ich noch niemals Glück gehabt. Mein Zeh berührte die Wasseroberfläche, und ich spürte die erwartungsvollen Blicke der Anderen in meinem Rücken.
Das Wasser war angenehm warm – hier noch.
Ich dachte für einen Augenblick an die Nigger, die mit Sicherheit mit der gleichen Erwartung hineingestiegen waren.
Nur mit dem Unterschied, dass hier keine Klanmitglieder am Ende auf dich warten, sondern eine Leiche im Wasser ...
„Na los, Paul. Was ist? Biste wasserscheu?“

Langsam, Schritt für Schritt, setzte ich ein Bein vor das andere. Wie ein warmes Bad. Ja, genau, das war es: Nichts als ein warmes Bad.
Nach zwei weiteren Schritten ging mir das Wasser bereits bist zum Hals. Der schleimige Boden quoll zwischen meinen Zehen hindurch und ich blickte herunter. Eine aufgewirbelte Schicht schwebender Partikel hatte meine Beine umschlungen, und mein Herz raste. Wie weit war ich noch von dem Leichnam entfernt? Ich versuchte etwas zu erkennen, aber die Oberfläche war ein einziger Spiegel, der meine Sehnerven malträtierte.
„Wo ist er?“, brüllte ich, ohne meinen Blick von dem Glanz vor meinem Gesicht zu lassen.
„Weiter links!“ Robs Stimme kam aus einer unendlichen Ferne. „Du musst weiter da rüber schwimmen.“
Der Boden unter meinen Füssen sackte ab, und panisch schluckte ich Wasser. Meine Arme ruderten, und ich erwartete jeden Augenblick, in aufgequollenes Fleisch zu stoßen.
Ich blickte zum Ufer und sah meine Freunde in gar nicht so weiter Entfernung im hohen Gras hocken. Da drüben befand sich das Ufer. Nur etwa zwei Schwimmzüge entfernt. Zwei verdammte Schwimmzüge. Was tat ich also hier?

„Du musst runter tauchen. Sonst siehst du ihn ja nicht!“
Rob hatte gut Reden. Etwas berührte meinen Fuß, und wild mit den Armen schlagend, stieß ich mich zurück. „Scheiße!“
„Na los, Paul, tauch ab. Schließlich hab ich mir die Fresse blutig schlagen lassen, nur für das hier.“
Klar, und schließlich hab ich dafür gesorgt, dass du das hier überhaupt noch miterleben darfst.
Ich holte tief Luft. Einmal, zweimal. Und dann wurde es still um mich herum. Ich befand mich in der lautlosen Welt des Sees.

Für einen Augenblick hörte ich nur meinen Herzschlag. Das dumpfe Rauschen des Wassers klang wie das Strömen meines Blutes durch pulsierende Adern. Meine Arme stießen mich hinunter, immer tiefer in diese unbarmherzige Dunkelheit. Für einen kurzen Moment wurde mir bewusst, das ich mich in dem Loch befand. Nicht in einem friedlichen See, sondern in unserem Loch!
Mein Herz machte beängstigende Sprünge, der Druck in meinen Ohren stieg an, wurde schmerzhaft. Das Loch!
Eine eiskalte Wasserschicht umschlang meinen Körper, und ich widerstand dem Bedürfnis, tief Luft zu holen. Meine Lunge begann zu brennen.
Ich erblickte den trüben Schlamm des Bodens, sah winzige Bewegungen, die auseinander stoben. Wo war die verdammte Leiche?
Ich hielt meine Hand vors Gesicht, doch wenn ich meinen Arm ganz ausstreckte, war sie bereits nicht mehr zu sehen.
Wieder machte ich einen kräftigen Zug mit den Armen. Mein Kopf fuhr suchend von einer Seite zur anderen. Etwas Längliches schwamm an meinem Gesicht vorbei. War es Seegras? Wieder erkannte ich den schlammigen Boden, doch hier wuchs nichts. Der See war tot. Genauso tot wie John Patch.
Ich glitt etwas höher, als im selben Moment eine weiße Schicht vor meinen Augen auftauchte. Panisch wirbelte ich zurück, ruderte mit den Armen, stieß Luft aus. Schwarzes, krauses Haar wand sich aus der bleichen Schicht hervor, umschmeichelt von sanften Bewegungen des Wassers. Es ist ein Bauchnabel!
Ich wollte nach oben, nur noch raus hier. Mein Blick glitt tiefer, und ich erkannte ein verkümmertes Glied zwischen dürren Beinen.
Nach oben!
Tiefer!

Mein Körper krümmte sich und ich glitt hinab. Gleich würde ich die Kette sehen, den Betonklotz. Ich sah die Knie, eng aneinandergepresst. Tiefer.
Aber warum war er nackt? Kein Mörder würde doch sein Opfer vorm Ertränken ausziehen?
Tiefer.
Dann sah ich die Hand. Die Hand, die die Knöchel von John Patch umschlang. Die Hand, die keine Fingernägel besaß und die in einem wulstigen Arm mit geschwollenen Adern endete. Und dieser Arm ragte aus dem schlammigen Boden heraus wie ein dicker, lebendiger Ast.

Die Nigger! Ben hatte Recht gehabt, es war nicht der Temperaturunterschied, der die Nigger nicht ans andere Ufer kommen ließ. Ich sah, wie sich der schlammige Boden bewegte. Er platzte auf und etwas Wulstiges trat daraus hervor, schoss zu mir herüber.

Ich schrie, wie ich noch nie zuvor in meinem Leben geschrieen hatte. Der See machte meinen Schrei dumpf – tot. Mein Arme ruderten, die Beine schlugen aneinander. Luft! Ich brauchte Luft.
Ich spürte, wie etwas nach meinen Beinen griff und kreischte weiter.
Es hält mich fest. Schneller. Du musst hier raus.

Der Sauerstoff explodierte in meinen Lungen, als meine Arme auf die Wasseroberfläche schlugen. Da hinten war das Ufer. Schneller. Ich schlug hastiger. Wie schwamm man noch mal? Meine Arme peitschten unkontrolliert.
Das Ufer! Ich griff hinein - harter Lehm, Gras zwischen meinen Fingern -, riss die Füße aus dem Wasser und sprang nach vorn. Mein Keuchen wurde nur von meinen hustenden Schreien unterbrochen.
Trockener Staub drang in meine Nase und vermengte sich mit schleimigen Rotz zu einer zähen Masse. Ich hatte das Ufer erreicht. Ich hatte es erreicht.

Ein harter Griff umklammerte meinen Oberarm, und ich wurde hoch gerissen. Erneut schrie ich und schlug dagegen.
Kurz nachdem ich Bud Jenkins erkannte, wurde ich zu Boden gestoßen.
„Da ist ja unser großer Held.“ Ein schmerzhafter Fußtritt hämmerte in meinen Magen, und für einen Moment hatte ich das Gefühl, ich müsste mich übergeben.
„Geh da rüber zu den Anderen, Scheißer!“ Bud Jenkins verdeckte die Sonne.
Ich sah Rob, Ben und Terri eng beieinander auf dem Boden kauern.
„Du sollst da rüber gehen!“ Wieder ein Tritt.
Gib ihn mir.
Was war das? Stimmen. Sanfte, leise Stimmen.
Gib ihn mir.
Irgendetwas entstand in meinem Innern. Ich spürte ein heißes Kribbeln in den Beinen.
Bud Jenkins stand vor dem See, der in seiner gefährlichen Schönheit hinter seinem Rücken glänzte.
Das Kribbeln in meinen Beinen wurde stärker.
Gib ihn mir.
Die Stimmen fordernder.
„Ich schlag dich tot, wenn du nicht da rüber gehst!“
Wer wird Dad dann bei der Maisernte helfen?, schoss es mir durch den Kopf.
Bud Jenkins bewegte sich auf mich zu. Nein, er durfte nicht näher kommen.
Gib ihn mir. Diese Stimmen.

Ich presste meine Füße in den Boden und mit einem gewaltigen Ruck stieß ich mich ab. Mein Oberkörper schnellte empor, stieß hart gegen den Bauch von Bud Jenkins. Ich sah, Bud Jenkins zurück taumeln, sah das schillernde Wasser hinter seinem Rücken. Er fiel, ruderte mit den Armen. Ich hörte das Platschen.
Gib ihn mir.

„Los, weg hier!“ Robs Stimme schlug in meinen Verstand. „Schnell weg, bevor er da wieder raus kommt.“
Ich wusste nicht, ob die Schreie, die uns folgten, Schreie der Wut oder der Todesangst waren. Auf jeden Fall verstummten sie, kurz nachdem wir keuchend und mit wirbelnden Pedalen die Lichtung verlassen hatten.

* * *

Ich habe meinen Freunden nie erzählt, was ich da unten im See gesehen hatte, und sie haben mich auch niemals danach gefragt. Auch hat keiner von uns je etwas Sheriff Hawks gegenüber erwähnt. Der alte John Patch blieb also verschwunden. So war es geschehen, und so sollte es bleiben.
Das Loch sollte für immer der See mit seinen unergründlichen Geheimnissen bleiben. Für alle Welt und vor allem für uns Kinder. Eines dieser Geheimnisse hatte ich gelüftet, doch würde es für alle Zeiten tief in meinem Herzen begraben sein.

Heute, fast siebzig Jahre später, bin ich fast schon überzeugt davon, dass es damals tatsächlich nur Seegras gewesen sein konnte, das da um John Patchs Beine geschlungen war.
Bud Jenkins blieb von jenem Tag an verschwunden, und ich redete mir ein, dass er einfach den Ort verlassen hatte, vielleicht, weil es ihm peinlich war, von einem Dreizehnjährigen in den See geschmissen worden zu sein.
Ich habe Terri später geheiratet, obwohl ich immer dachte, dass sie eigentlich nur was für Rob empfunden hatte.
Aber inzwischen weiß ich ja, dass es so viele Dinge im Leben gibt, bei denen man sich täuschen kann ...

 

hi salem!

wieder einmal muss ich sagen: die geschichte gefällt mir sehr gut. zwar hab ich sie in halb evrschlafenen zustand in der schuel gelesen, weswegen ich sie mir zuhause nochmal genauer durchseh und dir dann mehr dazu sag. aber was mir auffiel war wieder der nette stil, in dem du schreibst. flüssig und spannend erzählt. mir gefallen so hmmm...jugendgeschichten, die etwas unheimliches erleben.

mfg

 

Hi one,

waaas? Du liest meine Geschichten in der Schule??? Schäm Dich!

Nein, freue mich, dass sie Dir gefallen hat (zumindest im verschlafenen Zustand). Und danke dir für Deinen Kommentar.

Lieben Gruß! Salem

 

Hi, Salem!

Die Geschichte find ich gut geschrieben. In letzter Zeit sind hier offenbar Kinder- und Jugendstories in. Ist gar nicht schlecht, versucht euch nur ruhig weiter darin zu überbieten, wer das am besten hinkriegt. Ich könnte das nicht.

Inhaltlich hatte ich ein Dauerdejavü, weil es mich sehr an Stephen Kings "Die Leiche" erinnerte.

Das Ende fand ich etwas 08/15, falls du verstehst, was ich meine. Klischee, Klischee. Der Böse holt gerade zum letzten Schlag aus und wird dann - zum Glück des unterlegenen Guten - zu Monsterfutter.

Sprachlich wie immer sehr gut, manchmal neigst du allerdings zu umständlichen Konstrukten, hier ein Exempel:

war die Wahrscheinlichkeit nicht besonders groß, dass die Suche von hohem Erfolg gekrönt sein würde. Und das war sie dann auch nicht. Und so blieb John Patch verschwunden;
Hier ist schon der erste Satz ein gefundenes Fressen für den Blähwolf. Die radikalste Kürzung wäre wohl: ...war die Erfolgswahrscheinlichkeit lächerlich.
Der Mittlere Satz ist in einem Stück entsorgbar.
Der letzte Satz wiederholt dann letztlich auch nur, was der Leser schon weiß.

r

 

Hi rel,

Inhaltlich hatte ich ein Dauerdejavü, weil es mich sehr an Stephen Kings "Die Leiche" erinnerte.
Einer meiner Lieblingsfilme als Jugendlicher. Denke, er hat mich tatsächlich diesbezüglich ein wenig geprägt. Schäm...
manchmal neigst du allerdings zu umständlichen Konstrukten
Oh ja, eines meiner großen Mankos. Werde versuchen, mich zu bessern. :Pfeif:
Das Ende fand ich etwas 08/15, falls du verstehst, was ich meine. Klischee, Klischee.
Jetzt versuch ich einmal ein "Happyend" reinzubringen, und dann klappt es auch nicht. Sch...! :crying:

Dank Dir auf jeden Fall für Deinen netten Kom.

Salem

 

Hi hallöchen!

Ich erkannte in ihren Augen diesen seltsamen Glanz, den sie immer bekamen, wenn sie Rob anblickte. Aber vielleicht lag es auch nur an der hochstehenden Mittagssonne.
(schmunzel)

John war unser Ortspenner;
cool

Also erhoben wir unsere plattgesessenen Ärsche aus dem heißen Staub und machten uns auf, um John Patchs Leiche einen halben Meter unter der Wasseroberfläche des Lochs zu sehen.
Ärsche klingt ein bisschen, naja, zu umgangssprachlich, beleidigend für sie selbst. Vielleicht Hintern (is aber nur n vorschlag!!!!!)

Mein altes Fahrrad ächzte als ich mit Rob auf dem Gepäckträger über den holprigen Weg, der zu den Ausläufern des East Humbold führte, balancierte. Rob war der einzige in unserer Clique, der kein eigenes Fahrrad besaß. Niemand von uns sprach ihn darauf an, denn alle wussten, dass es bei seinen Eltern finanziell nicht zum Besten stand. Denn nachdem man seinen Dad trotz Prohibitation mit ein paar Flaschen Whiskey erwischt hatte – nur Gott allein weiß, wie Mr. Thicke sie in seinen Besitz gebracht hatte – war er aus der Firma gefeuert worden; nur knapp an einer langjährigen Gefängnisstrafe vorbei gerutscht. Aber von da an ging es mit der Familie Thicke bergab.
Hast du Sommer der Nacht von Dan Simmons gelesen? Ist da auch so. Soll kein Vorwurf sein

Ich grinste vor mich hin und bereute es sofort darauf, als ein fliegendes Insekt sich in meiner Mundhöhle verfing. Angewidert spuckte ich aus.
witzig

muskelbepackt, ausgeschlagene Vorderzähne und jederzeit bereit, seine Fäuste entsprechend einzusetzen.
muskelbepackt - wie alt ist der?

als unsere Fahrt durch eine plötzlich von beiden Seiten auftauchende Barriere aus Fahrrädern abrupt gestoppt wurde.
klingt, als wären es so viele, obwohls ja nur drei sind.

Ich hörte Robs Keuchen.
Ich hörte Rob keuchen find ich schöner, obwohls ned falsch ist.

Verdammt, er schlägt ihn tot!
Bud reagiert ziemlich krass, dafür dass ihm Rob nur eine Auskunft verweigert.

„Das ist Hexenwahn aus Europa“, sagte Terri.
Typisch Amis, :D

Sie hockte recht weit vom Ufer weg und machte auch keineswegs den Anschein, als wolle sie dem Mysterium auch nur im Entferntesten näher rücken.
Ja, ja, das ängstliche Mädchen

Sie hatte die Hände vors Gesicht gelegt und weinte hinein.
:mad:

Terri ist natürlich ausgenommen.“
:xxlmad:

Terris Mund stand offen, unfähig eines Lautes aufgrund dieser perfiden Situation.
:zensiert:

´Hey Kinder. Der alte Patch hatte eine Kette um seine Füße geschlungen, die in einem Betonklotz endete. Ziemlich grausamer Tod, Kinder. Gesegnete Albträume!´
:D

wie sich mein Sack trotz der Hitze zusammenzog.
Für mein Empfinden für 12-jährige Jungs wieder ein bisschen zu ordinär, dafür dass er denkt. Hoden

obwohl ich immer dachte, dass sie eigentlich auf Rob stand
auf Rob stehen find ich ned so schön. :shy:

coole Story, seit Es liebe ich Kinder-Horror-Storys. Und ich fand auch das Ende nicht unbedingt vorhersehbar, naja, außer das mit Bud.

Wieder mal ein dickes :thumbsup: von mir.

Viel Spaß noch bei was auch immer

Tama

 

Hi Salem,

trotz der späten Stunde, habe ich deine "Kurzgeschichte" :dozey: gelesen.
Wie immer, super geschrieben. (hast du mal eine Schule des Schreibens besucht, oder bist du ein Naturtalent?) ;)

In der ersten Hälfte beschreibst du die Jugendlichen unter sich. Prügelnd, witzig, starke Typen :cool:

Dann, als du zu Potte :D gekommen bist, wurde es so spannend, das ich immer schneller gelesen habe.
Also, ich wäre ja erst garnicht ins Wasser gegangen, doch spätestens beim Anblick dieses "Etwas", wäre ich glatt ertrunken.
Herrlich der Satz: ... wie schwamm man noch mal?
Das Bud dran glauben mußte, war klar. Irgendwie muß son Stinkstiefel schließlich aus der Dorfgemeinschaft verschwinden, logo.

Aber, was wurde denn nun aus Johns Leiche?
Wenn die Jungs die Polizei benachrichtigt haben, hätte man bei der Bergung doch auch Bud finden müssen? :hmm:
Oder spielt Logik bei Horrorgeschichten keine Rolle?
Ich frag ja nur, wie du weißt brauche ich Info. :)

Wie auch immer, klasse geschrieben, beneide dich um deine Ideen.

lieben Gruß,
coleratio

 

Hi Tama,

zunächst einmal wollte ich die Sache mit Terri nicht so darstellen, dass alle Frauen ängstlich sind. Wenn man bedenkt, dass gerade die, die ständig hinterm Herd stehen, sich doch enormen Gefahren aussetzen müssen ...
Ups! :sealed:

Nein, hatte sie mir halt als kleines Mädchen vorgestellt. Sie ist halt ängstlich; so wie Bud z.B. übertrieben brutal ist.

Hast du Sommer der Nacht von Dan Simmons gelesen? Ist da auch so. Soll kein Vorwurf sein
Ne, leider nicht. Hoffe, es ist nicht zu ähnlich ... :shy:
wie sich mein Sack trotz der Hitze zusammenzog.

Für mein Empfinden für 12-jährige Jungs wieder ein bisschen zu ordinär, dafür dass er denkt. Hoden

Finde gerade diese "ordinäre" Umgangssprache passend für dieses Alter. Wenn ich da so an mich zurückdenke :hmm: Kann mir nicht vorstellen, dass Kids die "medizinischen" (ist ja eigentlich keiner, aber Du weißt, was ich meine) Ausdrücke benutzen. Die sind doch viel zu harmlos und uncool.
muskelbepackt - wie alt ist der?
Hab ihn mir so um die siebzehn vorgestellt. Aber Du hast recht; klingt ein bißchen komisch.
Wieder mal ein dickes :thumbsup: von mir.
:D :bounce:

Danke Dir auf jeden Fall für Deinen super Kommentar und für die Mühe, die Du Dir gemacht hast.

Lieben Gruß! Salem

 

Hi coleratio,

juhu, wieder mal ne Geschichte, die Dir gefallen hat (denke da gerade an den Messi :xxlmad: ) Scherz!!! ;)

Dann, als du zu Potte gekommen bist, wurde es so spannend, das ich immer schneller gelesen habe.
:D Ja, ja, meine ausschweifenden Erzählungen ...
Aber, was wurde denn nun aus Johns Leiche?
Wenn die Jungs die Polizei benachrichtigt haben, hätte man bei der Bergung doch auch Bud finden müssen?
Oder spielt Logik bei Horrorgeschichten keine Rolle?
Ich frag ja nur, wie du weißt brauche ich Info.
Vielleicht hat diese "Hand", die da aus dem Seeboden ragte, ja beide in den Schlamm hineingezogen.
Vielleicht haben die Kids aber auch gar nichts erzählt. Ich glaube, Letzteres ist hier nicht so ganz rüber gekommen; werde es demnächst noch mal dazu schreiben.

Das Du trotz der späten Stunde noch gepostet hast, finde ich toll. Hat mich gefreut; und natürlich auch, dass Dir die story gefallen hat.

Lieben Gruß! Salem

 

Hi Sue,

freut mich, dass ich Dich wieder ein wenig begeistern konnte. Und das mit Deinem Mageninhalt freut mich natürlich auch.
Aber vielleicht liegt es auch nur daran, dass Du Dich langsam in dem Horror-Bereich einlebst und ein bißchen wohl fühlst ... hi...hi (Der wahre Horror kriegt Euch alle)

Dank Dir noch mal für Deinen netten Kommentar.

Salem

 

Puuuh, Salem, ausgesprochen spannend! Ich bin zwar keine ausgewiesene Expertin und kann darum nicht entscheiden, ob irgend ein Element deiner Geschichte an xyz erinnert, ich hab jedenfalls absolut atemlos gelesen. Ach doch, eine Assoziation hatte ich schon, nämlich dass Bud und seine beiden Sozii an Draco Malfoy, Crabb und Goyle erinnern. :-)

Die im Zitat

Zitat:
wie sich mein Sack trotz der Hitze zusammenzog.

Für mein Empfinden für 12-jährige Jungs wieder ein bisschen zu ordinär, dafür dass er denkt. Hoden

ausgedrückten Bedenken finde ich auch unangebracht, schließlich gehören auf jedem normalen Grundschulhof "Wichser" und "Ar...f.cker" mittlerweile zum normalen Umgangston.

MfG,
Chica

 

Hi Chica,

Ich bin zwar keine ausgewiesene Expertin und kann darum nicht entscheiden, ob irgend ein Element deiner Geschichte an xyz erinnert, ich hab jedenfalls absolut atemlos gelesen.
Gerade das freut mich umso mehr. Ich möchte meine Geschichten ja auch nicht nur für Experten schreiben.Es gibt doch nichts Schöneres, als wenn sich jemand völlig unvoreingenommen einer Geschichte widmet; und wenn sie diesem dann auch noch gefällt ... :)
nämlich dass Bud und seine beiden Sozii an Draco Malfoy, Crabb und Goyle erinnern. :-)
Kenn ich leider auch nicht; sorry

Ganz lieben Dank aber für Dein statement. Jetzt kann ich beruhigt einschlafen ... :sleep:

LG! Salem

 

Hi salem!

Tja, nicht so mein Fall, diese Kinder-Horror-Stories, schon allein deshalb, weil unweigerlich Verzerrungen auftreten. Kinder denken nicht so, und sie sprechen auch nicht so. Ich für meinen Teil habe mich nach "Es" davon verabschiedet.

Ich muss sagen, dass ich, nachdem ich mitbekam, wohin der Hase läuft, ein bisschen auf stur geschalten habe. Einzig die Tauchszene hat mir sehr gut gefallen. Hier kann man tatsächlich was lernen.
Relysium hat's angesprochen, du bildest manchmal ziemlich komplizierte Sätze, die andere Sache: manchmal sind deine Formulierungen ein wenig umgangssprachlich, so dass sie nicht zum bisherigen Stil passen. Bricht das Bild irgendwie.

Also erhoben wir unsere plattgesessenen Ärsche...

Das ist ein unschöner Ausbruch aus dem Stil.

Die verwitterten Buchstaben auf dem nicht minder aussehenden alten Holzschild...

Nicht nur sehr kompliziert, m.M. nach fehlt auch ein Adjektiv.

Und den "Sack" habe ich mir auch ganz dick angestrichen, weil er mir überhaupt nicht gefallen hat. Wenn du sagst, dass es die übliche Sprache des Kindes ist, dann muss sich der restliche Text auch daran halten.

Ganz ohne Zweifel war die Story unterhaltsam, aber wie gesagt, meine Aversion gegen Kinder-Horror-Stories. :D

Bis zum nächsten Mal dann.
Viele Grüße von hier!

 

Hallo Jo, hallo Hannibal,

vielen Dank für´s Lesen und Kommentieren.

@Jo:

auch ich fühlte mich angenehm an King erinnert, was aber
an deinen bildlichen Beschreibungen lag.
Einfach eine klasse Geschichte, die trotz ihrer Länge
nicht eine Sekunde an Langeweile aufkommen liess
Ich verneige mich in Ehrfurcht!!!
An dieser Stelle stutzte ich kurz:
Rob grinste und spuckte etwas Blut neben sich. „Die zwei gleichen bleiben übrig und werfen noch mal. Ich sag ´Zahl´.“
Ist vielleicht ein wenig unglücklich herübergekommen. Sollte heißen: Alle drei werfen eine Münze. Sind zwei gleiche dabei, so werfen diese noch einmal. Der Andere ist dann schon mal raus (hier war es wohl Ben). Wenn dann nur noch zwei übrig sind, ist es ja einfach. Rob sagte ´Zahl´ und war dann auch draußen. Paul blieb übrig und musste in den See. Klarer? :confused:

@Hannibal:

Tja, nicht so mein Fall, diese Kinder-Horror-Stories, schon allein deshalb, weil unweigerlich Verzerrungen auftreten. Kinder denken nicht so, und sie sprechen auch nicht so.
Ich denke, dass Jugendliche doch schon so sprechen könnten; aber das ist Ansichtssache. Ich persönlich bin ein absoluter Fan von Kinder-Horror-Stories. Lese sie gern und schreibe auch gern darüber :read:
du bildest manchmal ziemlich komplizierte Sätze, die andere Sache: manchmal sind deine Formulierungen ein wenig umgangssprachlich, so dass sie nicht zum bisherigen Stil passen. Bricht das Bild irgendwie
Ja, das mit den ´komplizierten´ Sätzen ist mein kleines Steckenpferd. Variiere aber bewußt mit dem Umgangssprachlichen. Aber du hast recht; könnte als Stilbruch ausgelegt werden.
Und den "Sack" habe ich mir auch ganz dick angestrichen, weil er mir überhaupt nicht gefallen hat. Wenn du sagst, dass es die übliche Sprache des Kindes ist, dann muss sich der restliche Text auch daran halten.
Habe versucht auf zwei Ebenen zu arbeiten. Einmal der eigentliche über achtzig jährige Erzähler, der sich etwas gewählter ausdrückt; dann die Sprache der Kinder (z.B. der "Sack")
Ganz ohne Zweifel war die Story unterhaltsam, aber wie gesagt, meine Aversion gegen Kinder-Horror-Stories.
Da freue ich mich dann aber ganz besonders, dass Du sie Dir trotzdem angetan hast :D

Euch Beiden noch mal herrzlichen Dank für Eure Zeit und Mühe!

Lieben Gruß! Salem

 

Hallo Salem.
Ich habe mir die Geschichte durchgelesen und muss mich aufgrund des Stils ebenfalls an King erinnert fühlen.
Der Schläger, der Erzähler, der NICHT der Anführer ist, das Mädchen, das NICHT den Erzähler liebt, sondern den Anführer. Die Erzählweise bezüglich Sack und Ärsche. Die Erzählweise, vom Tauchgang bis zum Ende. Wie Kings Kurzgeschichten, nicht zu grässlich.

Allerdings ging es mir auch so, dass ich ab dem Moment wusste wie der Rest der Geschichte ablaufen würde, als die Kinder vor Bud flüchten.
Und deshalb ist der Inhalt nicht mit voller Punktzahl zu bewerten. Für dich spricht, dass du die Geschichte ohne eine zweite Peripetie zuzufügen gut abgerundet hast.
Dennoch sind mir einige Dinge aufgefallen, die ich anmerken möchte.
Mr. Thicke und die Prohibition. Das lässt auf eine Zeit um die 30er schließen (1919-1932 war Prohibition glaub).
Da hinein passt nicht:

...sich ein paar Dollar für irgendeinen billigen Fusel hinzu verdienen zu können.
Illegal? Oder doch nicht? Oder wie kommt DER an das Zeug?
Zum zweiten die Sprache: wenn es heute auf dem Pausenhof Audrücke regnet und die groben Worte aus dem Munde zehnjähriger Ausmaße annehmen, bei denen uns etwas älteren schwindelig wird, so glaube ich trotzdem, dass das relativ zur Zeit steht und wir auch unsere Eltern schockierten. Und 1930 stand es dann nochmal ganz anders. Ich hab das Szenario ohnehin etwa in diese Zeit eingeordnet, gedanklich. Und dazu passen einfach weniger komplizierte Wendungen, Überspitzungen. Es hätte besser gepasst, wenn du die einfachen Worte gewählt hättest, zumal man auch nicht weiß, dass es ein 80jähriger erzählt.

Mir sind noch mehrere kleine Dinge aufgefallen, allesamt aber weniger wichtig. Z.B.

die nähere Umgebung ein weinig genauer durchkämmen sollte
wenig, oder?^^
Auch Buds Reaktion find ich ziemlich heftig. Und Robs Drang, die Leiche zu untersuchen etwas ZU wagemutig. (aber es MUSSTE ja kommen)

Du hast die Charaktere und die Erzählung sehr schön eingeführt, nur lässt das auf die Dauer ziemlich nach. Nicht nur, weil die Geschichte zu kurz ist um tiefgründig zu charakterisieren. Am Ende wird die Erzählzeit schneller und somit auch etwas die erzählte Zeit.
Am Ende steht Handlung, am Anfang Einführung. Ich würde also die Verteilung etwas verändern, aber bitte nicht kürzen am Anfang, das war schon gut so.

Fazit: Ich habe lang überlegt wieviele Punkte ich geben soll. Ich hab mich für 11/15 entschieden, weil es sehr gut ist, aber einiger Verbesserung bedarf.

Gruß!

 

Hi Sam,

schön mal wieder von Dir zu hören; und vielen Dank für Deinen Kommentar.
Verdammt, das mit der Prohibitation und dem Besorgen von Fusel ist mir echt nicht aufgefallen. Ich bin begeistert über meine Leser.

Das es zum Ende hin schneller wird (bezüglich der Erzählweise) liegt an zwei Gründen: Den einen hast Du genannt; es würde sich sonst ins Unendliche ziehen - wobei ich gestehen muss, dass ich nichts dagegen hätte - Ich bin ja ein ´Fan´ des Ausführlichen ... hi...hi...
Der andere Grund ist, dass ich denke, wenn etwas spannender werden soll, sollte auch das Erzähltempo ansteigen. Weiß aber nicht, ob es mir gelungen ist.
Ich weiß auch nicht, ob ich diesbezüglich etwas ändern werde; auf jeden Fall werde ich versuchen, es in eine meiner nächsten Geschichten zu berücksichtigen.

Klar hast Du auch mit dem Sprachgebrauch recht; er entspricht schon dem der heutigen Zeit; ich denke aber einfach, dass sich da nicht viel geändert hat. Auch die Kids früher fühlten sich mit Sicherheit richtig ´cool´, wenn sie etwas herbere Ausdrücke verwenden konnten.

Ich habe lang überlegt wieviele Punkte ich geben soll. Ich hab mich für 11/15 entschieden
Na, da bin ich doch mehr als stolz!!!!

Dank Dir wirklich noch mal, dass Du Dir so große Mühe gemacht hast.

Lieben Gruß! Salem

 

Ich habe Terri später geheiratet, obwohl ich immer dachte, dass sie eigentlich nur was für Rob empfunden hatte. Aber es gibt ja so viele Dinge im Leben, bei denen man sich täuschen kann ...
Die Hochzeit habe ich eingefügt (kann schließlich nix dafür, dass sich die Beiden ineinander verlieben), um den letzten Satz zu verdeutlichen.
Der Erzähler hatte ja damals im See wirklich eine Hand gesehen, die John Patchs Bein festhielt. Und als er älter wurde, war er sich nicht mehr so sicher, weil sowas ja eigentlich gar nicht möglich ist (glaub ich zumindest).
Der letzte Satz soll eigentlich so aussehen, als bezöge er sich rein auf die Hochzeit (weil Terri doch eigentlich in Rob verknallt war). Aber wenn man weiterdenkt, kann man ihn auch auf die See-Geschichte beziehen.
Ist doch genial gemacht, oder???!
Aber ich glaube, auch nur ich kann so kompliziert denken :stoned:

Mittendrin war ich mir für kurze Zeit sogar sicher, dass John Patch eines der Kinder ist, was natürlich totales Unsinn ist. (peinlich)
:rotfl: :lol:

und als Leser von Amputaion denkt man jetzt: So jetzt kommts endlich!
Sorry, aber ich hab doch danach sofort "Wettschulden" als Entschuldigung geschrieben ... :shy:

Dank dir aber für´s Lesen und Kommentieren!

Salem

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Salem!

So, da schreibt einer meiner Lieblingsautoren hier auf KG.de also wieder eine Kinder- Horror- Story...
Sprachlich haperst du, was ich eigentlich gar nicht verstehen kann... hast du doch eine wunderbare Atmosphäre in "Die Nacht, als die Toten zu singen aufhörten" erzeugt. Das gelingt dir hier zwar auch, aber im Gegensatz zum leicht gotisch angehauchten "Die Nacht,..." versuchst du dich hier an einer 1960er- Version von H. P. Lovecraft- Storys.

Hier fühle ich mich persönlich an Stephen Kings "es" erinnert. Wie gesagt, hier ist der Protagonist ein Durchschnittsjugendlicher, der zwar in einer Clique respektiert wird, aber unglücklich in das Mädel des Chefs verliebt ist... das kennen wir, seit der fette Ben Hanscom Bev Rogan nacheifert, die aber nur Augen für Big Bill hat. Auch der gemeine Schläger, der auch über Leichen geht, ist wieder mit dabei... Victor Criss lässt grüßen, und auch wie eben dieser hat Bud Jenkins zwei strohdoofe Gesellen an seiner Seite.

Insgesamt hast du mich gut unterhalten... ich mag solche Geschichten wie diese, denn eine Atmosphäre kommt vor allem bei der großartigen Tauchszene auf... das Auftauchen solltest du aber etwas genauer beschreiben, da kam ich manchmal ein wenig vom Weg ab... oder, wie es mein Cousin ausdrückte: "Warer da scho aussem Wasser oda wat?!" Insgesamt ist diese King- mäßige Nostalgiehorror- "Wunderbare Jahre"- Version sehr gut

Grüße,

Lestat

 

Hi Lestat,

versuchst du dich hier an einer 1960er- Version von H. P. Lovecraft- Storys.
Hab leider noch nie was von ihm gelesen. Muss ich wohl mal tun ...

"Es" hab ich natürlich verschlungen (bin ein heimlicher King-Fan). Denke, hier hat mich mehr "Die Leiche" inspiriert.
Aber ist doch schon faszinierend. Ein paar Kritiken vorher wurde mir gesagt, dass ich mich seit "Die Nacht als die Toten zu singen aufhörten" verbessert habe. Und du empfindest das Gegenteil ...
Werde beizeiten deinen Rat in die Tat umsetzen und die Tauchszene etwas ausarbeiten; geht, glaub ich, wirklich zu schnell.

Danke dir ganz herzlich für deine Kritik und für´s Lesen.
(am Besten hat mir das mit dem "Lieblingsautor" gefallen!!!!!!!!! Danke für das Kompliment.

Hi Noel,

Na ja, da übst du dich aber in Übertreibung und Selbstverherrlichung
Ist doch eine meiner Spezialitäten ... SCHERZ!!!!

Gruß! Salem

 

Salem schrieb:
Aber ist doch schon faszinierend. Ein paar Kritiken vorher wurde mir gesagt, dass ich mich seit "Die Nacht als die Toten zu singen aufhörten" verbessert habe. Und du empfindest das Gegenteil ....

Nicht, dass du dich verschlechtert hättest... sprachlich ist "Amputation" (bäääääääääääääääääääääääääh!) astrein. Auch hier bist du auf einer sicheren Seite, aber du haperst eben manchmal- das heißt nicht das du schlecht (geworden) bist. Wirklich nicht.

Salem schrieb:
Danke dir ganz herzlich für deine Kritik und für´s Lesen.
(am Besten hat mir das mit dem "Lieblingsautor" gefallen!!!!!!!!! Danke für das Kompliment.

War nicht als Schleimerei gemeint, ist einfach so.

Grüße,

Lestat

 

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