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Kängurus

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26.02.2005
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Kängurus

Schweiß lief Martin die Stirn hinab, als er die Düne erklomm. Schon seit einiger Zeit hörte er das eigenartige Geschnatter, welches von der anderen Seite des sandigen Höhenzuges erklang. Sicherlich gab es angenehmere Dinge als hier zu sein, aber ein Bürojob gehörte definitiv nicht dazu. Es war spät geworden an diesem Tag und er gedachte in absehbarer Zeit ins Basiscamp zurückzukehren. Martha und Adam hatten ihn gebeten von diesem Ausflug abzusehen, aber das konstante Geräusch in seinen Ohren, dass ähnliche Symptome wie Tinnitus offenbarte ließ ihm keine Ruhe.
Er hatte den Arzt um eine Untersuchung seiner Hörfähigkeit gebeten, die nicht nur völlig in Ordnung, sondern sogar überdurchschnittlich war. Er war sich nicht sicher, aber er glaubte es darauf zurückführen zu können, dass er der einzige war, der die Laute hörte, die von jener Düne sechs Meilen nordwestlich des Camps kamen.
Bevor er losging schon war ihm klar, dass die andern ein derart "sinnloses" Unterfangen als Verschwendung seiner Kräfte interpretiert hätten, weshalb er davon abgesehen hatte, ihnen von seinem Vorhaben zu berichten.
Die Sonne zeichnete sich rot am Horizont ab, und erschien ob jener besonderen Eigenart der Lichtbrechung wie ein aufprallender Ball. Seine Kräfte waren beinahe am Ende, als er endlich die Spitze der Düne erreichte, die ihm während seines gesamten Aufstieges endlos weit entfernt erschien.
Ein letzter Sonnenstrahl blitzte über die Hügel am anderen Ende der Talsenke, die von der Düne und einigen Bergen eingeschlossen wurde. Es war nicht viel, aber genug um das beinahe majestätische Schauspiel zu erkennen, dass sich ihm am Fuße des Hanges bot.
Seinen Augen bot sich ein eigenartiger Tanz dar, aufgeführt von einigen Kängurus und artverwandten Beuteltieren, die einmal im und einmal gegen den Uhrzeigersinn im Kreise hüpften und um die Gunst eines Wesens in ihrer Mitte buhlten, während sie jenes beängstigende Schnattern ertönen ließen,das ihm seit seiner Ankunft im Outback in den Ohren lag. Nur für Bruchteile einer Sekunde wurde Martin Shaw Zeuge dieses einmaligen Schauspieles, bevor das Licht der Sonne endgültig verschwand und ihn in der Dunkelheit einer sternenlosen Nacht zurückließ.
Eine Weile verharrte er sprachlos und lauschte der ersten Stille, die ihm seit Tagen gewährt war. Nichts und niemand sprach in diesem Moment, das ganze Universum schien stillzustehen und sich einzig und allein auf ihn zu konzentrieren, bis er geradezu begierig wimmerte und damit die Heiligkeit des Momentes zerstörte.Er begann die Düne herabzustolpern, nur um sich am Ende seines steilen und durchaus beschwerlichen Weges auf dem Boden eines leeren Troges wiederzufinden, der von den Felsen und dem Sandwall umschlossen wurde. Zwischenzeitlich war der Mond aufgegangen und leuchtete das Tal fahl aus, tauchte Shaws Welt in ein blassblaues Licht.
Der Boden unter ihm war mit Mustern verziert, die nur von äolischer Erosion herrühren konnten. Eigenartige Muster und Linien bedeckten den Boden, schlängelten sich bis an die Felsenwände heran und ließen das Tal erscheinen wie ein verziertes Kirchenportal.

Er war nach Australien gekommen um die Ureinwohner zu erforschen. Ethnologie war nie sein Wunschberuf gewesen, er sah es eher als Broterwerb denn als Berufung an. Dennoch erfüllte ihn sein mageres Einkommen und teilweise auch der Umgang mit wildfremden Menschen von Zeit zu Zeit mit einer Freude, die ihm beinahe irrational erschien.
Er hatte sich zur Studienreise ins Outback angemeldet, da er die Sprache eines besonderen Stammes der dortigen Eingeborenen näher erforschen wollte. Wie die Hopi und einige andere Naturvölker stand ihnen kein Tempus abgesehen vom Präsens zur Verfügung, was sie für ihn besonders interessant machte.
In der Zeit, die er nun schon hier verbrachte, hatte er gelernt, dass das ein grundlegender Irtum war. Die einzelnen Zeiten wurden unterschieden, aber auf eine sehr subtile Art und Weise, die nicht die Verben direkt beugte, sondern statt dessen mit bestimmten Adverbien und Lauten arbeitete, die an anderen Stellen im Satz angebracht waren. Ein einziges Mal war ihm eine Form begegnet, die nicht der infinitivischen entsprach, was er jedoch geflissentlich überging, da es einer der Stammesälteren war der zu ihm sprach. Zum einen konnte seine Aussprache durch sein hohes Alter getrübt sein, zum anderen redete er von Religion, was Shaw nie sonderlich gereizt hatte. Er trug von Zeit zu Zeit ein Kreuz um den Hals, um seiner Lebensgefährtin zuzusagen und der Gretchenfrage zu entgehen, dennoch war er stets rational und vernünftig gewesen. Je absurder eine Behauptung, umso mehr bedarf sie der Prüfung war Shaws Leitspruch seit er die Universität besuchte. Da das erste Axiom nun grundsätzlich und per definitionem unbeweisbar ist, war Gott für ihn bestenfalls unwahrscheinlich, eher jedoch purer Nonsense. Selbiges galt für jede andere Art der Religion, sei es Pantheismus oder Polytheismus.

Das Licht des Mondes leuchtete nun senkrecht hinunter ins Tal und beleuchtete jeden kleinsten Winkel, so als sei der Trog in dem der Ethnologe sich befand perfekt auf diese Konstellation abgestimmt. Und tatsächlich wurde er sich der Tatsache gewahr, dass die ornamentalen Verzierungen am Boden des Tales keineswegs von äolischer Erosion herrührten, denn vielmehr ein Känguru darstellten, dessen linke Pfote sich zum Mond hinauf erhob. Nun, da ihn kaum ein Schatten am Sehen hinderte, wurde er sich einer Öffnung in der Felswand gewahr, die exakt gegenüber der Düne lag. Mit geradezu kindlicher Neugier begann er sich ihr zu nähern und tauchte schließlich in ihrem Dunkel ein.

Der Mond war verschwunden, als er die kleine Grotte verließ und wieder auf den Platz zurücktrat. Der Himmel war von unirdischer Schwärze und von den Dünen war nurmehr seine Erinnerung geblieben. Einzig und allein die Felskette hinter ihm hatte noch Bestand und bildete eine Trutzburg in der Einöde, die sich bis in die Unendlichkeit zu erstrecken schien.
Am Horizont zeichneten sich einige Silhouetten ab, die sich in einem gleichmäßig wogenden Rhythmus auf ihn zubewegten. Als sie sich näherten identifizierte er sie als Kängurus, vielleicht gar jene, die ihm bereits im Tale aufgefallen waren. Ihre Augen waren geschlossen, dessen war Shaw sich gewiss, ohne sich jedoch diese Erkenntnis erklären zu können und hinter ihnen bildete sich ein gigantischer Felsen aus rotem Gestein, der bald als Ayers Rock zu erkennen war.
Selbiger jedoch verschwand bald hinter einigen kleineren Hügelketten, die sich im Staube der Beuteltiere bildeten.

"Gentlemen, Ruhe." Die Affektiertheit Professor Meyers hatte Shaw stets angeekelt. Am meisten jedoch hasste er die Folien, mit denen er stets zu kaschieren versuchte, dass er von seinem Gebiet zu großen Teilen selbst ahnungslos war. An dem Abend, an dem Shaw sich später zu betrinken beschloss, da er seine damalige Lebensgefährtin zu hassen begann, legte er abermals eine seiner Erinnerungshilfen auf. "Wie Sie hier zweifellos erkennen können, sind weder die Hopi, noch viele der Aborigine Stämme in der Lage ein Tempus vom anderen zu unterscheiden. Dies rührt zum einen natürlich von der Beschaffenheit ihrer Sprache her, zum anderen von einem grundsätzlich anderen Verständnis von Zeit und Raum als dem unseren. Beide Sprachen sind, wie sie hier... Gentlemen... sehen grundlegend als isolierende Sprachen zu betrachten, da Wortstämme im Grunde nie verändert werden. Dennoch..." Er putzte sich seine Brille, um eine weitere Folie hervorzuziehen... " hat zumindest einer dieser beiden Stämme ein Verständnis von Zeit. Die Aborigine selbst sprechen in diesem Zusammenhang von der Traumzeit. Der Genesis, wenn Sie so wollen."

Die Beuteltiere erreichten Shaw und der Staub und der Sand, den sie aufwirbelten formte die Berge und die Täler. Geologische Prozesse spielten sich vor seinen Augen im Zeitraffer ab und wie von Zauberhand formten sich unter seinen Füßen jene Ornamente, die er von einst kannte. Zeit und Raum erschienen relativer denn je, stellten sich als unwichtig heraus. Er drehte sich um und sah den Kängurus und ihrem aufgewirbelten Staub hinterher. Staub der durch die Lüfte wirbelte und am Firmament zu Sternen wurde. Und er trat wieder durch die Pforte.

Trat wieder durch die Pforte.

Wird wieder durch die Pforte treten.

Wird durch die Pforte getreten sein.

Tritt durch die Pforte.

Trat durch die Pforte und durchquerte sie erneut.

"Wenn ich Sie richtig verstehe, dann ist der Religion der Aborigines zufolge alles erträumt worden, sehe ich das richtig?" Meyers setzte jenes überhebliche Lächeln auf, das Shaw so hasste. Es war das Lächeln eines Mannes, der zutiefst von Religion überzeugt war und sich von keinem noch so schlüssigen Argument ins Wanken bringen ließ. Das Lächeln eines Idioten. Meyers war eigentlich Professor für Theologie und fremdländische Philosophie, hatte jedoch nach dem unglücklichen Verscheiden Bernsteins die Ethnologie übernommen, da sich kein besserer Ersatz finden ließ und Meyers bereit war eine großzügige Summe für diese "Herzenssache" an die philosophische Fakultät zu spenden. Ein silbernes Kreuz hing an seinem Hals. Ironischerweise das gleiche, billige Kruzifix das Shaw von Zeit zu Zeit trug. "Sieh an Shaw, Sie haben etwas richtig verstanden. Und nun möchte ich auch noch hören wie sie wieder spotten."
" Ich möchte nicht spotten. Ich möchte nur die Religion dieser Menschen... verstehen. Wer erträumt sich all das?"
"Nun, die Meinungen in diesem Punkt gehen natürlich auseinander. Sowohl unter Religionswissenschaftlern wie meiner Wenigkeit, als auch natürlich zwischen den verschiedenen Stämmen. Die Träumer oder Traumzeitwesen stellen eine Art Allmacht dar, die über Raum und Zeit beliebig verfügen können. Manche stellen sie sich als ungreifbare... wie soll ich sagen...metaphysische Wesen vor, die andern als menschenähnlich, wieder andere als völlig andere Wesen. Einig sind sich die meisten Stämme jedoch darin, dass diese Wesen verschwanden und sich auf der Erde selbst manifestierten, in Form gigantischer Naturphänomene, wie beispielsweise Gebirgsketten, oder teilweise auch den Jahreszeiten."
"Wenn sie von gänzlich anderen Erscheinungsformen sprechen... woran denken Sie da? Beispielsweise?"
"Nun Shaw... beispielsweise an Kängurus."
"Kängurus?"

Als Shaw aus der Pforte trat, erschien ihm jeder Aspekt des gigantischen, steinernen Kängurus vor seinen Füßen gottgleich. Zumindest konnte er nachvollziehen, weshalb soviele Stämme diesen von der Evolution vernachlässigten Wesen derart positive Attribute zuschrieben.Vor ihm tanzten die Kängurus, und ein Wind kam auf. Kalte Luft traf auf warme, einfache Klimaphänomene begannen zu wirken. Die Welt schien leer und unbeseelt, und Shaw fröstelte. Mit gesenktem Haupt näherte er sich einem der Tiere, welches die Augen immer noch geschlossen hatte, aber dennoch auf seine Annäherung einzugehen schien. Ohne aufzuschauen begab er sich auf die Knie, was er anfangs als Geste der Demut deutete. Dann jedoch sah er auf zu dem majestätischen Tier vor ihm und begann in den Sand zu zeichnen, der sich zwischen den Erhebungen der Ornamente angesammelt hatte.
Er malte ein winziges Männlein, welches jedoch klar als Mensch zu erkennen war. Und von Ferne hörte er das eifrige Geplapper von vertrauten Wesen, menschlichen Zungen. Er lächelte und blickte hinab, zu seinen Füßen, wo sich eine endlose Reihe jener Männlein erstreckte, von denen jedoch nur das letzte aus seiner Hand stammte. Er hatte seine Arbeit getan, seinen Beitrag geleistet. Abermals trat er durch das Portal in den Bergen hinter ihm, ohne Wunsch heimzukehren.

"Professor, Sie wissen so gut wie ich, dass zumindest diese Religion Nonsense ist."
"Wissen Sie, Shaw, es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde als Ihre Schulweisheit je zu erklären vermag."
"Sie müssen jedoch zugeben, dass die Welt sich weiterentwickelt hat. Sie hat nicht nach der Traumzeit aufgehört, es verlief nicht alles nach dem Aboriginal Law."
"Sie haben nicht richtig zugehört. Sicherlich sagt das Gros der dortigen Stämme, die Traumzeit sei vorbei... andererseits gibt es auch jene, die gar kein Verständnis von Zeit haben."
Er hörte Adam lachen, ohne wirklich zu wissen warum. Er war stets ein gläubigerer Mensch gewesen als er, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass er über ihn lachte. Dazu waren sie zu lange befreundet. Dennoch wurde er unsicher.
"Und sie wollen damit andeuten, dass die Traumzeit noch immer andauert?"
"Beweisen Sie mir das Gegenteil."
"Cogito, ergo sum, Professor Meyers."
"Und wer sagt ihnen, dass gerade sie denken? Dass ihre Gedanken nicht die Projektion derer eines anderen sind?"
"Und wer träumt ihrer Meinung nach?"


Er verließ das Gebirge, dieses Mal nach Westen. Die Great Plains erstreckten sich vor ihm, und einige Zelte waren in der Entfernung aufgerichtet. Ein Weißkopfadler kreiste über der Szenerie und schien Shaw zu beobachten. Er näherte sich den Zelten, um schließlich Gestalten zwischen ihnen ausmachen zu können. Es waren jene, die später von Kolumbus als Indianer betitelt werden sollten. Als er im Dorf angelangte, war ein Vater im Begriff einen ungeliebten Sprössling in einem Bach, der durch die Behausung führte zu ertränken. Um das Zeltdörflein herum jedoch, so schien es ihm, bewegten sich menschenähnliche Gestalten. Jedoch schienen sie mehr Schatten als Materie zu sein.
Sanft griff Shaw die Hand des Hopi, und zog sie mit freundlicher Bestimmtheit von der Kehle seines Sprösslings. Der Hopi wendete sich zu Shaw um.
"Warum?"
Eine sekundelang dachte Shaw, die Worte wären Worte seiner Muttersprache gewesen, bis er sich der Tatsache bewusst wurde, dass er nicht das Wort, sondern vielmehr den dahinterliegenden Inhalt erfasst hatte... den aussersprachlichen Korrespondenten. Eine Weile grübelte Martin Shaw über seiner Antwort, bis er sich auf die vernünftigste und einfachste Variante berief.
"Es ist nicht recht."
"Er muss ohnehin sterben, sobald seine Zeit gekommen ist."
"Wann seine Zeit kommt bestimmst du nicht jetzt."
"Nicht jetzt? Wann?"
Shaw zögerte.
"Nie, glaube ich. Niemals."

Der Junge hatte sich in der Zwischenzeit auch aus dem Griff der anderen Hand seines Vaters befreit und lief davon, um sich bei seiner aufgelösten Mutter zu verbergen.
Der ältere Indianer zögerte.
"Woher weisst du, dass es nie so sein wird? Die Zeiten ändern sich, die Büffel ziehen weiter und jede Saison aufs Neue versiegt der Fluss... vielleicht wird es einmal nötig sein, um zu überleben. Woher kannst du wissen, was morgen noch gültig ist, in einer derart unsteten Welt?"
Shaw nickte. Der Einwand war berechtigt, und noch wenige Stunden... viele Äonen... einige Sekunden... Zeiträume... Jahre... zuvor, zu Beginn seiner Reise erwidert, das sei durchaus ein Punkt über den es sich nachzudenken lohne, da gewisse Faktoren gegeneinander abgewogen werden müssten. Wenn aber Zeit keinen wahren Bestand hatte, so geschah alles immer und niemals, so war alles auf einen winzigen Punkt konzentriert. Er hatte viel Leid gesehen. Kurz nach dem zweiten Weltkrieg geboren, musste er zwar selbigen nicht mehr miterleben, aber dennoch die Gräuel des kalten Krieges miterleben. Wenn alles gleichwertig war und Zeit nicht verging, so war keine Entscheidung moralisch relativ, da jede Entscheidung in alle Ewigkeit fortbestand.
Er begriff, dass die Linguisten unrecht hatten. Nicht die Wahrnehmung der Zeit durch die Urvölker war verzerrt, sondern die des modernen Menschen. Es gab nur die Gegenwart, man konnte manche Dinge nicht so rechtfertigen, wie er es bis dato stets getan hatte. Mehr zwischen Himmel und Erde...

" Es war niemals richtig und es wird niemals richtig sein. Nimm deine Gewissheit richtig zu handeln als Anker in der unsteten Welt die du erfährst. Sie wird vergehen, das weisst du besser als ich... und besser als ich weisst du, wie ein jeder deiner Brüder Leid verabscheut. Dieses wird sich niemals ändern. Halte dich ans Ewige, nicht ans Vergängliche."
Und zu Shaws eigener Überraschung nickte der Hopi. Er bezweifelte, dass es seine abgedroschenen Worte waren die ihn bekehrt hatten. Vielmehr war er sich gewiss, dass er dem verborgenen Sinn hinter den Worten folgte, die Unterhaltung auf einem höheren Level der Verständigung als dem Austausch sprachlicher Zeichen stattgefunden hatten. Die Schatten um das Lager waren verschwunden, hatten sich aufgelöst.
Nun war es auch Zeit für ihn zu gehen...und abermals trat er ins Dunkel.

"Wer träumt?"
"Ja. Es muss ein verdammt kranker Bastard sein. Schauen sie sich doch an, wie die Leute überall krepieren."
"Wissen Sie, über viele Jahrhunderte lang war man der Meinung Licht könne ohne Schatten nicht existieren... die Menschen erfanden Teufel und Hölle, nicht nur Gott. Daran erinnern selbst Sie als Atheist sich vielleicht."
"Bullshit."
"Nun, vielleicht ist der ominöse Träumer auch einfach gehässig. Sie sind kein Philanthrop, Shaw. Sie wären nicht viel besser."
"Nein, natürlich nicht. Angenommen das entspräche der Wahrheit. Nur für eine Sekunde. Ich wäre in dieser Welt aufgewachsen. Das macht einen zynisch und hart."
"Dennoch machen Sie sich Sorgen über den Zustand der Welt. Vielleicht ist das der Sinn. Den Menschen das Leid vor Augen zu führen, um sie sanft zu einer Alternative zu führen."
"Und weshalb haben wir nicht von Anfang an in Frieden gelebt?"
"Vielleicht haben wir das. Vielleicht hat ein Träumer nur nach Abwechslung gesucht... das Aboriginal Law gebrochen. Aber trösten Sie sich Shaw. Es gibt noch hunderte anderer Religion die falsch liegen können. Nur eine entspricht der Wahrheit. Warum sollte es gerade diese sein, nicht wahr."
"Immerhin ein wenig Einsicht."
Meyers begab sich kopfschüttelnd davon, um nach einigen Schritten laut zu Shaw zurück zu rufen: "Übrigens. Sie hätten BWL studieren sollen."

Die Sonne zeichnete sich rot am Horizont ab, und erschien ob jener besonderen Eigenart der Lichtbrechung wie ein aufprallender Ball. Er fühlte sich erfrischter denn je, als er von seiner Reise zurückkehrte.
Ein letzter Sonnenstrahl blitzte über die Hügel direkt hinter ihm, und er blickte auf die Talsenke die von der Düne und einigen Bergen eingeschlossen wurde.
Seinen Augen bot sich ein eigenartiger Tanz dar, aufgeführt von einigen Kängurus und artverwandten Beuteltieren, die einmal im und einmal gegen den Uhrzeigersinn im Kreise hüpften und um seine Gunst buhlten, indem sie ihn umkreisten,wobei sie angeregt schnatterten.Immer enger zogen sie ihre Kreise, bis schließlich ihr Fell seine Nasenlöcher bedeckte und er in einen tiefen Schlaf fiel, just in dem Moment in dem ein alter Chinese, der jahrelang zum Leidwesen seiner Verwandten in einem fast komatösen Schlafe gelegen hatte, endgültig verstarb.

Im Traum stieg er alabasterne Stufen hinauf zu einem Palast aus Onyx, der auf dem Dach der Welt erbaut war. Känguru Statuen flankierten den Eingang zur rechten und zur linken Seite und eine ebenhölzerne Tür öffnete sich, als er sie leicht berührte, um den Blick auf eine gigantische Halle freizugeben. In ihr saßen Leute, versammelt um einen einzigen Tisch, Vertreter einer jeden Epoche, ein jeder auf einem einzigartigen Thron aus Elfenbein. Der Thron eines Afrikaners hatte die Form eines Elefanten, an dessen Stoßzähnen Kinder spielten, der Thron einer Griechin zeigte eine Szene vom Olymp. Langsam begab er sich zum ersten freien Platz, an dem sein kleines silbernes Kreuzlein hing. Der Thron zeigte ihn, in einem aussichtlosen Kampf gegen Götter die von oben unauflässig auf ihn hinab einströmten, die Kopfstütze zeigte, alles überragend, ein Känguru, welches die Szenerie lächelnd betrachtete. Er setzte sich nieder und sah die Thronreihen entlang, während er sich seines Gesprächs mit Professor Meyer entsann. Vielleicht endet die Geschichte mit dem perfekten Traum vom Glück. Eine Legion der Stühle war bereits besetzt und nur einige hundert waren noch frei. Dennoch. Es beruhigte Shaw, dass sein Traum zumindest nicht langweilig werden würde. Und dass nicht er derjenige war, der die Geschichte beenden würde. Er setzte sich nieder und begann zu träumen.

In einem Krankenhaus in Sydney lag Patient Nr. 837, Dr. Martin Shaw, in tiefem Koma. Von Zeit zu Zeit flogen seine Verwandten und Freunde aus England ein, um ihn zu besuchen. Wenn Sie gingen murmelten sie stets etwas davon, dass Martin zu bemitleiden sei und sich nicht hätte alleine herauswagen sollen. Andere tuschelten und meinten, er hätte sich zu nahe an wilde Tiere gewagt. Alle jedoch betrachteten sie ihn mit Trauer in den versteinerten Mienen.
Martin jedoch lächelte und träumte. Träumte von Kriegen, Leid, Schmerz... aber auch von Freundschaft, Glück und Verständnis. Und von Kängurus.

 

Vorab, da dies quasi mein Einstand ist (der sicherlich hätte etwas besser ausfallen könnte), Hallo :)

Ich hatte ein paar Schwierigkeiten das hier einzuordnen und bin etwas zwischen Fantasy und Experimental geschwankt, um zeitweise sogar über die Wörterbörse nachzudenken, da die Entstehung ganz ähnlich ablief. (Ziel war es eine Geschichte zum Thema Kängurus zu schreiben.)
Obwohl die Geschichte nicht zwingend den Vorgaben dieser Kategorie widerspricht, hoffe ich mal nicht daneben gehauen zu haben.

Ein Problem das ich selbst noch sehe, ist das die Entwicklung des Charakters zeitweise unglaubwürdig verläuft, selbst unter Berücksichtigung solcher "übernatürlicher" Phänomene. Zumindest empfand ich das so, für Vorschläge zur Verbesserung der Verbesserung der entsprechenden Stellen bin ich daher ziemlich dankbar.
Ein weiteres Problem, das meiner Meinung nach ziemlich augenfällig ist, ist unnötiges Abdriften in Halb-philosophische Gefilde, das ergab sich wohl aus der späten Stunde in der das ganze verfasst wurde.
Vorschläge zum Streichen von Passagen daher auch an mich ;)

Ansonsten hoffe ich, dass das Lesen zumindest nicht gelangweilt hat.
Auf Bald und viel Spaß noch.
mfg Az aka Konstantin.

 

Hallo Aziel, herzlich willkommen auf kg.de.

Deiner eigenen Analyse der Schwächen deiner Geschichte habe ich wenig hinzuzufügen, ehrlich gesagt fand ich sie ab der Mitte zu lang. Der Anfang ist okay, abgesehen davon, dass du da noch einen ganzen Sack voll Kommas ausschütten könntest und dass deine Figuren in den Dialogen manchmal aneinander vorbeireden, aber dann...

Am besten ist es, du liest dir den Text unter Berücksichtigung der von dir bereits festgestellten Schwachpunkte noch einmal durch und überlegst, was du ändern kannst.

gruß
vita
:bounce:

 

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