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Kaffee, Kaffee

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13.08.2004
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Kaffee, Kaffee

Die Wände wiegen hin und her, die Deckenlampen des Büros wackeln wegen des ohrenbetäubenden Geräusches aus der Küche. Die Tassen in den Schränken klirren, das Ding vor Bertha wackelt und speit dabei eine dunkle Flüssigkeit aus. Jedenfalls kommt es ihr so vor. Diese Kaffeemaschine macht sie ganz wirr im Kopf, sodass sie manchmal nicht mehr klar denken kann. In Wirklichkeit ist das Gerät recht leise. Nur wenn Bohnen gemahlen werden oder es sich auf das erneute Ausschenken vorbereitet, gibt es gurgelnde Geräusche von sich.
Bertha greift nach der Kaffeetasse. Das Aroma steigt ihr in die Nase. Noch ein Hauch dieses Duftes und sie kippt auf der Stelle um. Hier und jetzt auf dem Teppich des Flurs vor all den engstirnigen Menschen. Sie kann sich gerade noch bis ins Büro ihres Chefs zwingen, um dort die Tasse so schnell wie möglich loszuwerden. Die Tasse mit dem Untersetzer stellt sie lautlos auf den Tisch. Ihr Chef sitzt regungslos auf seinem Thron und studiert ein paar Unterlagen. Jedenfalls tut er so. Bertha beachtet er nicht eine Sekunde lang. Empört greift sie nach der alten Tasse und marschiert in die Küche zurück. Wütend schmeisst sie das Geschirr in den Spülstein, sodass dieses fast auseinander bricht. Dieser eingebildete Schnösel! Seit acht Wochen ist sie mittlerweile eine feste Mitarbeiterin und bekommt keine anderen Aufgaben als dem Chef stündlich seinen Kaffee zu servieren. Jedes Mal in einer neuen Tasse, als ob alte nicht mehr gut genug wäre. Schon lange hat sie um mehr Verantwortung gebeten, doch seitdem ist alles noch viel schlimmer geworden. Der Fettsack auf dem Chefsessel bringt nicht einmal mehr ein „Danke“ über die Lippen, wenn er bedient wird. Berthas Herz klopft wie wild.
„Dir werde ich es zeigen“, schwört sie sich.

Eine Kaffeetasse später steht sie wieder in diesem verdammten Büro. Dieses Mal geht sie mit dem Ding weniger sachte um und setzt es mit einem leisen Klirren auf das Pult und wartet. Nichts geschieht. Mit jeder zusätzlichen Kaffeetasse wendet sie ein wenig mehr Kraft auf, um sie möglichst geräuschvoll hinzustellen.

Einmal klirrt es so laut, dass sogar die Sekretärin in ihre Richtung schaut. Während die schwarze Flüssigkeit überzuschwappen droht, streicht sich Bertha nervös eine braune Haarsträhne aus dem Gesicht, rückt ihre Brille zurecht und wartet. Doch ihr Chef macht keine Anstalten, von seinen Akten aufzuschauen.
„Herr Wöhler, Sie haben zuerst meine Forderung nach mehr Verantwortung eiskalt ignoriert und jetzt ignorieren Sie mich!“, wirft sie ihm mit quieksender Stimme vor.
„Nun, Mathilde…“
„Bertha!“, räuspert sie sich.
„Natürlich. Bertha. Sehen Sie, momentan sehe ich für Sie keine andere Beschäftigung. Sie machen das, was Sie jetzt tun, doch ganz gut. Was wollen Sie mehr?“ Er schlägt ein Bein über das andere und legt beide Hände auf die Stuhllehnen.
„Verantwortung.“ Bertha verschränkt die Arme. „Abwechslung. Sonst kündige ich.“
„Die haben Sie doch. Sie müssen aufpassen, dass der Kaffee in der Tasse bleibt. Finden sie es etwa nicht abwechslungsreich, immer wieder neue Kaffeesorten auszuprobieren? Für etwas anderes sind Sie leider ungeeignet.“
„Das werden Sie noch bereuen. Ich kündige. Fristlos!“, schreit Bertha entrüstet, greift nach ihrer Tasche und stampft aus dem Gebäude.
Etwas überrascht ist Herr Wöhler nun doch, als er der aufbrausenden Kaffeefrau hinterher blickt.
„Davon werden wir keine roten Zahlen schreiben“, sagt er und blättert weiter in seinen Börsenberichten.

Drei Wochen lang hat Herr Wöhlers Sekretärin hinhalten müssen und spielte die Kaffeedame. Danach ist auch sie geflüchtet, wenn auch nicht auf Dauer. Eine Woche Ibiza tut’s auch, dachte sie sich wahrscheinlich und ging in die Ferien. Mit Ausnahme von ein paar Lieferanten, die ein und genau so schnell wieder aus gehen, ist niemand mehr im Büro. Herr Wöhler fühlt sich zunehmend unwohl. Er löst seine Krawatte, um mehr Luft zu bekommen. Kleine Schweissperlen bilden sich auf seiner Stirn und fliessen in dünnen Bächen bis zum Kragen seines Hemdes, wo sie aufgesogen werden. Neben ihm liegen ein paar leere Becher Bahnhofskaffee, die er sich heute Morgen vorsorglich gekauft hat, doch die reichen nicht aus, um den ganzen Tag zu überbrücken. Er braucht Koffein. Doch, so lächerlich es auch klingen mag, er weiss nicht, wie man die Kaffeemaschine bedient.

Jetzt steht er vor dem Hightechgerät mit den tausend Knöpfen und den mindestens doppelt so vielen Funktionen und weiss nicht, womit er anfangen soll. Ein Display zeigt „verkalkt“ an, sodass kein Kaffee mehr gemacht werden kann, bevor die Maschine nicht entkalkt wird. Herr Wöhler ist kurz davor den Notarzt anzurufen, da kommt ihm die rettende Idee. Diese Angestellte, die er eine Zeit lang hatte, diese... Wie hiess sie noch gleich?
„Mathilde, genau“, spricht er seine Gedanken laut aus. „Die konnte so gut Kaffee kochen wie keine.“
Seine Hände hinterlassen Schweissspuren auf den Seiten des Mitarbeiterregisters, als er Mathildes Namen sucht. Er kann ihn nirgends finden. Verzweifelt merkt er, wie er immer weniger Luft bekommt. Eine Art Dunst umgibt ihn, er weiss nicht, ob er sich das nur einbildet, oder ob es wirklich geschieht. Er ringt nach Atem, will das Fenster öffnen. Doch soweit kommt er nicht mehr. Vor dem Fensterbrett sackt er in sich zusammen und bleibt regungslos liegen.
„Bertha“, flüstert eine Frauengestalt durch eine Gasmaske hindurch und reisst die Seite mit ihrem Namen aus dem Mitarbeiterregister, „Bertha ist mein Name.“

 

Hallo schwarze Seele,

also mir wäre der Job sicherlich auch zu langweilig, andererseits, fürs Nichtstun bezahlt zu werden hat ja auch was, wenn man nebenbei wenigstens surfen kann. ;)
Die Geschichte selber ist sicherlich amüsant und flott geschrieben, mehr dann aber auch ehrlich nicht. Thematisch ist sie doch etwas banal und in der Auflösung fragt man sich, wo denn Bertha auf einmal herkommt.

Jedes Mal in einer neuen Tasse, wie die alte nicht mehr gut genug wäre.
"wie" ist falsch, "weil" erschiene mir komisch, würde "als ob" vorschlagen.
als er Mathildes Name sucht. Er kann ihn Die Wände wiegen hin und her
Absicht, dass du da noch mal neu beginnst? Oder sollte es gleich so weitergehen?
Er kann ihn nirgends finden. Verzweifelt merkt er

Lieben Gruß, sim

 

Hallo sim.

Herzlichen Dank für deinen Kommentar.

Die Geschichte selber ist sicherlich amüsant und flott geschrieben, mehr dann aber auch ehrlich nicht.
Das reicht mir vollkommen. :) Jemand hat nahe gelegt, dass der Stil holprig sei, deswegen überrascht es mich umso mehr, dass du die Geschichte als flott geschrieben empfindest.

Das mit dem zweiten Neubeginn war natürlich keine Absicht. Ich habe mich schon gefragt, warum ich zum Durchscrollen plötzlich viel länger brauche, habe mir aber nichts dabei gedacht. Danke für den Hinweis, ich habe den Fehler behoben.

Liebe Grüsse.
Schwarze Seele.

 

Hallo scharze Seele,

Jedes Mal in einer neuen Tasse, als ob die alte nicht mehr gut genug wäre.

Schweissperlen, Schweissspuren
Schweißperlen, Schweißspuren

mindest doppelt so vielen Funktionen
mindestens

Also, gut geschrieben, Ende überraschend, aber für mich als Arbeitslose doch etwas wüst. Wie Sim sagte:

fürs Nichtstun bezahlt zu werden hat ja auch was, wenn man nebenbei wenigstens surfen kann.
oder Geschichten schreiben ...

So, bin gespannt auf weitere Geschichten von dir.

Gruß, Elisha

 

"Dir werde ich es zeigen.", schwört sie sich.
Punkt weg
Hi Schwarze Seele,
komische kleine Geschichte, hat aber Gutes bewirkt :)
Okay, das Ende is net so dolle, aber der Rest geht schon. Schöner Schreibstil. Wirklich.
:heilig: Bruder Tserk

 

Hallo.

Ich habe gar nicht mehr daran gedacht, dass ich hier einmal eine Geschichte eingestellt habe, da ich, nach Sim's Kommentar an keinen weiteren mehr geglaubt habe. Ich bin aber umso glücklicher, dass sich meine Befürchtung in Luft aufgelöst hat. Also, vielen Dank euch drei fürs Lesen und Kommentieren. :thumbsup:

@Elisha:

Schweißperlen, Schweißspuren
Ich weiss nicht, wie ihr in diesem Forum mit Gästen aus der Schweiz umgeht; aber dort haben wir keine ... Esszets. Die Dinger finde ich nicht einmal auf der Tastatur. Selbst wenn ich wollte, ich könnte sie nicht korrigieren.*g*

So, bin gespannt auf weitere Geschichten von dir.
Ich auch. ;) Ich schreibe momentan nicht sehr viel.

@Tserk

komische kleine Geschichte, hat aber Gutes bewirkt
Ja, komisch trifft es wohl am besten. Aber was sie Gutes bewirkt hat ... Daran werde ich wohl lange zu überlegen haben.

Okay, das Ende is net so dolle, aber der Rest geht schon. Schöner Schreibstil. Wirklich.
Danke. :)

@Angua

Der Plot mag unspektakulär sein, aber die Situation hast du in meinen Augen plastisch beschrieben und der leise mitschwingende Witz hat mir auch gefallen.
Und mir gefällt deine Art zu schreiben, bzw. kommentieren. "Leise mitschwingender Witz ..." sehr schön. Fasse ich als Kompliment auf.

Liebe Grüsse.
Schwarze Seele.

 

Hallo Schwarze Seele

... freut mich, Dich hier zu lesen - sehr ernsthaft und emsig. Meinen Kommi brauche ich nicht nochmal ... für alle: Sie hat Stil, die Seele.
Liebe Grüße
Detlev

 

Hallo Detlev.
Mich erstaunt es eher, dich hier zu sehen. Und dass du diese Geschichte für die schlechteste der meinen hälst, weiss ich schon, stimmt. *g* Mal schauen, ob es hier andere Geschichten von dir gibt als auf VW.
Liebe Grüsse.
Schwarze Seele.

 

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