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Kafkas Vater

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29.10.2007
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Kafkas Vater

- Sag mal, hast du dem Kind gesagt, dass Gott uns alle bestrafen wird?
- Was?,
fragte ich.
- Franz hat so etwas heute gesagt.
- Was hat er gesagt?
- Gott wird ihn bestrafen. Er wird früh sterben. So Sachen.
Ich zögerte nur einen Augenblick, eigentlich schon,
- Er kam also zu dir und sagte: ‚Gott wird mich bestrafen’,
redend.
- So ungefähr,
meinte sie und griff zu den Zigaretten.

- Du rauchst zuviel,
deklarierte ich und legte nun doch das Buch fort, setzte mich auf und tat überrascht, dachte tatsächlich über andere Dinge nach.
- Mag sein,
meinte sie geistesabwesend, zog an der Zigarette, hektisch,
- aber ich versteh das einfach nicht ...
- Was verstehst du nicht?
- Dass mit Gott, verdammt,
kam es.

- Hm,
machte ich also und tat nun überlegend. Es hatte zwar noch niemand bemerkt, doch ich war schon immer ein guter Schauspieler gewesen – und offenbart dies nicht das wahre Talent? Wenn niemand es bemerkt?
- Ja ...
- Und was hat er sonst noch gesagt?
- Nichts ... nur das.
- Und du?
- Was meinst du?
- Was hast du gemacht?
- Was soll ich wohl gemacht haben? Ich war entsetzt ... so etwas habe ich ja noch nie gehört.
- Stimmt.

Schweigen. Sie starrte vor sich hin, die Zigarette vergessend. Ich wusste, dass sie mich verdächtigte. Doch noch konnte sie sich das Motiv nicht denken – es schien alles so sinnlos. Aus welchem Grund sollte ich, der Vater, seinem fünfjährigen Sohn erzählen, der ehemals liebe Gotte würde ihn frühzeitig bestrafen – im glorreichen Jahre 2007, nach dreihundertfünfzig Jahren angestrengter Aufklärung? Angesichts der Tatsache, dass heutzutage alle Kinder in Freiheit, ohne Angst und vollkommen unbelastet aufwachsen konnten?

Und doch musste ich es gewesen sein, jemand anderes kam ja kaum in Frage.
- Meine Mutter meint ...
- Du hast es deiner Mutter erzählt? Wann?
- Vorhin, warum?
- Nun ja, ich bin zuerst einmal der Vater, oder? Und als dieser sollte ich schon zuerst informiert werden.
- Du hast gelesen,
erklärte sie, doch sie log.

Sie misstraute mir. Und hatte also ihre Mutter um Rat gefragt. Hatte vielleicht gemeinsam mit der Mutter zu eruieren versucht, welches Motiv ich haben könnte, warum ich also so etwas tun sollte. Es ergab doch gar keinen Sinn! Jedenfalls auf den ersten Blick ...

- Und?
- Nichts. Sie ist auch entsetzt, wir sind alle entsetzt.
- Ich auch, klar,
meinte ich und stand demonstrativ auf, griff ebenfalls zu den Zigaretten.
- Aha,
machte sie und weigerte sich immer noch, mich anzusehen. Sie ahnte etwas, hatte jedoch keine Ahnung, wie sie diese ungeheuerliche Vermutung aussprechen sollte. Ich kannte sie, wir waren lange genug verheiratet, konnte sie gut einschätzen und irrte mich selten. Und ich wusste auch, was nun zu tun war.

- Du glaubst,
begann ich also und stellte mich vor sie, nicht zu herrisch, aber leicht erdrückend, dominant,
- dass ich es war, oder?
Wie erwartet hob sie den Kopf, tat überrascht. – Die Spiele der Ehe, diese Aufführungen, dachte ich, blickte ihr in die Augen. Ich kann immer lügen, nennen wir es eine Gabe: Ich kann meiner Frau in die Augen sehen und das Blaue vom Himmel lügen. Meine drei Affären, meine Puffbesuche, den großen Plan, den ich in meinem Sohn vollziehe – ich blicke sie an, erkläre, nichts zu wissen. Meine Stimme klingt normal, ich verhalte mich vollkommen unverdächtig.

Weil ich es nicht war in solchen Augenblicken. Weil ich tatsächlich unschuldig bin. Und stimmt das nicht? Ist man nicht in jeder Sekunde ein anderer Mensch? Bin ich mit meiner Frau zusammen, tja, dann bin ich der Liebende. Ist meine Frau aber fort, bin ich eben der Fremdgeher, Puffgänger oder Kinderzerstörer – diese Spannung halte ich aus, diese Widersprüche, da ich weiß, dass der Mensch eben so ist.

- Du glaubst es, ich sehe es dir an,
stocherte ich nach, wusste, dass dies der momentan beste Weg war. Sie schwieg immer noch, suchte nach Worten, fand sie aber nicht, da sie, typisch, zu nervös, ängstlich und letztlich unschuldig war. Meine Frau war eher spießbürgerlich, also angefüllt mit Komplexen, verdrängten Lüsten und lauernden Verboten, hatte dagegen jahrelang angekämpft, doch den Kampf schon längst verloren, es nur nicht bemerkt.

- Nein,
sagte sie daher auch, schwach zwar, aber sie sagte es. Und schaute an mir vorbei, immer noch. Ich verschränkte die Arme, musste nun Druck machen, ein wenig nur, durfte nicht übertreiben: Ein falscher Blick, eine ungeduldige Geste – und alles war verloren, nicht allein meine Ehe, auf die schiss ich, sondern der große Plan, der mein Leben war.
- Hm,
machte ich deshalb,
- ich glaube dir nicht so richtig,
hinzufügend, dann seufzend. – Doch das alles war eher eine Art Zugabe, denn ich wusste ja, dass die Schlacht im Grunde schon längst geschlagen war, ich gewonnen hatte. Aber ich liebte das Spiel mit ihr, liebte es, zu manipulieren – nicht auf boshafte Weise, eher aus Langeweile, aus einem Spieltrieb heraus, den ich oftmals nicht unter Kontrolle habe, obgleich ich eigentlich kein böser Mensch bin.

- Ich kann mir nicht vorstellen, warum du so etwas machen solltest ...,
erklärte sie und ich dachte Dumme Kuh, du verstehst aber auch gar nichts, wortwörtlich. Dabei hätte sie, wäre sie intelligent, durchaus auf den wahren Sachverhalt kommen können: Es war naheliegend, es war kristallklar. Doch sie hatte keine Phantasie, keine Ahnung, kannte nicht die Leidenschaften, die einen Menschen umtreiben können. Sie wollte in Ruhe leben, wollte nichts bewegen, nichts erreichen. Früher hatte mich diese Genügsamkeit oft genug geärgert, heutzutage jedoch war ich daran gewohnt, empfand es sogar als Erleichterung, denn es machte alles viel leichter: Eine intelligente, aufmerksame Frau hätte mich doch schon lange durchschaut und damit gestoppt.
- Und trotzdem glaubst du, ich bin es gewesen ...
- Nein,
schüttelte sie den Kopf, nun vollkommen überzeugt, weshalb ich mich entspannte.

Doch es fehlte noch etwas. Das spürte ich. So ganz war die Krise noch nicht überwunden, es fehlte die emotionale Kompensation, die Bindung. – Ich umarmte sie nicht sofort, küsste sie nicht gleich, nein, ich ließ mir Zeit, ließ ihr das Gefühl, es nicht wegen eines schlechten Gewissens zu tun. Doch irgendwann küssten wir uns dann doch, gerieten planlos ins Bett, schliefen miteinander und alles war erledigt. Vorerst.

Himmel! Als täten das nicht alle Väter! Natürlich, die normalen Väter prügelten ihre Söhne in den Fußballverein, nötigten die Töchter zu lächerlichen Zöpfen, zum Kleidchen, zum Klavierspiel. Also, was ich mit Franz tat, war nicht sonderlich abnorm, war nur ein klein wenig extremer, war gewaltiger, daher notgedrungen gewalttätiger – die Gewalt gehörte zum System, zum großen Plan. Und hatte ich nicht auch geweint, damals, als mein Vater mich zum Fußball trieb?

Ich wartete, beobachtete. Sie agierte ganz herkömmlich, wusch, spülte, so Sachen halt. Indes ich so tat, als beschäftigte ich mich mit irgendwas, mit den Büchern zum Beispiel, einer Bewerbung vielleicht. Und dann gab sie mir einen Kuss und verließ die Wohnung. Ich war allein mit Franz, der sich wie erwartet sehr still verhielt – kein Wunder.

Ich ließ mir Zeit, überlegte die nächsten Züge, trank eine Tasse Kaffee, rauchte eine Zigarette, genüsslich, betont gemächlich, betrat dann sein Zimmer.
- Franz?
- Ja.
Er hockte am Tisch, zusammengekauert. Seine großen Augen betrachteten mich ängstlich, zugleich ergeben. Er vertraute mir, ein wenig. Er vertraute und litt. Ich holte tief Atem, stellte mich neben ihn und blickte aus dem Fenster, die Arme hinter dem Rücken verschränkt. Und so pausierte ich einen Moment, lauschte seinem Atmen, den unterdrückten Luftzügen. Was ich alles mit ihm machen könnte, überlegte ich, was alles möglich wäre, tja, gäbe es diese Frau nicht, gäbe es die ewigen Störungen nicht.

- Franz,
sagte ich langsam,
- Mama kam zu mir.
Erst jetzt drehte ich mich zu ihm hin, blickte ihm in diese Augen, die so waren, wie ich sie mir immer vorgestellt, erträumt hatte – es hatte sich gelohnt, wirklich und wahrhaftig gelohnt! Ich blickte in seine Augen und las dort von Krankheiten, von Neurosen und erahnte auch den frühen Tod.

Schlimm wäre ja ein gesundes oder gar dickes Kind gewesen. Ein so genanntes fröhliches Kind mit roten Bäckchen! Ein Baumbesteiger und Herumkletterer, der dann daheim ein großes Glas Milch möchte! Undenkbar das schallende Gelächter im Haus, die kindliche Freude eines herkömmlichen Kindes! – Stattdessen stachen die dunklen Augen aus dem blassen Gesicht hervor, stattdessen hockte unter dem schmalen Gesicht mit den zartfeinsten Zügen der Kehlkopf, die kränklich eingefallene Brust.

- Ja, Mama war eben bei mir,
wiederholte ich und schritt durch das Zimmer. Natürlich, es war ein Kinderzimmer, dagegen hatte ich nicht angehen können, doch meinem direkten Einfluss war es zu verdanken, dass dieses Kinderzimmer bedrückend, düster und steril wirkte. Als der Mann im Hause hatte ich damals die Möbel ausgesucht, hatte die Lampen verlegen lassen und so intuitiv eine gewisse Stimmung erzeugen können.
- Sie hat mir gesagt, was du ihr erzählt hast.

Er nickte wieder. Sicherlich ängstigte er sich, wahrscheinlich hasste er mich, tief in ihm glomm wohl schon die Verbitterung. Doch er war fünf Jahre alt und ich sein Vater – er musste mir vertrauen, musste mir glauben: Ich war sein Bezugspunkt, ich und niemand sonst. Bald schon, in wenigen Jahren, würde er verstehen, begreifen; doch bis dahin hatte ich noch genügend Zeit, ja, bis zum Hass war noch Zeit, danach würde ich mich opfern. Ja, das Ende meines Plans sah mich als Opfer vor.

Er nickte. Öffnete den Mund, doch ich kam ihm zuvor,
- Deine Mutter,
sagend, eine Kunstpause machend,
- gehört zu den Bösen, das habe ich dir erklärt, oder nicht?
Ich hörte sein Schlucken, sah ihm interessiert beim Öffnen des Mundes zu, welches quälend langsam geschah und für die Hemmungen, für die Angst sprach, was mich naturgemäß mit Stolz erfüllte.
- Aber,
machte er nun und ich hob die Hände, zeigte ihm die Handflächen, er stoppte.
- Habe ich es gesagt?
Er nickte.

Ich hatte ihm vor zwei Jahren zum ersten Mal vom Krieg erzählt, der draußen tobte. Die Welt um ihn herum, hatte ich ihm erklärt, sähe zwar sauber und friedlich aus, doch in Wirklichkeit herrschte ein brutaler, böser und blutiger Krieg.
- Blut?,
hatte er gefragt und ich hatte es ihm erklärt, hatte von den Anderen gesprochen, die ihn hassten:
- Hassen?

Ich hatte mit ihm geweint, damit er verstand, damit er begriff. Danach hatte mein Plan eine neue Stufe erreicht, war nun greifbar geworden, war aus der Theorie in die Praxis überführt worden – die Erziehung hatte eingesetzt, die tagtägliche Schulung, die Schädigung, die Verankerung der unabdingbaren Komplexe.

Es ist unglaublich, wie stark der Wille eines Kindes sein kann, wie heftig die natürlichen Anlagen wüten! Der Hang zur Gesundheit, dieses Streben nach Unschuld, Reinheit, Normalität! Hatte ich früher geglaubt, es wäre leicht, einem Kind Neurosen, Komplexe und psychische Defekte zu verursachen, so belehrte Franz mich vom Gegenteil: Die geistige Gesundheit war einem Kind das kostbarste Gut. Zudem war ein Kind weich, widerstand dem Schmerz, spürte vielleicht den Schmerz, war aber flexibel genug, keine Narben zu behalten: Die leichten Wunden verheilten stets spurlos. Man musste schon brachiale und brutalste Mittel anwenden, musste zu den gröbsten Werkzeugen greifen, um letztlich ein Kind wie Franz als Sohn haben zu können.

- Und warum sprichst du dann mit Mama über diese Sachen? Warum machst du das?
- Ich ...
- Weißt du,
unterbrach ich traurig, schüttelte den Kopf,
- wenn sie dich irgendwann abholen und töten, dann ist das nicht meine Schuld.
Er starrte mich an, in den Augen Tränen.

Ja, wir zwei, Franz und ich, waren durch schlimme und schlimmste Momente gegangen, hatten übelste Dinge tun müssen und hatten eben doch überlebt. Leid schweißt zusammen, gemeinsames Leiden erschafft Bindungen, so stark, so fest. – Er weinte jetzt und auch ich weinte, zeigte ihm meine Tränen, meinen Schmerz, für den er verantwortlich war. Da stand er auf, lief zu mir, fiel mir in die Arme. Ich stieß ihn zurück, heftig, funkelte ihn an,
- Jetzt kommst du!,
sagend.

Keiner kann die Mühen nachvollziehen. Keiner die Schmerzen, die ich aushalten musste, jahrelang, jeden Tag. Ich kenne niemanden, der dies hier auf sich genommen hätte: Ein Kind zerstören zu müssen, ein Leben zu ruinieren. Und als hätte ich all dies freiwillig getan! Dabei musste ja jemand beginnen, musste jemand den Anfang machen in dieser Welt, in der keiner mehr irgendwas macht, geschweige denn, den Anfang. Wir alle sind doch am Ende, das muss uns klar sein! Wir sind erledigt, verbraucht, tot.

Mein Sohn starrte mich an, seine Lippen zitterten, sein Gesicht bleich, die Adern auf der Stirn deutlich hervortretend, die Augen wie Löcher in eine unfassbare Tiefe. In der Küche klackte der Kühlschrank, was uns wieder zur Besinnung brachte,
- Komm her!,
lockte ich und tatsächlich zögerte er, nur kurz, aber immerhin. Dann erst fiel er mir in die Arme.

Eine halbe Stunde später hockte ich am Wohnzimmertisch, rauchend und scheinbar in eine Biographie von Kierkegaard blickend, tatsächlich aber über den Plan sinnierend, natürlich. Dieses Zögern ging mir nicht mehr aus dem Kopf, dieses Zögern ängstigte mich, bewies nämlich den allmählichen Kontrollverlust – oder übertrieb ich? Sah ich Gespenster? Ich wusste es nicht, hatte keine Ahnung, keinerlei Erfahrungen, war allein, konnte ja niemanden fragen, denn immerhin war ich Pionier. Also las ich die Biographie, verfolgte sehr genau die Jugend Kierkegaards, musste vermerken, durchaus entsprechend der Vorgaben gehandelt zu haben, machte mir dennoch Notizen über das, was der Vater dem jungen Sören angetan hatte, was dieser Vater diesem Sohn gesagt hatte.

Sie kam, doch ich schaute nicht auf, überlegte krampfhaft die nächsten Schritte, hatte,
- Hallo,
das unbestimmte,
- Hallo,
Gefühl, die Kontrolle zu verlieren oder verloren zu haben. Wie früher, wenn ein Romanprojekt, enthusiastisch gestartet, zusehends zerbröckelt war, weil ich den Faden verloren hatte. Weil ein Schreiben ja nicht mehr möglich war, jedenfalls für unsere Generation. Was hatte ich damals gelitten! Und nun begann ich abermals zu leiden, begann zu schwitzen, wurde fahrig, nervös, spürte den Kontrollverlust.
- Schön,
sagte da meine Frau und ich riss mich los von der Biographie,
- Was?,
sagend, kreischend eigentlich.
- Egal,
fauchte sie,
- es ist egal.
Dann lief sie hinaus.

Ich blieb sitzen.

Die Frau zu töten, natürlich hatte ich darüber schon nachgedacht. Doch es wäre zu kompliziert, gefährdete den Plan. Und die Frau einzuweihen, nun, dass war sicherlich unmöglich. Sie würde es niemals verstehen, hatte
1. nicht einmal Kafka verstanden, hatte Kafka einmal gar einen armen Idioten genannt. Und damit seinen Charakter gemeint, seinen Hang zum Unbedingten, der Sucht zur Perfektion, der Liebe zur Literatur. Zudem hatte sie
2. mein Schreiben niemals verstanden. Ja, sie hatte stets mit dem Kopf geschüttelt angesichts meiner Qualen, angesichts meiner wütenden Tränen. Und sie hatte nur zu gern meine gescheiterten Projekte in den Papiermüll vor dem Haus geworfen. Und sie hatte
3. kein Gespür für die Nöte unserer Gesellschaft, wollte nicht begreifen, dass wir, jeweils für uns, die schleichende Dekadenz, das Absterben unserer abendländischen Gesellschaft verhindern mussten.

Ich war allein. Allein mit Franz. Und schwitzte – es war der Schweiß des Versagens. Es war auch die Angst angesichts einer Welt, die zunehmend unterging. Mein Versagen war doch nur ein Symbol für das Scheitern unserer Generation insgesamt: Ich war blutleer, war jetzt schon gestorben, war tot geboren worden, in einer Welt ausgesetzt, welche von den Generationen zuvor kahlgefressen worden war – hier stand ich nun, wollte und sollte, konnte aber nicht.

Es nicht mehr ertragend, stand ich auf, lief in der kleinen Wohnung umher. Besah die Fotos, Familienglück, verlogen, ging um einen Kaffee in die Küche und entnahm dem Bücherregal eine Kafka-Biographie, welche neben dem zerfledderten Tagebuch der Anne Frank stand. Dies der einzige Trost. Diese Existenzen, sie gaben ein Leben vor, welches heutzutage unmöglich zu wiederholen war – unmöglich für uns, für unsere Generation, die wir durch Aufklärung, Toleranz, Pädagogik und diesen Mist hindurchgewachsen waren, nun fassungslos den alten Genialitäten gegenüberstanden, hilflos dem weißen Papier ausgesetzt, den Stift bereit, doch unfähig und also ablassend, aufhörend.

Und nun saß ich also, nach all den Schlachten am Schreibtisch, ausgefochten gegen jede Vernunft, jahrelang durchgehalten entgegen besseren Wissens, nun hockte ich also hier, kein Schriftsteller mehr, ein Vater jetzt, der sich in seinem Sohn verwirklichte, der das Beste für seinen Sohn wollte, für sich und seinen Sohn, für alle letztlich. Hockte da, las von Kafkas Vater, den ja alle hassten: Der böse Vater, der den kleinen Franz gequält hatte, der den kleinen Franz zum Beispiel auf den Balkon gesperrt hatte, in der Nacht – und dies nur, weil der kleine Franz um Wasser gebeten hatte. Pervers! Und doch! Was wäre Franz Kafka ohne seinen Vater! Gäbe es die Werke?

Natürlich nicht, dachte ich, sagte:
- Natürlich nicht,
mir bewusst, in diesem Sinn ein wenig überspannt zu sein. Doch was bedeutete das schon: Wahnsinn? Nichts. Es war ein Wort, deutete eine Relativität an, die sich sozusagen stündlich änderte. – Ich stand auf, ging ins Zimmer meines Kindes, schaute auf dieses Kind herab.
- Komm mit,
sage ich dann, immer noch unsicher: Kam das nicht zu früh? Wäre es nicht besser, noch ein wenig zu warten? Vielleicht starb seine Mutter frühzeitig, dann hätte ich freie Bahn. Doch womöglich wäre es dann schon zu spät. Man wusste es nicht – und überhaupt: Weshalb sollte meine Frau früher sterben? Es sprach nichts dafür und also alles dagegen. Immerhin aß sie Salate, ernährte sich also gesund, E-Nummern mied sie, stets beim Einkauf die Liste dabei, die sie aus der Brigitte hatte. Meine Frau, die stinknormale Kuh, würde sicherlich hundert Jahre alt werden!

Und sie würde mich bald verlassen, das spürte ich. Ein Jahr hatte ich vielleicht noch, höchstens. Ich öffnete den Balkon. Es war Februar und kalt, doch er würde ja nicht ewig dort draußen herumstehen müssen – mir ging es nicht um die Qual, mir ging es um den Komplex, um das Leid, welches später Kreativität, Eigenständigkeit und größte Kunst erwirken sollte, und dies auch würde.
- So,
meinte ich ruhig,
- jetzt bleibst du mal hier draußen stehen.
Ich schloss die Tür, mein Atem für kurze Zeit gut sichtbar selbst innerhalb der beheizten Wohnung. Ich blickte ihn an, der mich anblickte – niemals würde ich diesen Blick vergessen, seine Augen, der Glanz, die dunklen Tiefen: Wie dieses berühmte letzte Foto von Kafka.

 

Ja, die formalen Ansprüche in Bezug auf die Dialoge wurden nicht erfüllt. Und: Es gibt Schwächen, was vor Allem den Fluss der Sprache betrifft. Auch den Vorwurf: "schlechtes Deutsch" kann ich nachvollziehen.
Weil die Geschichte in toto ungewöhnlich ist. In Aufmachung, Sprache und Stil. Nicht Jedermanns Geschmack, aber von beeindruckender Aussagekraft. Mag sein, dass mein positives Urteil durch emotionales Einwirken des Textes zustande kam. Na und? Was wiegt mehr?

@häferl:

Zum Beispiel paßt schon die Beziehung zur Mutter nicht, was psychologisch gesehen für die Geschichte ein grober Fehler ist, denn es ist ein Unterschied, ob ein Kind von der Mutter geliebt und sogar verteidigt wird und vom Vater »nur« heimlich mißhandelt wird, wie in deiner Geschichte, oder ob er von der Mutter, die dem Vater ebenso gehorcht, heimlich getröstet wird, also die Gewalt als normal und den Trost als etwas Verbotenes erlebt.
Bitte keine Belehrungen dieser Art! Nicht einmal ausgebildete Psychologen, könnten mMn eine allgemeingültige Einschätzung zu dem Thema abliefern.


Ciao
Antonia

 

Hallo Leute,

grüß Dich Roman,

ich bedaure es sehr, wenn Du, Roman, die Brocken hinwirfst.

Ich bin nach wie vor der Überzeugung, das Form und Inhalt der Geschichte zu einander passen. Zu einigen „Marotten“ wie’s hier genannt wird, ich will sie Eigenheiten nennen, die jedermann an sich haben wird, der nicht dem mainstream anheim fallen will, hat er nicht nur hier, sondern auch unter „Meme“ einiges gesagt und begründet.

Was die Qualität der Sprache betrifft hab ich unter KG.de weitaus miserableres Deutsch erlebt, dass es mich schüttelte, das zudem noch auf wundersame Weise (könnt’s so etwas wie Fan-Clubs geben?) empfohlen wurde.

Ich würd’s begrüßen, überlegte sich’s Roman noch einmal. Man sollte auch ignorieren können, notfalls muss mans lernen. Und das konnte sogar ich …

Manchmal tut ’ne Denkpause ganz gut.

Nix für ungut

friedchen

 

Sorry,

hab mich hinreissen lassen, schlafend eine gewisse Ruhe vermerkt (zuerst vermerken muessend, dann aber akzeptierend) und mir gesagt:
- Mach mal eine Pause, dann siehst du weiter!

Doch Stellung moechte ich ja schon beziehen. Was mir nicht gefaellt, ist diese Art, Kritiken zunehmend auf die Unfaehigkeit des Autors zu lenken. Man sollte schon trennen. Und dann lauscht man meinen Erklaerungsversuchen nicht.

Erstens: Die Form. Habe ich schon angedeutet ... die Erzaehlung bleibt so. Selbst auf die Gefahr hin, im KC zu landen.

Zweitens: Die Wiederholungen von "also", "naemlich" und so weiter. Dies soll eine Scheinlogik erstellen, auf die der Protagonist aufgrund seiner ueberspannten Denkart angewiesen scheint. Die massiven Wiederholungen deuten also die Muehen an, mit denen der Vater sein Programm, seinen Plan!, in sich und gegen die Welt verteidigen muss. Zudem soll es ihn beruhigen und auf den rechten Weg bringen, daher die Haeufungen.

Drittens: Die Verwendung des Partizips. - Die Geschichte steht in der Rubrik Gesellschaft, weil der Protagonist sich aufgrund gesellschaftlicher Zustaende zu diesem Plan genoetigt sieht. So reflektiert er sich zu einem allgemeinen Fall hinauf und entschuldigt sich so. Das Partizip soll die Distanz vermitteln, die der Protagonist nun also immer wieder zu installieren sucht.

Viertens: Tippfehler geschehen.

Allgemein: Insgesamt schreibe ich seit zehn Jahren, sitze an dem Stoff "Meme" und "Kafkas Vater" seit etwa einem Jahr (mit Unterbrechungen aufgrund von Nahrungsaufnahmen und so weiter, klar), habe immer wieder Zugaenge gesucht - und schliesslich gefunden. Womit ich sagen moechte, dass die sprachlichen Mittel durchaus ueberlegt eingesetzt sind. Tatsaechlich habe ich weniger mit dem Inhalt gekaempft, sondern mit der Sprache, die eben keinesfalls angenehm sein sollte, auch nicht dem herkoemmlichen Muster entsprechen durfte. Ob mir das gelungen ist, tja, wage ich zu bezweifeln, doch meine Muehen einfach als Faulheit zu titulieren, scheint mir dann doch zu einfach.

Dies ist keine schoene Geschichte, weder inhaltlich noch sprachlich. Soll es auch nicht sein. Und es ist auch keine Geschichte, die erklaert, heutige Kinder seien gluecklich (wie Haeferl vermerkt) - das denkt der Protagonist und bezieht sich auf die Aufklaerung, auf die Paedagogik. Das mag man verdammen, doch bitte nicht dem Autor als Fehler vorwerfen.

George nun moechte mir und uns allen beweisen, dass meine Geschichte ein Paradebeispiel fuer einen ungenuegenden Gebrauch der sprachlichen Mittel darstellt. Sieht aber aufgrund meines Charakters keinerlei Motivation, verweist auf Haeferl, die mir Faulheit vorwirft. Ueberhaupt scheint mein Charakter hassenswert zu sein, was ich verstuende, haette ich siebenhundert Kommentare abgegeben, waere also eingeschaetzt und bekannt. Dem ist aber nicht so - und natuerlich ueberarbeite ich nach Kritiken meine Geschichten, das ist doch selbstverstaendlich. Doch sollte es erlaubt sein, auf Kritik auch verteidigend zu reagieren. Ueber den Ton meiner Kommentare kann man streiten - doch im Grunde sollte die Geschichte im Vordergrund stehen.

Ich empfinde diese Polaritaet ja auch als feine Sache. Und muss mich an Kritik noch gewoehnen - eine gewisse Eingewoehungszeit sei uns Neuen doch bitte vergoennt. Ich moechte eben nicht ignorieren, sondern auf Kritik eingehen.

Und zuletzt: Es ist ja nur eine Geschichte, nicht die Welt.

Beste Gruesse
Roman

 

Antonia schrieb:
Bitte keine Belehrungen dieser Art! Nicht einmal ausgebildete Psychologen, könnten mMn eine allgemeingültige Einschätzung zu dem Thema abliefern.
Das war keine Belehrung, sondern meine Meinung dazu, wie jedes Posting jedes Users dessen Meinung ausdrückt, und ich hab sie aufgeschrieben, um mein Urteil über die Geschichte zu begründen. Es ist auch keine Einschätzung, sondern eine von Psychologen nachgewiesene Tatsache, daß genau solche Dinge (ob beide Eltern dahinterstehen und es als normal erlebt wird, oder ob es die Ausnahme ist, wenn der andere nicht da ist) einen Unterschied machen. Und so ganz für unkompetent erklären lasse ich mich auch nicht, immerhin beschäftige ich mich seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten speziell mit dem Thema.

sim schrieb:
Ich stehe natürlich zu meiner Empfehlung. Ich finde die Geschichte nach wie vor sehr gelungen.
Ich hab auch nirgends gesagt, daß Du Deine Meinung ändern mußt. Aber eine Empfehlung ist doch ein sehr starkes Fürsprechen, und warum sollte ich dann die Gegenmeinung nicht in einer annähernd entsprechenden Stärke ausführen dürfen - gleichwertig geht ja sowieso nicht, denn einen Anti-Empfehlungsthread gibt es nicht (hätte auch keinen Sinn).

Roman schrieb:
Dann wird mir erklaert, es, also der Balkon, bedeute Pawlatsche - und wenig spaeter ist dies nur ein Hinweis gewesen. Nur so, sozusagen. Weshalb? Weil Haeferl es weiss? Schoen.
Die Aussage des Satzes war nicht die Erklärung für Pawlatsche. Lies ihn einfach noch einmal und laß die Klammer weg, die ist nur da, weil ich den Balkon (in meinem Satz) nicht so stehenlassen wollte (genausowenig wie du plötzlich einen österreichischen Begriff verwenden willst).

Und es wäre halt schön, wenn du dir doch noch ein paar Gedanken über meine Kritik machst, statt auf dem einen, nebensächlich erwähnten Wort herumzureiten. Was spricht denn z. B. dagegen, die Rolle der Mutter ähnlich der von Kafkas Mutter zu gestalten? Wenn er so sein will, wie Kafkas Vater, warum hat er sich dann nicht eine Frau gesucht, die für die Rolle paßt?

Roman schrieb:
Ohne dass Kritiker das Gespraech mit mir abbrechen und sich einer Einigung rigoros verweigern.
Wenn der Autor das Gespräch abbricht, ist das besser?
Es steht auch nirgends, daß sich Autor und Kritiker einig werden müssen. Was ich mir als Kritiker aber erwarte, ist, daß du zumindest einmal drüber nachdenkst. Schließlich hast du ja durch das Posten auch um Kritik gebeten und ich hab mir die Mühe gemacht, dir meine Meinung zu sagen und zu begründen.

Liebe Grüße,
Susi

 

Hi,

der Protagonist kann sich schlecht eine geeignete Frau heraussuchen. Gibt es die? Jedenfalls muesste er sehr viel Glueck haben ... und das waere dann doch zu unrealistisch. Die Rolle der Frau insgesamt ist natuerlich im Grunde eine Leerstelle. Doch um sie auszubauen, muesste ich die Perspektive aendern. Besser finde ich es, die Deutung dem Leser zu ueberlassen: Eine Geschichte sollte doch immer gewisse Leerstellen zur Deutung haben.

Liebe Susi, ich bedanke mich fuer deine Kritik. Das meine ich so.

Einen schoenen Tag!
Roman

 

Hallo Roman,

schön, dass du noch nicht aufgibst und bleiben möchtest.

Zur Geschichte ist schon viel gesagt worden, daher fasse ich mich kurz. Vielleicht ist es aber gerade bei einer so polarisierenden Geschichte gut, möglichst viele Meinungen zu bekommen.

Zur Form: Ja, mich hat es beim Lesen auch gestört, dass zum Beispiel die wörtliche Rede so extrem ungewöhnlich (und im Grunde keiner Regel entsprechend) eingebettet ist. Ich denke, es unterstützt auch nicht den Inhalt. Ohne den Vergleich zu haben wage ich zu behaupten, dass der Inhalt sogar noch intensiver wirken könnte, wenn man nicht von der ungewohnten Form abgelenkt und im Lesen "behindert" würde.

Die Wiederholungen einiger Füllwörter, die zudem relativierend wirken (Beispiel: "also") hingegen stützen die Geschichte mMn, da sie zur Charakterisierung beitragen - und dort auch wirklich unterstützend wirken. Was wir sonst vom Prot erfahren, passt dazu, sich so unbestimmt zu äußern. So hat er zum Beispiel auch über einen Mord an seiner Frau nachgedacht, sich aber dagegen entschieden, weil das kompliziert wäre, Unbequemlichkeiten nach sich ziehen würde, ... Sein Ziel verfolgt er zwar fanatisch und bis zu einem gewissen Grad sehr zielstrebig, aber auf der anderen Seite fürchtet er auch Konflikte, tut alles heimlich, im Verborgenen. So zielgerichtet manches erscheint, so ist die Person doch zu einem guten Teil zerrissen und unsicher. Für ihn ist das, was er tut, das Richtige, aber auf der anderen Seite ist ihm auch sehr wohl klar, dass es gesellschaftlich geächtet ist und Sanktionen nach sich zieht. Und er scheint sich immer wieder selbst versichern zu müssen, dass sein Ziel die Mittel rechtfertigt. Eine permanente enorme innere Spannung herrscht in diesem Prot.

Nichtsdestotrotz kann man sicher noch einmal glattbügeln. Einige Anmerkungen von Häferl sehe ich ähnlich, zum Beispiel:

Häferl schrieb:
Meine Frage ja auch,
- Wer?,
hatte ich eben noch gefragt
Findest du das ein lesenswertes Deutsch?
Im Grunde hängen aber alle mit der wörtlichen Rede zusammen und wie sie in den Text eingebettet wird (formal, aber zum Teil auch sprachlich). Da ich das eh ändern würde ... ;)

Was die ganz große Stärke der Geschichte ist, ist der Inhalt. Und der Aufbau. Und die Perspektive. Das sitzt, passt und ist auch aus meiner Sicht beeindruckend. Da würde ich auch nichts dran ändern. Die Frau muss nicht weiter charakterisiert werden - oder zu einem ganz anderen Wesen werden. So passt es für diese Geschichte. Der Vater will Kafkas Vater nacheifern, er ist aber nicht Kafkas Vater, hat somit auch nicht in allen Belangen die gleichen Voraussetzungen und natürlich auch nicht eine Frau, die exakt so tickt wie die von Kafkas Vater. Hinzu kommt: Es ist davon auszugehen, dass der Prot zunächst selbst versuchte, erfolgreich zu sein bzw. zu werden. Nach vielen, vielen Enttäuschungen macht sich immer mehr die Verbitterung in ihm breit. Ich glaube kaum, dass er schon als Jugendlicher oder junger Erwachsener diesen Plan in sich trug. Das ist gewachsen und hat bis zu dieser Intensität sicher eine lange Zeit gedauert. Seine Frau dürfte er schon früher kennengelernt haben.

Die Geschichte funktioniert so gut aufgrund ihrer Perspektive. So kann sich die schockierende Wahrheit schleichend heranpirschen und schließlich in ihrer ganzen Intensität wirken. Aus der Perspektive resultiert auch, dass die Charakterisierungen der anderen Personen ausschließlich durch ihr Verhalten gegenüber dem Prot und aus seiner Sicht über diese Figuren erfolgen kann. Was das Kind tatsächlich über die Mutter denkt oder wie deren Beziehung untereinander aussieht, kann in dieser Geschichte kein Bestandteil sein. Sonst müsste man die Perspektive wechseln.

Soweit meine Gedanken hierzu.

Fazit: Ich plädiere für eine klassische Formatierung und für ein sprachliches Glattbügeln einiger Stellen. Ansonsten (Plot, Struktur, Perspektive) eine beeindruckende Geschichte, die ich gerne gelesen habe.


P.S.: Sagte ich eingangs, ich würde mich kurz fassen? :Pfeif:

 

George nun moechte mir und uns allen beweisen, dass meine Geschichte ein Paradebeispiel fuer einen ungenuegenden Gebrauch der sprachlichen Mittel darstellt. Sieht aber aufgrund meines Charakters keinerlei Motivation, verweist auf Haeferl, die mir Faulheit vorwirft. Ueberhaupt scheint mein Charakter hassenswert zu sein, was ich verstuende, haette ich siebenhundert Kommentare abgegeben, waere also eingeschaetzt und bekannt. Dem ist aber nicht so - und natuerlich ueberarbeite ich nach Kritiken meine Geschichten, das ist doch selbstverstaendlich. Doch sollte es erlaubt sein, auf Kritik auch verteidigend zu reagieren. Ueber den Ton meiner Kommentare kann man streiten - doch im Grunde sollte die Geschichte im Vordergrund stehen.
Ich habe versucht, die Geschichte im Vordergrund zu lassen. An keiner Stelle meines Kommentars bin ich auf deinen Charakter eingegangen - wieso auch, ich kenne dich doch gar nicht. Statt dessen musste ich mir von dir Dummheit vorwerfen lassen und jetzt auch noch, dass ich deinen Charakter hassenswert empfände. Woher du dies ableitest, wird wohl dein Geheimnis bleiben. Auch die Unterstellung, ich würde aufgrund deines Charakters keinerlei Motivation (für was eigentlich?) sehen, entbehrt jeder Grundlage.

Mir scheint, du möchtest dich nicht auf eine Diskussion zu Form und Inhalt der Geschichte einlassen

Roman schrieb:
Die Form. Habe ich schon angedeutet ... die Erzaehlung bleibt so. Selbst auf die Gefahr hin, im KC zu landen.
Damit erübrigt sich, zumindest für mich, jeder weitere Kommentar zur Geschichte.

Ich wünsche dir dennoch weiterhin viel Spaß auf KG

Gruß
George

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Roman!

Als Anhängerin der klassischen Erzählweise hat mir deine Geschichte leider nicht gefallen. Das Thema wohl, die Sprache fand ich stellenweise furchtbar.

Trotzdem einen lieben Gruß,
Manuela :)

 
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Hallo Roman,

ich weiß nicht, was die Meisten an der wörtlichen Rede störend empfinden, denn; ich hab das so schon in Büchern (!) gelesen, das ist auf jeden Fall keine Erfindung von Roman. ;) Ich weiß leider nicht mehr, wie die Autoren hießen (mir fällt nur noch Arno Geiger ein, der macht das so, zumindest in seinem Roman "Es geht uns gut") bzw. die Bücher, aber bei Gelegenheit werde ich mal nachschauen und sie raussuchen.

Die Geschichte ist sehr bedrückend und eigentümlich (nicht nur was die Sprachwahl betrifft - hier klammere ich aber die wörtliche Rede aus, weil wie gesagt; mir ist diese Art nicht unbekannt). Die Thematik, die aufgegriffen und dargestellt wird, gibt die Bedrücktheit des Textes förmlich vor.
Insofern hat mir die Geschichte auf jeden Fall ganz gut gefallen.

Stellenweise finde ich, daß die Story zu ausführlich ist, zuviel erklärt wird, da könnte man noch Kürzungen vornehmen.

Zum Stil kann ich nur sagen; es gibt Autoren, die kennzeichnen wörtliche Rede wie Roman, es gibt welche, die kennzeichnen sie gar nicht (Walser und Co) und es gibt welche, die benützen die klassischen Anführungszeichen. Mir ist das piepegal. ;)
Lediglich das "Neue", was Roman macht, ist seine Art, wie er die wörtliche Rede in einen Text einbettet. Aber dazu kann ich nur sagen: Warum sollte man nicht mal von der konservativen Schreibart abweichen und Neues ausprobieren?

Liebe Grüße
stephy

 
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Hallo Roman,

Sprache ist weit mehr als nur Kommunikation. Sie unterliegt Konventionen und auch wenn der sprachliche Einstieg abschreckt, offenbaren die sich wiederholenden Satzkonstruktionen einen Inhalt, der ebenso verstörend wie der Satzbau ist.

Mir hat die Geschichte gefallen, weil die Perspektive des Protagonisten an seinen Wahn teilhaben lässt und weil der Leser aus dieser Perspektive heraus mit beobachten kann, dass die Außenwelt ihm gegenüber nicht machtlos ist, so sehr er sich es auch einreden mag.
Diese Aussage versickert ein wenig und die Geschichte hätte gewonnen, wenn der Antiheld entlarvt worden wäre. z.B. die Mutter erwischt ihren Mann, als der Junge frierend draußen auf dem Balkon steht. Die Mutter mag in der Wahrnehmung des Antihelden durchaus hilflos auf ihren Mann reagieren, doch die Realität sollte ihn in letzter Konsequenz einholen, damit die Geschichte glaubwürdiger wird.

Lieben Gruß
Goldene Dame

 

Hallo roman,

tja, die Geschmäcker sind verschieden. Was manche für empfehlenswert halten, ist für andere nicht nachvollziehbar.

Eigentlich wollte ich mich ja nicht über die von dir gewählte Form äußern, weil innovative Schreibweisen doch in der Regel ganz amüsant sind und ich mich auch mal gerne in die Welt eines Autors einarbeite.

- Gott wird ihn bestrafen. Er wird früh sterben. So Sachen.
Ich zögerte nur einen Augenblick, eigentlich schon,
- Er kam also zu dir und sagte: ‚Gott wird mich bestrafen’,
redend.
- So ungefähr,
meinte sie und griff zu den Zigaretten.

Aber dennoch schüttet mir der 1. Absatz schon irgendwie das Kraut aus. Hier mischt sich wörtliche Rede mit unvollständigen Begleitsätzen und die Zuordnung, wer was gesagt oder gedacht hat erfordert teilweise Abzählen der Zeilen.

Was den Inhalt betrifft, so findet sich der Kern der Geschichte in folgendem Zitat:

Bin ich mit meiner Frau zusammen, tja, dann bin ich der Liebende. Ist meine Frau aber fort, bin ich eben der Fremdgeher, Puffgänger oder Kinderzerstörer – diese Spannung halte ich aus, diese Widersprüche, da ich weiß, dass der Mensch eben so ist.

Besser könnte man die Widersprüchlichkeit deines Ekel-Prot. nicht beschreiben. Er legt hier selbst dar, dass man ihn und sein Handeln nicht von außen verstehen kann. Du hast die Figur mit Merkmalen ausgestattet, die nicht zusamen passen, da du ein intelligenter Schreiber bist sicherlich auch nicht zusammen passen sollen.

Die ganze Widerlichkeit kommt vorwiegend in der Form einer gedehnten Selbstreflexion hervorgequollen. Die vielversprechende Dialogpassage am Anfang gerät zunehmend in den Hintergrund und übrig bleibt nur sich selbst verbreitendes Ekel.

Dass man sich mit der Figur alles andere als identifiziert, kommt für meinen Geschmack nicht von seinem Sadismus sondern der schwer nachvollziehbaren Widersprüchlichkeit.

Die eigentlich Aussage, die über die Fiesheit hinaus geht, oder den Geist Kierkegaards erfassen würde fehlt mir leider. Vielleicht bin ich aber einfach nur zu doof dafür,

Liebe Grüße,

AE

 

Hallo,

vielen Dank fuer die Kommentierungen und Anmerkungen. Tatsaechlich mache auch ICH mir nun Gedanken ueber die Form - doch das muss noch reifen. Das Voting jedenfalls steht gegen mich ...

Ich bin auch froh, dass die Missverstaendnisse sich halbwegs geklaert haben. Und viele sehr einfuehlende Kommentare dabei sind. Es freut mich, dass sich einige Menschen so intensiv mit der Geschichte beschaeftigt haben.

Und, AlterEgo, Kierkegaard. Der Protagonist versteht (da bin ich mir sicher) nichts von der Philosophie, es geht allein um die Erziehung: Auch Kierkegaard war frueh traumatisiert, dachte beispielsweise, er stuerbe im Alter von 33 Jahren und so weiter. Der Zorn Gottes. Und alles wegen des Vaters, der mal als Kind auf einem Huegel Gott verflucht hatte und sich und seine Familie nun als verflucht ansah. - Kafka hat Kierkegaard als Seelenverwandten erkannt, sicherlich auch aufgrund dieser familiaeren Erschuetterungen. Kierkegaard nun konnte nicht heiraten - und schickte seine Verlobte in die Wueste. Und schrieb um dieses Erlebnis eine Philosophie, komplett.

Aber gut. Ich moechte nun nicht abschweifen.

Danke nochmals. Die angebrachte Kritik werde ich dann bearbeiten, wenn ich mich wieder in der Lage dazu sehe.

Beste Gruesse
Roman

 

Hallo Roman

Was wäre Kafka ohne seinen Vater?

Was wären wir alle ohne unseren Vater. Die Antwort ist eher biologisch als soziologisch. ;)

Erst dachte ich, du willst in der Tat versuchen, Kafkas Vater darzustellen, aber es ist interessanter geworden, und durchaus gelungen.

Die Familienpsychologie allein macht hier ja das Thema nicht aus, erst der Bezug und Kontext zu der literarischen Größe kafka macht den Text so gut.

Ach, ich rede wie ein Student (hab auch ein Kafka Seminar)

will sagen: geile Geschichte und zu kritisieren hab ich nichts. Man könnte noch forschen, inwieweit dein Prot der Figur Kafkas Vater ähnelt. Wäre auch interessant, Parallelen zu finden und eben nicht, eben eine Modernisierung.

lieben Gruß

 

Salü Roman,

ich möchte nur kurz anmerken:
Schön, dass Du im Forum bist und bleibst!

Herzlich,
Gisanne

 

Tag,

und vielen Dank, Gisanne. Ich muss mich eben dran gewoehnen, kann mit Kritik wohl noch nicht so recht ... aber wer kann das schon. Und nochmals Lob fuer Carlo ... schoener Text.

Und Aris: Freut mich. - Ich denke, der Protagonist hat nichts mit Kafkas Vater gemein. Dies wuerde ja unterstellen, dass Kafkas Vater sich der literarischen Bedeutung seines Sohnes bewusst war. Doch wir wissen, dass er sich einen feuchten Dreck fuer die Texte interessierte. Andererseits aergert mich schon dieses klischeehafte Urteil, mit welchem in der Welt der Vater verurteilt wurde. Der Sohn, also der Franz, war ja nun auch nicht gerade einfach zu nennen ... aber das fuehrt mal wieder zu weit. Idee waere, einen Text zu schreiben, der Kafkas Vater ein wenig rehabilitiert ... mache ich vielleicht, mal sehen.

So, habe nun sinniert und werde in den naechsten Tagen (oder Wochen!) eine Alternativfassung des Textes erstellen - mit gewoehnlichen Mitteln. Und dann werden wir ja sehen ...

Gruesse
Roman

 

Hallo Roman

Der Vater konnte mit Sicherheit nicht wissen, zu welcher literarischen Größe sein Sohn posthum heranwachsen würde. Der Konflikt der beiden bestand ja auch nicht nur aus der Ignoranz des Vaters zu den Texten seines Sohnes, sondern heftiger um die Auslegung der Thora und das Leben im Judentum. Laut kafka hat sein Vater dem Judentum entsagt, dieser wirft seinem Sohn eine falsche Auslegung der Thora vor und blabla waren die beiden eben nicht die besten Freunde in vielerlei Beziehung.
Interessant wäre es schon, den immer als den bösen dargestellten Vater zu rehabilitieren. Er kann sich ja nicht wehren, hat uns keine Schriften hinterlassen.

lieben Gruß

 

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