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Kammerspiel

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13.03.2004
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Kammerspiel

Vielleicht wäre es besser, wenn ich nicht dort anfange, wo der Ansatz meiner Geschichte ursprünglich beheimatet sein wollte, wenngleich es mir schwerfällt, einzugestehen, dass alle jenen Tag bildenden Situationen von
großer Hetze bestimmt waren. Es fällt mir um so schwerer, dem noch unahnenden Leser abnötigen zu wollen, die Vorbeschreibung zu jenem Erlebnis, welches meiner Feder Anlass zur Notiz gibt, mit Nüchternheit als eine einfache Spazierfahrt auf dem Fahrrad zu schildern, wobei doch gerade diese Angewohnheit, welche ich jeden Sonntag auf meinem Land unweit der Woodmountains unternahm, den Grund meiner schlaflosen Nächte einleitete :
Von körperlichem Bau bin ich durchaus von Kondition, das Alter streichelt mir zwar schon mit grauer Hand über das Haar, aber die frische Luft hier draußen hat mich nicht nur einmal gesehen, und ich würde sogar sagen, die Beschaffenheit meiner Ausdauer ist besser als die so mancher im Alter zu mir jünger im Unterschied stehender Artgenossen. Freilich bedeute diese Anmerkung keine Selbstlöbnis, ihr wissenschaftlicher Hintergrund will sich bald in den Wendungen, zu denen ich hier bemüht bin, skizzieren. Doch vorab noch:Niemals war mir der Dank für eingewohnte Strecken, wie ich sie mit Wegen, Pfaden und auch Straßen in mir durch meine zahlreichen, meist sonntäglichen Radtouren entlang des Vorgebirges eingeprägt hatte größer wie eben zu jenem Zeitpunkt, da mir mein Augenlicht den Vorschlag machte, dort auf der Straße, die meinem alten Rad durch ihr Gefälle Schwung schenkte, ein großes, dunkelbraunes buschiges Objekt als Bären zu erkennen. Ich lehnte dieses gerne ab. Heiß verzogen sich die feinen Drahtkabel meiner maroden Handbremsen und kalter Haut stolperte ich auf klotzigen Schusohlen bis zum Stillstand und wartete so zwei Sekunden. Hierauf folgte mein Entschluss zur Flucht. Ein brennendes Verlangen, dem ich auch nichts entgegenstellen wollte. Um hier vielleicht nachträglich einzufügen: Alles je Erlebte, eingeschlossen die in Stiller Einvernehmlichkeit schlecht beurteilten Gegebenheiten, die das Leben leider so mit sich bringt, machten mir in plötzlicher Umkehrung ihres Wesens Lust, stellten sich mit auf die Seite eines Willens, der auf das ausdrücklichste das Leben in mir beführwortete. Und um nichts weniger war ich dazu angetan, diesen Ort der Begegnung mit reichlicher Distanz zu füttern.
Das Tier pendelte seinen Kopf jetzt hin und her und besah mich.
Das reichte mir und schnaufend stieg ich auf die Pedalen.
Weil es aber so kein schnelleres Fortkommen gab den Berg hinauf wie durch einen Lauf etwa, ließ ich mein Drahtgestell fallen und joggte los. Welch gräßlicher Klang doch das Scheuern von Krallen über Straßenasphalt war, umsovielmehr, als das sie in direktem Zusammenhang mit meiner eigenen Bewegung, die der Flucht standen. Ich kam den Berg einfach nicht hinauf, als wäre er eine Schwellung, eine zähe, die Beine vierfach ermüdende Erhebung,
während die Kraft hinter mir immer näher stieß, dieses Raubtier, das seine Zähne und Krallen in mich schlagen, mich umherwirbeln und bei lebendigem Leibe kopfgroße Fleischstücke herausreißen würde, während ich schrie und ein geplantes Abendkonzert vor dem Radio sich dann in Blut und Dunkelheit auflösen würde. Das wollte ich nicht. Ich wollte das Konzert mitbekommen, hatte ich doch den ganzen Sonntag mich darauf gefreut! Und dieses Tier wollte mir das vereiteln?! Und jetzt lief ich wie kein zweiter. Der Bach sah mich mit einem Sprung über sich hinweg, dass Vögel, aufgeschreckt, schon hoch über den Uferböschungen, mir noch unter der Stirn lagen. Es war, als stieß mir der Wind in den Rücken und wehte mich mit großen Zügen voran. Wege und Strecken, vormals alle mit dem Rad gefahren, geleiteten mich in kürzester Verbindung zu meiner Festung, einem soliden Fachwerkhaus zurande des beschaulichen Dorfes, das ich heute immer noch meine Heimat nenne.
Was geschah weiter? Ich entkam dem Tier wie ein Kranker rennend, wie ein Irrer, dem der wahrhaftige Teufel hinterher gewesen. Und wie bereits oben angemerkt, tat die besondere Kondition, die den frischluftigen anstrengenden, landschaftlichen Erhebungen rings um meines Domizel Dank schuldig ist, nicht wenig dazu bei. Ich weiß heute, da ich im Schlaf oft in Alpträume hinabgleite, immer noch nicht, ob es hier mit Zuffall sein Wesen trieb, dass jenes Kammerspiel, das mich am Abend tatsächlich lebend vor dem Radio erwartete, als `Der Tanz des`Bären benannt wurde.

 

Hallo Friedrich!

So leid es mir tut, aber ich kann deiner Geschichte absolut nichts positives abgewinnen. Allein schon der Anfang, der den Leser reizen soll, ihn neugierig machen soll. Aber hier wollte ich eher schreien: "jetzt red nicht lang um den Brei rum, sondern komm endlich zur Sache!".

Ich muss gestehen, ich bin absolut kein Fan dieser "schwülstigen" Sprache, die anscheinend eine Hommage an Lovecraft darstellen soll. Wenn darin allerdings eine gute Geschichte verpackt ist, geht das in Ordnung, aber was erzählst du uns? Ein Mann wird von einem Bären verfolgt, kann ihm entkommen und hört Radio. Klingt für mich nicht gerade spannend.

Wenn schon altertümliche Sprache, dann muss die Geschichte (für mich jedenfalls) so spannend sein, daß ich darin versinke, mich an die Sprache gewöhne und sie als der Geschichte angemessen empfinde.

Für einen kurzen Augenblick (als dein Prot. den Berg hinaufläuft) will ich sogar wissen, wie es weitergeht, es wird tatsächlich ein bisschen spannend, verpufft dann aber sofort, weil absolut nichts aufregendes passiert. Und das der Prot. in seiner Todesangst an nichts anderes als sein Konzert im Radio denkt ... naja.

Tut mir leid, aber mir hat's nicht gefallen.

Trotzdem viele Grüße
Mike

 

Hallo Mike,

die Geschichte hat trotzdem ihren Platz für mich, ich behaupte ja nicht, dass sie gut sei, aber einen Stil zeigt sie schon deutlich, oder wenigstens den Drang danach. Ja gut, mir fiel kein besserer Plot ein. Was heißt, mir fiel kein besserer ein, er zielt auf die Ironie ab (der Überlebenswille reduziert sich nur auf das Kammerspiel). Der Bär ist das Symbol für Kraft. Der Schauplatz gibt Raum für Interpretationen. Ich habe Angst vor meiner eigenen Kraft! Ich kann nicht mit ihr umgehen, flüchte vor mir selbst in die Angst usw. Ich habe mir das, was du bemerkt hast, angesehen und werde mir meinen Teil daraus ziehen. Ob und was, das werde ich sowieso nicht sagen können, das entscheidet der Autor auch immer für sich selbst.

Insofern Dankeschön für Deine Mitteilung.
Vielen Dank.

Friedrich

 

die Geschichte hat trotzdem ihren Platz für mich

so soll, nein so muss es auch sein!

Der Bär ist das Symbol für Kraft. Der Schauplatz gibt Raum für Interpretationen. Ich habe Angst vor meiner eigenen Kraft! Ich kann nicht mit ihr umgehen, flüchte vor mir selbst in die Angst usw.

Hm, von der Seite habe ich es nicht betrachtet. Ich kann dir aber auch sagen warum: hier in der Horror-Rubrik sucht man nach Grusel und Spannung. Man erwartet von einer Geschichte, daß sie einen erschreckt oder einen so mitreisst, daß man mit dem Prot. mitfiebert. Insofern würde ich sagen, daß du vorhattest, eine Geschichte zu schreiben, die eher in Philosophisches oder Seltsam passen würde. Denn du charakterisierst deinen Prot. nicht. Okay, wir wissen das er für sein Alter recht fit ist und das er gern Radio hört. Aber einen tieferen Sinn habe ich eigentlich nicht gesucht (und auch nicht gefunden), weil du nur die kurze Szene beschreibst, in der er den Bär entdeckt und flüchtet.

Ich müsste den Prot. und seine Lebensumstände schon besser kennen, damit ich mit ihm fühlen könnte. Du verstehst sicher was ich meine.

Gruß
Mike

 

Ja, das tu ich. Ich werde die Geschichte in die entsprechende Rubrik versetzen.

Gruß

Friedrich

 

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