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Katharsis

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25.07.2003
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Katharsis

Ich betrete den Raum. Keine Fenster - nur eine Tür. Er sitzt am Tisch. Arme und Beine in Handschellen gelegt. Die Hände vor sich gefaltet, als würde er in dieser Sekunde beten. Doch sein immerwährendes lächeln, mit dem er meine Anwesenheit seit jeher kommentierte, belehrt mich eines besseren. Er weiss, was in mir vorgeht. Er weiss, welcher Kampf in mir tobte. Er kennt meine Gedanken ,meine Gefühle - meine Emotionen. Dennoch ist er sich seines Sieges sicher. Mein Gesicht ist von den schlaflosen Nächten gezeichnet. Ich fühle nur noch leere. Und ich weiss, dass ich jetzt hinaustreten werde und das einzige verraten werde, was mir im Leben wichtig war. Die Wahrheit.

-„Der grosse Tag scheint gekommen.“

Mit diesen Worten zwinkert er mir zu. Kurzer Hass steigt in mir auf. Doch ich bin Anwalt, kein Menschenrechtler. Es ist mein Job. Diese Worte beruhigen mich immer wieder. Man sollte nicht allzu viel über diese Welt nachdenken.

-„Ja, es scheint so. Wie fühlen sie sich?“

-„Sehr gut. Was kann mir mit einem Anwalt wie ihnen schon passieren? Und bisher ist doch alles glatt gelaufen. Sie werden mich, dank Ihnen, für unzurechnungsfähig befinden. Ich weiss, dass es einen Aufschrei in der Bevölkerung hervorrufen wird, doch in ein paar Jahren, wenn ich wieder rauskomme, werden sie mich vergessen haben. Die Kleine zwar nicht und auch die Tat nicht. Aber mein Gesicht. Das ist doch das schöne an dieser Gesellschaft. Was einmal weggesperrt ist, ist aus ihren Köpfen verbannt und kommt nie wieder. Es ist so einfach. Alles so einfach strukturiert.“ -versöhnliches lächeln-

-„Wie es aussieht werden sie wirklich damit rechnen können, dass sie für unzurechnungsfähig erklärt werden. Ich habe noch einmal mit dem Psychologen gesprochen. Er wird es bestätigen.“

-„Klingt doch nach guten Chancen.“

Wieder dieses zwinkern.

-„Ja, danach klingt es wirklich...“

Ich sehe die apathische Mutter wieder vor mir, wie ich sie das erste mal in der Polizeistation sah. Mit ihren von Tränen aufgedunsenen und geröteten Augen. Ich spüre, wie sie kraftlos mit ihren Fäusten auf meinen Oberkörper pocht und mich fragend ansieht. Ich sehe das Foto, das sie mir vor die Augen hielt. Das kleine Mädchen, das mich anlächelt.

-„Ich habe etwas für sie.“

Ich blicke fragend zu ihm auf.

-„Ja, sie haben richtig gehört. Ich habe etwas für sie.“

-„Und was bitte sollte das sein?“

-„Ich habe die Antwort auf ihre Frage.“

-„Auf welche Frage?“

-„Auf die Frage, die sie mir damals in der JVA stellten. Was einen Menschen dazu treibt. Doch um diese Frage zu beantworten, müssen sie erst die Tat verstehen.“

-„Ich dachte, sie könnten sich an nichtsmehr erinnern?“

-„Das tat ich nicht, als die Beamten mich fragten. Doch sie haben mich nie gefragt. Ich weiss jedoch auch warum sie es nie taten. Sie wussten genau, dass sie die Wahrheit nicht ertragen würden.“

Ich blicke ihn nur an.

-„Ich nahm sie mit in meine Wohnung. Sie fragte noch, wo ihre Mami denn jetzt sei. Ich werde dieses Gesicht nie vergessen. Wie sie mich mit ihren himmelblauen, unschuldigen Augen anblickt. Ich sagte ihr, dass ihre Mami gleich kommen werde. Wir setzten uns auf die Couch. Ich legte den Arm um sie und fragte sie, ob sie sich schon einmal geschminkt habe. Sie sagte, ihre Mami hätte sie zu Fastnacht einmal wie eine Prinzessin geschminkt. Sie wirkte wirklich stolz. Einfach süss. Ich holte aus dem Badezimmer den Schminkkasten meiner Ex-Frau. Sie wollte wieder wie eine Prinzessin geschminkt werden - ich habe ihr den Wunsch erfüllt. Da sass sie - meine kleine Prinzessin. Ich fragte, ob sie Hunger habe, doch sie hatte in der Schule schon gegessen. Ich setzte sie auf meinen Schoss, betrachtete sie. Dann zog ich ihr langsam ihren Mickey-Mouse-Pulli aus. Sie fragte noch ganz unwissend, was ich da mache. Ich sagte ihr, dass ich sie jetzt zu einer Prinzessin machen würde. Zu meiner kleinen Prinzessin. Dann ging alles ganz schnell. Ich warf sie auf den Boden, riss ihr die Kleider, von dem kleinen, unschuldigen Körper. Sie fing an zu weinen und winselte nach ihrer Mami während ich mir die Hose auszog. Dann legte ich mich auf sie. Es dauerte nicht lange, da konnte ich das warme Blut an meinem Glied spüren. Sir fing fürchterlich zu schreien an. Ich habe ihr den Mund zugehalten. Doch sie schrie so laut, dass ich mich gezwungen sah, dem ein Ende zu bereiten. Verstehen sie mich nicht falsch. Normalerweise mache ich das erst hinterher. Ich nahm ein Küchenmesser vom Wohnzimmertisch und verzierte ihren samtweichen Hals mit einem roten Band. Sie hörte auf zu schreien. Ihre Augen wanderten zur Decke. Dort blieben sie stehen. Sie waren gebrochen. Es war nur noch ein gurgelndes Geräusch zu hören und ein schmatzen, dass aus dem Genitalbereich zu mir drang. Als ich fertig war, legte ich mich neben sie. Der weisse Teppich hatte sich schon vollgesogen mit ihrem Leben. Ich fuhr ihr mit der Hand durch die engelsblonden Haare. Ich fühlte mich frei. So blieben wir liegen, bis das Blut im Teppich mich fast erreicht hatte. Ich nahm das Messer wieder zur Hand und fing an, die Arme und Beine der Kleinen abzutrennen. Es war recht einfach. Die Knochen waren noch weich. Nicht, wie bei Erwachsenen. Ein paar Andenken behielt ich mir und legte sie ins Kühlfach. Den Rest verpackte ich in Plastiktüten und warf ihn in den Wald nahe der Stadtgrenze. Ach, was rede ich da. Sie wissen ja, wo ich ihn hingebracht habe. Ihr Gesichtsausdruck wahr hinreissend. Noch als sie leblos vor mir lag, schien sie dir Hoffnung in den Augen zu haben, ihre Mami würde sie beschützen. Nun wissen sie, wie es passiert ist. Und nun verstehen sie auch, was einen Menschen dazu treibt.“

Mein Blick wandert vom Boden zurück in sein Gesicht. Ich spüre ,wie sich eine Träne den Weg aus meinen Augen über meine Wangen auf meine Lippen bahnt. Ich schmecke das Salz - es schmeckt nach Erlösung. Immerwährend dieses Grinsen.
Ich gehe zur Tür und bitte den Wachmann herein. Er schliesst dir Tür hinter sich. Mein Blick haftet noch immer auf seinem Grinsen. Ich schlage dem Beamten mit der Faust ins Gesicht, sodass er mit dem Kopf gegen die Wand prallt und bewusstlos in sich zusammensackt. Ich löse den Schlüsselbund von seinem Gürtel und schliesse die Tür ab. Dann bücke ich mich ein weiteres mal und ziehe seine Dienstwaffe aus der Halterung. Das erste mal, seit ich ihm damals in der JVA begegnet bin, erlischt das Grinsen auf den Lippen meines Gegenübers. Ich entsichere die Waffe - halte sie ihm vor sein Gesicht. Ein Knall. Hirnmasse und Schädelfragmente spritzen an die Wand und in mein Gesicht. Er fällt zur Seite vom Stuhl. Sein Körper zuckt noch einige Male. Blut fliesst aus Mund und Nase. Es erscheint mir, als würde mit dem Blut ein Dämon aus ihm entweichen. Ich nehme ein Taschentuch aus meiner Hosentasche und wische mir damit über mein Gesicht. Dennoch schmecke ich das Blut auf meinen Lippen. Ich schmecke das Eisen, das Salz. Es ist schon erkaltet.
Ich gehe zurück zu meinem Stuhl und setze mich wieder. Ich öffne meine Aktentasche und nehme ein leeres Blatt heraus. Dann setze ich den Kugelschreiber an.

„Das Fundament ist eine Lüge und das Firmament ist eine riesige, zitternde Angst. Doch wenn ein neues, unschuldiges Leben diese Welt betritt, so stürzt sich die Welt auf es und bricht ihm das Rückgrat. Was ist das für eine Welt? Eine Welt , in der Vertrauen, und all das, auf dem unsere Gesellschaft gründet, sich gegen sich selbst richtet. Hass. Hass und Neid auf alles unschuldige. Wenn der Himmel weint, seid euch gewiss - es sind meine Tränen. Streben wir nach Freiheit? Oder streben wir nach Vergessen? Sie schläft jetzt ihren wohlverdienten Schlaf. Doch ihr werden noch zahllose Folgen, bis wir endlich verstehen werden. Verstehen, dass sich Hass, Wut, Gewalt und Perversion nicht einsperren lassen. Sie werden immer anwesend sein, solange wir diesen Planeten beherrschen. Und bis unser Ende kommt, wird es immer so sein, als wandelten dunkle Engel auf Erden...“

Ich spüre den kühlen Lauf der Waffe in meinem Mund.

Ein Schuss.

Dunkelheit.

 

Hallo FallenAngelsSoul!

*schluck*

Als ich deine Geschichte las, kamen mehrere Gefühlsregungen in mir auf:

Ekel, Hass, Wut, Angst und Trauer.

Es ist schwierig für mich, eine solche Geschichte, die viel negative Emotionen aufiwrft, positiv zu bewerten. Ich könnte sagen, die Geschichte hat mir gut gefallen oder die Vergewaltigungsszene hast du detailiert u8nd sachlich aufgezeigt, aber irgendwie klingt das pervers für mich.

Deine Geschichte hat mich auf jeden Fall zum Nachdenken angeregt, warum ein Mensch ander (vor allem Kinder) vergewaltigt.
Ich hab auch über das Ende nachgesacht, warum der Anwalt so handelt und ob es das Richtige ist, so zu handeln und mit Selbstjustiz gleiches mit gleichem zu vergelten. Stellt man sich dann nicht automtisch auf dieselbe Stufe?
Am meisten berührt hat mich der Brief des Anwalts, vor allem der erste Satz:

Das Fundament ist eine Lüge und das Firmament ist eine riesige, zitternde Angst.

An deinem Erzählstil kann ich eigentlich wenig rütteln, er ist sehr sachlich, direkt und detailiert.

Nur grammatikalisch sind mir Fehler aufgefallen - mal sehen, ob ich sie noch finde:

-versöhnliches lächeln-

Lächeln

Wie es aussieht werden sie wirklich damit rechnen können,

Wie es aussieht, werden sie wirklich damit rechnen können,

Wieder dieses zwinkern.

Wieder dieses Zwinkern

Ich dachte, sie könnten sich an nichtsmehr erinnern

an nichts | mehr

Sonst ist mir, glaube ich, nichts mehr eingefallen.
Einigemale steht das Komma falsch, stört mich aber nicht, da das im Schreibfluss eben mal passieren kann!

cu_christoph

 

Hi Christoph.

Erstmal danke ich Dir für Deine Kritik. Ich bin mir der schwierigkeit des Themas bewusst. Und ich habe auch sehr lange Zeit darüber nachgedacht, ob die Schilderung der Tat nicht etwas zu detailliert und zu, sagen wir, abartig wirkt. Doch ich kam, nachdem ich mich in Sachliteratur bezüglich Sexualstraftätern mit dem Thema auseinandergesetzt habe, zu dem Schluss, dass es an solchen Taten nichts zu beschönigen gibt. Es mag pervers und plakativ klingen, doch genau so laufen Tatendieser Art ab. Ohne Gnade, ohne Reue, ohne Sinn. Deswegen befand ich es als notwenidig die Tat auf so eine brutal-detaillierte Art und Weise zu schildern. Des weiteren ist die Gefühlsregung, die ich beim Leser, durch beschreiben der Tat, erzeuge, ein wichtiger Punkt, um die Entscheidung und die Katharsis des Protagonisten zu begründen. Hätte ich die Tat beschönigt und nicht detailliert aufgezeigt, wäre die drastische Massnahme des Anwalts zur Selbstjustiz und letztendlich zum Suizid, etwas unverständlich gewesen.

Die Rechtschreibfehler werde ich bei Gelegenheit korrigieren.

Nochmal danke für Deine Kritik,

Grüsse,

Manuel

 

Hallo FallenAngelsSoul,

da sind gleich mehrere brisante Themen in deiner Geschichte.
1.: Die Wahrheit und unser Umgang mit ihr. Ein Rechtsanwalt, der seinen Beruf so ausübt, wie es sich gehört. Er ist Strafverteidiger, also ist es seine Pflicht alle Möglichkeiten für seinen Mandanten zu nutzen. Das kann einen Menschen schon in moralische Bedrängnis bringen, erst recht, wenn er die Tat seine Klienten nicht verteidigen kann. Als Wahlverteidiger, der er mir nach deiner Geschichte zu sein scheint, hätte er natürlich die Möglichkeit, ein Mandat abzulehnen. Warum er ihn also verteidigt, hast du zwar beschrieben, aber für meinen Geschmack hättest du seinen Glauben an das Grundrecht der Verteidigung für jeden deutlicher machen können. Bei dir hat er die Verteidigung des Delinquenten nur mit Pflichtgefühl vor sich gerechtfertigt. Das war mir etwas zu wenig.

2.: Den sexuellen Kindesmissbrauch inklusive Mord. Damt hast du natürlich nur die Spitze dieses Verbrechens behandelt. Dagen ist auch ncihts einzuwenden, denn es sind diese plakativen Fälle, die uns in der Veruteilung des Verbrechens einigen.
Du beschreibst den Täter schon zu Beginn unsympathisch, das stete Lächeln ist "überlegen". Er ist trotz der Schuld "siegesgewiss". So mögen diese Täter in der Tat wirken und es mag ein Teil ihrer Psyche sein. Die Frage, was Menschen zu so einem Verbrechen treibt, ist wohl auch kaum zu beantworten. In der Beschreibung der Tat aus Täterperspektive bleibst du entsprechend bei den Äußerlichkeiten. Du beschreibst die Angst des Mädchens, die Fragen. Das nimmt er alles wahr. Du beschreibst aber nicht, wie ihn diese Angst zusätzlich aufgeilt, wie er mehr und mehr die Beherrschung verliert, in einen Rausch gerät, wie die Schreie ihn gleichzeitig antörnen und erschrecken. So zynisch es für unsere Ohren klingen mag ein solches Verbrechen hat mit Lust zu tun. Die ist in deiner Geschichte nicht spürbar. Das wäre aber vielleicht auch etwas zu viel verlangt, oder würde uns als Leser noch mehr strapazieren.

3.: Selbstjustiz. Jeder von uns kann sicher das Bedürfnis nachvollziehen, ein Dreckschwein wie deinen Täter einfach über den Haufen zu schießen, für viele ist er mit diesem Tod wahrscheinlich noch zu glimpflich davon gekommen. Dein Prot stellt diese Bedürfnis für sich gleich darauf in Frage, wohl auch weil er die Konsequenzen seiner tat kennt. Er bringt sich um. Die Fragen, die du aufwirfst, sind, ob wir uns nicht mit einer solchen Rache auf die Stufe des Täters stellen und ob die Prinzipien unserer Rechtsstaatlichkeit bei Kapitalverbrechen die richtigen sind. Ist eine Justiz, in der Täter wegen Unzurechnungsfähigkeit davon kommen können für uns tragbar und akzeptabel, und wie schwer darf ein Verbrechen sein, damit wir das noch tolerieren können.

Wie du siehst, hat mich deine Geschichte auf viele Gedanken gebracht. Bei aller Kritik, die ich in den vorangegangenen Absätzen geäußert habe möchte ich gerne noch erwähnen, dass du stilistisch, sprachlich und thematisch eine gute Geschichte geschrieben hast, die ich gespannt gelesen habe. Sie ist vom Aufbau her absolut stimmig, sie könnte bei der Thematik halt nur gern noch mehr in die Tiefe gehen.

Lieben Gruß, sim

 

Hi Sim :)

Erstmal thanks für Deine Kritik. Wie Du vielleicht gesehen hast, scheint man bei der Dosierung der Details einer solchen Tat nie das Optimum treffen zu können. Dem einen ist es fast zu detailliert, dem anderen fehlen emotionale Details. Aber ich glaube, wenn ich die Tat durch die Oberfläche hindurch, auch noch auf einer emotionalen Ebene beschrieben hätte, wäre der Leser psychisch zu beansprucht worden, als das er den eigentlichen Sinn und Hintergrund des Textes noch erkennen könnte. Ausserdem wollte ich nicht den Schein aufkommen lassen, ich als Autor hätte Spass an Schilderung der Tat gehabt. Womöglich hätte es dann auch noch Probleme mit den Moderatoren wegen Gewaltverherrlichung gegeben. Aber ich werde Deine Kritik nutzen um die Tat vielleicht doch noch auf eine andere Ebene zu verlegen. Mal sehen, ob das Ergebnis erträglich ist.Und ob die Moderatoren es für zumutbar halten.

Also bis bald :)

Grüsse,

FallenAngelsSoul

 

Hallo FallenAngelsSoul,

es lag mir überhaupt nicht nahe, über deinen Schreibstil negativ zu urteilen. Im Gegenteil, ich wollte eher herausstellen, dass ich ihn gut fand, jedoch halte ich es für pervers eine Geschichte zu loben, in der eine solch (ich sag mal) ekelerregende Szene eine so zentrale Rolle einnimmmt. An deinem Erzählstil gibt es wahrlich nichts zu rütteln, schließlich ist er es, der mich an deine Geschichte fesselt...

cu_christoph

 

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