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Kein Krieg in Bagdad
"Liebe Zuhörer, hier ist Karl Kofel von Radio LORA mit brandneuen Nachrichten aus Washington. Soeben erreichte uns die Mitteilung, der amerikanische Präsident George Bush habe vollständig den Verstand verloren und befinde sich in ärztlicher Behandlung. Wir haben Verbindung zu unserer Korrespondentin Hilde Handt vor Ort. Hilde, wie haben sich die Dinge entwickelt und was konnten Sie in Erfahrung bringen? Der Präsident ist verrückt geworden, kann man das so sagen?"
"Das muss man leider bestätigen, ja. Es gab ja schon immer wieder mal Stimmen, die behaupteten, wer den Job machen wolle, sei sowieso extrem gefährdet."
"Was ist geschehen?"
"Nun, die Geschichte begann bereits gestern. Der Pressesprecher des Weißen Hauses erklärte, er habe gegen fünf Uhr früh einen Anruf des Präsidenten erhalten. Dieser habe erklärt, dass er irgendwie komische Gefühle habe, er habe etwas Merkwürdiges geträumt und würde jetzt lieber doch keinen Krieg gegen den Irak anfangen - er habe es sich anders überlegt.
Bereits um sieben Uhr habe der Rückzugsbefehl für alle amerikanischen Truppen in der Golfregion vorgelegen, alles war ziemlich überstürzt und alle waren überrascht.
Experten hatten vorausgesagt, der Krieg sei ja auf keinen Fall mehr zu verhindern, weil die Vorbereitungen schon Unsummen gekostet hätten, aber der amerikanische Präsident teilte gestern mit, das sei wie bei einem alten Auto: da zähle nicht die Vergangenheit, sondern die Zukunft... ergo nicht, wie viel man schon reingesteckt habe, sondern ob es sinnvoller sei, es zu verschrotten oder weiter zu investieren.
Schon da hörte man vereinzelt Stimmen aus Washington, Vertraute des Präsidenten hätten besorgt reagiert, weil sich der Präsident noch nie mit irgendwelchen Sinnfragen beschäftigt habe zuvor, schließlich sei er der mächtigste Herrscher der Welt, und mächtige Herrscher hielten sich selten mit Denken auf, da Denken nur die Entscheidungsfreude lähme.
Die Frau des Präsidenten erklärte, der Präsident habe - bevor er verrückt geworden sei - seit Tagen denselben Traum gehabt. Und zwar habe er geträumt, eine Delegation von Vertretern überirdischer Wesen hätte ihn im Oval Office aufgesucht, und es wäre um den pangalaktischen Friedensnobelpreis gegangen, für den sie ihn im Universum vorschlagen wollten. Sie hätten ihm gesagt, sie wären begeistert von seiner Weitsicht, Humanität und Menschenachtung, und sie bewunderten seine tiefe Sorge um das Wohl aller Menschen auf Erden, egal welcher Region, - wie es einem großen Herrscher gebühre.
Außerdem hätte selten ein Mann die moralischen Wurzeln seiner eigenen Zivilisation und Religion von christlicher Nächstenliebe, Vergebung und Friedfertigkeit so tief verstanden und ernstgenommen wie er.
Schließlich, so die Präsidentengattin weiter, habe der Präsident angefangen davon zu reden, dass Krieg doch eher irgendwie destruktiv wäre, und der Planet eine ganze Menge ökologischer und struktureller Probleme habe, die genug Stress machten schon eigentlich, auch ohne einen Weltkrieg noch dazu. Und Bombardieren und Kaputthauen sei auch irgendwie nix Kreatives, finde er.
Er verfasste im Laufe des gestrigen Tages eine Note an alle Staatschefs der Welt, in der er eine Kürzung aller Militäretats zugunsten einer Stärkung der UNO, des internationalen Gerichtshofs und der Beseitigung der schlimmsten Folgen des Nord-Süd-Konflikts ankündigte. Darin teilte er weiter mit, dies sei eine ‚viel bessere Terrorismusbekämpfung, weil Terror und Hass dort verschwinden, wo Wohlstand, Bildung und keine Ressourcennot herrschen, wo es weniger Leid gibt und keinen Hunger. Er erkenne eine kreative und optimistische Politik in Handlungen, die darauf abzielen, dies gesamtplanetarisch zu erreichen, auch wenn es lange dauere. Man dürfe nicht weiter die südliche Hemisphäre, in der täglich zwanzigtausend Menschen an Armutsfolgen umkämen, vom Wohlstand des Planeten ausklammern, während die Hochfinanzgewinner in der westlichen Welt in Champagner ertränken. Auch die Menschen in Afrika seien »Gottes Kinder«.
Er plädiere dafür, dass Maßnahmen des Aufbaus und der Güte Vertrauen fördern und Hassbilder minimieren, und dass dies ein langer und mühevoller Weg sei, aber konstruktiver als ein langer und mühevoller Krieg, der hauptsächlich zweierlei produziere: Schmerz und daraus resultierend Hass, der wieder die irgendwie ätzende Grundlage für Terrorismus wäre, weil eben psychopathische Machtmenschen wie Hussein oder Bin Laden diesen Hass ganz gern für ihre Zwecke ausnutzen, so der Präsident der USA.
Außerdem, so die Präsidentengattin weiter, habe der Präsident diesmal überhaupt keinen Bock auf Leichenberge unschuldiger Menschen (wo er »Schuld dran wäre«), und wer einen Krieg nicht mitgemacht habe, solle es sich wenigstens vorstellen können, das Blut und die Demütigung und alles.
»Das ist eine für einen Staatschef schwere Erkrankung«, sagte in einem Beitrag von NTV gestern der amerikanische Psychologe Peter Cockburst. »Mitgefühl, begleitet von Einsicht und einem plötzlichen eklatanten Mangel an Verdrängungsfähigkeit; plötzlich bekommt so ein Präsident Kontakt zur Welt, erlebt sonderbar ungewohnte Gefühle von Anteilnahme und Verantwortlichkeit. Er hat das unklare Wollen, etwas Gutes zu tun. Kein Wunder, dass er verrückt geworden ist.«
Vor wenigen Minuten haben wir erfahren, dass Einheiten des CIA den Präsidenten weggebracht haben, Karl."
"Und was ist weiter geschehen, Hilde? Wie ich hörte, gibt es inzwischen einen neuen Präsidenten..."
"Da hast du richtig gehört, Karl. Die Vorstandsetagen der großen Rüstungs- und Ölkonzerne der Vereinigten Staaten haben heute Nachmittag reagiert und erklärt, dass George Bush ab sofort nicht mehr der demokratisch gewählte Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ist. Sie haben heute Abend einen Neuen eingesetzt."
"Der hoffentlich nicht so labil ist wie der Letzte..."
"Nein, man hat jetzt jemand gefunden, der noch ignoranter und fanatischer ist als der Letzte und vor allem einen noch schwächeren IQ hat, - was bekanntermaßen die Lenkbarkeit verbessert. Insider munkeln, der IQ des neuen Präsidenten sei jetzt zweistellig... mit einer Sieben vorne dran."
"Das ist genau das, was der Welt noch gefehlt hat. Danke dir, Hilde, in Washington."